Schelde

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Schelde / Escaut
Daten
Gewässerkennzahl FRE1000600, FRE1280600, FRE---004-
Lage Frankreich, Belgien, Niederlande
Flusssystem Schelde
Quelle nahe Gouy
49° 59′ 11″ N, 3° 15′ 59″ O
Quellhöhe ca. 97 m
Mündung Nordsee (Mündungsarm der Schelde: Westerschelde) Koordinaten: 51° 25′ 22″ N, 3° 32′ 42″ O
51° 25′ 22″ N, 3° 32′ 42″ O
Mündungshöhe ca. m
Höhenunterschied ca. 97 m
Sohlgefälle ca. 0,27 ‰
Länge ca. 360 km
Einzugsgebiet ca. 21.863 km²
Abfluss am Pegel Schaar van Ouden Doel[1] NNQ (Aug. 1973)
MQ 1958–1990
HHQ (Dez. 1966)
18 m³/s
127 m³/s
719 m³/s
Großstädte Antwerpen, Gent
Mittelstädte Cambrai, Tournai, Valenciennes
Einwohner im Einzugsgebiet ca. 11 Millionen
Häfen Antwerpen, Vlissingen, Terneuzen, Gent
Schiffbarkeit ja

Die Schelde (fr. Escaut [ɛsko], lat. Scaldis) ist ein Fluss in Frankreich, Belgien und den Niederlanden.

Verlauf, Charakteristik und Mündung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schelde zw. Bruille-St-Amand und Hergnies nördl. von Valenciennes

Die Schelde entspringt in Gouy im Norden Frankreichs, etwa 16 km nördlich von Saint-Quentin und kreuzt nach rund 104 km die Grenze nach Belgien. Nach weiteren 26,5 km erreicht sie Flandern. Für Westflandern bildet sie nur die Südostgrenze und fließt dann durch Ostflandern und die Provinz Antwerpen. Die Stadt Antwerpen im Mündungsgebiet hat einen großen Tiefwasserhafen, d. h., er kann auch von sehr großen Containerschiffen angelaufen werden. Er war von 2009 bis 2014 etwa gleichauf mit dem Hafen Hamburg, der dann aber zurückfiel, und ist seither der zweitgrößte Containerhafen Europas (gemessen an den umgeschlagenen Container-TEU).[2]

Als Grenze vom Binnengewässer zum Ästuar (Mündungstrichter, ein inneres Küstengewässer), der 56 km langen Westerschelde, wird üblicherweise die belgisch-niederländische Grenze genommen. Wegen des geringen Gefälles reicht der Gezeiteneinfluss 100 km weiter flussaufwärts.

Am Beginn des Westerschelde-Ästuars hat die Schelde einen mittleren Abfluss von 127 m³/s. Die bis zu fünf Kilometer breite Trichtermündung (Westerschelde) gilt als ein Habitat von außergewöhnlichem ökologischem Reichtum.

Das Mündungsgebiet in der niederländischen Provinz Zeeland hat eine komplizierte Geschichte: Bis vor 8000 Jahren lag der Unterlauf in der Nähe des heutigen Kanals Gent-Terneuzen. Versandung bewirkte dann eine Verlagerung der Mündung weit nach Osten. Vor etwa 5000 Jahren zapfte ein Meereseinbruch jenen östlichen Lauf an und es entstand die Oosterschelde. Im 10. Jahrhundert n. Chr. weitete ein neuer Meereseinbruch das bis dahin unbedeutende Marschengewässer Honte landeinwärts aus, bis es die Schelde erreichte und zur Westerschelde wurde. Bis ins 17. Jahrhundert bestand die doppelte Mündung aus Westerschelde und Oosterschelde. Da letztere bis ins 20. Jahrhundert auch Zufluss aus der Maas erhielt, werden die Mündungsgebiete von Schelde, Maas und Rhein auch zusammen als Rhein-Maas-Schelde-Delta betrachtet, obwohl die Schelde nicht zum Flusssystem des Rheins gehört. Allerdings versandete die Oosterschelde nahe der Gabelung von der Westerschelde im 17. und 18. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert wurde die Oosterschelde im Rahmen des Deltaplans auch vom Zufluss aus der Maas abgeschnitten und ist nun eine – seit 1986 durch das Oosterscheldesperrwerk vor Sturmfluten geschützte – Meeresbucht.

