Agnes Finger

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Agnes Finger, unbekannter Künstler, wohl aus dem 17. Jh.

Agnes Finger, auch Agnes Fingerin oder Agnete Fingerin, (* vor 1465; † um 1514 in Görlitz) war eine deutsche Pilgerin und Stifterin. Sie ist eine der wenigen Frauen aus dem Görlitzer Mittelalter, die aus der Stadtgeschichte hervortritt. Sie war Pilgerreisende nach Rom und möglicherweise auch nach Jerusalem.

Finger war verheiratet mit einem Tuchmacher und Kaufmann in Görlitz und wurde nach kurzer Ehe 1465 Witwe. Als Witwe führte sie die Geschäfte ihres Mannes eigenständig weiter. In den historischen Unterlagen wird sie als vermögend und von schöner Gestalt beschrieben. Sie hat entgegen den Gepflogenheiten nie wieder geheiratet und keine Kinder bekommen. 1471 gründet sie die „Fromme Stiftung von Brot und Salz“ für arme Leute, die bis 1563 das „Agnetenbrot“ austeilen sollte.

Pilgerreise in Heilige Land

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1476 reiste sie vermutlich mit der Reisegesellschaft von Herzog Albrecht von Sachsen ins Heilige Land. Da sie als Geschäftsfrau im Handel ihre Abgaben zu leisten hatte, musste sie sich in Vorbereitung ihrer Pilgerreise von den Abgaben „freikaufen“, da Reisen zu dieser Zeit immer Unternehmungen mit ungewissem Ausgang waren. Sie ordnete ihre Vermögenswerte und überließ ihrem Schwager ihr Haus unter der Bedingung, dass sie nach der Rückkehr im „Arbeitsgemach“ frei wohnen könne. Durch den Warenverkauf an ihren Schwager hatte sie Vorsorge getroffen, für den Fall, dass ihr auf dem Wege etwas zustoßen sollte. Das Geld war für verschiedene fromme Werke vorgesehen.

In der Reisebeschreibung des sächsischen Hans von Mergenthal († 1448)[1] wird von „zwey Eheleut von Görlitz“ gesprochen, die die Baupläne des Heiligen Grabes von Jerusalem mitgenommen haben. Wer ihr Begleiter war, ist nicht belegt. Georg Emmerich, der zur selben Zeit Bürgermeister von Görlitz war und ebenfalls eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternahm, war es nicht. Mit dem Bau des Heiligen Grabes zu Görlitz ist erst nach ihrer Rückkehr 1481 begonnen worden. Auch trat sie weiterhin als Stifterin für die Kirche St. Peter und Paul und Krankenhäuser auf. Sie starb hochbetagt 1514 oder 1515, ohne „liegendes oder stehendes Gut“ zu hinterlassen. Um ihr Erbe gab es laut den Görlitzer Ratsannalen Streit zwischen zwei entfernten Verwandten.[2]

Agnes Fingers Pilgerreise in der neueren Forschung

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Dass Agnes Finger auf Romfahrt gegangen ist, ergibt sich nicht aus ihrem Testament, sondern aus dem darauf folgenden Eintrag im Görlitzer Stadtbuch. Dort bestätigt ihr Schwager Hans Schmidt, dass er der Fingerin Waren im Wert von 500 fl. ung. abgekauft habe. Neuerdings versucht Katrin Schreyer[3] eine Neuinterpretation der von Richard Jecht[4] gebrachten Quellenstellen und behauptet, dass Agnes Fingerin mit einem gewissen Gabriel[5] nach Jerusalem gepilgert sei. In den Quellen lässt sich dieser Zusammenhang nicht nachweisen.[6]

