Altaisch (Turksprache)

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Altaisch

Gesprochen in

Russland, Mongolei, Volksrepublik China
Sprecher 57.000 (2010)[1][2]
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Altai Republik Republik Altai
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2
  • tut (sonstige Altaische Sprachen)
  • alt (Süd)
ISO 639-3

Die altaische Sprache gehört zum sibirischen Zweig der Turksprachen und wird von verschiedenen indigenen Völkern Sibiriens, vorwiegend in der Republik Altai, gesprochen. Bis 1948 lautete der in der Sowjetunion offizielle Name der Sprache Oirotisch. Sie wird heute in einen nördlichen und südlichen Sprachzweig geschieden, die entsprechend als Nord- und Südaltaisch bezeichnet werden.

Verbreitungsgebiet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verbreitungsgebiet dieser Sprache sind die Gebirgszüge des Altai-Gebirges und Kemerowo in Ost-Sibirien. Die nördlichen Dialekte (Nordaltaisch) haben sehr starke Bezüge zum Kirgisischen, die südlichen (Südaltaisch) hingegen zum Uigurischen.

Gemeinsam mit Russisch bildet Altaisch die Amtssprachen der Republik Altai. Die offizielle Sprache basiert auf einem südlichen Dialekt, der ursprünglich von den Altaj-Kiži gesprochen wurde, aber sukzessive auch in den anderen Teilen der Republik übernommen wurde.

Sprecherzahlen und Dialekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Ethnien, die Varietäten des Altaischen sprechen, gehören Altaier, Telengiten, Teleuten, Tubalaren, Kumandiner und Tschelkanen (Lebediner). Obwohl deren Dialekte oft als eine Sprache betrachtet werden, bestehen starke Verständigungsschwierigkeiten zwischen Sprechern des Südaltaischen und der nördlichen Varietäten.

Baskakov (1958)[3] unterscheidet folgende Dialekte

  • Südliches Altaisch
    • Hochaltaisch (Altai-Kischi, Altaj-Kiži)
      • Maima
    • Telengitisch
      • Tölös
      • Tschuja
    • Teleutisch
  • Nördliches Altaisch
    • Tubalarisch (heute teils auch als südaltaische Übergangsform zum Nordaltaischen eingeordnet)
    • Kumandinisch
      • Turatschak
      • Solton
      • Starobardinisch
    • Tschelkanisch (auch bekannt als Kuu, Lebedinisch)

Als nahe Verwandte der nördlichen Varietäten gelten Schorisch und Tschulym-Tatarisch, welche beide statt des inter-vokalen *d ein -j- verwenden, wohingegen Mras Schor und Mittelchakassisch ein -z- verwenden und generell dem Chakassischen ähnlicher sind.

Klassifizierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der geographischen Isolierung im Altai-Gebirge und der unscharfen Trennung von den Umgebungssprachen ist die Klassifizierung des Altaischen innerhalb der Turksprachen nach wie vor umstritten. Die geographische Nähe zur schorischen und chakassischen Sprache legt eine Einordnung als Subgruppe der sibirischen Turksprachen (auch nördliche oder nordöstliche Turksprachen genannt) nahe,[4] und innerhalb dieser in eine südliche Untergruppe, die manchmal gegen die nördlichen Jakutisch/Sacha und Dolganisch abgegrenzt wird.

Gewisse Ähnlichkeiten mit der kirgisischen Sprache erlauben aber auch eine Zuordnung zu den kiptschakischen Sprachen. In einer neueren Klassifizierung betrachtet Tâlat Tekin Südaltaisch sogar als eigene Subgruppe innerhalb der Turksprachen, während er die nordaltaischen Dialekte in eine Gruppe mit dem Tschulym-Tatarischen und dem Kondoma-Dialekt der Schoren einreiht.[5]

Schrift[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eigenständige Schriftsprache ist Altaisch erst seit 1845 mit einer modernisierten kyrillischen Schrift. 1928 wurde das Neue Turksprachige Alphabet eingeführt, das allerdings 1938 wieder durch modifizierte kyrillische Schriftzeichen abgelöst wurde und bis heute verwendet wird.

