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Sander (Name)

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Der Vor- und spätere Familienname Sander ist eine im 12./13. Jahrhundert im deutschen, niederländischen und englischen Sprachraum entstandene und häufig benutzte Kurzform von Alexander, genau so wie heute noch Hans als Kurzform von Johannes allgemein bekannt ist.

Sander als Vorname

Als männlicher Vorname war Sander in Deutschland noch bis in das 17. Jahrhundert gebräuchlich, verschwand dann aber aus dem Sprachgebrauch, während er im Niederländischen heute noch als solcher verwendet wird. Ebenso wurden früher in England die heute nicht mehr üblichen Vornamen Sander und Saunder benutzt. Die Variante Saunder verweist auf den zunächst französisch ausgesprochenen Namen Alexandre und lässt die Wanderung des Namens vom Kontinent auf die Insel erkennen. Analog dazu sind heute noch die Rufnamen Sandro (von Alessandro) in Italien und Sándor in Ungarn im Gebrauch.

Die weibliche Form Alexandra wird zu Sandra verkürzt, ein gegenwärtig noch weit verbreiteter weiblicher Vorname.

Sander als Familienname

Als Familienname hat sich Sander überwiegend patronymisch aus dem Vornamen entwickelt und im deutschen Namenschatz erhalten. Daneben werden Bewohner von Höfen mit Hofnamen Sander, welcher sich meist vom Erstbesiedler herleitete und unabhängig vom Namen späterer Besitzer bestehen blieb, diesen Wohnstättennamen als Familiennamen übernommen haben.

Der Name ist im Norden und in der Mitte Deutschlands häufig verbreitet, insbesondere in Niedersachsen und Westfalen. Der Verbreitungsschwerpunkt, gemessen am prozentualen Anteil der Namensträger an der Gesamtbevölkerung, befindet sich im Raum rund um den Teutoburger Wald, das Wiehengebirge und das westliche Harzvorland. Auch in den benachbarten Regionen von Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen (z. B. im Dorf Heyda, in dem etwa 50 von 500 Einwohnern diesen Namen tragen) ist der Familienname noch relativ häufig, im Westen Deutschlands, mit Ausnahme des Saarlandes, aber schon weniger anzutreffen. In Süddeutschland, Österreich und der Schweiz ist der Name Sander selten. Bei den heute dort lebenden Namensträgern handelt es sich wohl vor allem um Nachkommen von Zuwanderern aus dem Norden. Es leben heute schätzungsweise 30.000 Namensträger Sander und Sanders in Deutschland. Im Ausland hat sich nur auf der britischen Insel in nennenswerter Anzahl der Vorname zum Nachnamen entwickelt. Aufgrund der beträchtlichen Auswanderung von Deutschen und Engländern in die USA ist der Nachname auch dort heute geläufig. Weshalb sich im Niederländischen, Italienischen und Ungarischen die dort bekannten Vornamen (Sander, Sandro, Sándor) nicht zum Familiennamen weiterentwickelt haben, bedarf noch der Untersuchung.

Herkunft und Entwicklung des Namens

Sander, bzw. Alexander ist die eingedeutschte Form des griechischen Namens Aléxandros (so viel wie: Der die [fremden] Männer abwehrt, im übertragenen Sinn: Der Beschützer). Der Name ist bereits um 1280 v. Chr. in einem hethitischen Dokument in der Form Alaksandu als Name eines bronzezeitlichen Königs von Wilusa bezeugt. Aufnahme in die deutsche Namenwelt fand er weniger durch den kirchlichen Namen (vgl. Papst Alexander III.), sondern seit etwa 1140 durch die mittelalterlichen Alexanderlieder und Alexanderromane, die Alexander den Großen preisen und im Mittelalter nach der Bibel zu den am meisten verbreiteten Schriften gehörten. Dieser antike Orienteroberer war mit den Kreuzzügen gen Osten seit 1096 wieder in das Blickfeld des Abendlandes gerückt, und sein Name wurde zuerst in den des Lesens mächtigen Adelskreisen beliebt. Die Kurzform Sander hat sich viel häufiger als Alexander oder auch Alex als Familienname manifestiert. Dies liegt darin begründet, dass im Deutschen Alexánder ([a.lɛk.ˈzan.dɐ]) anders als im Griechischen auf der dritten Silbe betont wird, was die Loslösung vom Original und die Neuschöpfung der (sprachlich sinnentleerten) Kurzform begünstigte. Daraus lässt sich schließen, dass Sander als Vorname bereits im Hochmittelalter weit gebräuchlicher als die ursprüngliche Form war, wie etwa bei dem 1285 in Rostock genannten Sander Swarenpenning. Die polnische Schreibweise Aleksander lässt im Übrigen noch die Silbengrenze erkennen, ebenso wie der im Jahr 1229 bezeugte Alexsander (!), Schultheiß von Breslau.

