Adolf Ellissen

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Adolf Ellissen

Georg Anton Adolf Ellissen (* 14. März 1815 in Gartow; † 5. November 1872 in Göttingen) war ein deutscher Politiker und Literaturhistoriker. Er war an der deutschen Revolution 1848/1849 sehr engagiert beteiligt und später Mitglied und Präsident der Zweiten Kammer der Ständeversammlung des Königreichs Hannover sowie Abgeordneter im Konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes, im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Hannöverschen Provinziallandtag.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Göttinger Gedenktafel für Adolf Ellissen

Ellissen wuchs als Sohn des Mediziners Gerhard Ellissen in Gartow auf[1] und studierte an der Georg-August-Universität Göttingen Medizin, Geschichte, Literatur- und Sprachwissenschaft. Weitere Studien betrieb er in Berlin und Paris. Seine Promotion erfolgte an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. 1838 und 1860 reiste er nach Griechenland, um die mittel- und neugriechische Literatur vor Ort zu erforschen.

Ellissens Ehrengrab auf dem historischen Göttinger Bartholomäusfriedhof

Zunächst machte Ellissen sich als Übersetzer von Montesquieu (Geist der Gesetze) und Voltaire (Werke in Auswahl) einen Namen. Mit seinem Versuch einer Polyglotte der europäischen Poesie war er seinerzeit bahnbrechend für die kulturgeschichtliche Betrachtungsweise und die vergleichende Literaturgeschichte. In Zusammenarbeit mit Heinrich Loedel machte er sich um Hans Holbein und dessen Totentanz verdient. Besondere Verdienste erwarb er sich durch Erschließung der bis dato nahezu unerforschten mittel- und neugriechischen Literatur.

Ellissen lebte ab 1842 in Göttingen, wo er 1847 Mitarbeiter der Universitätsbibliothek wurde. Sein 30-jähriger Aufenthalt in Göttingen wurde durch seine Beteiligung an der Märzrevolution 1848 zeitweilig unterbrochen. Ellissen setzte sich in diesem Kontext sehr kritisch und gewandt mit den herrschenden politischen Verhältnissen auseinander. Nach Angaben in der Allgemeinen Deutschen Biographie war er seinerzeit der populärste Bürger Göttingens, weshalb er lange Jahre hindurch gewählter Göttinger Bürgervorsteher und Wortführer des Bürgervorsteherkollegiums (Bürgermeister) war.

Vom Göttinger Bürgerverein wurde Ellissen zunächst als Condeputierter der hannoverschen Ständeversammlung nach Hannover und später nach Frankfurt am Main gesandt. 1849 wurde er Abgeordneter Göttingens in der Zweiten Kammer der hannoverschen Ständeversammlung, welche ihn 1852 zum Vizepräsidenten und 1854 zum Präsidenten wählte. Dort war er Wortführer im Protest gegen die Absichten der hannoverschen Regierung, die alten Zustände vor 1848 wiederherzustellen. Die Regierung versuchte, seine Opposition zu brechen, indem sie jegliche Beförderung des Philologen verhinderte, hatte damit aber keinen Erfolg. 1864 ging er als Abgeordneter für Osnabrück wieder in die Zweite Kammer und 1867 in den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes,[2] in das Preußische Abgeordnetenhaus[3] und den hannöverschen Provinziallandtag, wo er jeweils der nationalliberalen Fraktion angehörte.[4]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Göttingen-Weende, Adolf-Ellissen-Weg

Ellissen war Mitglied des Corps Hildesia Göttingen.[5] Wegen dieser Zugehörigkeit zu einer Verbindung wurde er mit zehn Tagen schwerem Karzer bestraft. Die Strafe musste er im Karzer in der Aula der Georg-August-Universität absitzen.[6]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Detail vom Grabmal
  • Thee- und Asphodelosblüten. Göttingen 1840 (metrische Bearbeitungen chinesischer und neugriechischer Gedichte).
  • Versuch einer Polyglotte der europäischen Poesie. Leipzig 1846.
  • Der alte Ritter. Leipzig 1846.
  • Michael Akominatos, Erzbischof von Athen. Göttingen 1846.
  • Zur Geschichte Athens nach dem Verlust seiner Selbständigkeit. Göttingen 1848.
  • Analekten zur mittel- und neugriechischen Litteratur. Leipzig 1855–62.
  • Französische Thronfolger. Eine retrospektive Betrachtung. Göttingen 1870.
  • Spaziergang durch das alte Athen: Sonette und Bilder aus dem 19. Jahrhundert. hrsg. v. Alexander Sideras u. Paraskevi Sidera-Lytra. Athen 2010. ISBN 3-990-21001-7.
  • mit Heinrich Lödel: Hans Holbeins Initialbuchstaben mit dem Todtentanz. Göttingen 1849.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Annemarie Borsche: Ellissen, Adolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 458 f. (Digitalisat).
  • Eberhard Borsche: Adolf Ellissen (1815–1872) als Politiker. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte (NsJbLG). Bd. 25, 1953, S. 87 ff.
  • Hans Ellissen: Ellissen, Adolf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 6, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 54–57.
  • Karl Goedecke: Adolf Ellissen zu seinem hundertjährigen Geburtstag am 14. März 1915. In: Göttinger Blätter für Geschichte und Heimatkunde in Südhannover. Göttingen 1915
  • Georg Kaufmann: Adolf Ellissen, ein Vorkämpfer nationaler Politik aus der letzten Periode des Königreiches Hannover. In: Preußische Jahrbücher. Bd. 161, 1915, S. 470 ff.
  • Albrecht Saathoff: Geschichte der Stadt Göttingen. 2 Bde., Göttingen 1937–1940, Bd. 2, S. 172 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wendland-Lexikon, Bd. 1, Lüchow 2000, S. 173.
  2. Specht, Fritz / Schwabe, Paul: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Aufl., Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 124.
  3. Bernhard Mann (Bearb.) unter Mitarbeit von Martin Doerry, Cornelia Rauh, Thomas Kühne: Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1867–1918 (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 3). Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7, S. 121; zu den Wahlergebnissen siehe Kühne, Thomas: Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten. Droste Verlag, Düsseldorf 1994, S. 547–549 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 6).
  4. Haunfelder, Bernd / Pollmann, Klaus Erich (Bearb.): Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867–1870. Historische Photographien und biographisches Handbuch. Droste Verlag, Düsseldorf 1989, Foto S. 113, Kurzbiographie S. 397 (Photodokumente zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 2).
  5. Kösener Korpslisten 1910, S. 76, 97.
  6. Heinz Motel: Berühmte Persönlichkeiten und ihre Verbindung zu Göttingen. Göttingen 1993, S. 72 ff.