Penisknochen

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Penisknochen eines Hundes; der Pfeil zeigt auf die an der Unterseite liegende Rinne für die Harnröhre. Das vordere Ende befindet sich auf der rechten Seite.

Der Penisknochen (lateinisch os penis, os priapi, baculum, für Stab / Stock) ist ein Knochen im Begattungsorgan (Penis) vieler männlicher Säugetiere, der nicht mit anderen Knochen gelenkig verbunden ist (sog. Eingeweideknochen) und vielfältige Funktionen während der Kopulation übernimmt. Penisknochen sind unter Säugern und auch bei Primaten weit verbreitet, sodass die Abwesenheit einer solchen Struktur beim Menschen eine Ausnahme darstellt. Als Entsprechung zum Penisknochen kommt bei einigen weiblichen Säugetieren ein Klitorisknochen (Os clitoridis, auch Baubellum) vor.

Penisknochen finden sich in den folgenden Tiergruppen:

Huftiere[11], Wale[8], Elefanten und Seekühe[8], Kloakentiere und Beuteltiere[12] besitzen keinen Penisknochen.

Den größten Penisknochen besitzt das Walross, den kleinsten die Zwergfledermaus Pipistrellus.[13] Fossil ist die Struktur insbesondere vom Höhlenbären (Ursus spelaeus) bekannt.

Aufbau und Lage

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Fossiler Penisknochen eines Bären aus dem Miozän.

Der Penisknochen ist Bestandteil des männlichen Geschlechtsteils und stellt eine Verknöcherung des Penisschwellkörpers (Corpus cavernosum penis) dar. Er erstreckt sich, ausgehend von der Eichel, entlang des Penisschaftes nach hinten. Der am weitesten schwanzwärts gerichtete Teil wird als Basis bezeichnet, das vordere Ende als Apex oder einfach Spitze. Das Mittelstück wird als Körper bezeichnet. Dadurch, dass der Penisknochen der Harnröhre eng angelagert ist, weist der Knochen eine bauchwärts gerichtete Einkerbung auf, den Sulcus urethrae. Im Querschnitt erscheint ein Penisknochen deshalb bei einigen Tieren umgekehrt u-förmig (so z. B. bei Haushunden).[14]

Für Wölfe wurde nachgewiesen, dass der Penisknochen innerhalb der Art positiv allometrisch zur Körpergröße skaliert. Das heißt, je größer das Individuum, desto größer ist auch der Penisknochen relativ zum Rest des Körpers.[15] Zwischen verschiedenen Arten kann die relative Größe von Penisknochen zum Rest des Körpers allerdings stark schwanken: Während beispielsweise das 500 g schwere Seidenäffchen einen Penisknochen von rund 2 mm Länge besitzt, finden sich bei den zehnmal leichteren Galagos Penisknochen von bis zu 13 mm Länge.

Obwohl in der Regel knöchern vorliegend, kann er bei einigen Säugern nur knorpelig ausgebildet sein. Da die Morphologie des Penisknochens sehr artspezifisch ist, wird sie gelegentlich herangezogen, um nah verwandte Arten zu unterscheiden (Systematik).[16] Ebenso kann er bei einigen Tierarten zur Bestimmung des Alters zum Todeszeitpunkt herangezogen werden, da seine Spitze erst bei adulten Tieren verknöchert und er erst dann seine volle Länge erreicht.[17]

Die genaue Funktion des Penisknochens wird noch immer diskutiert. Mehrere Studien deuten allerdings darauf hin, dass der Penisknochen die Steifigkeit des Penis während der Kopulation unterstützt.[18] Dies ermöglicht den Männchen einen relativ langen Paarungsakt.[19] Eine Arbeit von 2015, die sich mit der Penisknochen-Funktion bei Fledermäusen auseinandersetzt, bestätigt diese Hypothese, schlägt aber auch eine mögliche zweite Funktion vor: den Schutz der Harnröhre und der Harnöffnung vor Verschluss während der Kopulation.[20]

Weiterhin könnte der Penisknochen eine wichtige Rolle beim Transport der Spermien spielen, da er bei manchen Arten über das Ende der Eichel hinausragt und während der Kopulation möglicherweise sogar mit dem Clitorisknochen des Weibchens in Verbindung steht. Bei Arten mit induziertem Eisprung könnte die Stimulation der weiblichen Genitalien mit dem Penisknochen einen möglichen Auslöser darstellen.[19]

