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Amrum (Film)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Film
Titel Amrum
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2025
Länge 100 Minuten
Stab
Regie Fatih Akin
Drehbuch Fatih Akin, Hark Bohm
Produktion Lara Förtsch
Musik Hainbach
Kamera Karl Walter Lindenlaub
Schnitt Andrew Bird
Besetzung

Amrum ist ein Filmdrama von Fatih Akin. Der Coming-of-Age-Film des deutsch-türkischen Regisseurs basiert auf den Kindheitserinnerungen von Hark Bohm und spielt im Frühjahr 1945, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, auf der titelgebenden deutschen Nordseeinsel Amrum. Der Film mit Laura Tonke, Diane Kruger, Matthias Schweighöfer, Detlev Buck, Jasper Billerbeck und Kian Köppke feierte im Mai 2025 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes seine Premiere. Der Kinostart in Deutschland ist Anfang Oktober 2025 geplant.

Nanning ist mit seiner Familie nach der Flucht aus Hamburg auf die Insel Amrum gekommen

Anfang 1945, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, in einem kleinen Dorf auf der Insel Amrum im ländlichen Norddeutschland. Ein 12-jähriger Junge namens Nanning Bohm geht als ältestes Kind der Familie auf Robbenjagd, fischt nachts und arbeitet auf dem Feld, um seiner Mutter zu helfen, die Familie zu ernähren. Sie ist eine glühende Nationalsozialistin und hochschwanger. Sie mussten gemeinsam mit seiner Tante und seinen beiden kleineren Geschwistern aus dem zerbombten Hamburg auf die Insel fliehen. Nannings Vater war ein hohes Tier und befindet sich in Kriegsgefangenschaft, und seine Frau ist auf Amrum auf sich allein gestellt, während die Menschen dort heimlich im Radio Jazz hören.

Nach Kriegsende muss sich Nanning plötzlich ganz neuen Herausforderungen stellen und seinen eigenen Weg finden. Die Mutter ist seit der Geburt des Kindes und dem Tod Adolf Hitlers in eine Depression gefallen. Sie isst nichts und Nanning versucht ihr auf kreative Weise den Wunsch nach Weißbrot mit Butter und Honig zu erfüllen. Das ist jedoch keine leichte Aufgabe für Nanning, denn auf der Insel mangelt es wegen des Krieges an allem. Er entwickelt mittels Tauschwirtschaft einen Plan, wie er dennoch an die begehrten Zutaten kommt.[1][2][3][4][5]

Regie und Drehbuch

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Regisseur Fatih Akin

Regie führte Fatih Akin, der gemeinsam mit Hark Bohm auch das Drehbuch schrieb, das auf dessen Kindheitserinnerungen basiert.[1][6] Er ist ein langjähriger Freund von Akin. Der gebürtige Hamburger wuchs während des Zweiten Weltkrieges auf der etwa 20 Quadratkilometer großen Nordseeinsel Amrum auf und ist emeritierter Professor für Film am Institut für Theater, Musiktheater und Film der Universität Hamburg. Bohm hatte ursprünglich geplant, den Film selbst zu drehen, bevor er die Zügel an Akin übergab.[5][1]

Eines der Elemente, das Akin an Bohms Geschichte faszinierte, sei die Beziehung zwischen einem Kind und seinen Eltern gewesen, wenn die Eltern extreme politische Ansichten haben. „Man kann sich seine Eltern nicht aussuchen“, so der Regisseur zu der Mutter seines jungen Protagonisten. Er habe keine Empathie für Nazis erzeugen wollen, dachte sich jedoch, er müsse diese Geschichte der Liebe zwischen Mutter und Kind erzählen. Auch der jüngste Aufstieg der extremen Rechten in Deutschland sei einer der Gründe gewesen, das Projekt zu übernehmen. Akin beschreibt Amrum als eine Reise in die Tiefen seiner „deutschen Seele“ und sagte, er sei bereit, für die Werte seines Landes, einschließlich der Meinungsfreiheit, zu kämpfen: „Diese Werte werden weltweit und auch in Deutschland ausgelöscht, und ich muss, nicht nur als Filmemacher, sondern auch als Mitglied dieser Gesellschaft, meine deutsche Seele verteidigen.“ Was das Thema des Verlusts der Unschuld angeht, wurde Akin zum Teil durch die Lektüre von John Miltons Gedicht Paradise Lost beeinflusst, filmisch ließ er sich jedoch von Vittorio De Sicas Filmen Fahrraddiebe und Schuhputzer sowie Rob Reiners Stand by Me inspirieren.[7]

Mit dem britischen, in Hamburg lebenden Filmeditor Andrew Bird arbeitete Akin für fast alle Filme seiner langjährigen Karriere zusammen.

