Neukaledonien

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Neukaledonien
Nouvelle-Calédonie
Flagge Wappen
Wahlspruch: Liberté, Égalité, Fraternité (Nation)
Terre de parole, Terre de partage (Land)
Lage NeukaledoniensJapanNördliche MarianenPalauMikronesienOsttimorIndonesienMidwayinselnHawaiiPapua-NeuguineaMarshallinselnNauruKiribatiFranzösisch-PolynesienTokelauCookinselnSalomonenNorfolkinselnNeuseelandVanuatuTuvaluWallis and FutunaTongaNiueAustralienSamoaAmerikanisch-SamoaFidschiNeukaledonienAntarktikaFrankreich (Kergulen)PhilippinenVolksrepublik ChinaSingapurMalaysiaBruneiVietnamNepalBhutanLaosThailandKambodschaMyanmarBangladeschMongoleiNordkoreaSüdkoreaIndienPakistanSri LankaRusslandIndienGuam
Lage Neukaledoniens
Lage Neukaledoniens
Amtssprache Französisch
Hauptstadt Nouméa
Staatsoberhaupt Staatspräsident Emmanuel Macron
Regierungschef Philippe Germain
Fläche 18.576 km²
Einwohnerzahl 268.767 (2014)[1]
Bevölkerungsdichte 14 Einwohner pro km²
Bevölkerungs­entwicklung   +1,3 % pro Jahr
Bruttoinlandsprodukt 9,8 Mrd. USD[2]
Brutto­inlands­produkt pro Einwohner 38.921 USD[2]
Währung CFP-Franc (XPF)
National­hymne La Marseillaise (Nation)
Soyons unis, devenons frères (Land)
Zeitzone UTC+11
ISO 3166 NC
Internet-TLD .nc
Telefonvorwahl +687
Karte von Neukaledonien
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Neukaledonien (französisch Nouvelle-Calédonie) ist eine zu Frankreich gehörende Inselgruppe im südlichen Pazifik. Der heutige französische Name leitet sich ebenso wie die gelegentlich anzutreffende deutsche Bezeichnung „Neuschottland“ von der älteren englischen Bezeichnung New Caledonia her, die auf James Cook zurückgeht.[3] Anhänger der Unabhängigkeit Neukaledoniens nennen die Inselgruppe auch „Kanaky“. Geografisch gehören die Inseln zu Melanesien. Neukaledonien hat den Sonderstatus einer Collectivité sui generis nach den Artikeln 76 und 77 der französischen Verfassung. Gemäß diesen Artikeln wurde 2018 ein Plebiszit abgehalten (Unabhängigkeitsreferendum in Neukaledonien 2018), in dem die Einwohner zu entscheiden hatten, ob die Inselgruppe weiterhin unter der Territorialhoheit des französischen Staates verbleiben solle oder die Unabhängigkeit erwerbe. Mit 57 % der Stimmen wurde für einen Verbleib unter der Territorialhoheit des französischen Staates gestimmt.

Seit 2008 gehört das Neukaledonische Barriereriff zum Weltnaturerbe der UNESCO.

Geografie und Klima

Typische Landschaft im Süden der „Grande Terre“, der Hauptinsel

Neukaledonien befindet sich nordöstlich von Australien auf der nördlichen Spitze des Zealandia-Schelfs im südwestlichen Pazifischen Ozean. Die Fläche der Inseln beträgt 18.576 km², davon sind 18.091 km² Landfläche und 485 km² Wasserfläche. Die Hauptinsel Grande Terre ist mit 16.372 km² die mit Abstand größte Insel der Gruppe. Zu Neukaledonien gehören des Weiteren noch die Belep-Inseln, die Chesterfieldinseln, die Île des Pins und die Loyalitätsinseln. Die Küstenlinie hat eine Gesamtlänge von 2254 km.

Der höchste Punkt der Inseln ist der Mont Panié auf Grande Terre mit 1628 m. Um die Hauptinsel herum liegt das Neukaledonische Barriereriff, nach dem Great Barrier Reef und zusammen mit dem Belize Barrier Reef einer der größten Korallenriffkomplexe der Welt. Längster Fluss ist der 150 km lange Diahot.

