Generalgouverneur
Ein Generalgouverneur ist der oberste Verwaltungsbeamte eines großen Gebietes, insbesondere im kolonialen Kontext benutzt.
- Commonwealth Realms: In den unabhängigen Ländern des Commonwealth of Nations, in denen die britische Monarchin (Stand: 2013) Staatsoberhaupt ist, wird ihr direkter Vertreter als Generalgouverneur bezeichnet. Faktisch aber hat sie selbst auf die Auswahl ihres Vertreters keinen Einfluss mehr. Der Generalgouverneur wird ihr von den jeweiligen Regierungen vorgeschlagen und dann von der Monarchin nur noch formal bestätigt, in fast allen Commonwealth-Staaten muss es inzwischen ein Einheimischer sein. Der Generalgouverneur nimmt dann an ihrer Stelle bzw. in ihrem Namen die von den jeweiligen Rechtsordnungen vorgesehenen zeremoniellen und verfassungsrechtlichen Funktionen wahr.
- Anglo-Ägyptischer Sudan: Oberster Vertreter der britischen Krone (1899–1956)
- Deutsches Reich:
- 1870 war Friedrich Alexander von Bismarck-Bohlen Generalgouverneur im Elsass, anschließend wurde Graf Alfred von Fabrice 1871 Generalgouverneur im besetzten Frankreich.[1]
- der oberste Repräsentant des Deutschen Reiches in dem von 1939 bis 1945 im besetzten Polen bestehenden Generalgouvernement. Einziger Generalgouverneur war Hans Frank.
- in weiteren Gebieten, siehe Generalgouvernement (Begriffsklärung)
- Fidschi: Oberster Vertreter der britischen Krone (1970–1987)
- Frankreich: in kolonialen Gebieten, z. B. in den größeren überseeischen Besitzungen Frankreichs, der oberste Verwaltungsbeamte.
- Indien: Oberster Vertreter der britischen Krone, welcher zusätzlich auch den Titel Vizekönig von Indien führte (1859–1947)
- Japanisches Kaiserreich: der oberste Repräsentant Japans im Taiwan unter japanischer Herrschaft (Generalgouverneur von Taiwan) und in Chōsen nach der Annexion Koreas
- Korea: Generalgouverneur Koreas während der japanischen Besetzung zwischen 1910 und 1935.
- Niederlande: Die Generalgouverneure von Niederländisch-Indien amtierten von 1610 bis 1798 im Auftrag der Niederländischen Ostindien-Kompanie, danach bis 1949 im Auftrag des Staates.
- Kaisertum Österreich: Das Königreich Lombardo-Venetien wurde von 1848 bis 1859 von zwei Generalgouverneuren verwaltet: Graf Josef Wenzel Radetzky von Radetz und Erzherzog Maximilian von Österreich.
- Portugal: Oberster Vertreter des portugiesischen Königs in der Zeit der Entdeckungen und danach in der Kolonialzeit (bis 1999, Macau) vor allem in Asien (Sitz: Goa, Indien) des sogenannten „Estado da India“ sowie als Oberster Vertreter des Königs in Portugiesisch-Amerika bzw. Brasilien. In beiden Fällen wechselten die Generalgouverneure sich mit Vizekönigen ab. Im Falle Portugals war die Einsetzung von zwei Generalgouverneuren der Beweis der Macht Portugals, dass es, als eine der kleinsten Kolonialmächte der Welt, immerhin für zwei riesige Gebiete Generalgouverneure stellen konnte.
- Preußen: im Zustand der drohenden Kriegsgefahr oder im Kriegszustand ernannt, hatte er die Leitung der gesamten militärischen und politischen Verwaltung einer vom Feind bedrohten Provinz inne, wie auch die eines eroberten feindlichen Territoriums.
- Russland:
- Russisches Kaiserreich: der oberste Beamte einer Provinz oder auch der Vorgesetzte von mehreren Provinzgouverneuren
- Russische Föderation: als bevollmächtigter Vertreter des Präsidenten Leiter eines der acht Föderationskreise
- Schweden: Das Königreich Schweden ließ das zu Schweden gehörende Pommern, später Schwedisch-Vorpommern (mit Stralsund und der Insel Rügen) durch Generalgouverneure verwalten.
Diese sind im Artikel Liste der schwedischen Statthalter in Pommern aufgelistet.
Einzelnachweise
- ↑ Reiner Groß: Die Wettiner. Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-018946-1, S. 254