Laura Tonke spielt die Mutter

Laura Tonke spielt die glühende Nationalsozialistin Hille Hagener und der Newcomer Jasper Billerbeck ihren 12-jährigen Sohn Nanning.[8][9] Es handelt sich um sein Debüt als Schauspieler. Billerbeck wurde bei einem offenen Casting an einer Segelschule entdeckt.[10] Lisa Hagmeister ist in der Rolle von Hilles Schwester und Nannings Tante Ena zu sehen.[11] Diane Kruger, die in Akins Gerichtsfilm Aus dem Nichts in der Hauptrolle zu sehen war, spielt die Bäuerin Tessa Bendixen.[8] In weiteren Rollen sind Matthias Schweighöfer als Onkel Theo, der nach Amerika geht, Detlev Buck als Großvater Sam Gangsters, der Nanning die Augen über seine Familie öffnet, und Kian Köppke als Hermann zu sehen.[12][3] Auch Autor Bohm spielt in dem Film in einer kleinen Nebenrolle. Das Casting übernahmen Monique Akin, die Ehefrau des Regisseurs, und Jacqueline Rietz.

Filmförderung und Dreharbeiten

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Der Film erhielt vom Deutschen Filmförderfonds eine Produktionsförderung in Höhe von rund einer Million Euro, von der Filmförderungsanstalt in Höhe von 520.000 Euro, vom Medienboard Berlin-Brandenburg in Höhe von 350.000 Euro, von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg in Höhe von 200.000 Euro und von der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein in Höhe von 800.000 Euro.[13][14][15][16][17]

Die Dreharbeiten fanden in Hamburg, auf Amrum und in Dänemark statt und wurden Ende Juni 2024 beendet.[18][19][6] Als Kameramann fungierte Karl Walter Lindenlaub, der in den letzten Jahren überwiegend für US-Produktionen wie Underworld: Blood Wars von Anna Foerster und Brahms: The Boy II und Separation von William Brent Bell tätig war. Das Szenenbild wurde von Seth Turner, das Kostümbild von Birgit Missal gestaltet.

Filmmusik, Marketing und Veröffentlichung

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Die Filmmusik steuerte der deutsche Komponist experimenteller elektronischer Musik Stefan Goetsch, bekannt unter seinem Pseudonym Hainbach, bei. Es ist seine erste Arbeit für einen Spielfilm.

Der erste Teaser-Trailer wurde Anfang Mai 2025 vorgestellt.[20] Die Premiere des Films war am 15. Mai 2025 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes, wo er in der Reihe Cannes Premières gezeigt wird.[21] Der Kinostart in Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern ist am 9. Oktober 2025 durch Warner Bros Pictures Germany geplant.[22] Am 24. Dezember 2025 will Dulac Distribution den Film in die französischen Kinos bringen.[23] Kino Lorber sicherte sich die Rechte für Nordamerika .[24]

Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind 90 Prozent positiv.[25]

Susanne von Kessel-Doelle schreibt in ihrer Kritik für Blickpunkt:Film, Regisseur Fatih Akin schaffe es, in der Kindheitsgeschichte Hark Bohms die ganze Tragik einer Generation einzufangen und habe den Film mit einer minimalistischen Dramatik inszeniert, die hochspannend, aber eben auch anrührend sei. Sie beschreibt Amrum als eine authentische Heimatgeschichte, mit Parallelen zu heute und Bildern, die den Zuschauern die Weite der titelgebenden Insel genauso fühlen lassen wie das Innenleben seiner Charaktere. Wer Akins Film sieht, besinne sich auf Heimatliebe, gewinne Empathie für Außenseiter, seien es Flüchtlinge oder die Kinder von Menschen, die einer falschen Ideologie anhängen und mit der Schuld ihrer Eltern leben müssen. Die Entdeckung des Films sei Jasper Billerbeck, der es mit einem beeindruckendem, sprechenden Gesicht schaffe, das Gefühlsleben des jungen Nanning sichtbar zu machen. Kessel-Doelle resümiert, Amrum sei ein Film, der seine leisen Töne meisterhaft setze und genau dadurch groß erzähle.[3]

