Kaschmir-Konflikt

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Gebietsansprüche in Kaschmir:
Unter indischer Kontrolle (Unionsterritorien Jammu und Kashmir und Ladakh, von Pakistan beansprucht)
Unter pakistanischer Kontrolle, von Indien beansprucht (Asad Kaschmir)
Unter pakistanischer Kontrolle, von Indien beansprucht (Gilgit-Baltistan)
Unter chinesischer Kontrolle, von Indien beansprucht (Aksai Chin)
Shaksgam-Tal (von Pakistan an China abgetreten, von Indien nicht anerkannt und beansprucht)

Der Kaschmir-Konflikt ist ein Territorialkonflikt um das Gebiet des bis 1947 existierenden indischen Fürstenstaats Jammu und Kashmir. Die Konfliktparteien sind Indien, Pakistan und die Volksrepublik China, die jeweils Anspruch auf Teile des umstrittenen Territoriums erheben, bzw. diese Gebiete unter Kontrolle halten. Aber nicht nur die politische Herrschaft, sondern auch die Rohstoffe sind Grund für den Konflikt.

Aufgrund des Kaschmir-Konfliktes kam es zu fünf Kriegen: den indisch-pakistanischen Kriegen von 1947 bis 1949, 1965, 1972 (hier waren allerdings wesentlich die Ereignisse in Bangladesch dominierend) und 1999, sowie zum indisch-chinesischen Grenzkrieg von 1962. Alle drei Konfliktparteien verfügen mittlerweile über Nuklearwaffen. Die Vereinten Nationen unterhalten seit 1949 eine Beobachtermission (UNMOGIP) im Grenzgebiet.

Im August 2019 hob die indische Regierung den Sonderstatus der Region Jammu und Kashmir auf.

Historische Hintergründe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte und britische Kolonialherrschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 10. Jahrhundert drang der Islam allmählich in Indien ein. Nach und nach gerieten zunächst der Punjab und später Kaschmir unter islamische Herrschaft und ein wesentlicher Teil der Bevölkerung nahm die islamische Religion an. Nach der Schlacht bei Panipat 1526 wurde das Mogulreich von islamischen Eroberern in Nordindien begründet, das zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung um 1700 herum große Teile des indischen Subkontinents umfasste. Auch Kaschmir gehörte zum Mogulreich. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde das Mogulreich zunehmend geschwächt, was Invasionen von außerhalb ermöglichte. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts etablierte sich im Osten des Iran, in Afghanistan und Pakistan das Durrani-Reich, das auch die Kontrolle über Kaschmir gewann. Von Bengalen aus drang die Britische Ostindien-Kompanie vor. In der Schlacht bei Plassey 1757 besiegte ein britisches Kontingent unter Robert Clive eine weit größere Armee des Mogulherrschers, der anschließend ganz Bengalen an die Britische Ostindien-Kompanie abtreten musste. Das Mogulreich verfiel in den folgenden Jahrzehnten weiter und wurde nach dem Indischen Aufstand von 1857 ganz von den Briten annektiert.

Auch das Durrani-Reich erwies sich als nicht sehr langlebig. 1819 wurde Kaschmir durch das Sikh-Reich im benachbarten Punjab erobert. Das Sikh-Reich geriet jedoch auch mit der Britischen Ostindien-Kompanie in Konflikt und wurde von dieser im Ersten Sikh-Krieg militärisch besiegt. Der Sieg der Briten wurde wesentlich durch den Verrat einzelner Heerführer in der Sikh-Armee begünstigt. Gewissermaßen als Belohnung für seinen Verrat erhielt der Heerführer Gulab Singh 1846 den Titel eines Maharadschas und das Herrschaftsgebiet über Jammu und Kashmir. Kurz danach brach ein Aufstand im Punjab aus, der dazu führte, dass der gesamte ehemalige Sikh-Staat nach dem Zweiten Sikh-Krieg von der Britischen Ostindien-Kompanie annektiert wurde. Jammu und Kashmir wurde ein Fürstenstaat innerhalb Britisch-Indiens unter der durch Gulab Singh begründeten hinduistischen Dynastie.

