Altitalienische Kunst (Klimt)

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Altitalienische Kunst (Gustav Klimt)
Altitalienische Kunst
Gustav Klimt, 1891
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum, Wien
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Altitalienische Kunst ist ein Bild von Gustav Klimt in einem Zwickel- und Interkolumnienpaar an der Nordwand (rechts) im Stiegenhaus (Treppenhaus) des Kunsthistorischen Museums in Wien aus dem Jahr 1891.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klimt führte noch weitere Zwickel- und Interkolumnienbilder im Stiegenhaus aus: Römisches und Venezianisches Quattrocento, Griechische Antike und Aegypten und Florentinisches Cinquecento und Quattrocento.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Motiv und Darstellungsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Linkes Zwickelbild
Rechtes Zwickelbild
Interkolumnium

Im linken Zwickelbild lehnt sich ein schwarz gekleideter junger Mann stehend an den Bogen der Arkade. Als Fries ausgearbeitete Blumengirlanden bilden mit drei Engelsköpfen den Hintergrund. In den Händen hält der Jüngling ein aufgeschlagenes Buch, doch er liest nicht, sondern richtet seinen Kopf zum rechten Zwickelbild und betrachtet die dort stehende Frau. In ein mit Goldornamenten versehenes Kleid gehüllt, lehnt diese an der Arkade und hebt ihren rechten Arm mit lockendem Zeigefinger. In ihrer linken hält sie einen Lilienzweig. In der Beuge des erhobenen Armes erscheint ein Cherub mit roten Flügeln. Sowohl die Frau als auch der Cherub tragen einen punzierten Nimbus. Im Hintergrund sind Teile eines Frieses mit goldenen Ornamenten zu sehen. Das Kleid erscheint als von Mustern durchwirkte Fläche und erzeugt eine optische Trennung zum plastisch gemalten Kopf und den Händen der Frau.
Im Interkolumnium rechts steht vor einer dunklen Büste des Dante Alighieri ein Kind in Gestalt eines Engels mit Nimbus und goldenem Rossstirnschild. Es trägt ein leichtes, weißes Gewand, dessen linker Ärmel von der Schulter gleitet. Die Frau, der Cherub sowie der Engel senken den Kopf und blicken nach unten.

Betrachtet man das rechte Zwickelbild samt angrenzendem Interkolumnium als rechte Seite und stellt diese dem linken Zwickelbild gegenüber, sind folgende Analogien im strukturellen Aufbau zu erkennen, die zwischen den Figuren eine Beziehung herstellen:

  • dunkel gekleideter Jüngling (links) – dunkle Büste des Dante Alighieri (rechts)
  • drei nimbierte Engelsköpfe auf dem Fries (links) – drei Personen mit nimbiertem Haupt (rechts)

Deutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff altitalienisch wird vorwiegend in der Sprachwissenschaft eingesetzt,[1][2] in Zusammenhang mit bildender Kunst ist sein Gebrauch ungewöhnlich. Tatsächlich scheint die optisch recht unauffällige Dante-Büste im Hintergrund des Interkolumniums den wichtigsten Hinweis auf den von einem literarischen Stoff beeinflussten Inhalt der Zwickelbilder zu liefern, denn zur Handlung der Göttlichen Komödie, dem Hauptwerk des Dichters, finden sich Parallelen in Klimts Darstellung der Altitalienischen Kunst. Die Analogien im strukturellen Aufbau der Bilder, wonach eine Verbindung zwischen der Büste und dem jungen Mann besteht, und man den Jüngling mit Dante als Figur der Divina Commedia gleichsetzen könnte, unterstreichen diese Theorie. Somit wäre die Frau im reich mit Blumenornamenten ausgestatteten Kleid eine Darstellung Dantes verstorbener Geliebten Beatrice, die in einer Wolke von Blumen zu ihm herabschwebt und ihn anschließend durch die himmlischen Sphären des Paradieses führt, was durch den lockenden Zeigefinger verdeutlicht wird. Der Blick nach unten betont ihre Position auf der himmlischen Ebene gemeinsam mit Engel und Cherub, dessen rotfarbene Flügel als Symbol für Liebe und Leidenschaft gedeutet werden können. Die Lilie steht vermutlich für die Reinheit Beatrices.[3]