Problematisch in seiner Beurteilung ist allerdings der Tagebucheintrag bei Johannes Frauenburg: Alte Fingerin, so anno 1465 Juli 11. zu Jerusalem da Georg Emmerich zu Ritter geschlagen, mitte darbey gewesen.[7] Durch die fehlerhafte Edition dieses Tagebuchs[8] ist nicht klar, ob der Eintrag tatsächlich von Frauenburg stammt, dann wäre an ihrer Jerusalemreise nicht zu zweifeln, oder ob es sich um einen Nachtrag von Bartholomäus Scultetus handelt, der eine literarische Fiktion tradiert, wie sie im Sagenbuch der Lausitz[9] erscheint.[6]

Dass Agnes Finger vielleicht weiter nach Jerusalem gepilgert ist, macht eine Stelle in den Annalen wahrscheinlich: (anno 1519) Dieselbige [A. Fingerin] hat sich zur zeit dieweile sie jr furgesatzt, wie den geschehen ist mit Herzog Albrechten […] zum heiligen lande zu zihen […].[10] Gegen die Jerusalemreise spricht als gewichtigstes Argument ein Stadtbucheintrag im Görlitzer Ratsarchiv. Dort heißt es, als sie ihrem frund Marcus Michler einen Teil seiner Schulden erlässt, zum Zeitpunkt des Geldverleihs: ehedem sy gen Rome geczogen ist.[11] Wäre sie bis Jerusalem gereist, hätte man dies mit Sicherheit vermerkt.[6]

  • Lausitzer Jerusalem. 500 Jahre Heiliges Grab zu Görlitz. Herausgegeben von Ines Anders und Marius Winzeler für die Städtischen Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz (Schriftenreihe Neue Folge 38) und für den Aktionskreis Görlitz e.V. – Begleitpublikation zur Ausstellung. Verlag Gunter Oettel Görlitz-Zittau 2005, ISBN 3-932693-89-2.

Einzelnachweise

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  1. Hans von Mergenthal. In: Burghart Wachinger u. a. (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Band 3: Gert van der Schüren – Hildegard von Bingen de Gruyter. Berlin/New York 1981, ISBN 3-11-007264-5, Sp. 458 f.
  2. Johannes Hasse, Theodor Neumann: Görlitzer Rathsannalen. Sammlung ober- und niederlausitzischer Geschichtschreiber. Hein, Goerlitz 1852, S. 583 (Google eBook [abgerufen am 22. Juli 2011]).
  3. Katrin Schreyer: Das Leben der Agnes Fingerin im Spiegel der zeitgenössischen Quellen. In: Görlitzer Magazin. Band 18, 2005, S. 74–85.
  4. Richard Jecht: Urkundliche Nachrichten über Georg Emerich. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 68, 1892, S. 85–164 (Digitalisat)
  5. Christian Speer: Von Görlitz nach Rom. Regesten zur Geschichte der Pilgerfahrt in der Oberlausitz nach den Görlitzer Stadtbüchern, Ratsrechnungen und Testamenten [1358–1545]. In: Neues Lausitzisches Magazin. Neue Folge, Band 10, 2007, S. 93–132, S. 118 f, Nr. 105
  6. a b c Christian Speer: Frömmigkeit und Politik. Städtische Eliten in Görlitz zwischen 1300 und 1550 (Hallische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit 8). Berlin 2011, S. 86, Anm. 142.
  7. Das Tagebuch des Görlitzischen Stadtschreibers Johannes Frauenburg 1470–1480, nach der Abschrift und mit Anmerkungen des Bartholomäus Scultetus, hrsg. von Moritz Oskar Sauppe. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 65, 1889, S. 151–189, hier S. 176 (Digitalisat)
  8. Richard Jecht: Quellen zur Geschichte der Stadt Görlitz bis 1600. Görlitz 1909, S. 132.
  9. Karl Haupt: Sagenbuch der Lausitz. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 40, 1863, S. 332 ff. (Digitalisat)
  10. Görlitzer Ratsannalen des Mag. Johannes Hass, 1. und 2. Band [1509–1520] [Scriptores Rerum Lusaticarum Neue Folge 3], hrsg. von Theodor Neumann, Görlitz, S. 550.
  11. Liber actorum 1478–1487, fol. 48v [9. Juli 1479]