Neukaledonien liegt zwischen dem 19. und 23. südlichen Breitengrad und damit in der tropischen Klimazone. Die mittleren Temperaturen auf den Inseln liegen das ganze Jahr zwischen 20 und 30 °C. Der längs über die Hauptinsel verlaufende Gebirgszug teilt Neukaledonien in einen humiden Osten (inklusive der östlich der Hauptinsel gelegenen Inseln) und einen im Regenschatten liegenden eher ariden Westen. Die relativ kühle, trockene Zeit dauert von Mitte Mai bis Mitte September, die Regenzeit von Mitte November bis April. Die Ostseite der Insel erhält ca. 2500 bis 4000 mm Regen/Jahr, die Westseite (Lee) generell weniger als 1500 mm, so z. B. Ouaco etwa 800 mm. In sehr trockenen Jahren gibt es mancherorts lediglich 250 bis 300 mm Niederschlag.

Größte Stadt ist die Hauptstadt Nouméa mit knapp 91.000 Einwohnern. Im direkten Einzugsgebiet des Grand Nouméa (Païta, Dumbéa und Mont-Dore) leben nach letzten Angaben (Volkszählung 2009) 163.723 Einwohner.

Flora und Fauna

Blüte der Amborella trichopoda
Eine Baumgruppe der
Araucaria columnaris

Die Flora und Fauna Neukaledoniens weisen einen sehr hohen Grad an Endemismus auf. Viele Arten sind bedroht oder schon ausgestorben, etwa die gehörnte Riesenschildkröte Meiolania platiceps, das terrestrische Krokodil Mekosuchus inexpectatus oder der große flugunfähige Vogel Sylviornis neocaledoniae. Die nicht wirksam genug bekämpften Buschfeuer spielen dabei eine wichtige Rolle. Es gibt 23 endemische Vogelarten, zum Beispiel den Kagu. Der Ouveasittich (Eunymphicus uvaeensis) kommt nur auf der Insel Ouvéa vor. Endemisch ist auch die Geradschnabelkrähe (Corvus moneduloides), die wegen ihrer Fähigkeiten zu Herstellung und Gebrauch von Werkzeugen als der klügste Vogel der Welt gilt. Außerdem ist auf Neukaledonien einer der größten Geckos der Welt endemisch, der Neukaledonische Riesengecko. Es gibt 46 Gymnospermen-Arten (45 endemisch, 7 % der Gymnospermarten der Welt). Neukaledonien weist eine hohe Artendichte an Bäumen auf. So finden sich hier 18 endemische Koniferenarten aus der Familie der Araukariengewächse (5 aus der Gattung Agathis, 13 weitere aus der Gattung Araucaria). Weiterhin gibt es 260 Farnarten (26 Familien, 83 Gattungen), von denen 105 Arten endemisch sind.

Endemische Pflanzenarten sind zum Beispiel:

Statistik:

  • 3328 Pflanzenarten (2644 endemisch[4])
    • in 763 Gattungen (14 % endemisch)
      • in 169 Familien (3 % endemisch)
  • 547 Monocotyledones (251 endemisch)
    • in 209 Gattungen
      • in 31 Familien
  • 2394 Dicotyledones (2009 endemisch)
    • in 498 Gattungen (79 endemisch)
      • in 132 Familien (5 endemisch)

Auf Neukaledonien sind überdurchschnittlich viele ursprüngliche Vertreter der Angiospermen beheimatet, vor allem Arten der Familien Winteraceae, Amborellaceae, Monimiaceae, Annonaceae und Chloranthaceae.

Bevölkerung

Alterspyramide Neukaledonien 2009
MännerAlterstufeFrauen
0,11 
90 und älter
0,24 
0,91 
80–89
1,37 
3,13 
70–79
3,53 
6,61 
60–69
6,46 
9,67 
50–59
9,59 
13,93 
40–49
13,95 
15,7 
30–39
16,22 
14,98 
20–29
14,97 
18,00 
10–19
17,36 
16,96 
0–9
16,30 

Die Urbevölkerung der Melanesier oder Kanak bildet mit einem Anteil von ungefähr 44 % der Bevölkerung die größte Bevölkerungsgruppe. Die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe stellen die Nachfahren der ersten „Siedler“ aus Frankreich, die Caldoches, zusammen mit den Métropolitains, den französischen Neueinwanderern. Insgesamt machen Weiße, also Europäischstämmige, 34,1 % der Bevölkerung aus. Es gibt viele Einwohner, die ihre Wurzeln in mehreren ethnischen Gruppen haben. Außerdem gibt es viele Menschen unterschiedlicher Herkunft, die aber oftmals schon seit Generationen in Neukaledonien leben und größtenteils französische Staatsbürger sind: Etwa 9 % der Einwohner sind Walliser und Futuner, 2,6 % Tahitianer, 2,5 % Indonesier, 1,4 % Vietnamesen und 1,1 % Ni-Vanuatu.[5]

Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug auf Neukaledonien im Jahr 2016 insgesamt 77,7 Jahre (Frauen: 81,9 Jahre/ Männer: 73,7 Jahre).[5]

Bevölkerungsentwicklung in Tsd. in Neukaledonien von 1961 bis 2003

Das Median-Alter der Bevölkerung lag im selben Jahr bei 31,7 Jahren. Eine Frau bekam im Laufe ihres Lebens im Durchschnitt 1,93 Kinder. Auf 1000 Einwohner kamen im Jahr 2017 15,0 Geburten und 5,7 Todesfälle. Die Bevölkerung wächst 2017 mit 1,3 % pro Jahr.[5]

Sprachen

Viele Kanaken pflegen in ihren Stämmen weiterhin ihre eigenen Sprachen und Gebräuche. Es werden heute noch etwa 28 dieser Kanak-Sprachen, die dem malayo-polynesischen Zweig der austronesischen Sprachen angehören, in den verschiedenen Stammesgebieten gesprochen. Bei der Erforschung dieser Sprachen in Neukaledonien hat der französische Ethnologe Maurice Leenhardt (1878–1954) Pionierarbeit geleistet. Allerdings spielen die Kanak-Sprachen im Erziehungswesen des Landes nur eine untergeordnete Rolle. Amtssprache ist allein Französisch, das von annähernd allen Bewohnern des Landes gesprochen wird und als Verkehrssprache dient. Die nichtkanakischen Einwanderergruppen sprechen unter sich noch ihre ursprünglichen Sprachen, zum Beispiel Tahitianisch, Wallisianisch, Futunisch, Vietnamesisch, Indonesisch und Englisch. Gemäß der Volkszählung von 2004 können 97 % der über 14-jährigen Einwohner französisch sprechen, lesen und schreiben, während lediglich 0,97 % keine Französischkenntnisse haben.[6] Dagegen können nur noch 37,1 % der über 14-Jährigen eine der einheimischen austronesischen Sprachen zumindest sprechen (aber nicht unbedingt lesen und schreiben), während 58,7 % keine Kenntnisse einer indigenen Sprache haben.[7]

Die Kathedrale Saint Joseph in Nouméa

Die sprachlich-kulturelle Vielfalt des Landes steht heute unter Druck. Von den Sprachen, die vor der Kolonisierung gesprochen wurden, existieren heute noch 28 Sprachen und 11 Dialekte. Allerdings ist die Sprecherzahl der meisten dieser Sprachen auf einige Tausend oder weniger gesunken. Am meisten Sprecher haben die drei Sprachen Drehu, Nengone und Paicî. Die einheimischen Sprachen werden nur zur Kommunikation innerhalb der Sprechergemeinde verwendet. Für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Sprachgruppen ist Französisch die Regel. Die einheimischen Sprachen werden heute an den Grundschulen unterrichtet und vier dieser Sprachen sind auch zum Abitur (baccalauréat) zugelassen. Eine Akademie ist damit beauftragt, die einheimischen Sprachen zu fördern und weiterzuentwickeln.[8]

Religion

Die einheimischen Religionen der einzelnen melanesischen Volksgruppen sind weitgehend verloren gegangen. Ein Großteil der Bevölkerung ist inzwischen christlich. Etwa 60 % der Einwohner sind römisch-katholische Christen, die zum Erzbistum Nouméa gehören, und 30 % Anhänger protestantischer Kirchen. Andere Glaubensrichtungen und Konfessionen machen 10 % der Gesamtbevölkerung aus.[5]

Geschichte

Ein traditioneller Einbaum (Île des Pins)
Historische Karte von Neukaledonien und Loyaltyinseln (1888)
Neukaledonische Ureinwohner um 1880

Die Besiedlung Neukaledoniens fand vermutlich um 1500 v. Chr. durch Menschen der Lapita-Kultur statt. Diese Kultur wurde nach der Fundstelle Lapita 13 auf der Foué-Halbinsel in Neukaledonien benannt. Später erreichten auch Polynesier die Inselgruppe. Die Nachkommen dieser Stämme bilden heute das indigene Volk der Kanaken. In der Zeit vom 11. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert erreichten immer wieder Polynesier die Inseln Neukaledoniens, da sie auf der Suche nach neuem Land waren.

