Johann Gorgias

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Juni 2022 um 09:30 Uhr durch RonaldH (Diskussion | Beiträge) (linkfix).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Johann Gorgias (auch unter den Pseudonymen Veriphantor, Florindo und Poliandin; geboren am 25. Mai 1640 in Kronstadt, Siebenbürgen; gestorben am 7. Juni 1684 ebenda) war ein siebenbürgisch-sächsischer Schriftsteller.

Über Gorgias’ Leben ist nur wenig bekannt. Nach Besuch des Gymnasiums in Kronstadt immatrikulierte er sich am 28. Juli 1659 an der Universität Wittenberg. Am 24. Juni 1661 wurde er von Johann Rist in Wittenberg zum Dichter gekrönt und war spätestens 1664 unter dem Namen Florindo Mitglied in dessen Elbschwanenorden. Spätestens im Januar 1676 war er wieder in Kronstadt, wo er Ende März Leiter des Gymnasiums wurde.

Gorgias profilierte sich als ein Gegner der Alamode-Literatur seiner Zeit und wandte sich insbesondere gegen „Sprachmengerei“ und die gesellschaftliche Aufwertung der Frau. So verfasste er 1666 unter dem Pseudonym Poliandin eine Gegenschrift zum Ehren-Preiß deß hochlöblichen Frauen-Zimmers (Frankfurt am Main 1663) des jesuitisch geprägten Wilhelm Ignaz Schütz, in der er als Vertreter eines konservativen Protestantismus sein Frauenbild verteidigte und den Frauen die Gelehrsamkeit absprach. Die dadurch ausgelöste Kontroverse wurde stark beachtet und Jakob Thomasius nahm noch 1683 in einer Schrift De duobus scriptis contrariis Schutzii et Poliandini dazu Stellung.[1]

In seinen stets pseudonym erscheinenden satirischen Romanen warnte Gorgias die „Liebhaber“ vor den „verführerischen und männischen Weibern“ und deren „Lastern“. Er lehnte sich in seiner Darstellungstechnik an den Schäfer- und Pikaroroman an, jedoch treten in seinen schlichten Geschichten Gattungsmerkmale in den Hintergrund. Die kurzen Erzählungen, welche „die Grenze des Obszönen nicht selten überschreiten, sind stets nur Exempel für den anschließenden moralisierenden Traktat“.[2] Zahlreiche Neuauflagen seiner Werke belegen, dass Gorgias an der Wende zum 18. Jahrhundert zu den meistgelesenen Autoren gehörte. Auch von den Romantikern (zum Beispiel Achim von Arnim und Clemens Brentano) wurde er noch rezipiert.

  • Marieluise Bauer: Studien zum deutschen Schäferroman des 17. Jahrhunderts. Dissertation München 1979.
  • Horst Fassel: Johann Gorgias, ein Siebenbürger in der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter. 36 (1987), S. 125–131.
  • John L. Flood: Poets Laureate in the Holy Roman Empire. A Bio-bibliographical Handbook. Berlin & New York 2006, Bd. 2, S. 688–690.
  • Egon Hajek: Johann Gorgias, ein verschollener Dichter des 17. Jahrhunderts. In: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte. 26 (1925), S. 22–49, 197–240 (mit Werkverzeichnis).
  • Joachim Jacob: Die Schönheit der Literatur. Zur Geschichte eines Problems von Gorgias bis Max Bense. In: Studien zur deutschen Literatur. 183 (2007).
  • Hans-Joachim Jakob: Verführung und Grausamkeit in Johann Gorgias’ ›Liebes- und klägliche[r] TraurGeschicht‹ Betrogener Frontalbo (um 1670) im Kontext des Misogynie-Diskurses im 17. Jahrhundert. In: Simpliciana. 31 (2009), S. 323–342.
  • Michael Keevak: Veriphantor’s ›Betrogener Frontalbo‹ (c. 1670) and the adress of misogyny. In: Germanisch-romanische Monatsschrift. Neue Folge 39 (1989), S. 424–439.
  • Bernd Prätorius: Gorgias, Johann. In: Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Aufl. de Gruyter, Berlin 2009, Bd. 4, S. 322.
  • Stefan Sienerth: Andreas Pinxner, ein Zeitgenosse des Gorgias. Ein schlechtbehandelter siebenbürgischer Barockautor. In: Südostdeutsche Vierteljahresblätter. 38 (1989), S. 278–284.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Jakob Thomasius: De duobus scriptis contrariis Schutzii et Poliandini. In: Ders.: Praefationes. Leipzig 1683, S. 450–462.
  2. Prätorius: Gorgias, Johann. In: Killy Literaturlexikon Berlin 2009, Bd. 4, S. 322.