Gesamtdeutschland

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Deutschland inklusive Österreichs am Beispiel des Deutschen Bundes vor 1866
Deutsches Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937

Als Gesamtdeutschland bezeichnete man den trotz der bedingungslosen Kapitulation 1945 fortbestehenden, bisher „Deutsches Reich“ genannten Gesamtstaat, der nach dem politischen Zusammenschluss des durch das Potsdamer Abkommen und den Ost-West-Konflikt geteilten Deutschlands die zwischenzeitlich entstandenen staatlichen Teilordnungen (bzw. Teilstaaten) in einer neuen gesamtdeutschen Ordnung wieder ablösen sollte.

Je nach geschichtlichem Bezug bezeichnet der Begriff entweder Deutschland unter Einbeziehung Österreichs (zum Beispiel in Gestalt des Deutschen Bundes bis 1866),[1] Deutschland in den Grenzen von 1937 (also mit Einbeziehung der Ostgebiete des Deutschen Reiches) oder zusammenfassend die damalige Bundesrepublik Deutschland, die DDR und Berlin.

Als gesamtdeutsch werden unter Verweis auf ethnische und sprachliche Merkmale übergreifend auch die deutsch sprechenden oder sich mit Deutschland identifizierenden Anteile in Europa bezeichnet. Entsprechend verstand der Wiener Historiker Heinrich von Srbik den Begriff gesamtdeutsch als Alternative sowohl zu der von Preußen geprägten kleindeutschen und der von Österreich geprägten großdeutschen Lösung.[2] Ähnlich verstand sich auch die frühe deutsche Nationalbewegung als gesamtdeutsch und stand somit schon früh in Opposition zu den Partikularinteressen Preußens, Österreichs oder der deutschen Kleinstaaten.[3]

Auf die Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung 1990 wird der Begriff kaum noch angewendet. Seither spricht man nur noch von „Deutschland“ oder, wenn der Aspekt der Vereinigung besonders betont werden soll, vom vereinten[4] oder vereinigten[5] Deutschland.

Literatur

  • Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945–1955. Bonn 1991.
  • Frank Liedtke, Karin Böke, Martin Wengeler: Politische Leitvokabeln in der Adenauer-Ära. Walter de Gruyter, Berlin 1996, ISBN 3-11-014236-8.
  • Ute Röding-Lange: Bezeichnungen für ‘Deutschland’ in der Zeit der „Wende“. Königshausen & Neumann, Würzburg 1997, ISBN 3-8260-1300-X.

Belege

  1. Johannes Seiffert: Die größten Täuschungen der Geschichte. edition berolina, Berlin 2016, ISBN 978-3-95841-044-2.
  2. Rainer Guldin: Politische Landschaften: Zum Verhältnis von Raum und nationaler Identität. transcript, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2818-0, S. 163.
  3. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1800-1866: Bürgerwelt und starker Staat. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65577-7, S. 307.
  4. In dem Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag), der am 12. September 1990 in Moskau unterzeichnet wurde und am 15. März 1991 in Kraft trat, verzichteten die ehemaligen Besatzungsmächte („Vier Mächte“) auf ihre Vorbehalte und der Bundesrepublik, die nunmehr als „vereintes Deutschland“ begriffen wird, wurde die volle Souveränität zugebilligt. Vgl. Art. 7 Abs. 2 Zwei-plus-Vier-Vertrag; ferner vgl. Hanns Jürgen Küsters: Von der beschränkten zur vollen Souveränität Deutschlands, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), 17/2005 vom 25. April 2005, Bonn, S. 3–9.
  5. Vgl. Erklärung der Bundesregierung zum Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland durch den Bundesminister des Auswärtigen, Hans-Dietrich Genscher, am 20. September 1990, Deutscher Bundestag, Plenarprotokolle, 11. Legislaturperiode, 226. Sitzung, S. 17803D; Knut Ipsen, Walter Poeggel (Hrsg.): Das Verhältnis des vereinigten Deutschlands zu den osteuropäischen Nachbarn – zu den historischen, völkerrechtlichen und politikwissenschaftlichen Aspekten der neuen Situation. Wissenschaftliche Konferenz anläßlich des 50. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges (= Bochumer Schriften zur Friedenssicherung und zum Humanitären Völkerrecht; Bd. 21). Brockmeyer, Bochum 1993, ISBN 3-8196-0177-5.