„Fluor“ – Versionsunterschied
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K 17F zerfällt durch Positronenemission, nicht Elektroneneinfang (Quellen: Nuclear Science References (NSR), 2011; Precision half-life measurement of 17F, 2016, ADS) |
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Frühere Studien untersuchten einen möglichen Zusammenhang von Fluoridaufnahme durch Trinkwasser und dem Auftreten von [[Osteosarkom]]en, einer Krebsart.<ref>{{Literatur |Autor=P. Meiers |Titel=Does Water Fluoridation have Negative Side Effects? A Critique of the York Review, Objective 4, Sections 9.1–9.6 |Sammelwerk=Journal of Orthomolecular Medicine |Band=16 |Nummer=2 |Datum=2001 |Seiten=73–82 |Online=[http://www.orthomolecular.org/library/jom/2001/pdf/2001-v16n02-p073.pdf PDF]}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=E. B. Bassin et al. |Titel=Age-specific fluoride exposure in drinking water and osteosarcoma (United States) |Sammelwerk=[[Cancer Causes & Control]] |Band=17 |Datum=2006 |Seiten=421–428 |DOI=10.1007/s10552-005-0500-6}}</ref> Die aufgenommene Fluoridmenge wurde geschätzt anhand der bevorzugten Trinkwasserquelle. Eine statistische Analyse hierzu fand eine positive Korrelation von Fluoridaufnahme und Krebsrate, allerdings nur bei Männern, nicht bei Frauen.<ref name=":0" /> Ein unabhängiger Kommentar zu dieser Analyse bemerkt, dass der Zusammenhang lediglich bei der ersten Gruppe der untersuchten Personen feststellbar war, bei einer späteren zweiten Gruppe hingegen nicht mehr. Die Autoren kommen darin zu der Einschätzung, dass daraus kein erhöhtes Krebsrisiko abgeleitet werden kann.<ref>{{Literatur |Autor=C. W. Douglass, K. Joshipura |Titel=Caution needed in fluoride and osteosarcoma study |Sammelwerk=[[Cancer Causes & Control]] |Band=17 |Datum=2006 | Seiten=481–482 | Online=[https://www.researchgate.net/publication/7184129_Caution_Needed_in_Fluoride_and_Osteosarcoma_Study] }}</ref> Die [[Internationale Agentur für Krebsforschung]] war in ihrer Bewertung 1982 zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine Anzeichen einer krebserzeugenden Wirkung von anorganischen Fluoriden ''im Zusammenhang mit der Trinkwasserfluoridierung'' gibt.<ref>{{Literatur |Titel=Some Aromatic Amines, Anthraquinones and Nitroso Compounds, and Inorganic Fluorides Used in Drinking-water and Dental Preparations. Summary of Data Reported and Evaluation |Sammelwerk=IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans |Band=27 |Datum=1982 |Online=[http://monographs.iarc.fr/ENG/Monographs/vol1-42/mono27.pdf PDF]}}</ref> Mittlerweile wird ein Zusammenhang bestritten.<ref>{{Literatur |Autor=Brock A. Lindsey et al. |Titel=Osteosarcoma Overview |Hrsg= |Sammelwerk=Rheumatology and Therapy |Band=4 |Nummer=1 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2016-12-08 |ISBN= |DOI=10.1007/s40744-016-0050-2 |PMC=5443719 |PMID=27933467 |Seiten=25–43}}</ref> |
Frühere Studien untersuchten einen möglichen Zusammenhang von Fluoridaufnahme durch Trinkwasser und dem Auftreten von [[Osteosarkom]]en, einer Krebsart.<ref>{{Literatur |Autor=P. Meiers |Titel=Does Water Fluoridation have Negative Side Effects? A Critique of the York Review, Objective 4, Sections 9.1–9.6 |Sammelwerk=Journal of Orthomolecular Medicine |Band=16 |Nummer=2 |Datum=2001 |Seiten=73–82 |Online=[http://www.orthomolecular.org/library/jom/2001/pdf/2001-v16n02-p073.pdf PDF]}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=E. B. Bassin et al. |Titel=Age-specific fluoride exposure in drinking water and osteosarcoma (United States) |Sammelwerk=[[Cancer Causes & Control]] |Band=17 |Datum=2006 |Seiten=421–428 |DOI=10.1007/s10552-005-0500-6}}</ref> Die aufgenommene Fluoridmenge wurde geschätzt anhand der bevorzugten Trinkwasserquelle. Eine statistische Analyse hierzu fand eine positive Korrelation von Fluoridaufnahme und Krebsrate, allerdings nur bei Männern, nicht bei Frauen.<ref name=":0" /> Ein unabhängiger Kommentar zu dieser Analyse bemerkt, dass der Zusammenhang lediglich bei der ersten Gruppe der untersuchten Personen feststellbar war, bei einer späteren zweiten Gruppe hingegen nicht mehr. Die Autoren kommen darin zu der Einschätzung, dass daraus kein erhöhtes Krebsrisiko abgeleitet werden kann.<ref>{{Literatur |Autor=C. W. Douglass, K. Joshipura |Titel=Caution needed in fluoride and osteosarcoma study |Sammelwerk=[[Cancer Causes & Control]] |Band=17 |Datum=2006 | Seiten=481–482 | Online=[https://www.researchgate.net/publication/7184129_Caution_Needed_in_Fluoride_and_Osteosarcoma_Study] }}</ref> Die [[Internationale Agentur für Krebsforschung]] war in ihrer Bewertung 1982 zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine Anzeichen einer krebserzeugenden Wirkung von anorganischen Fluoriden ''im Zusammenhang mit der Trinkwasserfluoridierung'' gibt.<ref>{{Literatur |Titel=Some Aromatic Amines, Anthraquinones and Nitroso Compounds, and Inorganic Fluorides Used in Drinking-water and Dental Preparations. Summary of Data Reported and Evaluation |Sammelwerk=IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans |Band=27 |Datum=1982 |Online=[http://monographs.iarc.fr/ENG/Monographs/vol1-42/mono27.pdf PDF]}}</ref> Mittlerweile wird ein Zusammenhang bestritten.<ref>{{Literatur |Autor=Brock A. Lindsey et al. |Titel=Osteosarcoma Overview |Hrsg= |Sammelwerk=Rheumatology and Therapy |Band=4 |Nummer=1 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2016-12-08 |ISBN= |DOI=10.1007/s40744-016-0050-2 |PMC=5443719 |PMID=27933467 |Seiten=25–43}}</ref> |