Von den Europäern wurden die Inseln erst im Laufe des 18. Jahrhunderts entdeckt.[9] Im Verlauf seiner zweiten Südseereise betrat James Cook am 4. September 1774 als erster Europäer die Inseln.[9] Er verlieh ihnen ihren heutigen Namen, da ihn das Aussehen des Nordostens der Hauptinsel an Schottland erinnerte, welches von den Römern Caledonia genannt worden war.[10] Cook erkundete die Insellandschaft über neun Tage ohne irgendwelche Zwischenfälle.[9][11] Ihm folgte 1792 ein Franzose namens Joseph Bruny d’Entrecasteaux. Die ersten Europäer, die sich auf den Inseln niederließen, waren Walfänger und Holzhändler (Sandelholz). Es folgten im 19. Jahrhundert Missionare. Die Siedler brachten Seuchen auf die Inseln, ein großer Teil der einheimischen Bevölkerung starb an den eingeschleppten Krankheiten.

Die Inseln wurden sowohl von Großbritannien als auch durch Frankreich während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besiedelt. Im Namen von Napoleon III. nahm Auguste Fevrier-Despointes die Inselgruppe am 24. September 1853 (heute Feiertag) in französischen Besitz.

Ähnlich wie die Briten in Australien nutzten die Franzosen die Inseln als Strafkolonie von 1864 bis etwa 1922. 1864 erreichten die ersten 250 französischen Sträflinge Neukaledonien. Damals war nur das südliche Drittel der Hauptinsel sowie einige Inseln im Süden unter französischer Kontrolle, ein militärischer Außenposten bestand in Napoléonville (Canala) und sonst gab es nur vereinzelte Plantagen (z. B. für Zuckerrohr) und Missionsstationen der Maristen neben den Dörfern der Kanaken. Auf die Inseln kamen nach der Niederschlagung der Pariser Kommune 1871 von 1872 bis zur Amnestie im Juli 1880 etwa 8000 weitere Franzosen. Unter den Kommunarden waren beispielsweise Louise Michel und Nathalie Lemel. Im März 1874 gelang Henri Rochefort, François Jourde, Paschal Grousset und einigen weiteren Gefangenen die Flucht nach Australien.[12] 1871 kam es in der französisch besetzten Kabylei zu einem Aufstand, der dazu führte, dass etwa 200 Deportierte aus Ostalgerien nach Neukaledonien verbannt wurden. Sie wurden 1895 amnestiert und konnten einige Jahre später zurückkehren.

1863 fand der Geologe Jules Garnier das später nach ihm benannten Nickelerz Garnierit. Ab 1873 setzte der vereinzelte Abbau von Lagerstätten ein, der ab 1880 mit der Gründung des Unternehmens Société Le Nickel im großen Maßstab betrieben wurde. Die Arbeitskräfte waren Strafgefangene, Freigelassene, angeworbene Arbeitskräfte aus Asien und Ozeanien, aber auch Verschleppte (durch blackbirding). Die Aufarbeitung der abgebauten Minerale erfolgte in der einzigen dafür vorgesehenen Anlage in Nouméa. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts kamen allerdings vermehrt freie Siedler und asiatische Arbeiter auf die Insel. Die einheimische Bevölkerung wurde durch das Apartheid-ähnliche System des Code de l’indigénat massiv unterdrückt.

Während des Ersten Weltkrieges wurde das Bataillon mixte du Pacifique (B. M. P.) aufgestellt[13], während des Zweiten Weltkriegs das Bataillon d’infanterie de marine du Pacifique (BIMP), welches aus Neukaledoniern und Polynesiern bestand. Aktuell gibt es das Régiment d'Infanterie de Marine du Pacifique-Nouvelle-Calédonie (RIMaP-NC).[14] Im Zweiten Weltkrieg war Neukaledoniens Hauptstadt Nouméa Hauptquartier für die amerikanischen Streitkräfte im Pazifik. Nach dem Krieg wurden die Räume des Hauptquartiers durch das Sekretariat der Pazifischen Gemeinschaft (SPC), eine internationale Organisation verschiedener Pazifikstaaten, übernommen. Mittlerweile sind die Gebäude abgerissen, das SPC in unweit davon neu errichteten Räumen untergebracht und der frei gewordene Platz zu einer Hotel- und Geschäftsanlage umgewidmet worden.