Teilung des Indischen Subkontinents[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Teilung Indiens im Jahr 1947 erhielten die Fürstenstaaten die Möglichkeit, sich einem der beiden Nachfolgestaaten, die aus den britischen Provinzen gebildet worden waren – Indien und Pakistan – anzuschließen. Die Jammu & Kashmir National Conference (JKNC), eine mehrheitlich aus Muslimen bestehende Partei in Jammu und Kashmir, die sich aber im Gegensatz zur Muslimliga Muhammad Ali Jinnahs nicht als Muslimpartei verstand, sprach sich gegen einen Anschluss an Pakistan aus. Der Maharaja von Jammu und Kashmir zögerte zunächst mit einer Entscheidung. Nachdem muslimische Freischärler in das Land eingedrungen waren, um so den Anschluss an Pakistan zu erzwingen, erklärte er jedoch am 26. Oktober 1947 den Anschluss seines Landes an Indien, was am Folgetag durch den Generalgouverneur von Indien Louis Mountbatten anerkannt wurde. Am 1. Januar 1948 brachte Indien die Kaschmir-Frage vor die erst 2 ½ Jahre zuvor gegründeten Vereinten Nationen. Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete daraufhin am 21. April 1948 die UN-Resolution 47, in der beide Konfliktparteien zur Verhandlung eines Waffenstillstands und zur anschließenden Durchführung einer Volksabstimmung in Jammu und Kashmir aufgefordert wurden.[1]

Die Kriege um Kaschmir[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen pakistanischen und indischen Einheiten in Kaschmir begannen am 27. Oktober 1947 und mündeten in den Ersten Indisch-Pakistanischen Krieg. Indien rief am 1. Januar 1948 die Vereinten Nationen um Vermittlung an und der UN-Sicherheitsrat forderte die Konfliktparteien am 21. April 1948 in der Resolution 47 zu einem Waffenstillstand auf, dem ein Plebiszit folgen sollte, bei dem die Bevölkerung über ihre staatliche Zugehörigkeit entscheiden sollte.[2] Letztlich wurde erst am 27. Juli 1949 ein Waffenstillstandsabkommen (Karachi Agreement) geschlossen, welches sich in der Folge als problematisch erwies, da die Waffenstillstandslinie nicht exakt festgelegt wurde. Nur in den Gebieten, die umkämpft waren, existierte die Waffenstillstandslinie, nicht jedoch im nördlich gelegenen Hochland.

Pakistan orientierte sich seit 1954 in Richtung Westen. Indien orientierte sich in Richtung Sowjetunion, blieb aber bündnisfrei. Nachdem Indien 1962 im Grenzkrieg mit China eine Niederlage erlitten hatte, schloss Pakistan ein Bündnis und einen Grenzvertrag mit China ab. Ab 1962 begann Indien aufzurüsten, weswegen Pakistan Indien den Krieg erklärte (Zweiter Indisch-Pakistanischer Krieg). Muhammed Ayub Khan griff am 1. September 1965 die einzige Verbindung nach Kaschmir an. Am 26. September 1965 wurde der Waffenstillstand ausgerufen.

Der Krieg 1971 (Dritter Indisch-Pakistanischer Krieg, auch Bangladesch-Krieg), der mit einer Kapitulation Pakistans endete, hat Kaschmir zuerst nicht betroffen. Im Shimla-Abkommen von 1972 wurde die Waffenstillstandslinie in Line of Control umbenannt.

Entwicklung zwischen 1947 und 1982[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sheikh Abdullah wollte ein unabhängiges Kaschmir, das ein säkularer, sozialistischer Staat sein sollte. Er setzte die Bodenreform um und kam so in einen Konflikt mit dem Maharaja. Indien bemühte sich für die schrittweise Eingliederung von Kaschmir. Kaschmir hatte die Oberhoheit über Außenpolitik, Verteidigung und Kommunikation an Indien abgetreten, ansonsten blieb es autonom. Im Juli 1952 wurde mit dem Delhi-Abkommen diese Autonomie bekräftigt und Kaschmir bekam eine eigene Flagge. S. Abdullah wollte weiterhin einen völlig unabhängigen Staat, weswegen Indien misstrauisch wurde und ihn ins Gefängnis steckte. Er kam zwar wieder frei, wurde aber wegen seiner Forderung, eine Volksabstimmung durchzuführen, bald wieder inhaftiert. Er wurde dann 1968 freigelassen, durfte aber nicht an den Wahlen 1972 teilnehmen, die er aller Wahrscheinlichkeit nach gewonnen hätte. Die „Plebiscite Front“, die sich für Volksabstimmungen einsetzte, wurde jedoch wieder zugelassen.