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Eine neue unabhängig und gut kontrollierten Studie in Kanada an 512 Schwangeren Frauen und deren Kinder legt nahe, dass die Aufnahme von Flouriden durch [[Schwangerschaft|Schwangere]] auch in üblichen Mengen den [[Intelligenzquotient|IQ]] deren späterer Kindern (im Alter von 3-4 Jahren) stark verringert (4.5 IQ Punkte weniger für Jungen pro 1 mg/L Flourid im Urin der Mutter während der Schwangerschaft; 3.66 IQ Punkte pro 1 mg druchschnittliche tägliche Aufnahme der Mutter während der Schwangerschaft).<ref>{{Literatur |Autor=Rivka Green, Bruce Lanphear, Richard Hornung, David Flora, E. Angeles Martinez-Mier |Titel=Association Between Maternal Fluoride Exposure During Pregnancy and IQ Scores in Offspring in Canada |Sammelwerk=JAMA Pediatrics |Datum=2019-08-19 |ISSN=2168-6203 |DOI=10.1001/jamapediatrics.2019.1729 |Online=https://jamanetwork.com/journals/jamapediatrics/fullarticle/2748634 |Abruf=2019-08-21}}</ref> |
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Schäden, die durch die Arbeit mit Fluoriden entstehen, wie Skelettfluorose, Lungenschäden, Reizung des Magen-Darm-Trakts oder Verätzungen sind als [[Berufskrankheit]]en anerkannt. Im Berufskrankheiten-System sind sie unter Bk Nr. 13 08 erfasst.<ref>{{Literatur |Autor=Helmut Valentin, Gerhard Lehnert, Heinrich Petry |Titel=Arbeitsmedizin I. Arbeitsphysiologie und Arbeitshygiene. Grundlagen für Prävention und Begutachtung |Auflage=3. |Verlag=Georg Thieme Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=1985 |ISBN=3-13-572003-9}}</ref> |
Schäden, die durch die Arbeit mit Fluoriden entstehen, wie Skelettfluorose, Lungenschäden, Reizung des Magen-Darm-Trakts oder Verätzungen sind als [[Berufskrankheit]]en anerkannt. Im Berufskrankheiten-System sind sie unter Bk Nr. 13 08 erfasst.<ref>{{Literatur |Autor=Helmut Valentin, Gerhard Lehnert, Heinrich Petry |Titel=Arbeitsmedizin I. Arbeitsphysiologie und Arbeitshygiene. Grundlagen für Prävention und Begutachtung |Auflage=3. |Verlag=Georg Thieme Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=1985 |ISBN=3-13-572003-9}}</ref> |
Version vom 21. August 2019, 12:48 Uhr
Eigenschaften | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Allgemein | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Name, Symbol, Ordnungszahl | Fluor, F, 9 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Elementkategorie | Halogene | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Gruppe, Periode, Block | 17, 2, p | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Aussehen | blasses, gelbliches Gas | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
CAS-Nummer |
7782-41-4 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Massenanteil an der Erdhülle | 0,028 %[1] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Atomar[2] | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Atommasse | 18,998403163(6)[3] u | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Atomradius (berechnet) | 50 (42) pm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kovalenter Radius | 71 pm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Van-der-Waals-Radius | 147 pm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Elektronenkonfiguration | [He] 2s2 2p5 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1. Ionisierungsenergie | 1681,0 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2. Ionisierungsenergie | 3374,2 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
3. Ionisierungsenergie | 6050,4 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Physikalisch[2] | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Aggregatzustand | gasförmig | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dichte | 1,6965 kg/m3[4] bei 273 K | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Magnetismus | diamagnetisch | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | 53,53 K (−219,62 °C) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Siedepunkt | 85,15 K[5] (−188 °C) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Molares Volumen | (fest) 11,20 · 10−6 m3·mol−1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Verdampfungsenthalpie | 6,32 kJ/mol[5] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schmelzenthalpie | 0,2552 kJ·mol−1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wärmeleitfähigkeit | 0,0279 W·m−1·K−1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chemisch[2] | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Oxidationszustände | −1 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Normalpotential | 2,87 V (F + e− → F−) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Elektronegativität | 4,0 (Pauling-Skala) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Isotope | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Weitere Isotope siehe Liste der Isotope | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
NMR-Eigenschaften | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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MAK |
Schweiz: 0,1 ml·m−3 bzw. 0,15 mg·m−3[9] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Fluor [chemisches Element mit dem Symbol F und der Ordnungszahl 9. Im Periodensystem steht es in der 7. Hauptgruppe und gehört damit zur 17. IUPAC-Gruppe, den Halogenen, von denen es das leichteste ist. Es liegt unter Normalbedingungen in Form des zweiatomigen Moleküls F2 gasförmig vor und ist das reaktivste aller Elemente[10]. Es reagiert mit allen Elementen mit Ausnahme der Edelgase Helium und Neon. Fluor ist farblos und erscheint stark verdichtet blassgelb. Es ist das elektronegativste aller Elemente und hat in Verbindungen mit anderen Elementen stets die Oxidationsstufe −1.
] ist einDer Name des Elementes leitet sich von lat. fluores ab. Dieser Begriff bezeichnete das wichtigste natürlich vorkommende Mineral Fluorit (Flussspat), das in der Metallurgie als Flussmittel zur Herabsetzung des Schmelzpunktes von Erzen verwendet wird (im Originalkontext: lapides igni liquescentes (fluores)).
