Altenschlirf

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Altenschlirf
Stadt Herbstein
Koordinaten: 50° 32′ N, 9° 23′ OKoordinaten: 50° 32′ 9″ N, 9° 23′ 15″ O
Höhe: 415 m ü. NHN
Fläche: 8,93 km²[1]
Einwohner: 428 (30. Jun. 2023)[2]
Bevölkerungsdichte: 48 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36358
Vorwahl: 06643
Die Evangelische Andreaskirche in Altenschlirf
Die Evangelische Andreaskirche in Altenschlirf

Altenschlirf ist ein Stadtteil von Herbstein im mittelhessischen Vogelsbergkreis.

Ortsvorsteher ist Marco Kraft (Stand 2021).[3]

Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Relikt des Vulkanismus im Vogelsberg ist die Klippe des Wilden Steins, ein Naturdenkmal aus Alkalibasalt. Es befindet sich 200 m östlich des Ortsausgangs in Richtung Schlechtenwegen. Hier zweigt von der Landstraße ein asphaltierter Weg in südliche Richtung ab, von dem nach 150 m eine schmale Brücke über den Bachlauf der Altefeld führt. Diese überquerend, erreicht man ein kleines Naherholungsgebiet, wo sich die Klippe befindet. Sie verläuft parallel zum Bachlauf, ist auf 30 m gut aufgeschlossen, jedoch im Sommer im dichten Gestrüpp zuweilen schwer zu identifizieren. Der Geotop besteht aus geklüftetem Gestein, das flach nach Westen einfällt und ein teilweise plattiges Aussehen zeigt. Es ist von dunkelgrauer Farbe und enthält zahlreiche Olivin- und Klinopyroxen-Einsprenglinge. Im Dünnschliff schwach erkennbar ist die Einregelung der Pyroxene. Vermutlich entstand dieser Aufschluss dadurch, dass Basalt-Lava aus dem Vogelsberger Oberwald nach Osten floss und hier durch die Erosion der Altefeld als Klippe herauspräpariert wurde.

Ein weiteres interessantes Geotop ist der Kieselgur-Aufschluss zwischen Altenschlirf und Steinfurt. Er befindet sich auf einem großen Privatgrundstück und ist daher nicht öffentlich zugänglich. Im 20. Jahrhundert wurde das Vorkommen zeitweise im Tagebau erschlossen, der aber schon vor Jahrzehnten eingestellt wurde. Da das Wasser in der Abbaugrube nicht mehr abgepumpt wurde, bildete sich ein See von ca. 7000 m² Fläche und einer Tiefe von max. 5,50 m. Es gibt weder Zulauf noch Ablauf. Gespeist wird der See durch mindestens sechs Natur-Quellen, die sich auch im Sommer sehr kalt anfühlen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Altenschlirf wurde als Sleraffa im Jahre 768 erstmals urkundlich erwähnt und gehört damit zu den ältesten Siedlungen im östlichen Vogelsberggebiet.[1]

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde Altenschlirf am 31. Dezember 1971 ein Stadtteil von Herbstein.[4]

Territorialgeschichte und Verwaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Altenschlirf lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5]

Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Materielles Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Altenschlirf galten die Riedesel’schen Verordnungen als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit diese Verordnungen keine Bestimmungen enthielten. Dieses Sonderrecht behielt theoretisch seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, in der gerichtlichen Praxis wurden aber nur noch einzelne Bestimmungen angewandt. Das Partikularrecht wurde zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.[8]

Gerichtsverfassung seit 1803[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Altenschlirf ab 1806 das „Riedeselsche Patrimonialgericht Altenschlirf“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Altenschlirf“ war daher von 1821 bis 1853 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Altenschlierf. 1853 erfolgte die Verlegung des Landgerichts nach Herbstein.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Herbstein und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[9] Ab 1943 wurde das Amtsgericht Herbstein nur noch als Zweigstelle des Amtsgerichts Lauterbach betreiben, bevor es 1968 endgültig aufgelöst wurde und in dem Amtsgerichtsbereich von Lauterbach zugeschlagen wurde. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Belegte Einwohnerzahlen bis 1970 sind:[1]

  • 1961: 408 evangelische und 72 katholische Einwohner
Altenschlirf: Einwohnerzahlen von 1834 bis 1970
Jahr  Einwohner
1834
  
482
1840
  
508
1846
  
548
1852
  
500
1858
  
442
1864
  
451
1871
  
416
1875
  
424
1885
  
488
1895
  
478
1905
  
510
1910
  
498
1925
  
468
1939
  
461
1946
  
611
1950
  
585
1956
  
480
1961
  
481
1967
  
504
1970
  
502
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahrzeichen von Altenschlirf ist die Andreaskirche mit ihrem markanten Zwiebelturm.

Ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens ist das „Volkshaus“ (Dorfgemeinschaftshaus und Mehrzweckhalle), in dem unter anderem auch die traditionelle „Wurstkirmes“ veranstaltet wird, die jedes Jahr zehn Tage vor dem Volkstrauertag stattfindet.

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Altenschlirf existieren folgende Vereine (Gründungsjahr in Klammern):

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Altenschlirf, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Stadt Herbstein – Zahlen, Daten, Fakten. Abgerufen am 28. November 2021.
  3. Stadt Herbstein. Abgerufen am 13. August 2021.
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 367.
  5. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  6. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 411 (online bei Google Books).
  8. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 29, Anm. 92 und S. 103, Anm. 14.
  9. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]