Das Abkommen mit Indira Gandhi, der „Kashmir Accord“, war eine Art Kapitulation für ihn. Es gab nun keine Neuwahlen mehr in Kaschmir und er wurde auf Befehl Indira Gandhis eingesetzt und war ihr somit unterstellt. Indira Gandhi ließ 1975 in Indien den Notstand ausrufen und regierte mit diktatorischen Vollmachten, was 1977 zu ihrer Wahlniederlage führte. Es kam zu Neuwahlen in Kaschmir und Jammu, in denen Sheikh Abdullah als Sieger hervorging und hiermit demokratisch legitimierter Ministerpräsident war. 1980 kehrte Indira Gandhi wieder an die Macht zurück. In Kaschmir war die junge Generation Muslime enttäuscht, da kaum Arbeitsplätze vorhanden waren. Ein Drittel des Staatsdienstes war durch kaschmirische Pandits besetzt. Es kam zu Pogromen, die dazu führten, dass die meisten Hindus aus dem Tal Kaschmir fliehen mussten. Diese Pogrome wurden vom islamischen Fanatismus angetrieben. Die Region wurde zu einem „Pulverfass“, dessen Explosion der Sheikh Abdullah noch eine Zeit lang zu verhindern vermochte.

Entwicklung ab 1982[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Farooq Abdullah wurde 1982 nach dem Tod seines Vaters Sheikh Abdullah dessen Nachfolger als Parteiführer der JKNC und Chief Minister von Jammu und Kashmir. Die indische Premierministerin Indira Gandhi stürzte ihn aus machtpolitischem Kalkül und von 1984 bis 1986 wurde ihr Kandidat Ghulam Mohammad Shah Chief Minister. Die Unzufriedenheit und damit einhergehende Unruhen nahmen in Jammu und Kashmir jedoch derartig zu, dass der Bundesstaat 1986 für einige Monate unter direkte Kontrolle der Zentralregierung (president’s rule) gestellt werden musste. Danach wurde wieder Farooq Abdullah, der sich inzwischen mit der Kongresspartei verbündet hatte, Chief Minister. Die Wahlen zum Parlament 1987 gewann die Koalition aus JKNC und Kongresspartei, jedoch wurde die Wahl weithin als grob gefälscht angesehen. Der dreiste Wahlbetrug führte zu einer Radikalisierung der Opposition.[3]

Tote aufgrund terroristischer Gewalt in Jammu und Kashmir seit 1988
Todesfälle aufgrund von terroristischer Gewalt
in Jammu und Kashmir 1988 bis 2018[4]
Jahr Todesfälle
Zivil-
personen
Polizei
und Militär
Terroristen Gesamt
1988 29 1 1 31
1989 79 13 0 92
1990 862 132 183 1177
1991 594 185 614 1393
1992 859 177 873 1909
1993 1023 216 1328 2567
1994 1012 236 1651 2899
1995 1161 297 1338 2796
1996 1333 376 1194 2903
1997 840 355 1177 2372
1998 877 339 1045 2261
1999 799 555 1184 2538
2000 842 638 1808 3288
2001 1067 590 2850 4507
2002 839 469 1714 3022
2003 658 338 1546 2542
2004 534 325 951 1810
2005 521 218 1000 1739
2006 349 168 599 1116
2007 164 121 492 777
2008 69 90 382 541
2009 55 78 242 375
2010 36 69 270 375
2011 34 30 119 183
2012 16 17 84 117
2013 20 61 100 181
2014 32 51 110 193
2015 20 41 113 174
2016 14 88 165 267
2017 57 83 218 358
2018 86 95 270 451
Gesamt 14.881 6452 23.621 44.954

Nach der Wahlniederlage der Kongresspartei bei der gesamtindischen Wahl 1989 wurde Vishwanath Pratap Singh Premierminister. Fünf Tage nach dessen Regierungsbildung pressten Terroristen mit der Entführung der Tochter des aus Kashmir stammenden indischen Innenministers Mohammad Sayeed fünf Gefangene frei. Die Regierung sandte Jagmohan als Gouverneur nach Srinagar und verfolgte einen härteren Kurs. Farooq Abdullah trat deswegen zurück. Bald danach schossen Polizisten bei einem blutigen Massaker auf Demonstranten. Hiermit hatte die Zeit des Staatsterrors und der mörderischen Militanz der Rebellen begonnen. Jagmohan glaubte, die Pandits retten zu müssen, da er Angst hatte vor Pogromen, und führte eine riesige Evakuierung durch. Einige Pandits blieben jedoch.

Nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979 nahm die Anzahl der Rebellen nicht ab, da es einen ständigen Zustrom an islamischen Glaubenskämpfern gab. Nach dem Abzug der sowjetischen Ungläubigen aus Afghanistan wurden Gotteskrieger dort weniger gebraucht. Der 1948 gegründete militärische Geheimdienst (ISI) Pakistans verfolgt eine eigene Politik, auch zum Einsatz und Ausrüsten islamischer Glaubenskrieger. Deren Direktoren fanden in den jungen afghanischen Flüchtlingen gute Rekruten. Auch der pakistanische General Zia lockte eine große Zahl von Taliban ins Land. Die ISI wurde zu einem großen Teil durch amerikanische Gelder mitfinanziert.

Beide Parteien beanspruchten den gesamten Siachengletscher. Seit 1984 kommt es dort stets zu Kämpfen. Eigentlich geht es bei diesem Kampf nicht um den Gletscher, sondern um den Zugang zum südlichen Karakorum-Pass. Indien hatte im Krieg zwischen 1959 und 1962 einen Teil des Staates Jammu und Kaschmir an China verloren. Deswegen wurde der Karakorum-Pass überhaupt so wichtig, da er eine wichtige Handelsverbindung zwischen Kaschmir und China wurde. In Kaschmir bildeten sich viele radikale Parteien und Terroristenorganisationen mit völlig verschiedenen Interessen aus. Einige wollte einen säkularen, unabhängigen Staat. Andere wie die HUM wollen einen islamischen Staat und sind bereit ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen. Der Terror richtete sich auch gegen prominente Führer aus den eigenen Reihen. Vielfach waren die Opfer religiöse, fundamentalistische Führer, aber auch unter den „normalen“ Politikern gab es Opfer.

Indien setzte in der Folge immer mehr Polizei und Militär in Kaschmir ein. Das zeigte jedoch keinen Erfolg. 1985 wurde die indische Nationalgarde „National Security Guard“, eine paramilitärische Antiterroreinheit, gegründet. Sie umfasste etwa 7500 Spezialisten. Die Landespolizei arbeitete jedoch ungern mit von der indischen Regierung gesandten Polizisten u. a. zusammen, was auch untereinander zu kleineren Auseinandersetzungen führte. Als Terroristen Verhaftete wurden gefoltert und häufig auch getötet. Dies stachelte den Zorn nicht nur von Terroristen aber nur weiter an.

Nach 1989 folgte eine ein Jahrzehnt andauernde Zeit schwacher indischer Regierungen, die zum Teil nur kurze Zeit amtierten. 1991 kam es erneut zu Wahlen, nach denen eine Minderheitsregierung der Kongresspartei gebildet wurde. Diese musste die inneren Probleme Indiens in den Griff kriegen, denn man stand aufgrund eines Zahlungsbilanzdefizit kurz vor dem Staatsbankrott. Die Kongresspartei beschloss die Liberalisierung der indischen Wirtschaft und die Abwertung der Währung, wie dies die Weltbank gefordert hatte. In Indien selber kam es zu Konflikten zwischen Hindu-Nationalisten und islamischen Fundamentalisten. Nicht nur Jammu und Kashmir, sondern auch die Bundesstaaten Punjab und Assam waren schwer kontrollierbare Unruheherde.

1996 wurde erneut gewählt und danach auch endlich die 6 Jahre andauernde president's rule über Jammu und Kashmir aufgehoben, so dass Wahlen zum Bundesstaatsparlament abgehalten werden konnten, die von der „National Conference“ gewonnen wurden. Es entstand auch eine „dritte Kraft“, die aus mehr als einem dutzend Regionalparteien bestand. Es handelte sich zwar um eine Minderheitsregierung, aber sie wurde vom Nationalkongress geduldet. Nun war die Gelegenheit für Farooq Abdullah gekommen, wieder die Macht zu erlangen. Die Wahlen wurden von der „außerparlamentarischen Opposition“ boykottiert, welche immer noch ein Problem für ihn darstellten.