1938 wurden den regulären 33 Buchstaben des kyrillischen Alphabets vier weitere hinzugefügt, um die altaische Sprache korrekt wiederzugeben: Јј, Ҥҥ, Ӧӧ, Ӱӱ.

Aussprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie bei der Klassifikation lässt sich auch die Aussprache nicht einheitlich darstellen. Da sich die Dialekte stark voneinander unterscheiden, bezieht sich diese Darstellung auf die offizielle Amtssprache der Republik Altai.

Konsonanten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Konsonanten der Altaischen Sprache
Bilabial Dental Alveolar Palatal Velar
Plosive p b t d c ɟ k ɡ
Nasale m n ŋ
Frikativ s z ʃ ʒ x ɣ
Flap ɾ
Approximant j
Lateral
Approximant
l

Der stimmhafte palatale Plosiv ​/⁠ɟ⁠/​ wird – vor allem am Wortanfang – in jedem Dialekt anders verwendet. Sogar innerhalb desselben Dialektes findet man starke Variationen. Ein Beispiel für die Unterschieden zwischen den Dialekten ist das Wort „nein“ јок: [coq] (Kuu-Dialekt) und [joq] (Kumandi).[6][7]

Vokale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Altaische unterscheidet acht Vokale, die jeweils lang oder kurz ausgesprochen werden können.

Vokale der Altaischen Sprachen
Kurz Lang
Geschlossen Offen Geschlossen Offen
Wortanfang ungerundet i e
gerundet y ø øː
Wortende ungerundet ɯ a ɯː
gerundet u o

Morphologie und Syntax[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pronomen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Altaische kennt prinzipiell sechs Personalpronomen:

Personalpronomen in der Amtssprache
Singular Plural
Altaisch (Transkription) Deutsch Altaisch (Transkription) Deutsch
мен (men) Ich бис (bis) Wir
сен (sen) Du (Singular) слер (sler) Ihr (Plural, formal)
ол (ol) Er/sie/es олор (olor) Sie (Plural)

Je nach Dialekt unterscheiden sich die verwendeten Pronomen stark voneinander. Als Beispiel dient hier die Verwendung im Qumandin-Dialekt.[8]

Personalpronomen auf Qumandin
Singular Plural
Altaisch (Transkription) Deutsch Altaisch (Transkription) Deutsch
мен (men) Ich пис (pis) Wir
сен (sen) Du (Singular) снер (sner) Ihr (Plural, formal)
ол (ol) Er/sie/es анар (anar) Sie (Plural)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • George Campbell: Concise Compendium of the World’s Languages. 1995, ISBN 0-415-11392-X, S. 543–544.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nord-Altaisch bei Ethnologue
  2. Süd-Altaisch bei Ethnologue
  3. N. A. Baskakov: La Classification des Dialectes de la Langue Turque d’Altaï. In: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae. Band 8, 1958, ISSN 0001-6446, S. 9–15 (französisch).
  4. Ethnologue report for Northern Turkic. SIL International, 2014, abgerufen am 22. Mai 2014.
  5. Tâlat Tekin: A New Classification of the Chuvash-Turkic Languages. In: Erdem. Band 5, Nr. 13, Januar 1989, ISSN 1010-867X, S. 129–139.
  6. N.A. Baskakov: Диалект Лебединских Татар-Чалканцев (Куу-Кижи) (= Северные Диалекты Алтайского (Ойротского) Языка). Издательство «Наука», Moskau 1985, ISBN 0-8285-3393-8 (russisch).
  7. N.A. Baskakov: Диалект Кумандынцев (Куманды-Кижи) (= Северные Диалекты Алтайского (Ойротского) Языка). Издательство «Наука», Moskau 1972, ISBN 0-8285-3393-8 (russisch).
  8. Ф.А. Сатлаев: Учитесь говорить по-кумандински, русско-кумандинский разговорник. Горно-Алтайская типография, ? (russisch).