Schienenverkehr in Australien

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Die Eisenbahn spielt im Verkehrssystem Australiens insgesamt nur eine untergeordnete Rolle. Ausnahmen hiervon sind im Personenverkehr die Pendler-Netze in den Ballungszentren und im Güterverkehr die Montanbahnen.

Reisezuglinien in Australien
Staatliche Verbindungen Linien der Great Southern Railway

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Übersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Doppelspitzkehre in den Blue Mountains bei Lithgow um 1900; heute: Zig Zag Railway. Es wurde erwogen, dieses Kulturdenkmal in die Liste des Welterbes der UNESCO einzutragen[1].
Blick entlang der Transaustralischen Eisenbahn

1854 eröffnete die 3,6 Kilometer lange Melbourne–Sandridge-Linie, Australiens erste Dampfeisenbahn. Sie verkehrte zwischen der Innenstadt und dem Hafen von Melbourne. Ein Jahr später wurde die 22 Kilometer lange Normalspur-Strecke von Sydney nach Parramatta eröffnet. 1856 wurde die 12 Kilometer lange Bahnstrecke zwischen North Terrace und Port Adelaide eröffnet.[2] Zahlreiche private Gesellschaften und auch die entstehenden Staatsbahnen bauten in der Folgezeit Bahnstrecken.

Schon in den 1890ern hatte jede australische Kolonie mindestens eine Bahnstrecke und in den bevölkerungsreichen Kolonien an der Ostküste unterstützten Strecken vom Hinterland zu den Seehäfen den Export von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Zu seiner Glanzzeit in den 1920ern und 1930er Jahren war das australische Schienennetz circa 45.000 Kilometer lang – mit dem Aufstieg von Luft- und Straßenverkehr in Australien schrumpfte es. Anfang der 1990er Jahre hatte es noch 36.000 Kilometer.[2] Heute hat es eine Länge von 38.445 Kilometern.[3]

Auswahl wichtiger Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieser Abschnitt zeigt anhand einer Auswahl wichtiger Ereignisse die Geschichte des australischen Schienenverkehrs auf:

Das Spurweiten-Problem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Albury, Bahnsteig des ehemaligen Spurwechsel­bahnhofes. Es war der längste Bahnsteig der südlichen Hemisphäre zum Umsteigen zwischen unter­schied­lichen Spurweiten

Vor dem Zusammenschluss der australischen Kolonien zum Australischen Bundesstaat im Jahr 1901 waren diese rechtlich voneinander unabhängig und konnten unabhängig voneinander über die Spurweite, in der die jeweilige Eisenbahn errichtet werden sollte, entscheiden. Am 19. Februar 1850 wurde in Victoria ein Gesetz erlassen, das den Bau einer Bahn von Melbourne nach Port Adelaide, dem Hafen von Melbourne, in Normalspur genehmigte. Am 27. Juli 1852 erließ New South Wales ein Gesetz mit dem Ziel, sein Eisenbahnnetz in einer Breitspur von 1600 mm (5 Fuß 3 Zoll) zu errichten. Die ursprüngliche Planung für eine normalspurige Bahnstrecke zwischen der Innenstadt und dem Hafen von Melbourne wurde – obwohl Victoria bereits 1851 als Kolonie von New South Wales abgetrennt worden war – deshalb zugunsten dieser Entscheidung aufgegeben. Als New South Wales kurz darauf seine Entscheidung erneut revidierte und zur Normalspur zurückkehrte, konnte Victoria diese Entscheidung nicht mehr mittragen, da Bahnanlagen bereits in Breitspur erstellt und auch entsprechende Fahrzeuge geordert waren. South Australia entschied sich ebenfalls für Breitspur, da es an Victoria grenzt. Dieses legislative Chaos wirkt sich heute noch vor allem in Victoria aus, wo beide Spurweiten nebeneinander existieren.

Die dünner besiedelten und wirtschaftlich schwächeren Kolonien Western Australia und Queensland entschieden sich für die preiswerter zu errichtende Kapspur (Schmalspur), ebenso Tasmanien. Auch die Nord-Süd-Verbindung durch den Kontinent (die nur teilweise fertig gestellt wurde) sowie die Verbindung von Südaustralien nach Broken Hill an der Grenze zu New South Wales wurden in Schmalspur ausgeführt. Die 1912 gegründeten Bundeseisenbahnen, die unter anderem Westaustralien an den Osten anbanden, entschieden sich wiederum für Normalspur.