Elementares Fluor ist sehr giftig und stark ätzend. Bereits in geringen Konzentrationen kann sein durchdringender Geruch bemerkt werden. Seine Salze (Fluoride und diverse Fluorokomplexsalze wie Natriummonofluorphosphat) sind in höherer Konzentration ebenfalls sehr giftig, werden in Spuren aber zur Prophylaxe von Zahnkaries verabreicht. Sie werden deswegen (Fluor bzw. Fluoride sind beteiligt an der Bildung von Knochen und Zähnen) teilweise dem Trinkwasser oder Speisesalz zugesetzt (Fluoridierung).
Geschichte
Das erste beschriebene Fluorsalz war das natürlich vorkommende Calciumfluorid (Flussspat). Es wurde 1530 von Georgius Agricola beschrieben und 1556 von ihm als Hilfsmittel zum Schmelzen von Erzen erwähnt.[11] Es macht Erzschmelzen und Schlacken dünnflüssiger, lässt sie fließen (Flussmittel).
Carl Wilhelm Scheele beschäftigte sich ab 1771 erstmals eingehender mit Flussspat und seinen Eigenschaften, sowie der daraus bei Säurebehandlung gebildeten Flusssäure. Er erforschte die Reaktionen bei Einwirkung von Flusssäure auf Glas unter Bildung von Siliciumtetrafluorid und Fluorkieselsäure. Eine weitere Eigenschaft, die er an Flussspat entdeckte, war die Fluoreszenz, die nach dem Mineral benannt ist.[11]
In einem Leserbrief an das Philosophical Magazine, der lediglich mit dem Kürzel „E.B.“ signiert ist, beklagte 1808 der Schreiber das seiner Meinung nach inkonsequente Vorgehen bei der Namensgebung für neue Elemente. In einem Nachtrag schlug er bei dieser Gelegenheit für den in der Flusssäure (engl.: fluoric acid) gebundenen Grundstoff den Namen Fluor vor.[12] In einem Brief vom 25. August 1812 an Humphry Davy wurde von André-Marie Ampère erstmals der Gedanke geäußert, dass wie in der Salzsäure auch in der Flusssäure das Radikal (engl.: fluorine. gelegentlich auch fluorin. in Analogie zu chlorine für Chlor) an Wasserstoff gebunden sei.[13] Danach versuchten viele Chemiker das Element zu isolieren. Aufgrund der Schwierigkeiten, die durch die Reaktivität und Giftigkeit entstanden, dauerte es bis zum 28. Juni 1886, als es Henri Moissan erstmals gelang, elementares Fluor herzustellen und zu charakterisieren. Er erhielt es durch Elektrolyse einer Lösung von Kaliumhydrogendifluorid in flüssigem Fluorwasserstoff bei tiefen Temperaturen in einer speziell entwickelten Apparatur (teilweise aus Flussspat). Für diese Leistung bekam Moissan den Nobelpreis für Chemie im Jahr 1906 verliehen.[14]
Aufschwung nahm die Fluorherstellung im Zweiten Weltkrieg, einerseits durch die Entwicklung der Atomwaffen in den USA (Manhattan-Projekt), da die Isotopenanreicherung von 235Uran über gasförmiges Uranhexafluorid (UF6) erfolgt, das mit Hilfe von elementarem Fluor hergestellt wird.[15][16] Andererseits betrieb damals die I.G. Farben in Gottow eine Fluorelektrolyse-Zelle, deren Produkt angeblich nur zur Herstellung eines neuen Brandmittels (Chlortrifluorid) für Brandbomben dienen sollte.[17] Ob es in Deutschland damals möglich gewesen wäre, mit Hilfe dieser Fluorproduktion 235Uran anzureichern, wird kontrovers diskutiert.[18][19]
Vorkommen
In der Erdkruste ist Fluor mit 525 ppm ein relativ häufiges Element.[20] Es kommt aufgrund seiner Reaktivität in der Natur nicht elementar, sondern gebunden als Fluorid in Form einiger Minerale vor. Eine Ausnahme bildet Stinkspat (eine uranhaltige Fluorit-Varietät) u. a. aus Wölsendorf, in dem geringe Mengen elementares Fluor durch Radiolyse entstehen, was bei mechanischen Bearbeitungen einen starken Geruch durch freigesetztes Fluor verursacht.[21] Meerwasser enthält wenig gelöste Fluoride, da bei Anwesenheit von Calcium die Löslichkeit durch Bildung von schwerlöslichem Calciumfluorid eingeschränkt wird. Die häufigsten Fluorminerale sind der Fluorit CaF2 und der Fluorapatit Ca5(PO4)3F. Der größte Teil des Fluorits ist in Fluorapatit gebunden, jedoch enthält dieser nur einen geringen Massenanteil Fluor von ca. 3,8 %. Daher wird Fluorapatit nicht wegen seines Fluorgehaltes, sondern vor allem als Phosphatquelle abgebaut. Die Hauptquelle für die Gewinnung von Fluor und Fluorverbindungen ist der Fluorit. Größere Fluoritvorkommen existieren in Mexiko, China, Südafrika, Spanien und Russland. Auch in Deutschland findet sich Fluorit, beispielsweise im eingangs erwähnten Wölsendorf.
Ein weiteres natürlich vorkommendes Fluormineral ist Kryolith Na3AlF6. Die ursprünglich bedeutenden Kryolithvorkommen bei Ivigtut auf Grönland sind ausgebeutet. Das in der Aluminiumproduktion benötigte Kryolith wird heute chemisch hergestellt.
Fluorid-Ionen kommen daneben auch in einigen seltenen Mineralen vor, in denen sie die Hydroxidgruppen ersetzen. Beispiele sind Asbest sowie der Schmuckstein Topas Al2SiO4(OH, F)2, Sellait MgF2 und Bastnäsit (La,Ce)(CO3)F. Eine Übersicht gibt die Kategorie:Fluormineral.