Evolutionäre Ursachen für die Ausbildung oder die Reduktion des Penisknochens

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Zu Schmuck verarbeiteter Penisknochen eines Waschbären

Da sowohl die Ab- als auch die Anwesenheit eines Penisknochens unter Säugern verbreitet ist, scheinen beide Zustände einen evolutionären Vorteil mit sich zu bringen. Das arteigene Fortpflanzungsverhalten könnte eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob Arten einen Penisknochen besitzen oder ob dieser reduziert wird. So wurde beispielsweise für den Menschen spekuliert, dass Penisknochen mit der Etablierung monogamer Fortpflanzungsstrategien reduziert worden sein könnten. Die permanente Begleitung des Weibchens durch das Männchen erlaubt zahlreiche sexuelle Kontakte, welche mitunter auch sehr kurz sein können, sowie die volle Kontrolle über die resultierende Vaterschaft.[21]

Primaten, welche nur selten Geschlechtsgenossen begegnen, würden demnach Penisknochen besitzen, um durch lange Geschlechtsakte die Chance der eigenen Vaterschaft zu maximieren. Auch sind mit Penisknochen ausgestattete Penisse durch ihre dauerhafte Steifigkeit schneller bereit für die Kopulation, wenn sich die seltene Gelegenheit zum Paarungsakt bietet, als Penisse, die allein auf einem hydraulischen Prinzip basieren.

Kulturelle Bedeutung

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Die Penisknochen verschiedener Tiere erlangten in unterschiedlichen Kulturen eine gewisse Bedeutung, die eng mit der Funktion der Knochen beim Paarungsakt verknüpft ist. Der Penisknochen des Waschbären beispielsweise wird in der Hoodoo-Tradition in den Südstaaten der USA als Amulett getragen, welches dem Träger zu Liebe und Glück verhelfen soll.[22] Ähnlich werden die Penisknochen von Marder und Iltis (Marderboanl) im Alpenraum bisweilen noch als Amulett verwendet, weil man ihnen nachsagt, die Potenz zu stärken.[23]

Walross-Penisknochen, ungefähre Länge: 60 cm.

Penisknochen männlicher Walrosse, von den in Alaska heimischen Kulturen als Oosik bezeichnet, werden häufig poliert und als Griff für Messer und andere Werkzeuge genutzt oder als Souvenir an Touristen verkauft.[24] Sogar bei der Verfassung und Überlieferung biblischer Schriften könnten Penisknochen eine Rolle gespielt haben. So wurde vorgeschlagen, dass mit der Rippe Adams, aus welcher Gott in der Schöpfungsgeschichte die Eva schafft, tatsächlich der Penisknochen gemeint ist. Bei der Rippe würde es sich damit um eine Fehlübersetzung eines hebräischen Euphemismus für Penisknochen handeln. Dieser Auffassung folgend, würde dies das Fehlen eines Penisknochens beim Mann erklären und die Existenz der Raphe penis als vermeintliche „Narbe“ dieser Operation.[25]