Als die Netze zusammenwuchsen, führte dies zu erheblichen betrieblichen Problemen. Es gab in Australien bis zu 36 Spurwechselbahnhöfe, in denen Reisende umsteigen, Güter umgeladen oder Fahrzeuge umgespurt werden mussten. Beispielsweise wurde für die Strecke Sydney – Brisbane genau auf der Staatsgrenze, in sehr dünn besiedeltem Gebiet, der große Bahnhof Wallangarra gebaut mit Bahnsteig für Normalspur auf der einen Seite und Schmalspur auf der anderen.

Eine zur Beurteilung der Situation durch den Generalgouverneur von Australien einberufene „Royal Commission“ kam 1921 zu dem Schluss, „dass die Spurweite von 4 Fuß 8½ Zoll als Standard für Australien festgelegt werden soll, dass keine mechanische Einrichtung, keine dritte Schiene oder andere Vorrichtung den Problemen abhelfen kann und dass Einheitlichkeit nur durch ein Mittel erreichbar ist, nämlich die Umspurung aller Gleise, die eine andere Spurweite als 4 Fuß 8½ Zoll haben.“[4]

Dem wurde – aus Kostengründen – nur teilweise durch Dreischienengleise oder Umspurung gefolgt. Die Bundeseisenbahn baute letztendlich alle ihre Neubaustrecken in Normalspur. Der erste Schritt der Empfehlung der Royal Commission, alle Hauptstädte der Bundesstaaten auf dem Festland an die Normalspur anzuschließen, wurde mit dem Neubau der Zentralaustralischen Eisenbahn und deren Verlängerung von Alice Springs nach Darwin 2004 verwirklicht.

Auch in Victoria etablierte sich die Normalspur neben der Breitspur: Der in Victoria gelegene Teil der Streckenverbindung Melbourne – Sydney wurde durch einen Neubau in Normalspur ersetzt; damit wurde 2010 Australiens größter Spurwechselbahnhof in Albury entbehrlich.[5] Ab 2017 wurden Teile des fast 1000 km langen Schienennetzes im Murray Basin umgespurt.

Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Streckennetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spurweiten in Australien: Normalspur (schwarz), Kapspur (blau) und Breitspur (gelb)
Transaustralische Eisenbahn

Das heutige (Stand:2020) Eisenbahnnetz hat eine Gesamtlänge von ca. 32868 km:[6]

Kapspur Normalspur Breitspur dual andere TOTAL
Queensland 8146 0117 036 04 8303
Western Australia 2970 4558 207 7735
New South Wales 7128 0073 01 7202
Victoria 0016 1904 2309 032 30 4291
South Australia 184 2561 0253 022 3020
Northern Territory 0003 1690 1693
Tasmanien 0611 07 0618
Australian Capital Territory 0006 0006
TOTAL 11930 17964 2635 297 42 32868

Das private Schienennetz – vor allem Eisenerztransport in der Pilbara-Region, Kohle und Zuckerrohrzüge in Queensland – hat davon einen Anteil von rund 5500 km.

Personenverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Indian Pacific in Perth

Die Great Southern Railway betreibt drei Fernzüge:

Der Indian-Pacific und der Ghan sind vor allem für den Fremdenverkehr von Bedeutung.

Nahverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Ballungsräumen Sydney, Melbourne, Brisbane und Perth, in denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Kontinents lebt, existieren gut ausgebaute S-Bahn-Netze. In Melbourne, Sydney und Adelaide existieren außerdem Straßenbahnen, wobei das Netz der Straßenbahn Melbourne zu den längsten der Welt gehört, während es in Sydney und Adelaide nur vereinzelte Straßenbahnlinien gibt. Das U-Bahn-Netz der Metropole Sydney, die Sydney Metro, ist seit der Eröffnung im Mai 2019 die erste vollwertige U-Bahn auf dem Kontinent. In Sydney fuhr zudem von 1988 bis 2013 die Sydney Monorail.

Früher wurde der öffentliche Schienenverkehr von staatlichen Institutionen übernommen, seit den 1990ern wurde jedoch ein Großteil dieses Sektors privatisiert und fortan über Franchises organisiert. Deshalb wird der Schienenverkehr in den Bundesstaaten mittlerweile von verschiedensten Betreibern übernommen, die teils staatlich, teils privat sind. Meist wird der Betrieb grundlegend in Metropolitan und Regional aufgeteilt, da sich diese Bereiche sowohl in Voraussetzungen (gut ausgebautes, elektrifiziertes Netz durch Wohngebiete – dünnes, auf Dieselloks basierendes Netz durch weites Land) als auch Anforderungen (Abwicklung des täglichen Pendler-Berufsverkehrs mit hohen Taktraten – Bereitstellung einer strukturellen Anbindung zwecks Reisemöglichkeit) sehr stark unterscheiden.