Eine Schulter des engelhaften Knaben im Interkolumnium ist entblößt, was als subtile erotische Darstellung und damit Anspielung auf die Rolle von Hetero- und Homosexualität in Dantens Werk interpretiert werden kann. Liebessündern jeglicher Art bleibt das Paradies letztlich doch nicht verwehrt.[4]

Eine weitere Deutungsmöglichkeit ergibt sich durch das Rossstirnschild im Interkolumnium. Diese Art von Wappenschild ist vorwiegend in der italienischen Heraldik zu finden und gilt als Symbol für die Medici.[5] Vielleicht möchte Klimt im Interkolumnium auch auf die Rolle der Medici als Kunstmäzene in Dantes Heimatstadt Florenz verweisen. Die für das Wappen der Medici kennzeichnenden Farben gold, rot und blau sowie dominieren Klimts rechtes Zwickelbild. Ferner ist die Lilie sowohl ein Element im Familienwappen als auch in diesem Bild.

Vorbilder und Nachwirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorbilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Bezug auf die Zwickelbilder konnten zwei Werke aus der Galerie der Akademie der bildenden Künste Wien als Vorbilder identifiziert werden: Marco Palmezzanos Portrait einer jungen Mannes (um 1490) sowie die Antonio da Fabriano zugeschriebene Krönung Mariä (1452, ursprünglich Gentile da Fabriano zugeschrieben). Letztere inspirierte Klimt zum Blumenmuster des Kleides. Die Blumengirlanden und Engelsköpfe auf dem Fries des linken Zwickelbildes erinnern an den Stil Luca della Robbias.[6]

Nachwirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Darstellung der Frau im rechten Zwickelbild der Altitalienischen Kunst ist ein frühes Beispiel für die Trennung von Körperteilen und dekorativen Elementen (Gewänder, gemusterte Bildhintergründe o. ä.). Dieses künstlerische Gestaltungsprinzip ist kennzeichnend für Klimts spätere Werke, wie z. B. Judith (1901), Adele Bloch-Bauer I (1907) und Der Kuss (1908/09).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Otmar Rychlik: Gustav Klimt, Franz Matsch und Ernst Klimt im Kunsthistorischen Museum. Katalog zur Sonderausstellung (Klimt-Brücke), Edition Kunst im Auftrag des Kunsthistorischen Museums, Wien 2012, S. 49–60.
  • Beatrix Kriller, Georg Johannes Kugler: Das Kunsthistorische Museum, die Architektur und Ausstattung. Verlag C. Brandstätter, Wien 1991, S. ?.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Michel: Einführung in die italienische Sprachwissenschaft, S. 61. Verlag Walter de Gruyter, 2011. ISBN 978-3-11-025254-5. Buchvorschau auf Google.
  2. Martin Haase: Italienische Sprachwissenschaft - Eine Einführung, S. 52ff. Narr Francke Attempto Verlag GmbH, Tübingen 2007. ISBN 978-3-8233-6657-7.
  3. Das grosse Kunstlexikon von P. W. Hartmann. (Memento des Originals vom 7. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.beyars.com Abgerufen am 8. Jänner 2015.
  4. Feuer und Licht in Dantes Göttlicher Komödie, Seite 7. Artikel von Christiane Schmidt auf der Webseite der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft. 2015.
  5. Catarine de Medici – Familienwappen der Medici. Artikel von Petra Heimbach, 13. April 2013.
  6. Die Zwickel- und Interkolumnienbilder Gustav Klimts. Artikel des Kunsthistorischen Museums, Seite 2. 2012.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Interior of the main building of the Kunsthistorisches Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien