Masih Alinejad

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Masih Alinejad, 2018

Masih Alinejad (persisch مسیح علی‌نژاد), geborene Masoumeh Alinejad–Ghomi (persisch معصومه علی‌نژاد قمی, DMG Maʿṣūme ʿAlī-Nežād Qomī; * 11. September 1976 in Ghomikola in Babol) ist eine iranisch-amerikanische Journalistin, Autorin und Frauenrechtlerin und lebt in den USA. Für ihre Arbeit, die sich mit Kritik der Menschen- und insbesondere Frauenrechte in der Islamischen Republik Iran befasst, wurde sie vielfach ausgezeichnet.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Masih Alinejad wurde als Masoumeh Alinejad in einem kleinen Dorf im Norden Irans namens Ghomikola (auch Qomi Kola) geboren und musste schon als Kind einen Hidschāb tragen. Ihr Vater bestand darauf, dass sie einen Tschador trug. Im Alter von sechzehn Jahren legte Alinejad diesen trotz der Einwände ihres Vaters ab und trug ein einfaches Kopftuch und lange Kleidung. Mit 19 Jahren heiratete sie einen Dichter, der ihr erlaubte, das Kopftuch unter seiner Obhut abzulegen.[1] Sie verwendet den selbstgewählten Vornamen Masih (persisch für Messias oder „Gesalbter“). Sie war schon in jungen Jahren bewusst politisch.

Alinejad ließ sich scheiden und lebte in London, wo sie 2007 einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften der Oxford Brookes University erlangte und als Journalistin arbeitete. Masih Alinejad heiratete erneut, lebt seit 2014 mit ihrem Mann in New York City und arbeitet als Moderatorin und Produzentin bei VOA Persian Service, als Korrespondentin für Radio Farda, als regelmäßige Mitarbeiterin für Manoto Television und als Redakteurin für IranWire.

Politisierung im Iran[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Masih Alinejad wurde 1994 im Iran verhaftet, weil sie regierungskritische Flugblätter produziert hatte. 2001 begann sie dann ihre journalistische Laufbahn bei der lokalen Tageszeitung Hambastegi, danach bei der iranischen Arbeitsnachrichtenagentur (ILNA).

Während des sechsten und siebten Parlaments war Alinejad Parlamentsberichterstatterin und deckte 2005 als Journalistin einer liberalen Zeitung mehrere Korruptionsskandale im Iran auf. Infolge dieser Berichterstattungen wurde sie aus dem Parlament entlassen und ihr wurde vorgeworfen, sexuelle Kontakte zu Parlamentsmitgliedern zu haben.[2]

2008 schrieb Alinejad in der Tageszeitung Etemad-e Melli einen außergewöhnlich kritischen Artikel mit dem Titel Song of the Dolphins, in dem sie die Anhänger von Mahmud Ahmadineschād mit hungrigen Delfinen verglich, die Geräusche machen und unterhaltsame Darbietungen aufführen, um ihrem Trainer einen Bissen zu stehlen. Daraufhin zwangen einige Unterstützer von Präsident Ahmadineschād den Direktor der Zeitung Mehdi Karroubi, einen relativ beliebten und mächtigen Politiker und Geistlichen des Establishments, sich öffentlich dafür zu entschuldigen.[3]

Während ihres Aufenthalts in den Vereinigten Staaten im Sommer 2009 nahm sie an einigen iranischen Anti-Regierungs-Protesten teil und hielt eine Rede in San Francisco, in der sie zu den iranischen Behörden sagte: „We have trembled for thirty years, now it is your turn to tremble.“ (deutsch: „Wir haben dreißig Jahre lang gezittert, jetzt seid ihr an der Reihe zu zittern.“) Ihr Interview mit Voice of America wurde zusammen mit Teilen ihrer Videos mit dem Titel A Storm of Fresh Air gezeigt.

2010 gründete sie mit einer Gruppe iranischer Schriftsteller und Intellektueller die Stiftung IranNeda.

2019 verklagte Alinejad die iranische Regierung, da sie und ihre Familie laut ihr von dieser belästigt wurden.[4] 2021 beschuldigten US-Staatsanwälte vier iranische Geheimdienstbeamte der Verschwörung, eine Kritikerin der iranischen Regierung entführen zu wollen. Die Zielperson wurde nicht genannt, jedoch bestand Alinejad darauf, dass sie das Ziel war.[5]

Politisches Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Masih Alinejad hat als Aktivistin von den USA aus mit zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Kampagnen auf die Unterdrückung von Frauen durch die Islamische Republik Iran aufmerksam gemacht. Ihr Hauptanliegen ist es, Frauen zu Wort kommen zu lassen und diesen durch ihre Kampagnen eine Stimme zu geben. Seit 2014 forderte sie Politikerinnen, die in den Iran reisten, dazu auf, das Tragen des dort vorgeschriebenen Hidschāb zu verweigern.

