Allianz pro Schiene

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Allianz pro Schiene
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 14. Juni 2000
Gründer Umwelt-, Verkehrs- und Fahrgastverbände, sowie Eisenbahngewerkschaften
Sitz Berlin
Zweck Förderung des Umweltschutzes durch Marktanteilssteigerung des Schienenverkehrs
Vorsitz Martin Burkert; Vertretungsberechtigter Vorstand: Martin Burkert; Manfred Fuhg, Richard Mergner
Geschäftsführung Dirk Flege
Mitglieder 23[1]
+ 164 Fördermitglieder[2]
Website allianz-pro-schiene.de

Die Allianz pro Schiene e. V. ist ein gemeinnütziges[3] Verkehrsbündnis, das sich für einen höheren Marktanteil des Schienenverkehrs im Güter- und Personenverkehr in Deutschland einsetzt.[4] Die Struktur des Bündnisses führt Akteure aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Den Verein tragen sowohl Unternehmen als auch Umweltverbände, Gewerkschaften, Fahrgastorganisationen und Hochschulen. Sie haben das Ziel, die Schiene im Wettbewerb der Verkehrsträger zu stärken. In der Wissenschaft gilt der Verband als „Vorzeigebeispiel einer strategischen Allianz“.[5]

Selbstverständnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein versteht sich als politische Interessenvertretung des klimafreundlichen Schienenverkehrs in Deutschland. Das gemeinnützige Verkehrsbündnis fordert von der Politik verschiedene Maßnahmen zur Stärkung des Schienenverkehrs, um auf diesem Weg die Umwelt- und besonders die Klimabelastung durch die Mobilität zu senken. Konkret dringt es auf eine Erhöhung der öffentlichen Mittel für den Schienensektor. Die Allianz pro Schiene tritt für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsträgern (insbesondere Steuergerechtigkeit und Kostenwahrheit im Verkehr) ein. Des Weiteren setzt sich der Verein dafür ein, das Image des Verkehrsträgers Schiene in Politik und Öffentlichkeit zu verbessern.[6]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein wurde am 14. Juni 2000 in Frankfurt am Main gegründet.[7] Gründungsmitglieder waren unter anderem die drei Eisenbahngewerkschaften GdED (später TRANSNET), GDBA, GDL, die Umweltverbände BUND und NABU, die Fahrgastverbände Pro Bahn und Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) sowie der VCD. Norbert Hansen war der erste Vorsitzende des neuen Bündnisses. Seit 2001 leitet der Diplom-Politologe Dirk Flege die Geschäftsstelle im Berliner Regierungsviertel.[8]

Als Gegenpol gründeten am 2. Juli 2002 in Berlin die Mineralölindustrie, Straßenbaufirmen, der ADAC und der VDA den Verband „Pro Mobilität“.

Politische Arbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den zwei Jahrzehnten seit ihrer Gründung hat sich die Allianz pro Schiene als Gesprächspartner von Bundesverkehrsministerium, den Bundestagsfraktionen und Parteien sowie der Öffentlichkeit und den Medien etabliert.[9] Sie ist regelmäßig in Kommissionen der Bundesregierung und in Anhörungen des Deutschen Bundestages vertreten,[10] führt Gespräche mit Abgeordneten, Ministeriums-Vertretern und Journalisten.

Öffentliche Aufmerksamkeit finden regelmäßig erstellte Informationen und Studien beispielsweise zu den Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur in ausgewählten europäischen Ländern,[11] zur Verkehrspolitik in den Bundesländern (Bundesländerindex Mobilität & Umwelt)[12] oder zur Sicherheit der unterschiedlichen Verkehrsträger.[13] Zudem äußert sich die Allianz pro Schiene laufend zu aktuellen Debatten etwa über die Klimapolitik oder die Steuer- und Abgabenlast für unterschiedliche Verkehrsmittel.

Aktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verband veranstaltet öffentlichkeitswirksame Wettbewerbe:

Bahnhof des Jahres[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Titel „Bahnhof des Jahres“ würdigt seit 2004 Bahnhöfe mit besonderem Kundenservice oder anderen hervorstechenden Merkmalen.[14]

Clara-Jaschke-Innovationspreis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Auszeichnung „Clara-Jaschke-Innovationspreis“ (früher „Innovationspreis Mobilitätsgestalterin“) vergibt der Verband an Frauen, die mit ihren Konzepten und ihrer Arbeit Innovationsleistungen im Bereich Mobilität erbracht haben.

Deutscher Verkehrswendepreis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Deutsche Verkehrswendepreis zeichnet fünf Projekte aus, die zur Nachahmung anregen und die die Umsetzung der Verkehrswende beschleunigen.[15]

„Eisenbahner mit Herz“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim „Eisenbahner mit Herz“ zeichnet die Allianz jedes Jahr Beschäftigte aus, die sich für besonders ihre Fahrgäste eingesetzt haben. Die Vorschläge dafür reichen die Bahnkunden selbst ein.