Es kam regelmäßig zu Revolten der Kanak, die jedoch immer niedergeschlagen wurden und jeweils zur Enteignung und Deportation führten, so dass die Kanak von den Küsten ins Landesinnere abgedrängt wurden. Die größte Revolte war der Aufstand von 1878.[15] Einer der letzten erfolgte, als die Kanak als Soldaten während des Ersten Weltkrieges eingezogen wurden. Am 27. Oktober 1946 wurde Neukaledonien zum Übersee-Territorium erklärt und 1947 von der UN-Liste der Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung gestrichen. 1953 erhielten alle Bewohner die französischen Bürgerrechte und 1957 wurde eine Art lokales Parlament (Assemblée territoriale) eingerichtet, doch bereits 1958 beschnitt Charles de Gaulle die Rechte der Landesversammlung wieder. In den 1980er Jahren begann, durch die Kanak verstärkt, eine Unabhängigkeitsbewegung auf Neukaledonien. Diese Bestrebungen führten teilweise zu Unruhen. 1984 entstand die Kanakische sozialistische Front der nationalen Befreiung (FLNKS) mit Jean-Marie Tjibaou an der Spitze. Die neue Partei organisierte einen Boykott der anstehenden Wahlen, und nach der Wahl bildete sie eine provisorische Regierung von Kanaky mit Tjibaou als Präsident. Es kam zu verschiedenen politischen Morden an mehreren Kanaken und schließlich wurde der Notstand erklärt, französische Fallschirmjäger eingesetzt und ein neuer Reformplan erdacht, der allerdings zu nichts führte. Im Dezember 1986 entschied die UN, Neukaledonien erneut auf die Liste der zu dekolonisierenden Länder zu setzen. Ein neues Referendum am 13. September 1987 wurde von den meisten Kanaken boykottiert. Der gewalttätige Höhepunkt war die Geiselnahme von 27 Polizisten und einem Richter durch Separatisten in einer Höhle auf der Insel Ouvéa vom 22. April bis in den Mai 1988, die von französischen Spezialeinheiten beendet wurde. Sie war eine Reaktion auf ein an diesem Tag in Kraft getretenes Gesetz, mit dem der politische Einfluss der kanakischen Befürworter einer Unabhängigkeit Neukaledoniens beschnitten werden sollte.

Die Unabhängigkeitsbestrebungen führten jedoch zu einer größeren Autonomie durch das Matignon-Abkommen 1988, das durch die französischen Wähler in einem Referendum am 6. November 1988 bestätigt wurde, und dem Abkommen von Nouméa vom 5. Mai 1998, das ebenfalls von den Wählern in Neukaledonien in einem Referendum an 8. November 1998 angenommen wurde. Die Inselgruppe wurde in drei Provinzen und 33 Gemeinden unterteilt. Die Provinzen werden von je einem Präsidenten und einer Versammlung geleitet, die zusammen einen Kongress (Congrès de la Nouvelle-Calédonie) bilden. Dieser setzt sich zusammen aus 15 Vertretern der Nordprovinz, 32 Vertretern der Südprovinz und sieben Vertretern der Provinz der Loyalitätsinseln. Der Kongress wählt aus seinen Reihen elf Personen (auch weniger wären möglich), die die Regierung bilden und ihrerseits unter sich einen Regierungschef wählen.

Am 4. Mai 1989 wurden Jean-Marie Tjibaou und Yeiwene Yeiwene von Radikalen der FLNKS auf Ouvéa ermordet. Sie erhielten ein Staatsbegräbnis und 1998 wurde das Tjibaou-Kulturzentrum aufwendig vom französischen Staat erbaut.

Bei einem 4. November 2018 durchgeführten Referendum hatten die Neukaledonier über die Unabhängigkeit der Inseln oder den Verbleib bei Frankreich zu entscheiden.[16] Bei einer hohen Wahlbeteiligung von 80,6 % stimmten 56,4 % der Wähler gegen die Unabhängigkeit und für den Verbleib bei Frankreich.[17]

Politik und Verwaltung

Ergebnisse der Regionalwahlen in Neukaledonien 2009.
Parteien für weitere politische Bindung an Frankreich:
  • Union pour un mouvement populaire (UMP)
  • Calédonie ensemble
  • Avenir ensemble
  • Parteien für Unabhängigkeit Neukaledoniens:
  • Front de libération nationale kanak et socialiste (FLNKS)
  • Union calédonienne (UC)
  • Parti de libération kanake (Palika)
  • Libération kanake socialiste (LKS)
  • Parti travailliste (PT)
  • Fédération des comités de coordination indépendantistes (FCCI)
  • Von 1946 bis 2003 war Neukaledonien französisches Überseegebiet (territoire d’outre-mer, TOM), davor französische Kolonie. Seit der Änderung der französischen Verfassung vom 28. März 2003 ist die Inselgruppe eine zu Frankreich gehörige Überseegemeinschaft mit besonderem Status (collectivité sui generis). Zwei Vertreter Neukaledoniens sitzen in der Pariser Nationalversammlung. Die Hauptstadt ist Nouméa; dort befindet sich auch ein deutsches Honorarkonsulat.