Die Konfrontation zweier Atommächte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Indien verfolgte in der Vergangenheit eine Politik der „nuklearen Ambiguität“. Es bestand somit Unklarheit darüber, ob Indien im Besitz von Atomwaffen war. Da der US-Präsident Richard Nixon 1971 im Kontext des Bangladesch-Kriegs den Einsatz von Atomwaffen in Indien erwog, wurde das Atomprogramm durch die indische Premierministerin Indira Gandhi vorangetrieben, um eine entsprechende Abschreckung zu erwirken. Durch den ersten erfolgreichen Atomwaffentest Indiens am 18. Mai 1974 unter dem Codenamen Operation Smiling Buddha, wurden die nuklearen Bestrebungen Indiens erstmals öffentlich.

Als Reaktion initiierte auch Pakistan mit der Unterstützung durch chinesische Technologie ein eigenes Atomprogramm. Der damalige Premierminister Pakistans Bhutto wollte somit eine Parität mit dem sonst militärisch übermächtigen Indien herstellen. Pakistan erklärte 1990 öffentlich, dass die nuklearen Bestrebungen erfolgreich seien und man nun im Besitz von Atomwaffen ist. Im Jahr 1998 gelang Pakistan ein Test der mit nordkoreanischer Unterstützung entwickelten Ghauri-Rakete. Hierauf reagierte wiederum Indien mit einer eigenen Testserie.

Sowohl Indien und Pakistan sind also im Besitz von Nuklearwaffen, beide Staaten weigerten sich jedoch den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag, der einen friedlichen Einsatz der Kernenergie sicherstellt und die Verbreitung von Nuklearwaffen verbietet, zu unterschreiben und lehnten diesen sogar kategorisch ab. Auch der Nuklearteststopp-Vertrag (Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty - CTBT) wurde von beiden Staaten abgelehnt und eine Zustimmung des Vertrages ist aus Sicht beider Staaten fraglich.[5] Der Nuklearwaffenbesitz von Indien und Pakistan ist eine große Gefährdung der regionalen und politischen Stabilität in Südasien. Beide Staaten betrachten diesen nicht nur als ein dringendes Mittel zur Abwehr eines möglichen Nuklearangriffs durch die jeweils andere Partei, sondern auch zur Abschreckung gegen eine militärische Eskalation des Konflikts in Kaschmir.[6] Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen stellt eine ernsthafte Bedrohung für die internationale Sicherheit dar, weshalb die westliche Welt häufiger von einer Einführung von Abrüstungsmaßnahmen für beide Staaten spricht, um somit die Weiterentwicklung von nuklearen Waffen zu begrenzen und atomare Waffen im Allgemeinen zu reduzieren, begrenzen oder komplett abzuschaffen. In diesem Fall spricht man von einer völligen Abschaffung von Massenvernichtungswaffen, um die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung zu minimieren. Erste Schritte, zur Einleitung einer vollständigen nuklearen Abrüstung, kann in Form von einer Rüstungskontrolle erfolgen, die darauf abzielt, die Anzahl der Waffen zu begrenzen und ihren Einsatz durch bilaterale oder multilaterale Abkommen oder Vereinbarungen zu regeln.[7]

Der Konflikt um Kargil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Operation im Raum Kargil wurde unter Zia ausgearbeitet. Sharif billigte im November 1998 den Plan von Musharraf. Die pakistanischen Kommandos besetzten die Höhenzüge. Auf der indischen Seite merkte man davon vorerst nichts. Erst als ihre Stellungen unter Artilleriebeschuss genommen wurden, merkte man dort, dass es sich um einen Großangriff handelte. Der Gegenschlag war umso energischer. Im Juni 1999 eroberten die indischen Truppen fast alle besetzten Gebiete zurück. US-Präsident Bill Clinton wollte vermitteln. Vajpayee nahm an und nach einigem Zögern auch Sharif. Er wurde von Clinton in Washington empfangen, was Sharif als Erfolg wertete, da er eine „Internationalisierung“ des Konfliktes erreicht hatte. Sharif wollte sich Musharrafs entledigen, doch dieser gewann die Oberhand und entledigte sich des Premierministers elegant. Er ließ ihn strafrechtlich verfolgen und drängte ihn ins Exil. Er übernahm erst später das Amt des Präsidenten und ließ erst nach 5 Jahren Wahlen durchführen. So sicherte er sich eine nahezu unanfechtbare Machtposition.

