Walid Dakka

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Gerichtsurteil gegen Walid Dakka und Rushdi Hamdan Abu Moch

Walid Nimer As’aad Dakka (arabisch دقة، وليد, DMG Walīd Daqqaẗ; * 18. Juli 1961 in Baqa al-Ġarbijja;[1]7. April 2024 in Beer Jaʿakov)[2] war ein palästinensischer Schriftsteller israelischer Staatsbürgerschaft, der als verurteilter Terrorist bis zu seinem Tod eine Haftstrafe von fast 38 Jahren verbüßte.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walid Dakka wurde 1987 wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Ermordung des 19-jährigen israelischen Soldaten Moshe Tamam verurteilt.[3] Die Verurteilung erfolgte nicht nach israelischem Strafrecht, sondern auf Grundlage britischer Notstandsverordnungen aus dem Jahr 1945,[4] die Amnesty International zufolge geringere Anforderungen an die Beweisführung stellten. Dies werfe „Zweifel an der Fairness des Prozesses gegen Daqqa und an der Gültigkeit seiner Verurteilung“ auf.[5] Obgleich ihm keine direkte Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte, befand das Gericht, dass er als Befehlshaber des der Terrororganisation Volksfront zur Befreiung Palästinas nahestehenden Kommandos, welches für die Entführung, Folterung und Ermordung Tamams im Jahr 1984 verantwortlich war, als Drahtzieher des Angriffs zu betrachten sei. Dakka beteuerte stets, unschuldig am Tod Tamams zu sein.[6]

Aufgrund der Ablehnung der Volksfront zur Befreiung Palästinas gegenüber den Friedensbemühungen der 1990er Jahre verblieb Dakka im Gefängnis.[7] Während seiner Haftzeit etablierte er sich als Autor[8][9] und kritisierte die Gewalttätigkeit palästinensischer Organisationen. Dakkar schloss während seiner Haft ein Studium der politischen Wissenschaften mit dem Master ab.[10][11]

Seine Frau Sana lernte er in Haft kennen und heiratete sie dort. Laut TAZ „wollte [sie] ihn aus Begeisterung über seine Tat kennenlernen.“[11] Im Jahr 2020 wurde Dakka dank geschmuggelten Samens Vater einer Tochter.[12][13]

Nach der Bekanntgabe seiner Krebserkrankung 2022[14] forderten verschiedene Organisationen wie Amnesty International und die israelische Zeitung Haaretz seine Freilassung.[15][16]

Dakka hatte seine ursprüngliche Haftstrafe im Jahr 2023 vollständig abgesessen. Jedoch wurde er von der israelischen Justiz zu weiteren zwei Jahren Haft verurteilt, da er angeblich am Schmuggel von Handys ins Gefängnis beteiligt gewesen sein sollte.[17]

Dakka verbrachte fast 38 Jahre seines Lebens in einem israelischen Gefängnis. Er starb 2024 an Knochenmarkkrebs.[18]

Während palästinensische[10][19] und arabische Medien[20] und Amnesty International[5] Dakka als inhaftierten Schriftsteller bezeichneten, wurde er in israelischen[8][21][22] und deutschsprachigen Medien[6][15] vorwiegend als Terrorist wahrgenommen.