Commons: Penis bones – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Clellan S. Ford, Frank A. Beach: Patterns of Sexual Behavior. Harper & Row, New York 1951, ISBN 0-313-22355-6.
  2. Fortpflanzung: Warum Männer keinen Penisknochen haben In: Spiegel Online vom 14. Dezember 2016.
  3. Postcopulatory sexual selection influences baculum evolution in primates and carnivores. In: Proceedings of Royal Society. vom 14. Dezember 2016.
  4. R. H. Champion, J. Wegrzyn: Congenital os penis. In: Journal of Urology. Band 91. Jahrgang, 1964, S. 663–4.
  5. Rosalie Francis Ewer: The Carnivores. Cornell University Press, Ithaca (NY) 1973, ISBN 0-8014-8493-6, (books.google.com).
  6. Markus G. Dyck, Jackie M. Bourgeois, Edward H. Miller: Growth and variation in the bacula of polar bears (Ursus maritimus.) in the Canadian Arctic. In: Journal of Zoology. Band 264. Jahrgang, Nr. 1, 2004, S. 105–110, doi:10.1017/S0952836904005606 (cambridge.org).
  7. Howard E. Evans, Alexander de Lahunta: Miller’s Anatomy of the Dog. Elsevier Health Sciences, 7. August 2013, ISBN 978-0-323-26623-9. (books.google.com).
  8. a b c William F. Perrin, Bernd Wursig, J. G. M. Thewissen: Encyclopedia of Marine Mammals. 2009, (books.google.de).
  9. Richard Despard Estes: The Behavior Guide to African Mammals. Including Hoofed Mammals, Carnivores, Primates. University of California Press, Berkeley (CA) 1991, ISBN 0-520-08085-8, S. 323 ff. (books.google.com)
  10. John E. Harkness, Patricia V. Turner, Susan VandeWoude, Colette L. Wheler: Harkness and Wagner’s Biology and Medicine of Rabbits and Rodents. John Wiley & Sons, New York (NY) 2013, ISBN 978-1-118-70907-8. (books.google.com)
  11. Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9, S. 1007 ff. (books.google.com).
  12. Frederick S. Szalay: Evolutionary History of the Marsupials and an Analysis of Osteological Characters. Cambridge University Press, 2006, ISBN 0-511-56557-7, S. 293 ff. (books.google.com).
  13. A. N. Herdina, H. Plenk Jr, P. Benda, P.H.C. Lina, B. Herzig-Straschil, H. Hilgers, B. D. Metscher: Correlative 3D-imaging of Pipistrellus penis micromorphology. Validating quantitative microCT images with undecalcified serial ground section histomorphology. In: Journal of Morphology.
  14. M. E. Miller, G. C. Christensen, H. E. Evans: Anatomy of the Dog. In: Academic Medicine. Band 40, Nr. 4, 1965, S. 400.
  15. A. Čanády, Ľ. Čomor: Allometry of the baculum in the wolf (Canis lupus, Canidae) as an indicator of viability and quality in males. In: Zoology and Ecology. Band 25, Nr. 3, 2015, S. 192–198.
  16. A. N. Herdina, P. Hulva, I. Horácek, P. Benda, C. Mayer, H. Hilgers, B. D. Metscher: MicroCT imaging reveals morphometric baculum differences for discriminating the cryptic species Pipistrellus pipistrellus and P. pygmaeus. In: Acta Chiropterologica. Band 16, Nr. 1, 2014. S. 157–168.
  17. Nova J. Silvy: The Wildlife Techniques Manual. Band 1: Research. Band 2: Management. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2012, ISBN 978-1-4214-0159-1 (books.google.com).
  18. A. Sharir, D. Israeli, J. Milgram, J. D. Currey, E. Monsonego-Ornan, R. Shahar: The canine baculum: The structure and mechanical properties of an unusual bone. In: Journal of structural biology. Band 175, Nr. 3, 2011. S. 451–456.
  19. a b A. F. Dixson: Baculum length and copulatory behaviour in carnivores and pinnipeds (Grand Order Ferae). In: Journal of Zoology. Band 235, Nr. 1, 1995, S. 67–76.
  20. A. N. Herdina, D. A. Kelly, H. Jahelková, P. H. Lina, I. Horáček, B. D. Metscher: Testing hypotheses of bat baculum function with 3D models derived from microCT. In: Journal of Anatomy. Band 226, Nr. 3, 2015, S. 229–235.
  21. Godinotia. In: Walking With Beasts. ABC – BBC, 2002, S. Question: How do we know how Godinotia (the primate in program 1) mated?, archiviert vom Original am 29. April 2014; abgerufen am 7. Juli 2015.
  22. Joanne O’Sullivan: Book of Superstitious Stuff. Weird Happenings, Wacky Rites, Frightening Fears, Mysterious Myths & Other Bizarre Beliefs. Charlesbridge Publishing, New York 2010, ISBN 978-1-60734-367-7, S. 87 (books.google.com).
  23. Bernd E. Ergert: Trophäe und Aberglaube, Wien: Österreichischer Jagd- und Fischereiverlag, 2017, S. 74–76.
  24. Walrus penis sells for $8,000 at Beverly Hills action. In: AP. Archiviert vom Original am 6. November 2007; abgerufen am 30. August 2007.
  25. S. F. Gilbert, Z. Zevit: Congenital human baculum deficiency: The generative bone of Genesis 2:21-23. In: American Journal of Medical Genetics. Band 101. Jahrgang, Nr. 3, 2001, S. 284–5, doi:10.1002/ajmg.1387, PMID 11424148.