Drohende Eskalation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den Auftakt zu dieser Krise bildete ein Terroranschlag auf das indische Parlament. (Hinter diesem Anschlag wird nicht die pakistanische Regierung vermutet.) Er diente allerdings dazu, einen Keil zwischen beide Länder zu treiben. Doch der Erfolg wurde im letzten Moment vereitelt. Trotzdem marschierten indische Truppen an die Grenze Pakistans auf. Musharraf sah sich bedroht und musste darauf bedacht sein, einen Konflikt mit Indien zu de-eskalieren. Darauf folgte eine Friedensoffensive. An der Gipfelkonferenz (SAARC) Anfang 2002 schüttelte Musharraf Vajpayee demonstrativ die Hand. Die Spannungen waren vorübergehend reduziert. Doch Mitte Mai folgte ein Terroranschlag auf eine kleine indische Garnison. Vajpayee blieb besonnen. Seit 1999 ist es in Kaschmir unter Farooq Abdullah verhältnismäßig ruhig. Omar Abdullah wurde Staatsminister im indischen Außenministerium. Die Popularität Musharrafs nahm ab und die Fundamentalisten wollten ihn sogar umbringen. Deswegen führte er einige Raketentestflüge durch. Diese dienten v. a. als interne Machtdemonstration. Trotzdem waren Indien, die USA und die westlichen Mächte schockiert über diese Provokation.

In den letzten Jahren kamen mehrere Vermittler nach Indien und Pakistan. Diese internationale Aufmerksamkeit kam Musharraf zugute. Der Höhepunkt war das asiatische Gipfeltreffen in Almaty. Indien gestand schließlich den USA eine diplomatische Rolle bei der Lösung des Kaschmirkonflikts zu, ließ sie aber nicht die Rolle des Vermittlers übernehmen.

Entwicklung 2019[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch wenn eine Auseinandersetzung auf nationaler Ebene, seit dem letzten Krieg im Jahr 1999, vermieden werden konnte, kommt es im Kriegsgebiet Kaschmir, dennoch häufiger zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen indischen und pakistanischen Truppen. Die Lage der in Kaschmir lebenden Bevölkerung zeigt daher keine Verbesserung. Am 14. Februar 2019 wurden im indischen Teil Kaschmirs bei Awantipora 44 indische Bundes-Reservepolizisten (CRPF) in einem Bus bei einem Selbstmordanschlag der islamistischen Terrorgruppe Jaish-e-Mohammed getötet. Am 26. Februar drangen als Reaktion Mirage-2000-Kampfflugzeuge der indischen Luftwaffe in pakistanischen Luftraum ein und bombardierten grenznahe Trainingslager der Organisation bei Balakot (Khyber Pakhtunkhwa). Mehrere Kämpfer der Terrorgruppe seien dabei nach indischen Angaben getötet worden, pakistanische Stellen bestritten, dass es Todesopfer gegeben habe. Die indische Regierung wirft Pakistan vor, diese Camps zu dulden und Terroristenführer unbehelligt in Pakistan wohnen zu lassen.[8][9] Zwei Tage später schoss Pakistan zwei indische Flugzeuge über pakistanischem Gebiet ab und nahm die Piloten gefangen.[10][11][12] Der Luftraum über der Grenzregion beider Länder wurde geschlossen und der internationale Flugverkehr entsprechend umgeleitet.[13] Zudem soll es daraufhin mehrmals zu gegenseitigem Beschuss mit Mörsern gekommen sein.[14]

