Eisen(III)-hydroxidoxid

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Kristallstruktur
Kristallstruktur von Eisen(III)-hydroxidoxid
_ Fe3+ 0 _ O2−0 _ H+
Wasserstoffbrückenbindungen sind als gestrichelte Linien gezeichnet
Allgemeines
Name Eisen(III)-hydroxidoxid
Andere Namen
  • Eisen(III)-oxidhydrat
  • Eisenhydroxidoxid
Verhältnisformel FeO(OH)
Kurzbeschreibung

gelbes geruchloses Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 243-746-4
ECHA-InfoCard 100.039.754
PubChem 91502
ChemSpider 82623
DrugBank DB14695
Wikidata Q412739
Eigenschaften
Molare Masse 88,86 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

4,1 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

> 180 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Eisen(III)-hydroxidoxid ist eine anorganische chemische Verbindung mit der Zusammensetzung FeO(OH). Dies kann bei gleichem Verhältnis der Elemente auch als Fe2O3·H2O geschrieben werden; es gehört damit zur Gruppe der Eisenhydroxide oder Eisen(III)-oxidhydrate, die sich im Grad ihrer Hydratation unterscheiden.

Die Verbindung wird häufig in Form einer ihrer Hydrate angetroffen, nämlich Rost: FeO(OH)·nH2O. Das Monohydrat FeO(OH)·H2O wird auch als Eisen(III)-hydroxid Fe(OH)3 bezeichnet.[2]

α–Eisen(III)-hydroxidoxid kommt in der Natur als Mineral Goethit (auch Nadeleisenerz) vor, die β–Form als Akaganeit, die γ–Form als Lepidokrokit (Rubinglimmer) und die δ–Form als Feroxyhyt.[3]

Gewinnung und Darstellung

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Fällung von Eisen(III)-hydroxid (Eisen(III)-oxidhydroxid) aus einer Eisen(III)-chloridlösung

α-Eisen(III)-hydroxidoxid ist ein rostfarbener, voluminöser Niederschlag, der aus Eisen(III)-Salzlösungen (z. B. Eisen(III)-nitrat[3]) beim Versetzen mit Hydroxidionen ausfällt.

γ-Eisen(III)-hydroxidoxid erhält man durch Reaktion von Eisen(II)-chlorid-Tetrahydrat mit Hexamethylentetramin und Reaktion des Zwischenproduktes Eisen(II)-hydroxid mit einer Natriumnitritlösung.[3]

Industriell wird zur Herstellung gelben Eisen (III)-hydroxidoxids häufig der Laux-Prozess angewandt, bei dem Späne aus Gusseisen in Anwesenheit von Wasser mit Nitrobenzol oxidiert und Letzteres gleichzeitig zu Anilin reduziert wird.[4]

Eisen(III)-hydroxid (synthetischer Goethit) in Pulverform

Der Niederschlag löst sich leicht in Säuren, ist im basischen Milieu jedoch praktisch unlöslich. Dieses nützt man z. B. beim Kationentrennungsgang zur Abtrennung von Eisen aus.

Nur mit heißen konzentrierten Basen kann man Hydroxoferrate(III) herstellen. Beim Erwärmen geht Eisen(III)-oxidhydroxid in α-Fe2O3 über.

α-Eisen(III)-hydroxidoxid hat eine orthorhombische Kristallstruktur, isotyp zu der von Diaspor (Raumgruppe Pbnm (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/62.3; a = 464 pm, b = 1000 pm, c = 303 pm).[3]

γ-Eisen(III)-hydroxidoxid ist ein aus äußerst feinen Nädelchen bestehendes, leicht stäubendes Pulver von tieforangeroter Farbe. Es kann durch Erhitzen im Vakuum oder trockenen Luftstrom im Bereich von etwa 250 bis 400 °C in reines y-Fe2O3 übergeführt werden. Bei höherem Erhitzen oder schon bei sehr intensivem Zerreiben entsteht aus den metastabilen Präparaten der γ-Reihe über metastabiles β-FeO(OH) die stabile α-Modifikation. Die γ-Modifikation besitzt eine orthorhombische Kristallstruktur (Raumgruppe Bbmm (Nr. 63, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/63.5, a = 1240 pm, b = 387 pm, c = 306 pm).[3]

Eisen(III)-hydroxide dienen seit altersher unter der Bezeichnung "Ocker" als Pigmente für gelbe, rote und braune Farbtöne. Sie sind lichtecht, können ihre Farbe aber bei Erhitzen (Abspaltung von Wasser) ändern (Rotfärbung).[5] Eisen(III)-hydroxidoxid wird in granulierter Form als Adsorptionsmittel in der Wasseraufbereitung eingesetzt. Die weltweit wichtigste Anwendung ist hierbei die Entfernung von Arsen aus Trinkwasser mit Hilfe von Adsorptionsfiltern.[6] Eisen(III)-hydroxidoxid ist in Deutschland entsprechend der §11-Liste des Umweltbundesamtes (UBA) als Aufbereitungsstoff für Trinkwasser zugelassen.[7] Voraussetzung ist, dass das Granulat den Qualitätsanforderungen der Europäischen Norm EN DIN 15029 entspricht.[8] Ein anderes Anwendungsgebiet ist die Entfernung von Phosphat aus Oberflächenwasser. So wird Eisen(III)-hydroxidoxid in Adsorptionsfiltern zur Nährstoffelimination verwendet und bekämpft die Gefahr der Eutrophierung von Seen. Auch im Aquaristik-Bereich wird Eisen(III)-hydroxidoxid zu diesem Zweck eingesetzt und verhindert übermäßiges Algenwachstum.[9]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Eintrag zu Eisen(III)-oxidhydrat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 19. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  2. CAS 51274-00-1, C.I. 77492
  3. a b c d e Georg Brauer (Hrsg.) u. a.: Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3., umgearbeitete Auflage. Band III, Ferdinand Enke, Stuttgart 1981, ISBN 3-432-87823-0, S. 1648.
  4. Herstellung von Eisenoxidpigmenten über das Laux-Verfahren (Memento vom 13. April 2018 im Internet Archive)
  5. Eintrag zu Ocker. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. Juli 2017.
  6. Erprobung und Optimierung einer praktikablen Aufbereitungstechnologie zur Arsenentfernung bei der Trinkwasseraufbereitung. In: Cleaner Production Germany (CPG) – Das Portal zum Umwelttechnologietransfer! Umweltbundesamt, abgerufen am 7. August 2019.
  7. Stephan Haufe: Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren (§-11-Liste). Umweltbundesamt, 13. September 2013, abgerufen am 7. August 2019.
  8. DIN EN 15029 - 2013-01: Produkte zur Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Gebrauch - Eisen(III)hydroxidoxid; Deutsche Fassung EN 15029:2012. In: beuth.de. Beuth Verlag GmbH, 2013, abgerufen am 7. August 2019.
  9. Hendrik Steinkuhl: Unternehmen produziert Gift-Binder: GEH Osnabrück: Würden auch Dümmer sauber kriegen. In: Neue Osnabrücker Zeitung. Verlag Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, 4. April 2014, abgerufen am 7. August 2019.