Albín Bráf

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Albín Bráf (* 27. Februar 1851 in Třebíč, Markgrafschaft Mähren; † 1. Juli 1912 in Roztoky bei Prag) war ein tschechischer Nationalökonom, Politiker und österreichischer Ackerbauminister.

Albín Bráf (1911)

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Albín Bráf
(Jan Vilímek, 1886)

Bráf, Sohn eines Gutsbeamten, besuchte 1861 bis 1869 ein Prager Gymnasium, studierte bis 1873 Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Prag und erwarb 1874 den Dr. jur. Er war Schüler und Gefolgsmann des Alttschechen František Palacký. Seit 1877 wirkte er, neben seiner Tätigkeit als Lehrer an einer Handelsakademie, als Privatdozent für politische Ökonomie. 1882 wurde er außerordentlicher Professor für Nationalökonomie am gerade abgetrennten tschechischen Teil der Universität Prag, 1890 ordentlicher Professor.[1][2]

Bráf war Mitglied der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, des Industrie- und Landwirtschaftsrates sowie der k.k. Statistischen Zentralkommission. Als Abgeordneter im Böhmischen Landtag 1883 bis 1905 und später des Wiener Reichsrats war er zuletzt jeweils Führer der Alttschechen. 1904 erfolgte die Ernennung zum Hofrat, 1905 wurde er ins Herrenhaus berufen.[1][3]

1888 heiratete Bráf Libussa Rieger (Libuše Bráfová 1860–1930), Tochter des tschechischen Politikers František Ladislav Rieger. Das Paar hatte einen Sohn, Václav (1888–1908). Als er 1903 die Leitung der Fraktion im Reichstag von seinem verstorbenen Schwiegervater übernahm, versuchte er vergeblich eine moderne Parteistruktur aufzubauen. Die Alttschechen blieben auch unter seiner Führung eine Honoratiorenpartei, konzentriert auf die größeren Städte.[4]

Bráf gilt als Begründer der modernen tschechischen Wirtschaftswissenschaft und förderte die wirtschaftliche Emanzipation der Tschechen gegenüber der bis Ende des 19. Jahrhunderts dominanten deutschen Bourgeoisie in den böhmischen Ländern.[5] Bráfs nationales Wirtschaftsprogramm fand breite Unterstützung in der tschechischen Nationalbewegung. Seine umfangreichen Veröffentlichungen zu wirtschaftlichen und politischen Themen erschienen vor allem in Zeitschriften.

Von 10. Februar bis 1. November 1909 war Bráf österreichischer Ackerbauminister im Ministerium Bienerth. Er erreichte in der kurzen Amtszeit eine Bodenentschuldung, trat dann aber wegen Differenzen in der Böhmischen Sprachenfrage zurück. Mit der Enthebung wurde er zum Geheimen Rat ernannt und kehrte an die Universität zurück. Von 19. November 1911 bis zu seinem Tod amtierte er dann noch einmal als Minister für Ackerbau in der Regierung Stürgkh.[2][6]

1912 verstarb er nach längerer Krankheit auf seinem Landgut bei Roztoky, nahe Prag und wurde auf dem Vyšehrader Friedhof beigesetzt.

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Studien über nordböhmische Arbeiterverhältnisse. J. Otto, Prag 1881.
  • Albín Bráf – Život a dílo. Gruber, Prag 1922–1924 (fünfbändige Werkausgabe).
  • Miroslav Šmejkal: Významní čeští národohospodáři. Vysoká škola ekonomická, Prag 1993. ISBN 80-7079-195-0.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Albín Bráf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Braf, Albin (1851–1912), Nationalökonom und Politiker. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 105.
  2. a b Otto Dornik: Hundert Jahre Landwirtschaftsministerium. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Österreichischer Agrarverlag, Wien 1967, S. 80.
  3. Alois Czedik von Bründlsberg und Eysenberg: Zur Geschichte der k. k. österreichischen Ministerien, 1861–1916. Nach den Erinnerungen von Alois von Czedik. Band 4: Zeitabschnitt 1908–1916. K. Prochaska, Teschen/Wien 1920, S. 101.
  4. Jiří Pokorný: Vereine und Parteien in Böhmen. In: Adam Wandruszka, Peter Urbanitsch (Hrsg.): Die Habsburgermonarchie. 1848–1918. Band 8: Politische Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft. Teilband 1: Vereine, Parteien und Interessenverbände als Träger der politischen Partizipation. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2006, ISBN 3-7001-3540-8, S. 609–703, hier S. 662.
  5. Eduard Kubů: Wirtschaftsnationalismus in Parteiprogrammen der böhmischen Länder. In: Ágnes Pogány, Eduard Kubů, Jan Kofman: Für eine nationale Wirtschaft. Ungarn, die Tschechoslowakei und Polen vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. Berliner Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8305-1250-3, S. 73–134, hier: S. 75 und 93.
  6. Ackerbauminister Braf gestorben. In: Prager Tagblatt, 1. Juli 1912, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ptb