Sōshoku Danshi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Nikushoku Joshi)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Mit Sōshoku(kei) Danshi (jap. 草食(系)男子, dt. „Grasfresser“[1]) und Nikushoku(kei) Joshi (肉食(系)女子, dt. „Fleischfresserin“) wird seit der Mitte der 2000er Jahre eine Entwicklung im Geschlechterverhältnis in der japanischen Gesellschaft charakterisiert.

Der Begriff sōshoku danshi (engl.: Herbivore men) wurde 2006 von der Kolumnistin Maki Fukasawa geschaffen für Männer, die kein oder nur wenig Interesse an Sex – im Japanischen auch als „fleischliche Beziehung“ (肉交, nikukō) bezeichnet – zeigen, und nikushoku joshi entsprechend als Gegenstück.[2][3] Die Begriffe folgen einer Analogie aus dem Tierreich, in dem Pflanzenfresser allgemein als passiv und Fleischfresser als aktiv und aggressiv gelten.

Mit Pflanzenfresser-Mann werden vor allem jüngere Männer bezeichnet, die zwar in Karriere und Beruf erfolgreich und zielstrebig sind, aber in Bezug auf Liebe und Sexualität wenig Erfolg haben bzw. wenig Energie darauf verwenden, ein ausgefülltes Liebesleben zu haben. Umgekehrt sind Fleischfresser-Frauen jene, die selbst die Initiative ergreifen, um für sich passende Liebespartner zu finden. Damit wird ein der klassischen Rollenverteilung in Japan entgegenlaufender Trend beschrieben. Traditionell steht einem sexuell aktiven Mann die zwar selbstbewusste, aber sexuell dem Mann untergeordnete Figur der Yamato Nadeshiko gegenüber.

Der Topos des Pflanzenfresser-Mannes kam zunächst in den Medien auf, aber ist mittlerweile in den allgemeinen Sprachgebrauch aufgenommen worden. In einer Umfrage einer Partnervermittlung beschrieben sich 74 % der befragten Männer als ganz oder überwiegend vom Pflanzenfresser-Typus. Eine Umfrage aus dem Jahr 2010 ergab, dass über 60 % der Männer in den Zwanzigern und 70 % der Männer in den Dreißigern sich als Pflanzenfresser betrachteten. Die japanische Regierung betrachtet das Phänomen als eine mögliche Ursache für die sinkende Geburtenrate der Nation. Japan gilt ähnlich wie in Deutschland als Land mit einer niedrigen Geburtenrate.[4]

Dieser Trend spiegelt den relativ hohen Druck wider, dem gerade jüngere japanische Arbeitnehmer ausgesetzt sind. Einerseits lässt der Karrieredruck mit unzähligen Überstunden und dem Zwang, mehrmals in der Woche auch den Abend mit den Kollegen zu verbringen, wenig Zeit für andere Aktivitäten. Zumal halte die Gesellschaft bis heute am Modell fest, der Mann müsse der Ernährer der Familie sein und die Frau solle mit der ersten Schwangerschaft ihre Stelle aufgeben.[1] Auf der anderen Seite ist das männliche Sexualverhalten in Japan relativ stark polarisiert. Einer großen Gruppe Männer mit einem aktiv-aggressiven, aber auch zeitaufwändigen promisken Lebensstil, der sich in vielen bis ins Ausland bekannten Institutionen und Riten widerspiegelt (Love Hotel, Nampa, Gōkon, Enjokōsai) steht die große Gruppe der Otakus gegenüber, die sich von der Außenwelt abnabeln, zwischenmenschliche Kontakte vermeiden und Sexualität fast nur über Medien erfahren.

  • 『平成男子図鑑』(深澤真紀、日経BP社, 2007年6月21日, ISBN 978-4-8222-4595-5 → 『草食男子時代』(光文社, 2009年7月9日再刊, ISBN 978-4-334-78534-5)
  • 『草食系男子の恋愛学』(森岡正博、メディアファクトリー, 2008年7月16日, ISBN 978-4-8401-2376-1, NDC分類:159
  • 『草食系男子「お嬢マン」が日本を変える』(牛窪恵,講談社, 2008年11月20日, ISBN 978-4-06-272535-4)
  • 『肉食系女子の恋愛学 彼女たちはいかに草食系男子を食いまくるのか』(桜木ピロコ、徳間書店, 2009年3月20日, ISBN 978-4-19-862713-3)
  • 『草食系男子に恋すれば』(アルテイシア、メディアファクトリー, 2009年5月22日, ISBN 978-4-8401-2795-0)
  • 『草食系男子の取扱説明書』(牛窪恵、ビジネス社, 2009年6月23日, ISBN 978-4-8284-1510-9)
  • 『最後の恋は草食系男子が持ってくる』(森岡正博、マガジンハウス, 2009年7月23日, ISBN 978-4-8387-1999-0)
  • Chris Deacon: All the World’s a Stage. Herbivore Boys and the Performance of Masculinity in Contemporary Japan. In: Brigitte Steger, Angelika Koch (Hrsg.): Manga Girl Seeks Herbivore Boy. Studying Japanese Gender at Cambridge. Lit, 2013, ISBN 978-3-643-90319-8 (Buchdarstellung).
  • Tanja Christmann: Vegetarier-Männer - sōshoku-kei danshi. In: Lisette Gebhardt (Hrsg.): Yomitai! Neue Literatur aus Japan. EB-Verlag, 2012, ISBN 978-3-86893-057-3 (Verlagsseite).
  • Masahiro Morioka: A Phenomenological Study of “Herbivore Men”. In: The Review of Life Studies, Vol. 4 (September 2013), pp. 1–20.
  • Masahiro Morioka: Lessons in Love for Herbivore Men. Juli 2008

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Christoph Neidhart: Japaner haben keine Lust auf Sex. In: sueddeutsche.de. 21. September 2016, abgerufen am 25. Januar 2021.
  2. Morgan Neill: Japan's 'herbivore men' -- less interested in sex, money. In: CNN.com. 8. Juni 2009, abgerufen am 5. September 2014 (englisch).
  3. 「草食男子」も悪くない. In: Nikkei Business Online. Februar 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. August 2011; abgerufen am 9. Mai 2014 (japanisch).
  4. Japan panics about the rise of "herbivores"—young men who shun sex, don't spend money, and like taking walks Slate Magazine, 20. August 2012