Ihr Bruder verbüßt gemäß ihren Worten im Iran eine achtjährige Haftstrafe, da er seine Schwester „nicht öffentlich im Fernsehen verleumden wollte“.

Alinejad unterstützte die durch den gewaltsamen Tod von Mahsa Amini ausgelösten Proteste im Iran seit September 2022 mit ihrer Reichweite in den sozialen Medien, um Aufnahmen zu teilen.[6]

My Stealthy Freedom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alinejad begann 2013 alte Fotos von sich selbst, aufgenommen im Iran, die sie ohne Hidschāb zeigten, auf Facebook zu veröffentlichen. Dazu stellte sie die Frage, ob andere Frauen jemals ihren Hidschāb oder ihr Kopftuch abgelegt und dies dokumentiert hätten. Das Tragen des Hidschāb ist im Iran seit der Revolution von 1979 nach islamischem Recht vorgeschrieben, und wer dagegen verstößt, muss mit Geld- oder Gefängnisstrafen rechnen. Daraufhin erhielt sie Tausende von Fotos, Videos und Nachrichten von Frauen, die sich ebenfalls über das Gesetz hinweggesetzt hatten und gründete die Facebook-Seite My Stealthy Freedom („Meine heimliche Freiheit“). Unter dem Hashtag #mystealthyfreedom, begann sie Fotos von Frauen zu veröffentlichten, die in der Öffentlichkeit den Hidschāb ablegten.[7] Es entstand aus der Kampagne eine Bewegung und die Facebook-Seite hatte bis 2016 mehr als 1 Million Interaktionen.[1]

White Wednesdays[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihre daraufhin begonnene Kampagne White Wednesdays („Weiße Mittwoche“) rief Frauen im Iran dazu auf, gegen die obligatorische Verschleierung zu protestieren, indem sie jeden Mittwoch auf der Straße ein weißes Kopftuch tragen.[8] Jeden Mittwoch positionieren sich seither Frauen gegen den Zwangs-Hidschāb, indem sie an diesem Tag etwas Weißes tragen. Alinejad berichtete, dass ihr an einem Tag über 90 Videos zugeschickt wurden. Mit dieser Protestform möchte sie die politische Bedeutung dieses Kleidungsstück in den Fokus rücken: „Für mich ist der Hidschāb nicht nur ein kleines Stück Stoff. Wenn wir anfangen, ihn abzulegen, dann wird es die Islamische Republik nicht mehr geben.“[7]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Präsidentschaftswahl im Iran 2009 veröffentlichte sie einen Roman mit dem Titel A Green Date.[9]

2018 veröffentlichte sie ein Buch mit dem Titel The Wind in My Hair, das sich mit ihren Erfahrungen befasst, als sie im Iran aufwuchs, wo sie schrieb, dass Mädchen „[...] are raised to keep their heads low, to be unobtrusive as possible, and to be meek“ (deutsch: „[...] dazu erzogen werden, den Kopf niedrig zu halten, so unauffällig wie möglich und sanftmütig zu sein“).[10][11]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Wind in meinem Haar. Mein Kampf für die Freiheit iranischer Frauen. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2021, ISBN 978-3-86569-340-2

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Masih Alinejad – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Condé Nast: Meet the Iconoclast Inspiring Iranian Women to Remove Their Headscarves. In: www.vogue.com. 20. April 2015, abgerufen am 27. September 2022 (amerikanisches Englisch).
  2. on the cost of confronting Iran’s patriarchal leaders. In: New Internationalist. 1. November 2007, abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).
  3. Nahid Siamdoust: Jesus' vs. Ahmadinejad. In: TIME.com. 7. Mai 2008, abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).
  4. Anti-headscarf law activist sues Iran in US over harassment. In: AP News. 21. April 2021, abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).
  5. Masih Alinejad: Iranians plotted to kidnap US, Canada and UK targets. In: BBC. 14. Juli 2021, abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).
  6. Karin Leuthold: Iran: Blume statt Kopftuch – so kämpft Masih Alinejad gegen den Hidschab. In: www.20min.ch. 25. September 2022, abgerufen am 3. Oktober 2022.
  7. a b Lisa Schneider: „Wir Frauen sollten vereint sein“. In: taz.de. 23. September 2022, abgerufen am 27. September 2022.
  8. Family of prominent Iranian women's rights activist detained. In: www.amnesty.org. 25. September 2019, abgerufen am 27. September 2022 (englisch).
  9. Masih Alinejad. In: Striving for Human Rights. Abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).
  10. The wind in my hair: one Iranian woman’s courageous struggle against being forced to wear the hijab. In: The Guardian. 2. Juni 2018, abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).
  11. Jordan Michael Smith: How Voice of America Persian Became a Trump Administration PR Machine. In: The Intercept. 13. August 2019, abgerufen am 16. Juli 2022 (englisch).