    Die Matthew- und Hunterinseln werden sowohl von Frankreich als auch von Vanuatu beansprucht.

    Verwaltungsgliederung

    Neukaledonien gliedert sich in drei Provinzen und 33 Gemeinden:

    Provinz Gemeinden Einwohner
    1. Januar 2021
    Fläche
    km²
    Dichte
    Einw./km²
    Präsident
    Loyalitätsinseln 3 18.297 1.980,90 9 Néko Hnepeune
    Nordprovinz 17 50.487 9.291,60 5 Paul Néaoutyine
    Südprovinz 14 199.983 7.303,00 27 Philippe Michel
    Neukaledonien 33 268.767 18.575,50 14 – 
    Provinzen in Neukaledonien
    Aires coutumières

    Siehe auch:

    Präsidenten
    Liste der Präsidenten der Regierungen von Neukaledonien seit Unterzeichnung des Abkommens von Nouméa im Jahr 1998.

    Präsidenten der Regierungen von Neukaledonien
    Präsident Regierungszeit Partei
    von bis
    Jean Lèques 28. Mai 1999 5. April 2001 RPCR
    Pierre Frogier 5. April 2001 10. Juni 2004 RPCR
    Marie-Noëlle Thémereau 10. Juni 2004 7. August 2007 AE
    Harold Martin 7. August 2007 5. Juni 2009 AE
    Philippe Gomès 5. Juni 2009 11. März 2011 CE
    Harold Martin 11. März 2011 5. Juni 2014 AE
    Cynthia Ligeard 5. Juni 2014 1. April 2015 RPCR
    Philippe Germain 1. April 2015 amtierend CE

    Infrastruktur

    Abfertigungshalle des Flughafens La Tontouta
    Die Fähre Aremiti 4 längsseits am Kai in Nouméa

    Flugverkehr

    Der internationale Flughafen Neukaledoniens ist der Flughafen La Tontouta. Dieser liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Païta, etwa 40 km von Nouméa entfernt. Für lokale Flüge wird der Flughafen Magenta genutzt, direkt in Nouméa gelegen. Es werden die wichtigsten Städte und alle neukaledonischen Inseln angeflogen. Der Flughafen Lifou ist ein Verkehrsflughafen auf der Insel Lifou.

    Straße

    Neukaledonien verfügt über ein gut ausgebautes, weitgehend asphaltiertes Straßennetz.

    Neukaledonien besitzt vier sogenannte Territorialstraßen (frz. route territoriale) kurz RT als autobahnähnliche Straßen und zusätzlich Provinzstraßen (frz. route provinciale) vom Typ einer Landstraße:

    • RT1: Nouméa – Fluss Néhoué (nördlich von Koumac)
    • RT2: Flughafen Lifou (auf der Insel Lifou) – Süden der Kleinstadt Wé
    • RT3: Kreuzung mit der RT1 in Nandaï – Fluss Tiwaka
    • RT4: Kreuzung mit der RT1 nahe Muéo – Elektrizitätskraftwerk[18]

    Häfen

    Der größte Hafen der Insel ist der von Nouméa. Weitere wichtige Häfen liegen in Mueo, Thio und Prony, dienen aber nur der Nickel-Industrie.

    Schiene

    Die einzige Eisenbahnlinie in Neukaledonien, die Bahnstrecke Nouméa–Païta, wurde 1940 stillgelegt.[19]

    Wirtschaft

    Erzverarbeitungswerk bei Doniambo in der Nähe von Nouméa

    Die Wirtschaft besteht vor allem aus Handwerk, Bergbau, Industrie und Tourismus. Die umfangreichen lateritischen Nickel­erz-Vorkommen der Insel machen 8,4 Prozent aller derartigen Nickel-Reserven weltweit aus.[20] Diese werden seit Beginn der Kolonialzeit genutzt und befinden sich zum größten Teil in der Hand der weißen Caldoches. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es den sogenannten „Nickel-Boom“. Die Eingriffe in die Ökosysteme der Insel sind teils erheblich. Die „Société le Nickel“ (Eramet-Gruppe, Frankreich) betreibt in der Hauptstadt Nouméa, kaum zwei Kilometer von der Innenstadt entfernt, ein pyrometallurgisches Nickelschmelzwerk mit elektrisch betriebenen Schmelz-Reduktionsöfen. Gegenwärtig sind zwei hydrometallurgische Nickelwerke geplant, die je im Süden (Goro) und im Norden (Koniambo) jeweils zusammen mit den kanadischen Unternehmen Inco und Falconbridge betrieben werden sollen.

