Kreis Glatz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Landkreis Glatz)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kreis Glatz
Wappen Landkreis
Preußische Provinz Schlesien (1816–1919, 1938–1941)
Niederschlesien (1919–1938, 1941–1945)
Regierungsbezirk Breslau
Kreisstadt Glatz
Letzter Landrat Heinrich Klosterkemper (1937–1945)
Fläche 852,37 km² (1939)
Einwohner 123.130 (1939)
Bevölkerungsdichte 144 Einwohner/km² (1939)
Städte 5
Landgemeinden 96
Der Kreis Glatz in den Grenzen von 1855 bis 1932

Der preußische Kreis Glatz in Schlesien bestand in unterschiedlichen Abgrenzungen von 1742 bis 1945. Seine Kreisstadt war die Stadt Glatz. Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zum Powiat Kłodzki in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien.

Verwaltungsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Königreich Preußen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Eroberung des größten Teils von Schlesien durch Preußen im Jahre 1741 wurden durch die königliche Kabinettsorder vom 25. November 1741 in Niederschlesien die preußischen Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte die Einrichtung zweier Kriegs- und Domänenkammern in Breslau und Glogau sowie deren Gliederung in Kreise und die Einsetzung von Landräten zum 1. Januar 1742.

Aus der Grafschaft Glatz wurde der Kreis Glatz gebildet, als dessen erster Landrat Ernst Anton von Pannwitz eingesetzt wurde.[2][3] Der Kreis Glatz war im 18. Jahrhundert der sowohl nach Fläche als auch nach Einwohnerzahl größte schlesische Kreis und war in die sechs Distrikte Glatz, Habelschwerdt, Landeck, Lewin, Neurode und Wünschelburg gegliedert.[2] Er gehörte zur Kriegs- und Domänenkammer Breslau, bis er im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen 1815 dem Regierungsbezirk Reichenbach der Provinz Schlesien zugeordnet wurde.[4]

Zum 1. Januar 1818 wurde aus den beiden Distrikten Habelschwerdt und Landeck des Kreises Glatz der neue Kreis Habelschwerdt gebildet.[2][5] Nach der Auflösung des Regierungsbezirks Reichenbach wurden die Kreise Glatz und Habelschwerdt am 1. Mai 1820 dem Regierungsbezirk Breslau zugeteilt.

Am 2. August 1855 wurde aus den Distrikten Neurode und Wünschelburg des Kreises Glatz der neue Kreis Neurode mit Sitz in der Stadt Neurode gebildet.[2][6]

Deutsches Reich

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Deutschen Krieg wurde auf Druck Bismarcks der Deutsche Bund aufgelöst. Seit dem 1. Juli 1867 war Preußen die dominierende Macht des neu gegründeten Norddeutschen Bundes, der am 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich wurde.

Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien zweigeteilt. Aus den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz wurde die neue Provinz Niederschlesien gebildet. Zum 30. September 1929 wurden im Kreis Glatz wie im übrigen Preußen nahezu alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt. Zum 1. Oktober 1932 wurde der Kreis Neurode wieder aufgelöst und mit dem Kreis Glatz zusammengeschlossen. Gleichzeitig wurden die Landgemeinden Neu Wilmsdorf aus dem Kreis Habelschwerdt und Wiltsch aus dem Kreis Frankenstein in den Kreis Glatz umgegliedert.[7]

Am 1. April 1938 wurden die preußischen Provinzen Niederschlesien und Oberschlesien wieder zur Provinz Schlesien zusammengeschlossen, was jedoch zum 18. Januar 1941 rückgängig gemacht wurde.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet von der Roten Armee besetzt. Im Sommer 1945 wurde das Kreisgebiet von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Im Kreisgebiet begann darauf der Zuzug polnischer Zivilisten, vorwiegend aus den im Rahmen der „Westverschiebung Polens“ an die Sowjetunion gefallenen Gebieten östlich der Curzon-Linie. In der Folgezeit wurde die deutsche Bevölkerung größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.

Einwohnerentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jahr Einwohner Quelle
1803 101.919 [8]
1819 61.433 [9]
1846 91.066 [10]
1871 60.407 [11]
1885 64.442 [12]
1900 60.819 [13]
1910 64.852 [13]
1925 66.905 [14]
1939 123.130 [14]
  • 1742–175900Ernst Anton von Pannwitz
  • 1760–176900Adam Friedrich von Pfeil
  • 1770–177700Carl Wenzel von Prittwitz und Gaffron
  • 1777–178400George Benjamin von Arnold
  • 1785–180600Heinrich Alexander von Reibnitz
  • 1806–180900Johann von Frobel
  • 1809–181100Adolph von Götze
  • 1811–181200Ignatz von Pannwitz
  • 1812–181400Franz Carl von Fernemont (interimistisch)
  • 0000–181900Friedrich Andreas von Falkenhausen (1781–1840)[15]
  • 1819–182400Felix Anton Pilati von Thassul zu Daxberg († 1834)[15]
  • 1824–183900Ernst von Köller (1793–1870)[15]

Kommunalverfassung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kreis Glatz gliederte sich seit dem 19. Jahrhundert in Städte, Landgemeinden und Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Der Kreis Glatz umfasste zuletzt fünf Städte und 96 Landgemeinden:[16]

Zum Kreis gehörte außerdem der unbewohnte Forstgutsbezirk Reinerz. Bis 1937 fanden im Kreis die folgenden Eingemeindungen statt:

  • Agnesfeld, am 1. April 1929 zu Stolzenau
  • Buchau, am 15. März 1936 zu Neurode
  • Grenzendorf, am 1. Mai 1928 zu Bad Reinerz
  • Hartau, am 1. April 1937 zu Bad Reinerz
  • Hassitz, am 1. April 1928 zu Glatz
  • Hermsdorf, am 1. April 1937 zu Bad Reinerz
  • Hinterkohlau, am 10. Juni 1927 zu Bad Reinerz
  • Kessel, am 1. April 1929 zu Dörnikau
  • Kohlendorf, am 15. März 1936 zu Neurode
  • Ludwigsdörfel, am 1. April 1937 zu Reichenau
  • Markgrund, am 1. April 1937 zu Königswalde
  • Neufalkenhain, am 1. Januar 1936 zu Falkenhain
  • Neuheide, am 1. April 1929 zu Bad Altheide
  • Piltsch, am 1. April 1937 zu Rengersdorf
  • Scheibe, am 31. Januar 1936 zu Glatz
  • Soritsch, am 30. September 1928 zu Glatz
  • Tschischney, am 1. April 1935 zu Hallatsch
  • Utschendorf, am 1. April 1929 zu Rückers
  • Walddorf, am 1. April 1937 zu Rückers
  • Werdeck, am 1. Oktober 1936 zu Ullersdorf

In der Zwischenkriegszeit wurden mehrere Gemeinden umbenannt, u. a. sieben Orte aus dem Böhmischen Winkel:

Der Kreis entsprach zuletzt ungefähr der nördlichen Hälfte der ehemaligen Grafschaft Glatz und hat etwa geographische Breite 50.3°–50.6° sowie Länge 16.2°–17°. Er bildete mit dem Kreis Habelschwerdt den von Bergen umgebenen Glatzer Kessel im Südwesten Niederschlesiens. Die den Kreis umgebenden Gebirge waren:

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. a b c d Klaus Hübner: Die Grafschaft Glatzer Kreise - Zur Verwaltungsgeschichte des Glatzer Landes. In: Arbeitsgemeinschaft Grafschaft Glatz (Hrsg.): AGG-Mitteilungen. Nr. 15, Oktober 2016, ISSN 1610-1308 (Digitalisat [PDF]).
  3. Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  4. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  5. Roman Kamionka: Die Reorganisation der Kreiseinteilung Schlesiens in der Stein-Hardenbergschen Reformperiode, Breslau 1934.
  6. a b Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau 1855, Nr. 33. Einrichtung des Kreises Neurode. Breslau, S. 237 f. (Digitalisat).
  7. Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen. Band 4: Dieter Stüttgen: Schlesien. Johann-Gottfried-Harder-Institut, Marburg/Lahn 1976, ISBN 3-87969-116-9.
  8. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 39 (Digitalisat).
  9. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 89 (Digitalisat).
  10. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  11. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  12. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  13. a b www.gemeindeverzeichnis.de
  14. a b Michael Rademacher: Glatz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  15. a b c d e f Die Grafschaft Glatz : Illustrierte Zeitschrift des Glatzer Gebirgsvereins, Jr. 14, 1919, nr 3/4. Viktor Schaetzke, Die Glatzer Landrate. Glatz, S. 27–28 (Digitalisat).
  16. Landkreis Glatz Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 26. Juli 2013.