Acta iure imperii

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Acta iure imperii (lateinisch juristische Handlungen hoheitlicher Natur) ist ein Begriff aus dem Staats- und Völkerrecht und bezeichnet das unter Immunität stehende hoheitliche Handeln eines Staates, seiner Institutionen und ausführenden Personen und Organe im Ausland.[1] Die Vereinigten Staaten von Amerika haben mit dem Foreign Sovereign Immunities Act[2] dieses Prinzip in nationales Recht überführt. In den meisten anderen, so auch den deutschsprachigen Ländern, gilt weiterhin der völkerrechtlich gesetzte Rahmen ohne gesonderte nationale Kodifizierung.

Juristische Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hoheitliche Aufgaben eines souveränen Staates oder seiner Vertreter außerhalb seiner Grenzen können in Konflikt mit den Gesetzen und der Rechtsprechung des Staates stehen, in dem diese Handlungen vorgenommen werden oder ihre Wirkung entfalten. Der Terminus acta jure imperii definiert den Vorrang der Gesetze und rechtlichen Realität des entsendenden Staates bzw. seiner Institutionen Vertreter vor dem Recht des Gastlandes. In der Populärsprache wird dies häufig fälschlich als „extraterritoriale Handlung“ bezeichnet. Bei acta jure imperii handelt es sich ausschließlich um den Vorrang der Gesetze des aussendenden Landes in einem Gastland im Rahmen der Ausübung bzw. des Vollzugs hoheitlicher Aufgaben. Die Definition, welche Handlungen als hoheitlich eingestuft werden, obliegt dem entsendenden Staat. Das Gastland kann gegen solche Einstufungen allenfalls auf der politischen Ebene sein Missfallen zum Ausdruck bringen. In der Regel ist bei groben Verstößen gegen Gesetze des Gastlandes die Abberufung der ausführenden Organe bzw. Personen als höchste Eskalationsstufe möglich.[3][4][5]

Bezug zum Staats- und Völkerrecht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sämtliche acta jure imperii fallen auch unter die staatliche Immunität nach der aktuell global anerkannten Doktrin der restriktiven Immunität ausländischer Staaten. Ebenso gehören sie exklusiv in die Rechtsprechung des Entsendelandes, so dass die Handlungen des Entsandten ausschließlich an den Regeln des Entsendestaates gemessen werden können, sofern diese hoheitliche Akte ausführen. Dem Gastland ist es verwehrt eine eigene Definition hoheitlicher Tätigkeiten zum Maßstab zu machen. Missfallen dem Gastland spezifische acta jure imperii, ist dieser Konflikt kein juristischer, sondern ist auf der politischen Ebene (in der Regel zwischen den Außen- und Juztizministerien) beider Seiten zu lösen.[6][7][8]

Acta iure gestionis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Unterschied dazu stehen die acta iure gestionis, die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten eines Staates („commercial activity“ laut Definition der ILC) im Ausland. Für diese nicht-hoheitlichen Handlungen besteht kein Vorrang des Rechtes des Entsendestaates bzw. seiner offiziellen Vertreter.[9] Zu unterscheiden ist bei einer Streitigkeit allerdings zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. Ein Staat kann in diesem Kontext für einen Akt angeklagt werden. Ob die Klage behandelt wird, entscheidet die Justiz. Eine Vollstreckung (Einzug von Schulden) kann jedoch nicht vorgenommen werden, wenn sich der Staat auf seine Immunität beruft.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Internationaler Gerichtshof: ICJ, Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy : Greece intervening), Judgment, I.C.J. Reports 2012 , p. 99, para. 60. 3. Februar 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. Dezember 2016; abgerufen am 6. Januar 2017 (englisch).
  2. Public law 94-583, Inkrafttreten 19. Januar 1977
  3. Völkerrechtsprechung: ausgewählte Entscheidungen zum Völkerrecht in Retrospektive. Germany: Mohr Siebeck, 2005
  4. Klabbers, Jan. International Law. United Kingdom: Cambridge University Press, 2020. ISBN 9781108487245
  5. Henriksen, Anders. International Law. United Kingdom: Oxford University Press, 2019. ISBN 9780198828723
  6. Okeke, Edward Chukwuemeke. Jurisdictional Immunities of States and International Organizations. United States: Oxford University Press, 2018. ISBN 9780190611255
  7. Yang, Xiaodong. State Immunity in International Law. Spain: Cambridge University Press, 2012. ISBN 9780521844017
  8. Netherlands Yearbook of International Law 2012: Legal Equality and the International Rule of Law - Essays in Honour of P.H. Kooijmans. Netherlands: T.M.C. Asser Press, ISBN 9789067049153
  9. BVerfG, Urteil vom 30. April 1963, Az. 2 BvM 1/62, BVerfGE 16, 27 - Iranische Botschaft