Abraham bar Chija

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Abraham bar Chija (Abraham bar Ḥiyya ha-Nasi), auch Abraham Judaeus oder Savasorda (* um 1070 in Barcelona;[1] † um 1136 möglicherweise in der Provence oder Narbonne), war ein jüdischer, im spanischen Katalonien wirkender Mathematiker, Moralphilosoph (Neuplatoniker), Astrologe und Astronom des 12. Jahrhunderts. Er war der erste Forscher, der wissenschaftliche und mathematische Abhandlungen auch auf Hebräisch niederschrieb.[2]

Sein latinisierter Name Savasorda kommt aus dem Arabischen (Wachführer, Ṣāḥib al-Shurṭa)[3] und deutet auf eine offizielle Position (etwa bei den Grafen von Barcelona oder dem König von Aragon) in seinem Heimatort Barcelona hin, das unter christlicher Herrschaft war, wo aber damals auch aus dem Arabischen stammende Bezeichnungen gebräuchlich waren. Seine genaue Kenntnis arabischer Mathematik und Astronomie deuten allerdings auf einen längeren Aufenthalt in einem islamischen Gelehrtenzentrum wie Saragossa hin, das auch Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit war. Hinweise in seinen Werken legen auch eine Verbindung zu jüdischen Kreisen in der Provence nahe.

Er ist für sein hebräisches Lehrbuch über islamische Mathematik bekannt (Ḥibbūr ha-meshīḥah we-ha-tishboret, Abhandlung über Messen und Rechnen), das 1145 Plato von Tivoli als Liber Embadorum ins Lateinische übersetzte.[4] Darin enthalten ist die erste vollständige Behandlung der quadratischen Gleichung im Westen, etwa gleichzeitig mit der ebenfalls 1145 (von Robert von Chester) ins Lateinische übersetzten Algebra von al-Chwarizmi. Das Buch beeinflusste Fibonacci. Abraham bar Chija studierte über arabische Texte die antiken griechischen Mathematiker, wie auch Abraham ibn Esra (1092–1167),[5] und beide gelten als Begründer der jüdischen Studien zur Mathematik im Mittelalter. Zu den von ihm studierten antiken Mathematikern gehören u. a. Euklid, Apollonios von Perge, Theodosios von Bithynien, Autolykos von Pitane, Menelaos von Alexandria, Heron von Alexandria, Eudemos von Rhodos und bei den Arabern al-Chwarizmi und al-Karadschi. Als Übersetzer arbeitete er mit dem ebenfalls in Barcelona wirkenden Plato von Tivoli zusammen, schrieb seine eigenen Werke aber alle in Hebräisch.

Er veröffentlichte auch die erste hebräische Enzyklopädie (Yesod ha-Tebunah u-Migdal ha-Emunah, Die Grundlagen der Erkenntnis und der Turm des Glaubens),[6] die Mathematik, Optik, Astronomie und Musik behandelt, astronomische Texte,[7] ein Buch über Moralphilosophie (Hegyon ha-Nefesh ha-Azuva, Meditationen der traurigen Seele),[8] ein Buch mit astrologischen, geschichtstheologisch-eschatologischen Geschichtsdeutungen (Megillat ha-Megalleh, Buchrolle des Offenbarers),[9] in dem er das Kommen des Messias für das Jahr 1358 (5118 Jahre nach der Schöpfung) vorhersagte, und ein Buch über jüdische Kalenderrechnung (Sefer ha-Ibbur, 1122/23)[10] (das älteste bekannte hebräische Werk dazu), speziell zur Berechnung jüdischer Feiertage.

Bestimmung des Inhalts einer Kreisfläche

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Er bewies mit der rechts abgebildeten geometrisch-mechanischen Methode, einem Vorgriff auf das Prinzip von Cavalieri, dass für jeden Kreis die Gleichung S = L⋅½R gilt. (Dabei ist S der Flächeninhalt, L der Umfang und R der Radius.) Dieser Beweis wurde in seinem Buch über die Messung der Erde und ihre Teilung im 12. Jahrhundert veröffentlicht.[11][12] Abraham bar Chija betrachtet die Kreisfläche aufgebaut aus konzentrischen Kreisen und schneidet sie längs des Radius auf. Es ergibt sich ein Dreieck (da Umfang und Durchmesser des Kreises proportional sind) mit dem Kreisumfang L als Basis und dem Radius R als Höhe. Der Flächeninhalt der Kreisfläche ist danach gleich dem des Dreiecks und es ergibt sich obige Formel.

