Anastilosis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. Dezember 2005 um 15:43 Uhr durch Tsui (Diskussion | Beiträge) (→‎Entwicklung: tippo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Celsus-Bibliothek in Ephesos (Türkei), 1970 bis 1978 mit den Mitteln der Anastylose restauriert

Anastylose (von griech.: ana = "wieder", "zurück" und stylos = "Säule"; also etwa: "Wiedererrichtung von Säulen") ist eine Methode zur Restaurierung beziehungsweise Wiedererrichtung verfallener historischer Bauwerke.

Methode

Ansatz der Anastylose ist, dass bei den Restaurierungsarbeiten soweit wie möglich die originalen Elemente (Steine, Ziegel etc.) des Bauwerkes verwendet werden. In Fällen, wo Bauwerke einsturzgefährdet sind, können sie auch Stein für Stein abgetragen, die Einzelteile analysiert, nummeriert und katalogisiert und danach wieder aufgebaut werden; mitunter auf einem neuen Fundament. Zusätzliche neue Elemente und Materialien (Beton, Stahlträger u.ä.) werden nur in Ausnahmefällen, aus statischen Gründen, also um die Struktur zu stärken, oder weil sonst die originalen Teile nicht wieder aufgebaut werden könnten, verwendet - und dabei möglichst "unsichtbar", also verdeckt durch Originalteile, eingebaut.

Entwicklung

Eines der ersten mit den Methoden der Anastylose restaurierte Bauwerke: der Borobudur auf Java (Indonesien).

Entwickelt und zuerst angewandt wurde die Methode im frühen 20. Jahrhundert. Niederländische Archäologen setzten die Anastylose bereits zwischen 1907 und 1911 bei der Restaurierung der buddhistischen Tempelanlage Borobudur auf Java ein. Der französische Archäologe Henri Marchal von der École française d'Extrême-Orient (EFEO) wurde dort von Pieter Vincent van Stein Callenfels in die Methode eingeführt und begann sie ab den 1930ern bei den Restaurierungsarbeiten in Angkor einzusetzen. Der erste dort auf diese Weise wieder aufgebaute Tempel war der Banteay Srei.

In den 1920er Jahren setzte der griechische Architekt Nicolas Balanos die Methoden der Anastylose ein, um einige Säulen der Akropolis in Athen wieder aufzubauen. Dabei verwendete er allerdings Metallklammern zur Sicherung der Säulen, die zwar die Struktur stützten, das ursprüngliche Material aber im Verlauf der folgenden Jahrzehnte durch Rost beschädigten. Diese Klammern wurden bei Restaurierungsarbeiten während der 1980er Jahre wieder entfernt.

Die Techniken der Anastylose wurde im Verlauf des 20. Jahrhunderts stetig weiterentwickelt und fanden bei einer Vielzahl von archäologischen Restaurierungen auf der ganzen Welt Verwendung: von der Akropolis in Athen (Griechenland) und dem Odeion in Troja (Türkei) über das Traian-Heiligtum in Pergamon (Türkei) und den Tempel des Herakles in Agrigento (Italien) bis zu Tempeln in Petra (Jordanien) und My Son (Vietnam).

Geplant ist auch die Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan, die im Jahr 2001 von den Taliban gesprengt wurden, mit den Methoden der Anastylose wieder aufzubauen. Nach Schätzungen von Archäologen sind etwa 50 % der dort noch vorhandenen Trümmer dazu verwendbar.