Am 5. August 2019 hob Indien den Sonderstatus für Kaschmir auf und entsandte zehntausende Soldaten in die Region.[15] Für die in Jammu und Kaschmir lebende Bevölkerung, entsteht daher eine besatzungsähnliche Lebensbedingung, da das Unionsgebiet aus der Zentralregierung in Delhi kontrolliert wird.[16] Dieses Gefühl einer Besatzung wurde durch die vom indischen Premierminister, Narendra Modi, aufgehobenen Gesetze, Artikel 370 und Artikel 35A, bestärkt, die Jammu und Kaschmir einst Autonomie versprachen. Der Unionsstaat wurde in zwei Unionsterritorien, Jammu und Kaschmir und Ladakh, aufgeteilt. Diese Gebiete haben jedoch aufgrund der Verabschiedung der Gesetze, anders als in der Vergangenheit, kein Recht mehr auf eine eigene Verfassung und einer internen, von der Zentralregierung Indiens unabhängigen Verwaltung mehr.[17] Die indische Regierung unter Premierminister Narendra Modi, begründet die Aufhebung des Autonomiestatus von Jammu und Kaschmir mit wirtschaftlich und sozial motivierten Gründen. So wird behauptet, es sei notwendig, das wirtschaftlich schwache Jammu und Kaschmir, Zugang zu der indischen Wirtschaft zu verschaffen um daran teilhaben zu können.[17] Obwohl jegliche Wirtschaftsindikatoren über die Region Jammu und Kaschmir eine gewisse Widersprüchlichkeit aufweisen, ist die Einkommensungleichheit geringer als der nationale Durchschnitt. Auch in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Lebenserwartung und pro-Kopf-Einkommen, schneidet Jammu und Kaschmir erheblich besser ab als die meisten indischen Bundesstaaten. Ob eine wirtschaftliche Integration Jammu und Kaschmirs notwendig ist, bleibt daher offen.[18] Weiterhin soll die politische Stabilität, durch eine nähere, mit der Verfassung begründeten Anbindung an Indien wiederhergestellt werden. Auch die sozialen und gesellschaftlichen Unterschiede und Spannungen, die beispielsweise durch unterschiedliche Religionszugehörigkeiten der in Jammu und Kaschmir lebenden mehrheitlichen Muslime im Gegensatz zu der in Indien lebenden mehrheitlichen Hindus, sollen durch eine vollkommene Integration des Kriegsgebietes in Indien minimiert werden. Hinzu kommt, dass der Sonderstatus, der den in Jammu und Kaschmir lebenden Menschen erteilt wurde, erloschen ist, wodurch die Menschen Sorgen um ihre Existenz haben, da nun auch Menschen aus anderen Regionen Indiens, Länder in Kaschmir erwerben können und die dortige Bevölkerung somit aus ihrer Heimat bedrängen könnten. Da Jammu und Kaschmir der einzige indische Unionsstaat mit einer mehrheitlich muslimischen Bevölkerung ist, besteht eine große Gefahr religiöser Auseinandersetzungen, da nun ein verstärkter Zuzug hinduistischer Bevölkerung zu erwarten ist, wobei indische Politiker, schon seit mehreren Jahren eine starke hindu-nationalistische Politik anstreben.[19] Zudem verhängten die Behörden in der regionalen Hauptstadt Srinagar und in umliegenden Gebieten Ausgangssperren.[20] Schulen wurden geschlossen. Das Internet wurde gesperrt und das Handy- und Festnetz abgeschaltet. Mehrere Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt[21]. Zudem hat die Lebensmittelversorgung einen katastrophalen Zustand, der einen Großteil der Bevölkerung in den Hunger zwingt. Das alltägliche Leben der Bevölkerung wurde komplett ausgeschlossen und sie wurden vom Rest der Welt abgeschottet.[22] Die Regierung des Bundesstaates Jammu und Kaschmir rief Urlauber und Pilger auf, die Region zu verlassen.[23] Pakistan erklärte den Handel mit Indien auszusetzen und die diplomatischen Beziehungen zu Neu-Delhi einzuschränken, indem es die Ausweisung des indischen Botschafters ankündigte.[24] Ferner kündigte es die Anrufung des Internationalen Gerichtshofs an[25].