In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Betreiber aufgeführt:

Bundesstaat Übergeordnete Institution Betreiber Metropolitan Betreiber Regional
New South Wales Transport for New South Wales (TfNSW) Sydney Trains
früher City Rail
NSW TrainLink
früher CountryLink
Victoria Public Transport Victoria (PTV) Metro Trains Melbourne (S-Bahn)
früher Connex Melbourne
Yarra Trams (Straßenbahn)
früher Met Tram
V/Line
Queensland Queensland Rail (QR) Citytrain/TransLink Traveltrain
Western Australia Public Transport Authority (PTA) Transperth
früher Metropolitan Transport Trust
Transwa
früher Westrail

In Tasmanien wird jeglicher Schienenverkehr von Tasrail erbracht; die S- und Straßenbahnen von Adelaide in South Australia werden von Adelaide Metro betrieben; im Northern Territory gibt es keinen öffentlichen Personennahverkehr über die Schiene; und im Australian Capital Territory werden die Aufgaben de facto von New South Wales' NSW TrainLink übernommen.

Güterverkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pacific National[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pacific National[7] ist die größte australische Privatbahn im Güterverkehr. In 100 verschiedenen Gebieten werden auf allen drei Spurweiten insgesamt rund 1.000 Lokomotiven und 10.000 Güterwagen eingesetzt. Für die Beförderung der 12.720 Tonnen schweren Kohlezüge auf der Kapspur in Queensland wurden Anfang August 2009 23 sechsachsige und 132 Tonnen schwere Wechselstrom-Lokomotiven der Baureihe 7100 neu eingesetzt.[8]

Erzbahnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte der Schwerlastbahnen im Nordwesten des Landes.

Vier Schwerlast-Montanbahnen transportieren Eisenerz zu den Häfen im Nordwesten Westaustraliens. Diese Bahnstrecken dienen ausschließlich dem Bergbau und werden als Inselbetrieb geführt.

Zuckerrohrbahnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zuckerrohrbahn in Mossman, Queensland

In Queensland gibt es ca. 15 Schmalspurbahnen, die Zuckerrohr in die verarbeitenden Fabriken transportieren.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Frithjof Ermer, Hans-Joachim Kirsche: Australien mit dem Zug. Reisehandbuch. Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin 2005, ISBN 3-933254-67-1.
  • Förderverein Dampf & Reise e.V. (Hrsg.): Fern-Express Heft 64 (Themenheft Australien). Röhr-Verlag, Krefeld 1999.
  • Walter G. Steingahs: 4.000 km auf 610 mm Spur. Oder die Zuckerrohrbahnen im australischen Queensland. Feld- und Schmalspurbahnen Karl Paskarb, Celle 2002, ISBN 3-938278-03-X.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anthony Coulls, Railways as World Heritage Sites = Occasional Papers for the World Heritage Convention, hrsg.: International Council on Monuments and Sites (ICOMOS), Paris 1999, S. 15
  2. a b Australian Geographic: Railways of Australia. Poster-Beilage zur Ausgabe 38, April-Juni 1995.
  3. The World Factbook: Australia – Railways (Memento des Originals vom 3. Juli 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov, abgerufen am 25. Dezember 2013.
  4. Australian Bureau of Statistics: Year Book Australia, 1967. Abgerufen am 25. Dezember 2013. Zitat: “that the gauge of 4-ft. 8.5-in. be adopted as the standard for Australia; that no mechanical, third rail, or other device would meet the situation, and that uniformity could be secured by one means only, viz., by conversion of the gauges other than 4-ft. 8.5-in.”
  5. Ken Date: Broad Gauge to Albury no more. In: Railway Digest (March 2009), S. 22ff. Das betrifft den Abschnitt Albury – Seymour (Victoria).
  6. Estimated total route length of open railway in Australia in 2020, by gauge and state, statista.com, abgerufen am 28. März 2023
  7. Siehe Website der Pacific National. Abgerufen am 25. August 2009 (englisch).
  8. Friedhelm Weidelich: Erste Siemens-Loks der Class 7100 in Australien im Einsatz. 19. August 2009, abgerufen am 25. August 2009.