Die Namen Zander (vor allem in Nord- und Ostdeutschland, im Rhein-Ruhrgebiet und teilweise durch Einwanderung aus Mecklenburg-Vorpommern auch in Südschweden), Xander (selten, vgl. Brigitte Xander, eigentlich Ksander) und Tschander sind regionale Varianten und auf dieselbe Art und Weise entstanden. Im Gegensatz zu vielen anderen Familiennamen wurden Sander und Zander äußerst stabil durch die Jahrhunderte weitervererbt. Wechsel von Sander zu Zander bzw. umgekehrt sind nur wenige bekannt. Aufgrund der am Niederrhein (Krefeld/Viersen/Mönchengladbach) üblichen Verschiebung von -ande zu -ange herrschten dort die Varianten Zanger(s) und Sangers vor, von denen sich nur die Form Zanger erhalten hat. Eine seltene Variante ist die verschliffene Form Sanner. Die Namensformen Sanders, Zanders, Sandersen, Sanderson (englisch), Sandering (niederdeutsch) sind Patronyme und bedeuten so viel wie Sanders Sohn oder auch Sanders Knecht etc. Sanderling (vgl. Kurt Sanderling) ist eine Verkleinerungsform von Sander. Der seltene Name Santer (vgl. Jacques Santer) kann eine Variante von Sander sein, ist aber wohl eher dem lateinischen Begriff sanctus entlehnt.

In England haben sich überwiegend die patronymen Formen Sanders und Saunders als Familiennamen herausgebildet.

Andere Deutungsmöglichkeiten für den Familiennamen

Der Familienname Sander kann auch als Herkunfts- oder Wohnstättenname gedeutet werden, der sich auf einen der vielen Orts- und Flurnamen Sand, auf dem Sande o. Ä. oder einer Wohnstätte auf sandigem Gelände bezieht. Ein Sander ist demnach jemand, der an einem dieser Orte oder Flure ansässig war. Dies ist jedoch weitaus weniger bedeutend für die Namensbildung als der zuvor erörterte Personennamen gewesen, ablesbar auch an den im Vergleich zu Sander viel weniger häufigen Nachnamen Sand(t) und Sande, welche sich direkt auf einen Ort dieses Namens beziehen. Von solch sandigem Terrain zeugen z. B. auch die ostfriesischen Ortsnamen Großsander, Kleinsander, Ostersander und Westersander, der Wald Sander Tannen oder das Sanderglacis in Würzburg. Der Name Sandner leitet sich ebenfalls von den entsprechenden Ortsnamen ab.

Die Fischbezeichnungen Sander und Zander sind erst ab dem 16. Jahrhundert belegt.[1]

Eine Ableitung von Sandherr (Aufseher einer Sandgrube) oder gar Sangherr (Kantor) ist ebenfalls nur in Einzelfällen denkbar.

Die Landschaftsform Sander ist eine erst im 19. Jahrhundert entstandene Sprachschöpfung (von isländ. sandr) und kommt daher für die Familiennamenbildung nicht in Betracht.