Im Oktober 2019 besuchte eine Gruppe von 27 überwiegend rechtsorientierten Europa-Parlamentariern Kaschmir, darunter zwei Abgeordnete der AfD und sechs Abgeordnete des französischen Rassemblement National. Zur gleichen Zeit wurde indischen Parlamentariern sowie Vertretern der UNO und dem US-Senator Chris Van Hollen der Zugang zu Kaschmir verwehrt[26]. Das Europäische Parlament betonte, dass es sich nicht um eine offizielle Visite handelte. Die Reise wurde von zwei indischen Geschäftsleuten organisiert, die gleichzeitig mehrere propagandistische proindische Webseiten betreiben[27].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sumantra Bose: Kashmir at the Crossroads: Inside a 21st-Century Conflict. Yale University Press, New Haven 2021, ISBN 978-0-300-25687-1.
  • Mohammed Soeed Chaudry: Der Kaschmirkonflikt, seine Ursachen, sein Wesen sowie Rolle und Bemühungen der Vereinten Nationen. Weltforum Verlag, München 1996.
  • Sumit Ganguly: Conflict unending: India-Pakistan tensions since 1947. Columbia University Press, New York 2001.
  • Rudolf Geiger: Die Kaschmirfrage im Lichte des Völkerrechts. Duncker & Humblot, Berlin 1970.
  • Rudolf Geiger: Kashmir. In: Rudolf Bernhardt u. a. (Hrsg.): Encyclopedia of Public International Law. Band 12, S. 195–200.
  • Patrick Hönig: Der Kaschmirkonflikt und das Recht der Völker auf Selbstbestimmung. Duncker & Humblot, Berlin 2000.
  • Bernhard Imhasly: Gefährliche Eskalation im Kashmir-Konflikt. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Juni 1999, Zürich, S. 9.
  • Bernhard Imhasly: Autonomie, die letzte Chance für Kashmir. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. Juli 2000, Zürich, S. 5.
  • Hermann Kreutzmann: Streit um Kaschmir. In: Geografische Rundschau. Jg. 54, Nr. 3, 2002, S. 56–61.
  • Mushtaqur Rahman: Divided Kashmir: Old problems, new opportunities and for India, Pakistan and Kashmiri people. Lynne Rienner Publishers, London 1996.
  • Dietmar Rothermund: Krisenherd Kaschmir: Der Konflikt der Atommächte Indien und Pakistan. 2002.
  • Victoria Schofield: Kashmir in the crossfire. Tauris, London 1996.
  • Robert G. Wirsing: India, Pakistan and the Kashmir dispute: on regional conflict and ist resolutions. Saint Martin’s Press, New York NY 1994.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 47 Resolution of 21 April 1948. undocs.org, 21. April 1948, abgerufen am 26. Juni 2021 (englisch, französisch).
  2. 47 (1948) resolution of 21 April 1948. undocs.org, abgerufen am 5. August 2019 (englisch, französisch).
  3. Altaf Hussain: Kashmir's flawed elections. In: BBC News. 14. September 2002, abgerufen am 18. Oktober 2014 (englisch).
  4. Fatalities in Terrorist Violence 1988 - 2015. South Asia Taerrorism Portal, abgerufen am 3. Februar 2019 (englisch).
  5. Karsten Poppe: suedasien.info - das Informationsportal zu Südasien. 1. Januar 2005, abgerufen am 14. Februar 2023.
  6. Farzana Shaikh: Pakistan's nuclear bomb: beyond the non-proliferation regime. In: International Affairs. Band 78, Nr. 1, Januar 2002, ISSN 0020-5850, S. 29–48, doi:10.1111/1468-2346.00237.
  7. Karsten Poppe: suedasien.info - das Informationsportal zu Südasien. 1. Januar 2005, abgerufen am 14. Februar 2023.
  8. Andres Wysling: Indien bombardiert Pakistan – Spirale der Eskalation dreht. 26. Februar 2019, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 27. Februar 2019]).
  9. Luftschlag in Pakistan: Indien greift mutmaßliches Terrorcamp an - tagesschau.de
  10. Kaschmir: Pakistan schießt zwei indische Militärjets ab. ORF at/Agenturen red, 27. Februar 2019, abgerufen am 27. Februar 2019.
  11. Eskalation im Kaschmir-Konflikt: "Heute haben wir es denen gezeigt" tagesschau.de, am 27. Februar 2019
  12. Judah Ari Gross: "India used Israeli arms for strike inside Pakistan — report" timesofisrael.com 26. Februar 2019
  13. tagesschau.de: Kaschmir-Konflikt: Kriegsstimmung zwischen Indien und Pakistan. Abgerufen am 28. Februar 2019.
  14. Bombardierungen im pakistanischen Kaschmir mit Mörsergeschossen
  15. Konflikt mit Pakistan: Indien hebt Sonderstatus für Kaschmir auf. In: Spiegel Online. 5. August 2019 (spiegel.de [abgerufen am 5. August 2019]).
  16. Sven Hansen: Geschichte des Kaschmir-Konflikts: Tödlicher Dauerstreit seit 1947. In: Die Tageszeitung: taz. 28. Februar 2019, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 14. Februar 2023]).
  17. a b Katja Schubert, Jakob Rösel: Kaschmir. Abgerufen am 14. Februar 2023.
  18. Upadhyay, Rajeev Kumar.: Opportunities for Growth and Investment in Jammu and Kashmir.
  19. Katja Schubert / Jakob Rösel: Kaschmir. Abgerufen am 14. Februar 2023.
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