    Die Landwirtschaft spielt in Neukaledonien nur eine untergeordnete Rolle. Rund ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts besteht aus finanziellen Zuschüssen des französischen Mutterstaats. Neukaledonien verwendet den französischen Pazifik-Franc, der an den Euro gebunden ist.

    Neukaledonien ist nicht in das europäische Umsatzsteuersystem integriert, so dass Ware aus Europa umsatzsteuerfrei bezogen werden kann. Es werden durch den neukaledonischen Zoll Einfuhrzölle erhoben.

    Kultur und Sehenswürdigkeiten

    Von Bedeutung ist u. a. das Tjibaou-Kulturzentrum, das im Zeitraum von 1993 bis 1998 von Renzo Piano errichtet wurde. Es ist das regionale Zentrum für kulturelle Veranstaltungen, in dem Veranstaltungen der Kanak angeboten werden, sowie sonstige Ausstellungen, Konferenzen und Konzerte.

    Sport

    Logo der Pazifikspiele 2011

    Neukaledonien ist der bisher erfolgreichste Teilnehmer bei den Pazifikspielen. Nouméa, die Hauptstadt Neukaledoniens, war Ausrichter der Pazifikspiele 2011, die unter dem Motto Pacific Attitude (Pazifische Einstellung) abgehalten wurden.[21] Dies waren nach 1966 und 1987 die dritten in Neukaledonien ausgetragenen Pazifikspiele.

    Im Jahr 1980 war Neukaledonien Veranstalter der Fußball-Ozeanienmeisterschaft der Herren sowie 1983 der ersten Fußball-Ozeanienmeisterschaft der Frauen. Seit 1950 wird eine Fußballmeisterschaft im Ligasystem ausgespielt, zudem seit 1954 der nationale Fußball-Pokalwettbewerb Coupe de Nouvelle-Calédonie de football. Der Gewinner dieses Wettbewerbs nimmt im darauffolgenden Jahr am französischen Pokal teil.

    Auch 7er-Rugby hat in Neukaledonien einen erheblichen Stellenwert. In den Pazifikspielen 2011 erreichte das Team der Männer den sechsten Platz und 2015 den vierten, das Team der Frauen war noch erfolgreicher und wurde 2011 und 2015 Vierter.

    Das neukaledonische Handball-Team gewann 2008 in Wellington, Neuseeland, im Finale gegen das Team aus Australien die Handball-Ozeanienmeisterschaft.

    Ereignisse

    Der Zyklon Erica[22] richtete im März 2003 große Schäden auf der ganzen Insel an.[23] Das Denguefieber ist je nach Jahreszeit auf Neukaledonien mehr oder weniger verbreitet. Im Januar 2003 zum Beispiel sollen zwischen 4500 (offizielle Zahl) und 9000 Menschen erkrankt sein.

    Literatur

    • David Marrani: Principle of Indivisibility of the French Republic and the People’s Right to Self-Determination. The „New Caledonia Test“. In: Journal of Academic Legal Studies. Nr. 2, 2006, ISSN 1862-0280, S. 16–29.
    • Matthias Kowasch: Neukaledonien zwischen Staatenbildung und Ressourcenausbeutung. Neue Nickelprojekte als Hebel für einen politischen Emanzipierungsprozess und zum Abbau von Disparitäten? In: Pacific News. Nr. 32, ISSN 1435-8360, S. 8–11 (pacific-news.de [PDF; 500 kB; abgerufen am 24. Februar 2017] Juli/August 2009).
    • Klaus Simon: Der Cagou ist ein seltsamer Vogel. Robinsoninseln, Westernstädtchen, Nickelminen – und ein Mangrovenwald in der Form eines Herzens. Ausflüge in Neukaledonien. In: FAZ. 23. Februar 2017, S. R1/R3 (faz.net).