Struktur und Finanzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch die Struktur des Verbandes spiegelt wider, dass er sich auf die zwei Standbeine Wirtschaft und Zivilgesellschaft stützt. Ordentliche Mitglieder sind andere Non-Profit-Organisationen aus der Zivilgesellschaft. Vertreter dieses Non-Profit-Spektrums stellen ganz überwiegend den Vorstand des Verbandes. Einen stimmberechtigten und zwei nicht stimmberechtigte Vertreter entsenden die Fördermitglieder, also die Unternehmen der Schienenbranche. Sie tragen den Hauptanteil an der Finanzierung.[16]

Die Allianz pro Schiene finanziert sich zu etwa 80 Prozent über Spenden beziehungsweise Mitgliedsbeiträge. Den Großteil davon steuern die Unternehmen (Fördermitglieder) bei. Mit zwei Prozent sind die Organisationen der Zivilgesellschaft (ordentliche Mitglieder) beteiligt. Etwa ein Siebtel der Einnahmen kommt von Drittmittelprojekten, die die öffentliche Hand vergibt. Die restlichen Einnahmen stammen von Projektzuschüssen von Kooperationspartnern.[17]

Mitglieder und Fördermitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Verein sind die großen Umweltverbände Deutschlands, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der NABU, die Naturfreunde sowie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als ordentliche Mitglieder organisiert, außerdem die beiden deutschen Eisenbahnergewerkschaften Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), dazu der Bundesverband Deutscher Eisenbahn-Freunde sowie diverse Verbraucherverbände wie der Auto Club Europa (ACE), der Automobil-Club Verkehr (ACV), der Allgemeine Deutscher Fahrrad-Club (ADFC), der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der deutsche Bahnkunden-Verband (DBV), die Initiative Pro Bahn sowie weitere berufsständische Organisationen, Hochschulen und die „Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission“ – die 23 Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2,5 Millionen Einzelmitglieder.[1] Als Fördermitglieder unterstützen nahezu alle namhaften Unternehmen aus der Bahnbranche die Allianz pro Schiene: Eisenbahnverkehrsunternehmen, Bahntechnikproduzenten, Gleisbaufirmen sowie Finanzdienstleister. Die über 150 Unternehmen stehen für einen Umsatz im Schienenverkehr von jährlich 30 Milliarden Euro.[2]

Bundesländerindex Mobilität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der „Bundesländerindex Mobilität“ wurde seit 2012 herausgegeben und wertet verfügbare statistische Daten, zum Beispiel vom Statistischen Bundesamt, dem Umweltbundesamt, im Bereich Mobilität sowie die verkehrspolitischen Weichenstellungen aller 16 Bundesländer aus. Er erschien einmal jährlich. Anfang 2013 wurde dieser Index vom Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung mit dem Preis für Nachhaltigkeit im Bereich Verkehr ausgezeichnet.[18]

Mobilitätsbarometer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das „Mobilitätsbarometer“, ein Gemeinschaftsprojekt der Allianz pro Schiene, des deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wurde erstmals im November 2022 veröffentlicht und soll von da an jährlich erhoben werden. Mit einer „zufallsbasierten Telefon- und Online-Befragung“ des Meinungsforschungsinstituts Kantar Emnid von über 2.000 Menschen ab 14 Jahren wird es als „repräsentativ für Alter, Geschlecht und Bundesland“ bzw. „die Gesamtbevölkerung in Deutschland“ bezeichnet.

Die Befragung richtet sich nach der Zufriedenheit mit ÖPNV-Anbindungen und der Sicherheit im Rad- und Fußverkehr. Im Unterschied zu rein quantitativen statistischen Erhebungen wie Fahrplandaten oder Unfallzahlen wird hier die jeweilige persönliche Wahrnehmung fokussiert; das Mobilitätsbarometer soll „ein aussagekräftiges Stimmungsbild, wie die Menschen die Qualität der klimafreundlichen Mobilität in ihrem Wohnumfeld bewerten und welche Veränderungen sie wahrnehmen“ liefern und „die Ergebnisse Öffentlichkeit und Politik Orientierung bieten, wie es um die Verkehrswende in Deutschland bestellt ist und wo weiterer Handlungsbedarf besteht“.[19]

No Mega Trucks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juli 2008 begann der Verein gemeinsam mit der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF), den European Automobile Clubs (EAC) und Friends of the Earth Europe die EU-weite Kampagne No Mega Trucks: Das Bündnis mobilisiert gegen die Zulassung von übergroßen Lastkraftwagen (auch bekannt als Gigaliner, Riesen- oder Lang-LKW) in Europa. Über 200 Organisationen aus 25 Ländern haben sich bislang auf der Kampagnen-Webseite als Riesen-Lkw-Gegner eingetragen.[20] Zu den Verbänden zählen Automobilclubs, Umweltverbände, Verbraucherverbände, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände.

EU-Projekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein beteiligt sich regelmäßig an EU-Projekten und anderen Drittmittelprojekten.

