Biegeschwinger
Ein Biegeschwinger ist ein zu harmonischen Schwingungen fähiges Feder-Masse-System, das im einfachsten Fall aus einem Stab besteht. Charakteristisch ist, dass die längs des Stabes verteilten Größen Biegemoment und Masse seine Eigenfrequenz bestimmen.
![](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/68/Beam_mode_1.gif/220px-Beam_mode_1.gif)
![](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cb/Beam_mode_6.gif/220px-Beam_mode_6.gif)
Biegeschwinger sind entweder einseitig eingespannt (Beispiele s. u.), oder frei bzw. in den Schwingungsknoten (Nullstellen der Amplitude) ihrer Grundfrequenz aufgehängt.
Physikalische Grundlagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Biegeschwinger können neben der Grundfrequenz auch in höheren Moden angeregt werden. Dabei wächst die Anzahl der Schwingungsknoten auf dem Stab um mindestens einen: beim einseitig eingespannten Biegeschwinger auf mindestens zwei (Einspannung plus zusätzliche), beim frei aufgehängten Biegeschwinger auf mindestens drei (zwei Aufhängestellen plus zusätzliche).[1]
Durch die Auflage freier Biegeschwinger an den Knoten der Grundschwingung (bei homogenen Stäben 22,4 % der Gesamtlänge von beiden Enden) wird diese beim Anregen (Anschlagen) bevorzugt. Dies ist wichtig für den guten Klang von Musikinstrumenten und Klangkörpern, da so die Oberwellen – die keine harmonischen Töne zur Grundwelle sind[2] – reduziert werden können.
Die Eigenfrequenzen sind antiproportional zum Quadrat der Stablänge.[3]
Anwendungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Musikinstrumente und Klangkörper
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- einseitig eingespannt:
- Tonkamm von Spieldosen
- Akkordeon
- Stabgong des Schlagwerkes von Uhren (hier werden auch Harmonische angeregt)
- beidseitig freie Enden:
- Marimbaphon
- Xylophon
- Metallophon
- Lyra (Glockenspiel)
- Türgong
- Wind-Glockenspiele
- Gong (im weiteren Sinne). Durch einen gepolsterten Schlägel werden zunächst nur niedrige Harmonische angeregt, die jedoch durch nichtlineare Formänderungen mit zunehmender Schwingungsdauer auch höhere Harmonische anregen.
Messinstrumente
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- einseitig eingespannt:
- Zungenfrequenzmesser
- Rasterkraftmikroskop: die Änderung der Eigenfrequenz eines Biegeschwingers bei Annäherung an eine Festkörperoberfläche wird registriert
- Frequenzreferenzen:
- beidseitig freie Enden:
- Biegeschwinger (Gerät): die Dichtebestimmung von Flüssigkeiten und Gasen wird zurückgeführt auf die Messung der Eigenfrequenz eines gefüllten U-Rohres. Hieraus wird die Dichte errechnet.
- akustischer piezoelektrischer Signalgeber (aufgeklebte Platte aus Piezokeramik mit ausgeprägter Biegeschwingungs-Eigenresonanz).
Abgleich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sofern die Verstimmung der Biegeschwinger nicht der genutzte Effekt ist, müssen sie abgeglichen beziehungsweise gestimmt werden.
Bei manchen technischen Anwendungen kommt auch der Laserabgleich zum Einsatz.
Materialabtrag
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch Materialabtrag (zum Beispiel Schleifen) kann die Resonanzfrequenz des Schwingers sowohl erhöht als auch verringert werden, je nach Ort der auf dem Schwinger vorherrschenden Federwirkung bzw. Masse:
- die Eigenfrequenz erhöht sich, wenn an freien Enden Material entfernt und so die Masse verringert wird
- die Eigenfrequenz verringert sich, wenn Material abgetragen wird im Bereich der elastischen Verformung an der Oberfläche (in der Nähe der Einspannung oder bei freier Aufhängung im mittleren Bereich).
Materialauftrag
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seltener (zum Beispiel bei Zungenfrequenzmessern) wird zum Abgleich die Masse erhöht (indem Lötzinn oder Massestücke aufgebracht werden).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Michael Kerscher: Xylophon und Glocke – Schwingungsmoden eines Stabes und einer Glocke ( vom 8. Januar 2014 im Internet Archive), Seite 8
- ↑ Michael Kerscher: Xylophon und Glocke – Schwingungsmoden eines Stabes und einer Glocke ( vom 8. Januar 2014 im Internet Archive), Seite 7
- ↑ Neville H. Fletcher, Thomas Rossing: The Physics of Musical Instruments, Seite 63, Gleichung (2.64)