Einige wenige Organismen können Fluoride in fluororganische Verbindungen einbauen. Der südafrikanische Busch Gifblaar und weitere Pflanzenarten der Gattung Dichapetalum können Fluoressigsäure synthetisieren und in ihren Blättern speichern. Dies dient zur Abwehr von Fressfeinden, für die Fluoressigsäure tödlich wirkt. Die Giftwirkung wird durch Unterbrechung des Citratzyklus ausgelöst.[22]
Gewinnung und Darstellung
Das Ausgangsmaterial für die Gewinnung elementaren Fluors und anderer Fluorverbindungen ist überwiegend Fluorit (CaF2). Aus diesem wird durch Reaktion mit konzentrierter Schwefelsäure Fluorwasserstoff gewonnen.
- Reaktion von Calciumfluorid mit Schwefelsäure.
Eine weitere Quelle für Flusssäure ist die Phosphatgewinnung, bei der Flusssäure als Abfallprodukt bei der Verarbeitung von Fluorapatit entsteht.
Der größte Teil der produzierten Flusssäure wird zur Herstellung fluorierter Verbindungen eingesetzt. Wo dazu die Reaktivität der Flusssäure nicht ausreicht, gelangt elementares Fluor zum Einsatz, das aus einem kleineren Teil der HF-Produktion gewonnen wird.
Da Fluor eines der stärksten Oxidationsmittel ist, kann es auf chemischem Weg nur sehr umständlich und nicht wirtschaftlich gewonnen werden. Stattdessen wird ein elektrochemisches Verfahren eingesetzt. Die Bruttoreaktion verläuft gemäß:
Das Verfahren wird nach Henri Moissan benannt. Dabei wird kein reiner Fluorwasserstoff zur Elektrolyse verwendet, sondern eine Mischung von Kaliumfluorid und Fluorwasserstoff im Verhältnis von 1:2 bis 1:2,2.[23] Der Hauptgrund für die Verwendung dieser Mischung liegt darin, dass die Leitfähigkeit der Schmelze im Vergleich zu reinem Fluorwasserstoff, der wie reines Wasser Strom nur sehr wenig leitet, stark erhöht ist. Für die Elektrolyse ist es wichtig, dass die Schmelze komplett wasserfrei ist, da sonst während der Elektrolyse Sauerstoff anstatt Fluor entstehen würde.
Technisch wird das sogenannte Mitteltemperatur-Verfahren mit Temperaturen von 70 bis 130 °C und einer Kaliumfluorid-Fluorwasserstoff-Mischung von 1:2 angewendet. Bei höheren Fluorwasserstoffgehalten würde ein größerer Dampfdruck entstehen, so dass bei tiefen Temperaturen und aufwändiger Kühlung gearbeitet werden müsste. Bei niedrigeren Gehalten (etwa 1:1) sind die Schmelztemperaturen höher (1:1-Verhältnis: 225 °C), was den Umgang erheblich erschwert und die Korrosion fördert. Die Elektrolyse findet mit Graphit-Elektroden in Zellen aus Stahl oder Monel statt, die zusätzliche Eisenbleche zur Trennung von Anoden- und Kathodenraum enthalten, um eine Durchmischung der entstehenden Gase zu verhindern. An die Elektroden wird eine Spannung von etwa 8–12 Volt angelegt. Der bei der Elektrolyse verbrauchte Fluorwasserstoff wird kontinuierlich ersetzt.
Das Rohfluor, das die Elektrolysezelle verlässt, ist mit Fluorwasserstoff verunreinigt, enthält aber auch Sauerstoff, Tetrafluormethan (CF4) und andere Perfluorcarbone, die durch Reaktion von Fluor und dem Elektrodenmaterial entstehen. Diese Verunreinigungen können durch Ausfrieren und Adsorption von Fluorwasserstoff an Natriumfluorid entfernt werden.
Im Labor kann Fluor durch Zersetzung von Mangantetrafluorid (MnF4) dargestellt werden. Hierzu wird zunächst K2MnF6 mit SbF5 versetzt, wobei das instabile blauviolette MnF4 freigesetzt wird. Dieses Mangantetrafluorid zerfällt bei Temperaturen über 150 °C in F2 und MnF3.[24]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Fluor ist bei Raumtemperatur ein blassgelbes, stechend riechendes Gas. Die Farbe ist von der Schichtdicke abhängig, unterhalb von einem Meter Dicke erscheint das Gas farblos, erst darüber ist es gelb. Unterhalb von −188 °C ist Fluor flüssig und von „kanariengelber“ Farbe.[25] Der Schmelzpunkt des Fluor liegt bei −219,52 °C.[26] Von festem Fluor sind zwei Modifikationen bekannt. Zwischen −227,6 °C und dem Schmelzpunkt liegt Fluor in einer kubischen Kristallstruktur mit Gitterparameter a = 667 pm vor (β-Fluor).[27] Unterhalb von −227,6 °C ist die monokline α-Modifikation mit den Gitterparametern a = 550 pm, b = 328 pm, c = 728 pm und β = 102,17° stabil.[28] Fluor ist mit einer Dichte von 1,6959 kg/m³ bei 0 °C und 1013 hPa[4] schwerer als Luft. Der kritische Punkt liegt bei einem Druck von 52,2 bar und einer Temperatur von 144,2 K (−129 °C).[29]
Moleküleigenschaften
Fluor liegt im elementaren Zustand wie die anderen Halogene in Form zweiatomiger Moleküle vor. Die Bindungslänge im Fluormolekül ist mit 144 pm kürzer als die Einfachbindungen in anderen Elementen (beispielsweise Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung: 154 pm). Trotz dieser kurzen Bindung ist die Dissoziationsenergie der Fluor-Fluor-Bindung im Vergleich zu anderen Bindungen mit 158 kJ/mol gering und entspricht etwa der des Iodmoleküls mit einer Bindungslänge von 266 pm. Die Gründe für die geringe Dissoziationsenergie liegen vor allem darin, dass sich die freien Elektronenpaare der Fluoratome stark nähern und es zu Abstoßungen kommt. Diese schwache Bindung bewirkt die hohe Reaktivität des Fluors.