Abbildung des Beweises im Talmudkommentar, Talmud, Succa 8A, Tosfot
  • Leon D. Stitskin: Judaism as philosophy, the philosophy of Abraham bar Hiyya. New York 1960
  • Jose Millas Vallicrosa: The beginnings of science among the jews in spain. Westport 1994
  • Moritz Steinschneider: Abraham Judaeus: Savasorda und Ibn Esra. Zur Geschichte der mathematischen Wissenschaften im 12. Jahrhundert, in Zeitschrift für Mathematik und Physik, Band 12, 1867, S. 1–44, Online
  • Martin Levey: Abraham Savasorda and his algorism: a study in early European logistic. Osiris, Band 11, 1954, S. 50–64.
  • Martin Levey: The encyclopedia of Abraham Savasorda: a departure of mathematical methodology. Isis, Band 43, 1952, S. 257–264.
  • G. B. Sarfatti: Mathematical terminology in Hebrew scientific literature of the Middle Ages. Jerusalem 1968
  • Yitzhak Baer (Fritz Baer), A history of the jews in christian spain, Philadelphia 1992 (deutsch Die Juden im christlichen Spanien, Berlin, Akademie Verlag 1929)
  • Jakob Freimann, Artikel ABRAHAM ben CHIJA HANASSI. In: Jüdisches Lexikon, Berlin 1927, Band I
  • Angel Sáenz-Badillos; Judit Targarona Borrás: Abraham bar Ḥiyya'. In: Diccionario de autores judios (Sefarad. Siglos X-XV). El Almendro, Córdoba 1988 (Estudios de Cultura Hebrea, Band 10), ISBN 84-86077-69-9, S. 13–14.

Einzelnachweise

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  1. Nach McTutor (siehe Weblinks) geboren 1070, gestorben 1136. Nach der Encyclopedia Britannica wurde er um 1065 geboren und starb um 1136
  2. Personeneintrag in Norman Roth (Hrsg.): Routledge Revivals – Medieval Jewish Civilization – An Encyclopedia. 2003, ISBN 978-1-351-67697-7.
  3. Auch der hebräische Namenszusatz Nasi deutet auf eine leitende Position
  4. Ausgaben von Baldassare Boncompagni, Millas-Vallicrosa (katalanische Übersetzung Llibre de geometria, Barcelona 1931), Michael Guttman (Berlin 1931)
  5. Möglicherweise ein Schüler von Savasorda.
  6. Das Werk ist nur teilweise erhalten, dazu Jose M. Millas Vallicrosa La obra enciclopedica Yesode ha-tevuna u-migdal haemunah de R. Abraham bar Hiyya ha-Bargeloni, Madrid, Barcelona 1952.
  7. Heshbon Mahalekhot ha-Kokhavim, ein Handbuch über die Bewegung der Sterne und Kalenderrechnungen. Tsurat ha-Aretz ve-Tavnit Kaddurei ha Raki`a (Form der Erde), eine Übersicht über Geographie und Astronomie, teilweise in Latein herausgegeben von Sebastian Münster 1546 (Reprint Jerusalem)
  8. Meditations of the sad soul, New York 1969, Übersetzung von Geoffrey Wigoder. Eine hebräische Ausgabe erschien in Leipzig 1860 (Herausgeber E. Freimann, mit einem Beitrag von J. L. Rapoport) und wurde in Jerusalem nachgedruckt.
  9. Schriftrolle des Offenbarers, Ausgabe J. Guttmann, A. Poznanski, Berlin 1924. In katalanischer Übersetzung Llibre revelador, Millas-Vallicrosa, Barcelona 1929.
  10. 1851 von Filipowski in London herausgegeben
  11. Boaz Tsaban and David Garber: The proof of Rabbi Abraham Bar Hiya Hanasi. Abgerufen am 28. März 2011.
  12. David Garber, Boaz Tsaban, A mechanical derivation of the area of the sphere, The American Mathematical Monthly, Band 108, 2001, S. 10–15, Diskussion des Beweises aus heutiger mathematischer Perspektive.