Von Sander abgeleitete Ortsnamen

Ortsnamen, welche den Personennamen Sander beinhalten, sind Sandersleben in Anhalt, Groß Santersleben und Klein Santersleben bei Magdeburg, Sandersdorf bei Bitterfeld, ein weiteres Sandersdorf in Franken sowie Sandershausen bei Kassel. Sie entstanden wahrscheinlich aus Einzelgehöften, die auf einen Mann namens Sander oder eines ähnlich klingenden Namens zurückzuführen sind. Sandersleben und die beiden Santersleben sind die ältesten dieser Ortschaften. Sie fügen sich aus Sanders und dem germanischen Wort leben (v. gotisch laiba für Erbe, Hinterlassenschaft, Besitz) zusammen. Sandersleben bedeutet demnach so viel wie Erbe des Sander oder Besitz des Sander. Aus dem Ort Klein Santersleben stammt das heute noch existierende Adelsgeschlecht von Sandersleben. Einer adeligen Familie von Sander in Schlesien, auch Sander von Sandershausen genannt, gehörte einstmals die Stadt Reichenbach in der Oberlausitz.

Das Alter dieser Orte offenbart jedoch eine Problematik, die im Widerspruch zur oben ausgeführten Ableitung von Alexander steht und sprachgeschichtlich noch zu untersuchen ist. Sandersleben wurde erstmals 1046 und Santersleben erstmals 1013 als Groten Sanderslove erwähnt. Onomastisch ist die Entstehung dieser Namen aber bereits in das 2. bis 4. nachchristliche Jahrhundert zu datieren. Den Namen Sander (o. Ä.) scheint es daher bereits vor der Christianisierung bei den Germanen gegeben zu haben. Bezeugt sind die hochaltertümlichen germanischen Personennamen Sandheri (friesisch), Sandrih, Sandmar, Sandebold, Sandolt, Sandarat, Sandebert und (prußisch) Sandar -er, -ir, mit den Kurzformen Sando, Sande, Santo etc. (zu indogermanisch sanpas, altnordisch sannr, dänisch sand für „wahr, das Wahre, das Rechte“). Diese altgermanischen Namen kommen für die direkte Familiennamenbildung Sander kaum in Betracht, da sie im Hochmittelalter, als Familiennamen erst entstanden, längst außer Gebrauch waren. Für die Bildung der genannten Ortsnamen lassen sie sich jedoch heranziehen und möglicherweise passte sich dieser erst nachträglich dem geläufigen späteren Namen Sander an. Dies trifft zumindest für Sandershausen, 1167 erstmals als Sandrateshusen erwähnt, zu. Bei dem um 1150/60 gegründeten Sandersdorf bei Bitterfeld ist hingegen von einer Ableitung des neuen Namens Sander auszugehen.

Namensträger

Familienname

A

B

C

D

  • Daniel Sander (1939/40–2007), französischer Choreogrfh, Tänzer und Schauspieler
  • David Sander (1867–1939), deutscher Rabbiner
  • Dirk Sander (* 1956), deutscher Langstreckenläufer

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

R

S

T

U

V

W

Vorname

Literatur

  • Adolf Bach: Deutsche Namenkunde. 5 Bde. (Die deutschen Personennamen I-II, Die deutschen Ortsnamen I-III), Heidelberg 1952–1956
  • Hans Bahlow: Deutsches Namenlexikon. München 1980
  • Hans Bahlow: Schlesisches Namenbuch. Kitzingen/Main, 1953
  • Josef Karlmann Brechenmacher: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen. Limburg a. d. Lahn 1957
  • Max Gottschald: Deutsche Namenkunde. de Gruyter, Berlin/New York 2006, ISBN 978-3-11-018032-9
  • Albert Heintze, Paul Cascorbi: Die deutschen Familiennamen, geschichtlich, geographisch, sprachlich. 7. Aufl. Halle/S. 1933
  • Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2003, ISBN 3-423-03266-9
  • P. H. Reaney: A Dictionary of British Surnames. London 1976
  • Jürgen Udolph: Namenkundliche Studien zum Germanenproblem. de Gruyter, Berlin/New York 1994, ISBN 3-11-014138-8

Belege

  1. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23., erw. Aufl., unveränd. Nachdr., (Jubiläums-Sonderausg.), de Gruyter, Berlin 1999, ISBN 3-11-016392-6, S. 903 (Zander).