Durch die Molekülorbitaltheorie lässt sich die Bindung im Fluormolekül ebenfalls erklären. Dabei werden die s- und p-Atomorbitale der einzelnen Atome zu bindenden und antibindenden Molekülorbitalen zusammengesetzt. Die 1s- und 2s-Orbitale der Fluoratome werden jeweils zu σs und σs*- bindenden und antibindenden Molekülorbitalen. Da diese Orbitale vollständig mit Elektronen gefüllt sind, tragen sie nichts zur Bindung bei. Aus den 2p-Orbitalen werden insgesamt sechs Molekülorbitale mit unterschiedlicher Energie. Dies sind die bindenden σp-, πy- und πz-, sowie die entsprechenden antibindenden σp*-, πy*- und πz*-Molekülorbitale. Die π-Orbitale besitzen dabei gleiche Energie. Werden Elektronen in die Molekülorbitale verteilt, kommt es dazu, dass sowohl sämtliche bindenden als auch die antibindenden π*-Orbitale vollständig besetzt sind. Dadurch ergibt sich eine Bindungsordnung von (6–4)/2 = 1 und ein diamagnetisches Verhalten, das auch beobachtet wird.
Chemische Eigenschaften
Fluor gehört zu den stärksten bei Raumtemperatur beständigen Oxidationsmitteln. Es ist das elektronegativste Element und reagiert mit allen Elementen außer Helium und Neon. Die Reaktionen verlaufen meist heftig. So reagiert Fluor im Gegensatz zu allen anderen Halogenen ohne Lichtaktivierung selbst als Feststoff bei −200 °C explosiv mit Wasserstoff unter Bildung von Fluorwasserstoff. Fluor ist das einzige Element, das mit den Edelgasen Krypton, Xenon und Radon direkt reagiert. So bildet sich bei 400 °C aus Xenon und Fluor Xenon(II)-fluorid.
Auch viele andere Stoffe reagieren lebhaft mit Fluor, darunter viele Wasserstoffverbindungen wie beispielsweise Wasser, Ammoniak, Monosilan, Propan oder organische Lösungsmittel. Mit Wasser reagiert Fluor bei verschiedenen Bedingungen unterschiedlich. Werden geringe Mengen Fluor in kaltes Wasser geleitet, bilden sich Wasserstoffperoxid und Flusssäure.[30]
Bei der Reaktion eines Fluor-Überschusses mit geringen Wassermengen, Eis oder Hydroxiden entstehen dagegen als Hauptprodukte Sauerstoff und Sauerstoffdifluorid.[30]
Mit festen Materialien reagiert Fluor dagegen wegen der kleineren Angriffsfläche langsamer und kontrollierter. Bei vielen Metallen führt die Reaktion mit elementarem Fluor zur Bildung einer Passivierungsschicht auf der Metalloberfläche, die das Metall vor dem weiteren Angriff des Gases schützt. Da die Schicht bei hohen Temperaturen oder Fluordrücken nicht dicht ist, kann es dabei zu einer Weiterreaktion von Fluor und Metall kommen, die zur Aufschmelzung des Materials führt. Da beim Aufschmelzen ständig frisches Metall freigelegt wird, das dann wieder zur Reaktion mit Fluor bereitsteht, kann es letztlich sogar zu einem unkontrollierten Reaktionsverlauf kommen (so genanntes Fluorfeuer).
Auch Kunststoffe reagieren bei Raumtemperatur zumeist sehr kontrolliert mit elementarem Fluor. Wie bei den Metallen, führt auch beim Kunststoff die Reaktion mit Fluor zur Bildung einer fluorierten Oberflächenschicht.
Glas ist bei Raumtemperatur gegen Fluorwasserstoff-freies Fluor inert. Bei höherer Temperatur wird jedoch eine mehr oder weniger schnelle Reaktion beobachtet. Verantwortlich hierfür sind Fluoratome, die durch die thermische Dissoziation des molekularen Fluors gebildet werden und dadurch besonders reaktionsfreudig sind. Produkt der Reaktion ist gasförmiges Siliciumtetrafluorid. Spuren von Fluorwasserstoff führen dagegen auch ohne Erhitzen zu einer schnellen Reaktion.
Isotope
Fluor ist eines von 22 Reinelementen. Natürlich vorkommendes Fluor besteht zu 100 % aus dem Isotop 19F. Daneben sind weitere 16 künstliche Isotope von 14F bis 31F sowie das Isomer 18mF bekannt.[31] Außer dem Isotop 18F, das eine Halbwertszeit von 109,77 Minuten besitzt, zerfallen alle anderen künstlichen Isotope innerhalb von Zeptosekunden (10−21s) bis etwas über einer Minute.
18F wird in der Krebsdiagnostik in Form von Fluordesoxyglucose, Fluorethylcholin, Fluorethyltyrosin bzw. 18F-Fluorid als Radionuklid in der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eingesetzt.
Siehe auch: Liste der Fluor-Isotope
Verwendung
Aufgrund der hohen Reaktivität und des schwierigen Umgangs mit Fluor kann elementares Fluor nur eingeschränkt verwendet werden. Es wird überwiegend zu fluorierten Verbindungen weiterverarbeitet, die auf andere Weise nicht hergestellt werden können. Der größte Teil des produzierten Fluors wird für die Herstellung von Uranhexafluorid benötigt, was infolge seiner Leichtflüchtigkeit die Anreicherung von 235U mit Gaszentrifugen oder durch das Gasdiffusionsverfahren ermöglicht. Dieses Isotop ist für die Kernspaltung wichtig. Ein zweites wichtiges Produkt, das nur mit Hilfe von elementarem Fluor hergestellt werden kann, ist Schwefelhexafluorid. Dieses dient als gasförmiger Isolator beispielsweise in Hochspannungsschaltern und gasisolierten Rohrleitern.