    Fernsehen

    • Cyril Barbançon, Julien Rocher: Neukaledonien. Tauchen und Tabus. Dokumentation, Frankreich 2004, 55 min.
    • Marion von Haaren: Neukaledonien. Frankreichs Juwel in der Südsee. Dokumentation, Deutschland 2006, 45 min.
    • Marion von Haaren: Neukaledonien. Frankreichs Inselparadies im Pazifik. Dokumentation, Deutschland 2006, 30 min.
    • Charles-Antoine de Rouvre: Trauminsel Neukaledonien. Dokumentation, 30 min.
    • Mathieu Kassovitz: Rebellion Spielfilm, Frankreich 2011, 136 min.

    Weblinks

    Commons: Neukaledonien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
    Wikimedia-Atlas: Neukaledonien – geographische und historische Karten

    Einzelnachweise

    1. Bevölkerung Neukaledoniens. Institut de la statistique et des études économique Nouvelle-Calédonie (ISEE), abgerufen am 9. Januar 2017 (französisch).
    2. a b PIB GRANDS AGRÉGATS (archive), ISEE (01-08-2013) (Memento des Originals vom 7. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.isee.nc
    3. Die Angst ist groß, dass China sich die Inseln einverleibt. sueddeutsche.de, 3. November 2018
    4. Schild im Parc Riviere Bleue, das Schild existiert seit mind. 11/2004.
    5. a b c d CIA World Fact Book Neukaledonien. Abgerufen am 24. Oktober 2017.
    6. P9-1 – Population de 14 ans et plus selon la connaissance du français, le sexe, par commune, „zone“ et par province de résidence. (XLS; 41 kB) INSEE, abgerufen am 24. Juni 2007.
    7. P10-1 – Population de 14 ans et plus selon la connaissance d’une langue mélanésienne et le sexe, par commune, „zone“ et par province de résidence. (XLS; 39 kB) INSEE, abgerufen am 24. Juni 2007.
    8. DIVERSITÉ DES LANGUES: LA POPULATION DE NOUVELLE-CALEDONIE (Memento vom 26. April 2009 im Internet Archive), archiviert am 26. April 2009.
    9. a b c Rapport annuel 2010 - Section 2: Repéres historiques: Seite 18, ieom.fr (französisch).
    10. Der im Mittelalter gebräuchliche lateinische Bezeichnung Scotia konnte er nicht verwenden, da Teile des von den Franzosen gewonnenen Akadien an der kanadischen Ostküste als nun schottische Kolonie seit 1621 den Namen Nova Scotia trug.
    11. James Cook: Die Suche nach dem Südland. BoD – Books on Demand, 2008, ISBN 3-935959-04-4, S. 145 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 25. Juni 2016]).
    12. The New York Times Archiv vom 31. März 1874.
    13. Sylvette Boubin-Boyer: Le 1er Bataillon du Pacifique dans la Première Guerre mondiale. (doc; 22 kB) Archiviert vom Original am 26. November 2006; abgerufen am 25. Juni 2016 (französisch, Auszug aus De la Première Guerre mondiale en Océanie – Les guerres de tous les Calédoniens, Septentrion, 2003).
    14. Régiment d'Infanterie de Marine du Pacifique (Nouvelle Calédonie). In: www.troupesdemarine.org. Abgerufen am 25. Juni 2016 (französisch).
    15. 1878: la grande révolte canaque
    16. Rudolf Balmer: Frankreich droht ein Territorium im Südpazifik zu verlieren. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Dezember 2017, S. 6.
    17. Référendum en Nouvelle-Calédonie : le "non" à l'indépendance l'emporte 56,4% des voix, francetvinfo.fr, 4. November 2018, abgerufen am 5. November 2018.
    18. DITTT - Infrastructures routières
    19. Pierre Grundmann: Nouvelle-Calédonie. Hachette Livre, Paris 2012, ISBN 978-2-01-245168-1, S. 110 (französisch).
    20. The life of Ni. Infobroschüre, Nickel Institute, 2016 (PDF 9,1 MB), S. 6.
    21. The NC2011 Games slogan is ‘Pacific Attitude’, preps well ahead of schedule. Samoanews.com, archiviert vom Original am 9. August 2010; abgerufen am 30. September 2012. (jetzt: webarchive, abgerufen am 30. September 2012.)
    22. Tropical Cyclone Erica. In: Bureau of Meteorology. Australian Government, 12. März 2003, abgerufen am 21. September 2018 (englisch).
    23. Le cyclone Erica 2003. J&M Nouméa Nouvelle-Calédonie, abgerufen am 21. September 2018 (französisch).

    Koordinaten: 21° 17′ S, 165° 21′ O