Al-Midan-Theater-Kontroverse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aufführung einer hebräisch untertitelten Version des Theaterstücks Parallel Time, das sich mit persönlichen Details aus dem Gefängnisleben eines von Walid Dakka inspirierten Protagonisten befasst, auf der größten arabischsprachigen Theaterbühne Israels, dem Al-Midan-Theater in Haifa, erregte im April 2015 große Aufmerksamkeit und löste eine öffentliche Kontroverse aus,[23] infolge derer die staatliche Finanzierung des Theaters eingefroren und eine Untersuchung seiner Aktivitäten eingeleitet wurde. Bildungsminister Naftali Bennett konstatierte: „Die Bürger Israels werden nicht aus ihrer Tasche für ein Theaterstück zahlen, das die Ermordung von Soldaten akzeptiert“. Der Block arabischer Parteien in der Knesset veröffentlichte daraufhin vorläufig einen gemeinsamen Boykottaufruf. In einer Erklärung forderte er die ausländischen Vertretungen auf, ihre „bilaterale kulturelle Zusammenarbeit“ mit Israel zu überdenken, wenn die Regierung die Schikanen gegen kritische Künstler und Institutionen nicht einstelle.[24]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walid Nimer As’aad Daqqa. In: Addameer Prisoner Support and Human Rights Association. 7. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  2. Sakina Fatima: Cancer-stricken Palestinian prisoner Walid Daqqah dies in Israeli prison. In: Siasat. 8. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (amerikanisches Englisch).
  3. Kareem Khadder: Terminally ill Palestinian prisoner dies after 38 years in Israeli custody. In: CNN. 9. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  4. Michael Starr: Amnesty International mourns death of terror prisoner as 'Palestinian writer'. In: Jerusalem Post. 9. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  5. a b Statement zum Tod von Walid Daqqa. Amnesty International, 10. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024.
  6. a b Amnesty am Pranger: NGO würdigt „sadistischen Mörder“. In: Die Presse. 10. April 2024, abgerufen am 13. Mai 2024.
  7. Jonathan Gornall: How the life and death of Walid Daqqah in an Israeli jail encapsulates Palestinian Prisoners’ Day. In: Arab News. 16. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  8. a b Michael Starr: Israel denies parole of Palestinian terrorist Walid Daqqah. In: Jerusalem Post. 31. Mai 2023, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  9. Israeli police storm funeral tent of Palestinian prisoner hero Walid Daqqa! In: Workers Revolutionary Party. 10. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (britisches Englisch).
  10. a b ‘Stranger than Fiction’: How Palestinian Prisoners Defied Israel to Have Children Behind Bars. In: Palestine Chronicle. 26. Dezember 2022, abgerufen am 14. Mai 2024 (amerikanisches Englisch).
  11. a b Susanne Knaul: Gefangenenfreilassung in Israel: Familie Daka wartet auf Walid. In: Die Tageszeitung. 3. April 2014, abgerufen am 14. Mai 2024.
  12. Police said mulling probe of Tel Aviv U lecturer who eulogized terror convict. In: Times of Israel. 10. April 2024, abgerufen am 13. Mai 2024 (englisch).
  13. PA TV details prison sperm smuggling ring terrorists use to father children. In: Jerusalem Post. 2. August 2020, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  14. Paralysed Palestinian prisoner at brink of death in Israel’s jails, rights groups warn. In: Middle East Monitor. Abgerufen am 13. April 2024.
  15. a b Anaïs-Sophie Bockholt: "Elende Shit-Show“: Amnesty betrauert Terroristen und erntet Verachtung. In: Focus. 10. April 2024, abgerufen am 13. Mai 2024.
  16. Raul Zelik: Israel: Tod nach 38 Jahren Gefängnis. In: Neues Deutschland. Abgerufen am 14. Mai 2024.
  17. Huldigt Amnesty International einem "Top-Terroristen"? In: Der Standard. Abgerufen am 13. Mai 2024.
  18. Rosa Doherty: Walid Daqqah: Amnesty describes death of terrorist behind teen's murder as 'heart-wrenching'. In: The Jewish Chronicle. 9. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  19. The extraordinary tale of Walid Dakka. In: The Palestinian Information Center. 8. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024.
  20. Veteran Palestinian prisoner Walid Daqqa dies in Israeli custody. In: Middle East Eye. 8. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  21. Gianluca Pacchiani: Israel rejects request for release of dying terror convict Walid Daqqa. In: The Times of Israel. 27. Juni 2023, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  22. Josh Breiner, Jack Khoury: Longest serving Palestinian security prisoner in Israel dies from cancer. In: Haaretz. 7. April 2024 (haaretz.com [abgerufen am 14. Mai 2024]).
  23. Shlomi Heller: 'A victory for Israel': Terrorist Walid Daqqah dies of cancer in prison. In: Jerusalem Post. 8. April 2024, abgerufen am 14. Mai 2024 (englisch).
  24. Diaa Hadid: Play Set in Israeli Prison Imperils Arab Theater. In: The New York Times. 14. Juni 2015, S. A10.