Fluor dient zudem zur Oberflächenfluorierung von Kunststoffen. Dies wird unter anderem bei Kraftstofftanks in Automobilen eingesetzt, wobei sich eine fluorierte Barriereschicht ausbildet, die unter anderem eine niedrigere Benzindurchlässigkeit bewirkt. Diese Anwendung der Fluorierung steht in Konkurrenz zur Koextrusionstechnologien und dem Metalltank. Eine zweite Wirkung der Fluorierung ist, dass die Oberflächenenergie vieler Kunststoffe erhöht werden kann. Dies findet vor allem Anwendungen wo Farben, Lacke oder Klebstoffe auf ansonsten hydrophobe Kunststoffoberflächen (Polyolefine) aufgebracht werden sollen. Die Vorteile der Fluorierung von Kunststoffoberflächen liegen in der Behandelbarkeit von Körpern mit ausgeprägten 3D-Strukturen und Hohlräumen. Zudem lassen sich Kleinteile als Schüttgut behandeln und der Effekt bleibt über eine lange Zeit erhalten. Die Fluorierung wird eingesetzt, wenn weiter verbreitete und kostengünstigere Methoden, wie z. B. die Beflammung nicht einsetzbar sind. Weiter mögliche Effekte die durch Fluorierung von Kunststoffoberflächen erreicht werden können sind: verbesserte Faser-Matrix-Haftung, verringerte Reibung und verbesserte Selektivitäten in der Membrantechnik.[32]
Werden Fluor und Graphit zusammen erhitzt, entsteht Graphitfluorid, das als Trockenschmiermittel und Elektrodenmaterial eingesetzt werden kann.
Nachweis
Für Fluoridionen existieren mehrere Nachweise. Bei der sogenannten Kriechprobe wird in einem Reagenzglas aus Glas eine fluoridhaltige Substanz mit konzentrierter Schwefelsäure versetzt.
- Fluorid-Ionen reagieren mit Schwefelsäure zu Sulfat-Ionen und Fluorwasserstoff.
Es steigen Fluorwasserstoffdämpfe auf, die das Glas anätzen. Gleichzeitig ist die Schwefelsäure aufgrund der Veränderung der Oberfläche nicht mehr in der Lage, das Glas zu benetzen.[33]
Eine zweite Nachweismöglichkeit ist die sogenannte Wassertropfenprobe. Dabei wird die fluoridhaltige Substanz mit Kieselsäure und Schwefelsäure zusammengebracht. Es entsteht gasförmiges Siliciumtetrafluorid. Über das Gefäß mit der Probe wird ein Wassertropfen gehalten. Durch Reaktion von Siliciumtetrafluorid mit dem Wasser bildet sich Siliciumdioxid, das als charakteristischer weißer Rand um den Tropfen kristallisiert.[33]
- Bildung des Siliciumtetrafluorids.
- Reaktion im Wassertropfen
Siehe auch: Nachweise für Fluorid
In der modernen Analytik, insbesondere für organische Fluorverbindungen spielt die NMR-Spektroskopie eine große Rolle. Fluor besitzt den Vorteil, zu 100 % aus einem Isotop (Reinelement) zu bestehen, das durch NMR-Spektroskopie nachweisbar ist.
Biologische Bedeutung
Es ist umstritten, ob Fluor ein für den menschlichen Organismus essentielles Spurenelement ist.[34] Laut einem im Jahr 2013 veröffentlichten Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist Fluorid kein essentieller Nährstoff, da es weder Wachstumsprozessen noch der Zahnentwicklung dient und Zeichen eines Fluoridmangels nicht identifiziert werden konnten.[35]
Im Körper sind etwa 5 g Fluoride (bei 70 kg Körpergewicht) enthalten.[36] Es ist sehr ungleichmäßig verteilt, der weitaus größte Teil ist in den Knochen und Zähnen enthalten.
Fluorid kann vor Zahnkaries schützen und den Zahnschmelz härten. Durch den Einbau von Fluorid- anstatt von Hydroxid-Ionen in den Hydroxylapatit der Zähne entsteht Fluorapatit. Fluorid wirkt durch die geringe Löslichkeit des Fluorapatits remineralisierend, indem der durch Säuren aufgelöste Apatit in Anwesenheit von Fluorid wieder ausgefällt wird. Außerdem wirkt Fluorid hemmend auf bestimmte Enzyme und bewirkt eine Unterbrechung der Glykolyse in kariesverursachenden Bakterien, was deren Wachstum hemmt.[37]
Die Aufnahme von Fluorid auf natürlichen Wegen erfolgt in der Regel mit dem Trinkwasser oder der Nahrung. Nehmen Kinder während der Zahnentwicklung zu viel Fluorid auf, kann sich eine Dentalfluorose bilden. Diese bewirkt punktförmige bis fleckig-braune Verfärbungen (mottled teeth oder mottled enamel) auf der Zahnoberfläche, zudem ist der Zahn fragiler und weniger widerstandsfähig. Die maximal empfohlenen Höchstmengen an Fluorid, die ein Mensch täglich zu sich nehmen sollte, betragen für Säuglinge bis sechs Monate 0,7 mg, von 7–17 Monaten 0,9 mg bei Kindern bis drei Jahren 1,3 mg. Kinder von vier bis acht Jahren sollten nicht mehr als 2,2 mg Fluorid pro Tag aufnehmen. Wenn danach die Zahnentwicklung abgeschlossen ist, verträgt der Mensch höhere Dosen bis zu 10 mg Fluorid pro Tag.[38]
In Deutschland ist die Trinkwasserfluoridierung nicht zulässig, in der Schweiz wurde sie bis 2003 in Basel durchgeführt. Bis zum Jahr 2000 durfte darum in Basel auch kein fluoridhaltiges Salz verkauft werden.[39]
Da Fluorid ähnlich Selen in größeren Mengen toxisch wirkt, existiert nur ein kleiner Bereich, in dem Fluorid im Körper vorkommen darf, ohne toxisch zu wirken.
Toxikologie
Fluor und viele Fluorverbindungen sind für den Menschen und andere Lebewesen sehr giftig, die letale Dosis (LD50, eine Stunde) liegt bei elementarem Fluor bei 150–185 ppm.[4] Elementares Fluor wirkt auf Lunge, Haut und besonders auf die Augen stark verbrennend und verätzend. Schon bei einem fünfminütigen Kontakt mit 25 ppm Fluor kommt es zu einer erheblichen Reizung der Augen. Gleichzeitig entsteht durch Reaktion mit Wasser (Luftfeuchtigkeit, Hautoberfläche) der ebenfalls giftige Fluorwasserstoff.[4] Eine akute Fluorvergiftung äußert sich je nachdem, über welchen Weg, in welcher Verbindung und Dosis das Fluor in den Körper gelangt ist, mit unterschiedlichen Beschwerden. Eine gastrointestinal entstandene akute Vergiftung mit Fluoriden führt zu Schleimhautverätzungen, Übelkeit, anfänglich schleimigem, später blutigem Erbrechen, unstillbarem Durst, heftigen Leibschmerzen und blutigem Durchfall. Teilweise versterben Betroffene. Bei Aufnahme von Fluorwasserstoff und staubförmigen Fluoriden mit der Atemluft folgen Tränenfluss, Niesen, Husten, Atemnot, Lungenödem bis hin zum Tod unter Krämpfen. Eine über die Haut entstandene Vergiftung mit Fluorwasserstoff (auch in sauren Lösungen von Fluoriden) hat tiefgreifende Nekrosen und schlecht heilende Ulzera zur Folge.
Als schwach dissoziiertes Molekül wird Fluorwasserstoff leicht durch die Haut aufgenommen. Es kommt zu schmerzhaften Entzündungen, später zu hartnäckigen, schlecht abheilenden Geschwüren.[40] Außerdem bildet HF starke Wasserstoffbrückenbindungen aus und ist so in der Lage, die Tertiärstruktur von Proteinen zu verändern.[41] Mit Aluminium-Ionen bildet Fluorid Fluoridoaluminat-Komplexe, die eine Phosphat-analoge Struktur haben und so zur Deregulierung von G-Proteinen beitragen.[42] Resultat ist ein Eingriff in die rezeptorgekoppelte Signalübertragung und – via signalabhängige Phosphorylierung/Dephosphorylierung – in die Aktivität vieler Enzyme. Bekanntestes Beispiel für eine Enzym-Hemmung durch Fluorid ist Enolase, ein Enzym der Glykolysekette.
Die hochtoxischen Fluoracetate und Fluoracetamid werden nach der Resorption zu Fluorcitrat metabolisiert. Diese Verbindung führt zur Blockade des für den Citratzyklus wichtigen Enzyms Aconitase. Dies bewirkt eine Anreicherung von Citrat im Blut, was wiederum die Körperzellen von der Energiezufuhr abschneidet.[43] Perfluorierte Alkane, die als Blutersatzstoffe in der Erprobung sind, und die handelsüblichen Fluorcarbone, wie PTFE (Teflon), PVDF oder PFA gelten als ungiftig.
Das schwerlösliche Calciumfluorid, das sich bei der Reaktion mit Calcium – etwa in den Knochen – bildet, wurde früher für inert und daher harmlos gehalten. Zumindest die Stäube von Calciumfluorid haben sich jedoch sowohl im Tierversuch, als auch beim Menschen, als toxisch erwiesen.[44][45][46][47][48] Ob in vivo bei akuter Fluoridvergiftung tatsächlich schwerlösliches Calciumfluorid gebildet wird, wie so oft vermutet, konnte im Rahmen gezielter Untersuchungen nicht bewiesen werden.[49]
Die Aufnahme von mehr als 20 mg Fluorid pro Tag führt zu einer chronischen Fluorvergiftung, die auch Fluorose genannt wird. Symptome sind Husten, Auswurf, Atemnot, eine Dentalfluorose mit Veränderung von Struktur und Farbe des Zahnschmelzes, eine Fluorosteopathie und teilweise eine Fluorokachexie. Die Fluorosteopathie führt durch Vermehrung des Knochengewebes zu Elastizitätsverlust und erhöhten Knochenbrüchigkeit (Osteosklerose) bis hin zum völligen Versteifen von Gelenken oder gar der Wirbelsäule.[40] Da gleichzeitig mit Hilfe hoher Fluoriddosen das Knochenwachstum stimuliert werden kann, verwendet man Fluoride zur Behandlung verschiedener Formen der Osteoporose.[40]
Frühere Studien untersuchten einen möglichen Zusammenhang von Fluoridaufnahme durch Trinkwasser und dem Auftreten von Osteosarkomen, einer Krebsart.[50][51] Die aufgenommene Fluoridmenge wurde geschätzt anhand der bevorzugten Trinkwasserquelle. Eine statistische Analyse hierzu fand eine positive Korrelation von Fluoridaufnahme und Krebsrate, allerdings nur bei Männern, nicht bei Frauen.[51] Ein unabhängiger Kommentar zu dieser Analyse bemerkt, dass der Zusammenhang lediglich bei der ersten Gruppe der untersuchten Personen feststellbar war, bei einer späteren zweiten Gruppe hingegen nicht mehr. Die Autoren kommen darin zu der Einschätzung, dass daraus kein erhöhtes Krebsrisiko abgeleitet werden kann.[52] Die Internationale Agentur für Krebsforschung war in ihrer Bewertung 1982 zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine Anzeichen einer krebserzeugenden Wirkung von anorganischen Fluoriden im Zusammenhang mit der Trinkwasserfluoridierung gibt.[53] Mittlerweile wird ein Zusammenhang bestritten.[54]
Eine neue unabhängig und gut kontrollierten Studie in Kanada an 512 Schwangeren Frauen und deren Kinder legt nahe, dass die Aufnahme von Flouriden durch Schwangere auch in üblichen Mengen den IQ deren späterer Kindern (im Alter von 3-4 Jahren) stark verringert (4.5 IQ Punkte weniger für Jungen pro 1 mg/L Flourid im Urin der Mutter während der Schwangerschaft; 3.66 IQ Punkte pro 1 mg druchschnittliche tägliche Aufnahme der Mutter während der Schwangerschaft).[55]
Schäden, die durch die Arbeit mit Fluoriden entstehen, wie Skelettfluorose, Lungenschäden, Reizung des Magen-Darm-Trakts oder Verätzungen sind als Berufskrankheiten anerkannt. Im Berufskrankheiten-System sind sie unter Bk Nr. 13 08 erfasst.[56]
Sicherheitshinweise
Auf Grund seiner hohen Reaktivität muss Fluor in speziellen Behältnissen aufbewahrt werden. Die Werkstoffe müssen dabei so beschaffen sein, dass sie durch den Kontakt mit Fluor eine Passivierungsschicht ausbilden und so eine Weiterreaktion verhindern. Beispiele für geeignete Werkstoffe sind Stahl oder die Nickel-Kupfer-Legierung Monel. Nicht geeignet sind beispielsweise Glas, das durch entstandenen Fluorwasserstoff angegriffen wird, oder Aluminium. Brennbare Stoffe wie Fett dürfen ebenfalls nicht in Kontakt mit Fluor kommen, da sie unter heftiger Reaktion verbrennen.[4]
Fluor brennt zwar selbst nicht, wirkt aber brandfördernd. Brände bei Anwesenheit von Fluor können nicht mit Löschmitteln gelöscht werden, es muss zunächst der weitere Zutritt von Fluor verhindert werden.[4]
Verbindungen
Als elektronegativstes aller Elemente kommt Fluor in Verbindungen fast ausschließlich in der Oxidationsstufe −I vor. Es sind von allen Elementen außer Helium und Neon Fluorverbindungen bekannt.
