Ann Cotten
Ann Cotten (* 1982 in Ames, Iowa, USA) ist eine deutschsprachige Schriftstellerin und Übersetzerin.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Cotten kam mit fünf Jahren mit ihrer Familie nach Wien.[1] Sie schloss ihr Germanistik-Studium 2006 mit einer Arbeit bei Wendelin Schmidt-Dengler über „die Listen der Konkreten Poesie“[2][3] ab, in der sie u. a. die „Eigendynamik der Liste als [...] Machtinstrument eines Systems“[3] nachzuweisen versuchte. Nachdem sie auf Poetry Slams als Dichterin in Erscheinung getreten war und Gedichte sowie Prosa in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht hatte, erschien 2007 ihr erster Gedichtband Fremdwörterbuchsonette.
Cotten war Mitglied im Forum der 13 und trat auch als Literaturtheoretikerin[4] in Erscheinung. Ihr Erzählungsband Der schaudernde Fächer (2013) sei „ein Schlag ins Gesicht all derer, die finden, man müsse Literatur auch verstehen können“, urteilte Ijoma Mangold.[5] Mangold erinnerten Cottens Erzählungen an Friedrich Schlegels Lucinde. Literarische und literaturjournalistische Beiträge verfasst Ann Cotten für die Tageszeitungen junge Welt und taz. Von Oktober 2020 bis Juni 2021 ist sie Junior Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien und arbeitet dort an einem Promotionsprojekt mit dem Titel Vorarbeiten zu einer empirischen Ästhetik, die auch für Maschinen funktioniert: Ein Evaluationskit für die Recyclingfähigkeit existierender Theorien.[6]
Cotten verwendet in ihren Texten experimentelle Formen gegenderter Sprache, die sie „polnisches Gendering“ nennt. Bei diesem Verfahren kommen „alle für alle Geschlechter nötigen Buchstaben in beliebiger Reihenfolge ans Wortende“.[7] 2019 verwendete sie das Verfahren in ihrem Roman Lyophilia und verweist darauf, auch die Lyrikerin Monika Rinck verwende polnisches Gendering. Im Roman treten unter anderem „Greisenni“, „Teilnehmernnnie“, „Betrachterni“ und „Oberunterösterreichernnnie“ auf.[8][9] In ihrer 2020 erschienenen Übersetzung von Mary MacLanes Ich erwarte die Ankunft des Teufels verwendet Cotten das Verfahren vereinzelt. Der Literaturkritiker Magnus Klaue kritisierte das Verfahren in seiner Kolumne Lahme Literaten.[10]
Cotten lebt in Wien und Berlin.
Einzeltitel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Fremdwörterbuchsonette. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2007, ISBN 978-3-518-12497-0.
- Nach der Welt. Die Listen der konkreten Poesie und ihre Folgen. Klever Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-902665-01-0.
- Glossarattrappen. AusnahmeVerlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-940992-09-3.
- Das Pferd. SuKuLTuR Verlag, Berlin 2009 (= Schöner Lesen Nr. 84), ISBN 978-3-941592-03-2.
- Florida-Räume. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2010, ISBN 978-3-518-42132-1.
- mit Kerstin Cmelka: I, Coleoptile. Broken Dimanche Press, Berlin-Oslo-Dublin, 2010. ISBN 978-3-00-032627-1.
- Pflock in der Landschaft, Schock Edition (1), EdK/Distillery, Berlin 2011, ISBN 978-3-941330-28-3.
- mit Daniel Falb, Hendrik Jackson, Steffen Popp und Monika Rinck: Helm aus Phlox. Zur Theorie des schlechtesten Werkzeugs. Merve Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-88396-292-4.
- Hauptwerk. Softsoftporn. Peter Engstler, Ostheim/Rhön 2013. ISBN 978-3-941126-49-7.
- Der schaudernde Fächer. Erzählungen. Suhrkamp Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-42389-9.
- Verbannt! Versepos, mit Illustrationen der Autorin. Suhrkamp Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-518-07143-4.
