Scottsches Axiomensystem

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. April 2022 um 13:43 Uhr durch 132.231.141.219 (Diskussion) (Das Axiomensystem).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Scottsche Axiomensystem, benannt nach dem Mathematiker Dana Scott, ist ein Axiomensystem der Mengenlehre, das als alternativer Zugang zum Axiomensystem der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre, kurz ZF, angesehen werden kann. Es verwendet das in ZF beweisbare Reflexionsprinzip als Axiom und kann auf diese Weise auf einige ZF-Axiome verzichten.

Durch die Von-Neumann-Hierarchie wird das gesamte Mengenuniversum in Stufen eingeteilt, wobei die Ordinalzahlen durchläuft. Wir beschreiben hier drei Konsequenzen, die dann umgekehrt zu Axiomen des Scottschen Axiomensystems werden.

Das heißt, jede Menge liegt in einer Stufe. Das ist genau die zum Fundierungsaxiom äquivalente Aussage der Von-Neumann-Hierarchie, wonach jede Menge bereits in einer Stufe liegt bzw. bezüglich der -Relation bereits durch eine Stufe beschränkt ist; man spricht daher auch vom Beschränktheitslemma.

Wenn also in einer Stufe liegt, so liegt es bereits in einer niedrigeren Stufe mit oder ist als Teilmenge in einer solchen niedrigeren Stufe enthalten. Dieses sogenannte Kumulierungslemma folgt direkt aus der rekursiven Definition der Stufen als Vereinigung aller Vorgänger oder als Potenzmenge des Vorgängers, je nachdem, ob eine Limes-Ordinalzahl ist oder nicht.

Das Reflexionsprinzip besagt, dass jede in ZF formulierbare Aussage bereits durch eine Stufe gespiegelt wird, genauer:

Die Spiegelung durch die Stufe bedeutet dabei die Spiegelung durch das durch „“ definierte Prädikat; Einzelheiten zum Begriff der Spiegelung findet man im Artikel Relativierung (Mengenlehre).

Diese drei Eigenschaften – Beschränktheitslemma, Kumulierungslemma und Reflexionsprinzip – sollen nun zu Axiomen erhoben werden, ohne die in ZF definierten Stufen zu verwenden. Dazu benötigen wir ein neues Prädikat „ ist Stufe“, das wir nennen. Die Schreibweise ist demnach als „ ist Stufe“ zu lesen, und man kann sich darunter etwas Ähnliches wie die Stufen der Von-Neumann-Hierarchie vorstellen. Die genauen Eigenschaften dieser Stufen werden allerdings durch die Axiome des Scottschen Axiomensystems festgelegt, das nun vorgestellt wird.

Das Axiomensystem

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wir verwenden kleine lateinische Buchstaben als Variablen für Mengen und die Symbole , wobei = für Gleichheit steht und für die Elementbeziehung, ein einstelliges Prädikat ist und die restlichen Symbole die üblichen logischen Symbole sind. In den folgenden Axiomen bezeichne eine mengentheoretische Formel mit der Variablen und möglicherweise weiteren Variablen (Parametern) .

  • Existenz:

Das Existenzaxiom fordert, dass es wenigstens eine Menge im Mengenuniversum gibt.

  • Extensionalität:

Das Extensionalitätsaxiom beschreibt den quantitativen Aspekt des Mengenbegriffs: Enthalten zwei Mengen dieselben Elemente, so sind sie gleich.

  • Aussonderung:

Zu jeder Menge und zu jeder Eigenschaft kann man die Menge derjenigen Elemente aussondern, die diese Eigenschaft erfüllen, genauer: Bei vorgegebener Formel und gegebenen Parametern gibt es zu jeder Menge die Menge , die genau aus denjenigen Elementen aus besteht, die der Eigenschaft genügen. Dies ist kein einzelnes Axiom, sondern ein sogenanntes Schema von Axiomen, da man für jede Formel ein Axiom erhält.

  • Beschränktheit: .

Jede Menge liegt in einer Stufe.

  • Kumulierung:

Dabei steht wie üblich für . In Worten besagt das Kumulierungsaxiom: Wenn eine Stufe ist, so gilt für jedes aus dieser Stufe, dass es eine in enthaltene Stufe gibt, in der als Element oder als Teilmenge liegt.

  • Reflexionsprinzip:

Hier soll alle Formeln ohne das Symbol durchlaufen, es handelt sich also wieder um ein Schema von Axiomen. Der Ausdruck bedeutet dabei

wobei die durch Relativierung nach aus hervorgegangene Formel ist.

Die Gesamtheit dieser Axiome werde im Folgenden mit bezeichnet.

Äquivalenz zu ZF

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten drei Axiome aus sind auch ZF-Axiome, und die einleitenden Bemerkungen zeigen, dass die Festlegung ein Prädikat definiert, das auch die übrigen drei -Axiome erfüllt. Umgekehrt kann man aus alle ZF-Axiome herleiten, das heißt das Vereinigungsaxiom, Potenzmengenaxiom, Unendlichkeitsaxiom, Fundierungsaxiom und das Schema der Ersetzungsaxiome.

In kann man daher wie in ZF Ordinalzahlen und die Von-Neumann-Hierarchie der einführen. In gilt dann der Satz:

.

Damit sind die Axiomensysteme ZF und gleichwertig. In beiden Axiomatisierungen lassen sich dieselben Sätze beweisen, wobei das in ZF fehlende durch zu ersetzen ist.