Jenny Jecke, Chefredakteurin von Moviepilot, erklärt in ihrer Kritik, Amrum sei keine anthropologische Studie, sondern eine Art biografische Miniatur, die in knappen 100 Minuten vonstattengeht. Das Drehbuch, das den Eifer von Hille und die Konsequenzen ihrer Taten nicht beschönige, arbeite mit einfachen Typen, passgerecht für Nannings Kinderaugen zugeschnitten. Pittoresk würden die Charakterköpfe in den romantischen Panoramen von Meer und Sand angeordnet, während die Nazis eingeschnappt ihre Fahnen hissen.[5]

Einzelnachweise

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  1. a b c Scott Roxborough: Diane Kruger, Fatih Akin Reunite for 'Amrum'. In: The Hollywood Reporter, 22. April 2024.
  2. https://www.joyn.de/bts/themen/filme/news/weltkriegsfilm-amrum-soul-kitchen-regisseur-fatih-akin-ueberrascht-bei-filmfestspielen-in-cannes-8018
  3. a b c Susanne von Kessel-Doelle: Fatih Akin gelingt ein stilles Meisterwerk: „Amrum“ gewinnt das Publikum in Cannes. In: Blickpunkt:Film, 15. Mai 2025.
  4. Thomas Schultze: „Amrum“. In: the-spot-mediafilm.com, 15. Mai 2025.
  5. a b c Jenny Jecke: Meisterregisseur kehrt mit Kriegsdrama vor sagenhafter Kulisse zurück: So gut ist Amrum mit Laura Tonke & Matthias Schweighöfer. In: moviepilot.de, 16. Mai 2025.
  6. a b "Amrum": Fatih Akins Kinofilm mit Diane Kruger ist im Kasten. In: ndr.de, 26. Juni 2024.
  7. Leo Barraclough: Fatih Akin Readies 'Anatolian Dragon' and 'Ghosts' as 'Amrum' Premieres at Cannes. In: Variety, 14. Mai 2025.
  8. a b "Amrum": Fatih Akin dreht seinen neuen Film auf einer deutschen Ferieninsel. In: moviejones.de, 23. April 2024.
  9. Warum sich Fatih Akin ein wenig in die Jahre gekommen fühlt. In: spiegel.de, 1. Juli 2024.
  10. https://cdn.festival-cannes.com/media/uploads/2025/05/187478.pdf
  11. BETA CINEMA JOINS FORCES WITH FATIH AKIN FOR AMRUM – STARRING JASPER BILLERBECK, LAURA TONKE AND DIANE KRUGER. In: betacinema.com, 22. April 2024.
  12. Davide Abbatescianni: Beta Cinema revs its engines for this year's Marché du Film. In: cineuropa.org, 8. Mai 2025.
  13. Produktionsspiegel. In: dfff-ffa.de. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  14. FFA fördert die Entstehung von acht Film- und sieben Drehbuchprojekten mit 3,6 Millionen Euro. In: ffa.de, 20. Oktober 2022.
  15. Über 6,5 Mio. Euro MBB-Förderung für 41 neue Filmprojekte, 15 davon Stoffentwicklungen fürs Kino! In: medienboard.de, 29. September 2023.
  16. Filmförderung der MFG unterstützt achtzehn Projekte mit knapp 3,5 Millionen Euro. In: mfg.de, 10. Oktober 2023.
  17. 800.000 Euro Förderung für Fatih-Akin-Film. In: abendblatt.de, 21. September 2022.
  18. Davide Abbatescianni: Fatih Akin’s new movie, 'Amrum', now shooting in Hamburg. In: cineuropa.org, 24. April 2024.
  19. "Amrum": Fatih Akins Kinofilm mit Diane Kruger ist im Kasten. In: ndr.de, 26. Juni 2024.
  20. Lea Morgenstern: Erster Teaser-Trailer zu Fatih Akins „Amrum“ veröffentlicht. In: Blickpunkt:Film, 8. Mai 2025.
  21. Horaires Des Projections / Screenings Guide Festival du Cannes 2025. In: festival-cannes.com. Abgerufen am 8. Mai 2025. (PDF; 399 KB)
  22. https://www.insidekino.com/DStarts/DStartplan.htm
  23. Fabien Lemercier, Davide Abbatescianni und Vassilis Economou: The announcements made at Cannes' Marché du Film. In: cineuropa.org, 14. Mai 2025. Abgerufen am 14. Mai 2025.
  24. Damian Sprenger: Kino Lorber holt „Amrum“ nach Nordamerika. In: Blickpunkt:Film, 30. Mai 2025.
  25. Amrum. In: Rotten Tomatoes. Abgerufen am 10. Juni 2025.