- Jikiketsugaki. Tsurezuregusa. Verlag Peter Engstler, Ostheim/Rhön 2016, ISBN 978-3-941126-91-6
- Lather in Heaven! (Englisch), Broken Dimanche Press, Berlin-Oslo-Dublin, 2016. ISBN 978-3-943196-40-5.
- Fast Dumm, Essays von on the road. Starfruit Publications, Fürth 2017, ISBN 978-3-922895-32-9.
- Lyophilia, Suhrkamp Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-518-42869-6.
Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 2007: Reinhard-Priessnitz-Preis
- 2008: George-Saiko-Reisestipendium
- 2008: Clemens-Brentano-Preis
- 2012: Förderpreis des Hermann-Hesse-Literaturpreises
- 2014: Adelbert-von-Chamisso-Preis
- 2014: Wilhelm-Lehmann-Preis
- 2015: Förderpreis des Ernst-Bloch-Preises
- 2015: Klopstock-Preis
- 2017: Hugo-Ball-Preis
- 2017: Aufnahme in die Berliner Akademie der Künste[11]
- 2018: Stipendium in der Villa Aurora[12]
- 2020: Internationaler Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt, zusammen mit der Autorin Isabel Waidner, für die Übersetzung Geile Deko
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Literatur von und über Ann Cotten im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Ann Cotten bei perlentaucher.de
- Werke von und über Ann Cotten bei Open Library
- Ann Cotten auf der Website des Suhrkamp-Verlags
- Cottens Glossarattrappen-Projekt
- Klingt wie Talking Heads, Erich Kästner und Roxy Music (Cotten rezensiert Mascha Kaléko: Sämtliche Werke und Briefe in vier Bänden)
- Jochen Jung: Herzquetschend, staubhell – Rezension zu Florida-Räume, in Die Zeit, 22. September 2010
- Gespräch mit Ann Cotten über Der schaudernde Fächer Video 8min, BR 3. Februar 2014 [2]
- Rezension von Michaela Schmitz zu Der schaudernde Fächer im Deutschlandfunk vom 6. Januar 2014.
Porträts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Ruben Donsbach: Porträt Ann Cotten in Die Zeit, 27. Februar 2008
- Ina Hartwig: Porträt Ann Cotten, aus Frankfurter Rundschau, 17. August 2007, (englisch), auf signandsight.com
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Zeit Online: Tanzen mit dem Fettknick, 27. Februar 2008
- ↑ Cotten, Ann. Die ganze Welt : Listen in der Konkreten Poesie und danach. Diplomarbeit. Wien 2007.[1]
- ↑ a b Die Folgenlosigkeit der Erkenntnis, Titel-Kulturmagazin, 26. Januar 2009, abgerufen am 25. Juli 2018.
- ↑ lyrikkritik.de: Etwas mehr: Über die Prämissen und den Sinn von dem, was wir mit Wörtern anzustellen imstande sind
- ↑ Zeit Literatur Nr. 41, September 2013, S. 12.
- ↑ Fellow - Ann Cotten - IFK. Abgerufen am 2. September 2020.
- ↑ Ann Cotten: Drei Wochen in der Normalität. 1. Dezember 2017, abgerufen am 27. April 2020.
- ↑ Hanna Engelmeier: Erzählband der Dichterin Ann Cotten: Wer das liest, ist doof. In: Die Tageszeitung: taz. 5. Mai 2019, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 27. April 2020]).
- ↑ Beat Mazenauer: Die Fraktale des Seins: Ann Cotten entwirft in „Lyophilia“ para-dingsische Zustände in einer Parallelwelt, die unserem Kosmos irgendwie gleicht. In: literaturkritik.de. 8. August 2019, abgerufen am 25. April 2020.
- ↑ Lahme Literaten. Abgerufen am 8. Juni 2020.
- ↑ Vier Autorinnen aufgenommen, boersenblatt.net, 7. Juli 2017, abgerufen am 7. Juli 2017.
- ↑ Villa Aurora-StipendiatInnen 2018, Villa Aurora, 14. Juli 2017, abgerufen am 15. Juli 2017.
Personendaten | |
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NAME | Cotten, Ann |
KURZBESCHREIBUNG | deutschsprachige Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 1982 |
GEBURTSORT | Ames (Iowa) |