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kulturräumliche und geschichtliche Aspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Antike wurde der Fluss Scaldis genannt. Vermutlich entspricht ihr auch der bei Ptolemäus erwähnte Fluss Tabuda oder Tabula.[3]

Die Schelde hat seit dem Mittelalter eine wichtige Rolle in der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung von Flandern, Brabant und Hennegau gespielt. Sie war lange Zeit Grenze zwischen dem Königreich Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich. Trichtermündungen waren gut gegen Angreifer von der See zu verteidigen, seit die Artillerie weit und einigermaßen präzise schießen konnte. Nützlich war auch, dass Häfen in Trichtermündungen Schiffen einen besseren Schutz vor Stürmen bieten als Häfen, die direkt an der Küste liegen. Die gleiche Rahmenbedingung war es auch, die begünstigte, dass Städte wie Hamburg (Elbe), Emden (Ems) und London (Themse) sich zu wichtigen Häfen entwickeln konnten.

Vauban nutzte die Schelde, um die Festungen von Valenciennes, Bouchain, Condé-sur-l’Escaut und Cambrai zu verteidigen. Seit der spanischen Eroberung von Antwerpen 1585 war die Schelde bis ins 19. Jahrhundert durch die niederländische Flotte gesperrt.

Ab dem 10. Mai 1940 besetzten deutsche Truppen die Benelux-Staaten (und im Juni im Westfeldzug auch Nordfrankreich). Im August 1944 rückten alliierte Truppen zügig voran; der Hafen von Antwerpen konnte Anfang September von der britischen 2. Armee befreit werden. Da Antwerpen aber im Hinterland der Scheldemündung, etwa 80 Kilometer von der Küste entfernt liegt, war eine Nutzung erst möglich, als es gelang, die starken deutschen Artilleriestellungen auf der vorgelagerten Halbinsel Walcheren auszuschalten. Dies geschah in der langen und blutigen Schlacht an der Scheldemündung.

Schifffahrt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schelde ist nahezu auf ihrem gesamten Verlauf mit Schiffen befahrbar, im Oberlauf ist sie ausgebaut als Canal de Saint-Quentin, den sie mit Wasser versorgt, ab Cambrai als selbständiger kanalisierter Fluss. Durch die Einmündung des Großschifffahrtsweges Dünkirchen-Schelde (französisch: Liaison à grand gabarit Dunkerque-Escaut) ist sie zu einer bedeutenden Schifffahrtsstraße in Nordfrankreich und Belgien geworden.

Nebenflüsse der Schelde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

– Gewässer von namentlich unter 25 km sind mit aufgenommen, wenn sie als Teil eines längeren Wasserlaufs zu betrachten sind.

Die Schelde, ihre Nebenflüsse und deren Nebenflüsse ab 25 km Länge (Reihenfolge flussaufwärts)
Darstellungsweise:
  • Die Angabe der Einmündungsseite („rechts“/„links“) steht linksbündig unter dem Namenskästchen des Flusses, in den der Zufluss mündet.
  • Pfeile sind flussabwärts gerichtet und markieren obere Teile eines schon vorher erwähnten Flusslaufs,
    • wo ein weiter oben eingetragenes Gewässer die Fortsetzung des in der Zeile dargestellten Gewässers oder Gewässerabschnitts darstellt.
    • wo namentlich oder nach hydrografischer Definition das oben erwähnte Gewässer aus einem Zusammenfluss entsteht.
Zufluss in Fließrichtung
gesehen von
Name Lage der Mündung Gewässerkennzahl:
BE: verschiedene
FR: SANDRE
Länge
[km]
Einzugs-
gebiet
[km²]
mittlerer
Abfluss
[m³/s]
Westerschelde (als Ästuar) Vlissingen ca. 56
Schelde Zandvliet BV10 ← E---004-
E1280600E1000600
380,0 21 863 127,00
rechts Rupel aus: Niel  012,0
↑ rechts Nete Rumst, NW von Mechelen 015,0
↑ rechts Kleine Nete Lier 044,0
↑ links Grote Nete 044,0
↑ links Dijle / Dyle Rumst, NW von Mechelen VL05–77, -78 086,0 025,00
links Zenne / Senne Heffen, NW von Mechelen 103,0 01 164 005,50
rechts Zinnet / Senette Tubeke-Klabbeek 035,0
links Laan / Lasne Sint-Joris-Weert VL05_84 026,0 00,109
rechts Demer Rotselaar 085,0
links Velp Diest 035,0
links Gete / Gette = Gète aus: Halen (zusammen mit Herk) VB[4]: 4.001[5] 012,7
↑ rechts Grote Gete = Tiense Gete Zoutleeuw-Budingen VB: 4.002 051,0
↑ links Kleine Gete VB: 4.003 036,0
links Herk Halen (zusammen mit Gete) 043,0
links Durme (ohne ehem. Oberlauf westlich von Gent) 3 km oberhalb v. Temse 24,6 / 47,1
↑ Moervaart (aus Abzweig vom Kanal Gent–Terneuzen) Lokeren 022,5
rechts Dender Dendermonde BV18 = 0518[6] 065,0 00,040 010,00
rechts Mark / Marcq Lessines-Deux-Acren 05215[6] 028[7]
links Leie / Lys Gent BV 51; VL05_48, -49, -50[8] 114,7 00,202 022,00
links Mandel (teilweise verrohrt) Oeselgem (nicht mehr Deinze) VL05_50, -51 0039,5[9]
rechts Deûle / Deûle (über die Hälfte kanalisiert) Deûlemont E3--021-, E3010770 058,8 01 071 08,0
rechts Marque Marquette-lez-Lille E3340600 031,6 09,215
links Scarpe Mortagne-du-Nord,
nahe südl. der F/B Grenze
E2--0110, E2010600 102,0 01 322 002,60
rechts Haine (fläm. Hene) Condé-sur-l’Escaut E1820402 072,0 00,179
links Hogneau = Honniau = Grande Honnelle Thivencelle E1820700 037,6 00,240 001,95
links  Aunelle Crespin E1820800 027,3
rechts Écaillon  Prouvy E1760750 033,2 00,173 001,20
rechts Selle E1720600 045,9 00,252 002,40
rechts Erclin = Erclain Iwuy E1310600 034,1 00,160
links Sensée südl. Bouchain E1560600 047,0