Fluorwasserstoff
Fluorwasserstoff ist ein stark ätzendes, giftiges Gas. Die wässrige Lösung des Fluorwasserstoffs wird Flusssäure genannt. Während wasserfreier, flüssiger Fluorwasserstoff zu den stärksten Säuren, den so genannten Supersäuren zählt, ist Flusssäure nur mittelstark. Fluorwasserstoff ist eine der wenigen Substanzen, die direkt mit Glas reagieren. Dementsprechend ist die Verwendung als Ätzlösung in der Glasindustrie eine Anwendung von Flusssäure. Darüber hinaus ist Fluorwasserstoff das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Fluor und vielen anderen Fluorverbindungen.
Fluoride
Fluoride sind die Salze des Fluorwasserstoffs. Sie sind die wichtigsten und verbreitetsten Fluorsalze. In der Natur kommt vor allem das schwerlösliche Calciumfluorid CaF2 in Form des Minerals Fluorit vor. Technisch spielen auch andere Fluoride eine Rolle. Beispiele sind das unter Verwendung erwähnte Uranhexafluorid oder Natriumfluorid, das unter anderem als Holzschutzmittel verwendet wird und früher als Rattengift und Insektizid patentiert und vermarktet wurde.[57]
Ein in der organischen Chemie häufig verwendetes Fluorid ist das Tetrabutylammoniumfluorid (TBAF). Da TBAF in organischen Lösungsmitteln löslich ist und das Fluoridion nicht durch Kationen beeinflusst wird (sogenanntes „nacktes Fluorid“) wird es als Fluoridquelle in organischen Reaktionen benutzt. Eine weitere wichtige Reaktion des Tetrabutylammoniumfluorids ist die Abspaltung von Silylethern, die als Schutzgruppe für Alkohole verwendet werden.[58]
Organische Fluorverbindungen
Es existiert eine Reihe von organischen Fluorverbindungen. Eine der bekanntesten fluorhaltigen Stoffgruppen sind die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Die niedermolekularen FCKW mit einem oder zwei Kohlenstoffatomen sind gasförmige Stoffe und dienten früher als Kältemittel in Kühlschränken und Treibgas für Spraydosen. Da diese Stoffe den Ozonabbau verstärken und somit die Ozonschicht schädigen, ist ihre Herstellung und Verwendung mit dem Montreal-Protokoll stark eingeschränkt worden. Dagegen sind Fluorkohlenwasserstoffe für die Ozonschicht ungefährlich. Eine weitere umweltschädliche Auswirkung fluorhaltiger organischer Verbindungen ist ihre Absorptionsfähigkeit für Infrarotstrahlung. Daher wirken sie als Treibhausgase.[59]
Eine aus dem Alltag bekannte organische Fluorverbindung ist Polytetrafluorethen (PTFE), die unter dem Handelsnamen Teflon® als Beschichtung von Bratpfannen verwendet wird. Perfluorierte Tenside, die unter anderem bei der Herstellung von PTFE verwendet werden, und andere perfluorierte Verbindungen verfügen über eine äußerst stabile Kohlenstoff-Fluor-Bindung. Diese Bindung verleiht den Stoffen eine hohe chemische und thermische Beständigkeit, was aber auch dazu führt, dass die Substanzen in der Umwelt persistent sind und kaum abgebaut werden.[60]
Siehe auch Kategorie:Organofluorverbindung
Weitere Fluorverbindungen
Mit den anderen Halogenen bildet Fluor eine Reihe von Interhalogenverbindungen. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist Chlortrifluorid, ein giftiges Gas, das vor allem als Fluorierungsmittel eingesetzt wird.
Fluor ist elektronegativer als Sauerstoff, weshalb die Verbindungen zwischen Fluor und Sauerstoff nicht wie die anderen Halogen-Sauerstoffverbindungen als Halogenoxide, sondern als Sauerstofffluoride bezeichnet werden.
Im Gegensatz zu den schwereren Halogenen existiert nur eine Fluorsauerstoffsäure, die Hypofluorige Säure HOF. Der Grund hierfür liegt darin, dass Fluor keine Drei-Zentren-vier-Elektronen-Bindungen ausbildet.
Fluor bildet auch mit den Edelgasen Krypton, Xenon, und Argon einige Verbindungen wie Xenon(II)-fluorid. Kryptondifluorid, die einzige bekannte Kryptonverbindung, ist das stärkste bekannte Oxidationsmittel. Weitere Edelgasverbindungen des Fluor enthalten oft auch noch Atome anderer Elemente, wie beispielsweise das Argonhydrogenfluorid (HArF), die einzige bekannte Argonverbindung.
Literatur
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Weblinks
- Woher kommt das Fluor in der Zahnpasta? aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri (ca. 15 Minuten). Erstmals ausgestrahlt am 26. Nov. 2003.
- chemie-master.de – Foto von flüssigem Fluor
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