FLAVIA[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das EU-Projekt FLAVIA hatte das Ziel, die intermodale Güterverkehrslogistik zwischen Mittel- und Südosteuropa zu verbessern und dabei zur Entlastung von Straßen und zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Regionen die umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Binnenschiff zu stärken. Im Rahmen von FLAVIA wurden u. a. Erfolgsgeschichten von Verladern aus verschiedenen Industriebranchen aus sieben europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Polen, Ungarn, Rumänien, Slowakei und Tschechische Republik) zusammengetragen und veröffentlicht, die in den vergangenen Jahren ihre Logistikprozesse vom Lkw auf die Bahn umgestellt hatten.[21]

USEmobility[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im EU-Projekt USEmobility wurden in sechs europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Belgien, Niederlande, Ungarn und Kroatien) eine umfangreiche Befragung und in zehn ausgewählten europäischen Regionen Modellversuche durchgeführt, um zu erfahren, was Menschen bewegt, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Das Projekt untersuchte den Nah- und Regionalverkehr, den die meisten Bürger für ihre täglichen Reisen nutzen und der eine Reihe von Möglichkeiten für den multimodalen Verkehr bzw. den Wechsel des Verkehrsträgers bietet. Auf der Basis dieser Befragungsergebnisse hat das internationale Projektkonsortium strategische Handlungsempfehlungen aus der Nutzerperspektive erarbeitet, die einen Wechsel zum multimodalen Verkehrsverhalten mittel- und langfristig befördern und die sich an verschiedene Zielgruppen richten: Politik, Verkehrsunternehmen, Europäische Kommission und die Zivilgesellschaftsorganisationen.[22]

Resonanz auf Verbandsaktivitäten und Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittlerweile gilt das Bündnis als „Deutschlands wichtigster Interessenverband für die Eisenbahn“.[23] Das Verkehrsbündnis wird in der medialen Berichterstattung zuweilen „DB-nah“ genannt.[24] Hintergrund ist, dass die Deutsche Bahn AG der finanzkräftigste Förderer des Vereins ist. Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung des Bündnisses wird die Allianz pro Schiene in den Medien jedoch auch als „bahnkritisch“, „Fahrgastverband“ oder „Ökobündnis“ bezeichnet.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Über Uns: Mitglieder, abgerufen am 8. Januar 2021
  2. a b Über Uns: Förderer, abgerufen am 8. Januar 2021
  3. Satzung der Allianz pro Schiene. Allianz pro Schiene, archiviert vom Original am 17. Juli 2020; abgerufen am 13. März 2024.
  4. Der Verband. Allianz pro Schiene, abgerufen am 3. Juli 2020.
  5. Andreas von Münchow: Strategische Allianzen im Bereich der politischen Interessenvermittlung. Berlin 2005; ISBN 3-938456-53-1
  6. Selbstdarstellung der Allianz pro Schiene, abgerufen am 19. Juni 2020
  7. Geschichte des Verbandes, abgerufen am 12. Mai 2013
  8. Geschäftsstelle. In: Allianz pro Schiene. Abgerufen am 3. Juli 2020.
  9. Einfluss der Umweltlobby - Eine Saat geht auf. In: FAZ.net. Abgerufen am 24. Juli 2020.
  10. Deutscher Bundestag: Suchergebnis für Allianz pro Schiene. Abgerufen am 28. August 2020.
  11. Emil Nefzger: Auf dem Abstellgleis. In: Spiegel.de. 16. Juli 2020, abgerufen am 26. August 2020.
  12. Michael Rabba: Studie: Weniger CO2, aber viel Verkehrslärm in Bremen. In: Weser-Kurier.de. 7. November 2018, abgerufen am 26. August 2020.
  13. Bahnreisende fahren am sichersten - Pressemitteilung vom 27. Dezember 2019. Abgerufen am 24. Juli 2020.
  14. Altötting ist Bahnhof des Jahres 2020. In: Allianz pro Schiene. 24. September 2020, abgerufen am 11. Februar 2021 (deutsch).
  15. Wettbewerbe. In: Allianz pro Schiene. Abgerufen am 1. Juli 2022 (deutsch).
  16. Satzung der Allianz pro Schiene. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Juli 2020; abgerufen am 17. Juli 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.allianz-pro-schiene.de
  17. Der Verband. Abgerufen am 17. Juli 2020.
  18. Werkstatt Nachhaltigkeit: Projektauszeichnung (Memento vom 19. Oktober 2013 im Internet Archive), abgerufen am 29. Januar 2017
  19. Mobilitätsbarometer | Das sagen die Deutschen zu Bus, Bahn und Rad. In: Allianz pro Schiene. Abgerufen am 28. November 2022 (deutsch).
  20. Organisationen in Europa gegen Riesen-Lkw, abgerufen am 12. Mai 2013
  21. Projektbeschreibung der EU (Memento vom 19. Oktober 2013 im Internet Archive), abgerufen am 12. Mai 2013
  22. Website des EU-Projektes (Memento des Originals vom 29. Mai 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/usemobility.eu, abgerufen am 12. Mai 2013
  23. Hansen bei Schienen-Allianz bestätigt (Memento vom 20. Dezember 2016 im Internet Archive). In: Die Welt, 13. Dezember 2004
  24. Wirtschaft für Bahn-Börsengang ohne Netz, In: Die Welt, abgerufen am 12. Mai 2013