Städte an der Schelde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name Einwohner:
F: Gemeinde 
B: Kernstadt 
Einwohner:
F: Aire urbaine
B, NL: Gemeinde
Meereshöhe
[m]
Anmerkung
Frankreich:
Cambrai 32 897 58 330 41–101
Valenciennes 43 787 367 992 17–56 nordfranzösisch-belgisches Industriegebiet
Belgien
Tournai 35 004 69 751 15–50[10] nordfranzösisch-belgisches Industriegebiet
Oudenaarde 5 338 30 318 10–30[10]
Gent 249 008 249 008 4–15[10]
Dendermonde 9 207 44 546 2–10[10]
Antwerpen 204 742 506 922
Niederlande
(Bergen op Zoom) 66 283 Oosterschelde
Terneuzen 54 713 Kanal Gent–Terneuzen
Vlissingen 44 980

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Ufer der Schelde spielt die Handlung der romantischen Oper Lohengrin von Richard Wagner. Der Asteroid (30773) Schelde ist nach dem Fluss benannt.

Lode van der Linden (1888–1960) malte zahlreiche Scheldemotive.

Am linken Ufer des Schelde-Ästuars 15 km nördlich von Antwerpen liegt das Kernkraftwerk Doel. Seine vier großen Kühltürme und deren Dampfschwaden sind weithin sichtbare Landmarken. Das KKW hat vier Druckwasserreaktoren: zwei mit je 433 MW elektrischer Nettoleistung und zwei mit etwa 1000 MW. Der Kernreaktor Doel-3 (Baubeginn 1975) hat, wie auch der Kernreaktor Tihange-2, tausende Risse im Reaktordruckbehälter.

Im Uferbereich der Stadt Antwerpen wurde Anfang der 1930er Jahren ein Fußgängertunnel unter dem Flussbett gebaut. Der Tunnel erhielt die Bezeichnung Sint-Annatunnel. Zudem gibt es einen Tunnel für den Kraftverkehr, den Waaslandtunnel.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Daten des Rijkswaterstaat
  2. Statistik
  3. Ptol. 2.9.3. Vgl. Alfred Stückelberger, Gerd Graßhoff (Hg.): Klaudios Ptolemaios. Handbuch der Geographie. Bd. 1. Schwabe, Basel 2006, S. 209
  4. http://geo.vlaamsbrabant.be/waterlopen/
  5. http://www.zoutleeuw.be/website/1856-www/.../WATERLOPEN.pdf@1@2Vorlage:Toter Link/www.zoutleeuw.be (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2018. Suche in Webarchiven)
  6. a b http://atlaswaterlopen.oost-vlaanderen.be/
  7. GPS-track Marcq–Mark
  8. Google "leie mandel waterlopen nummer" → www.integraalwaterbeleid.be/nl/stroomgebiedbeheerplannen/.../Leiebekken.pdf Bekkenspecifiek deel Leiebekken - Integraal Waterbeleid
  9. Längenmessung mit der Messfunktion des Vlaamse Hydrografische Atlas unter Nutzung der Lagen: VHA-waterloop + VHA-waterloop, namen + waterloopsegmenten klasse waterlichaam + VHA-Waterloopsegmenten volgens categorie
  10. a b c d http://www.ngi.be/topomapviewer/public?lang=nl&