Anti-Work

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Anti-Work ist eine Haltung und Bewegung, die das Nachgehen einer geregelten Erwerbsarbeit aufgrund der heute vorherrschenden Arbeitsumstände ablehnt und deren Befürworter eine grundlegend neue Arbeitsethik fordern.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anti-Work-Bewegung[1][2][3][4][5] ist lose organisiert und die Ansichten ihrer Anhänger können stark variieren.

Insbesondere in anarchistischen Kreisen[6] sind einige der Meinung, dass Arbeit in ihrer ursprünglichen Bedeutung als schöpferische Tätigkeit des Menschen im Laufe der Geschichte stark entfremdet wurde und heute größtenteils unglücklich mache und belastend sei und daher nicht durch wirtschaftliche oder politische Mittel erzwungen werden sollte („Arbeitszwang“).[7] Einige fordern in diesem Zusammenhang die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens[8][3][9] oder einer kürzeren Arbeitswoche wie der 4-Tage-Woche[2].

Andere plädieren für einen Paradigmenwechsel innerhalb der gegenwärtigen Einstellung zur Erwerbsarbeit in Form von erhöhter Wertschätzung von Aktivitäten außerhalb einer festen Arbeit. Auch wird in diesem Zusammenhang kritisiert, dass heute von vielen in erster Linie die Mühsal einer Arbeit statt das Ergebnis und der tatsächliche gesellschaftliche Nutzen dieser belohnt und als Indikator für ihren Wert betrachtet werde (Fake Work).[10]

Kritisch gesehen wird außerdem, dass die Leistung und Daseinsberechtigung von Menschen in der heutigen Zeit von vielen oft lediglich auf ihre Errungenschaften in ihrer Arbeit reduziert würden.[11] Dies sei insbesondere dann problematisch für Menschen, wenn ihre Prioritäten in anderen Lebensbereichen liegen.[11]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ethik scheint ursprünglich aus anarchistischen Kreisen zu stammen,[5] und ihren Ursprung in Essays wie Lob des Müßiggangs von Bertrand Russell, „Das Recht zur nützlichen Arbeitslosigkeit“ von Ivan Illich, und die „Abschaffung der Arbeit“ von Bob Black zu haben.

Der Postanarchist Bob Black rief 1985 die Proletarier dieser Welt auf, sich zu entspannen, da niemand jemals arbeiten solle. Er kritisiert eine Gesellschaft, die nur aus Produktion und Konsum bestehe. Seine Kritik ähnelt der marxistischen Entfremdungs­kritik, wenn er sich auch als Antimarxist und postleftistischer (Individual-)Anarchist versteht. Er ruft dazu auf, alle Arbeitsplätze so umzugestalten, dass sie „wie ein Spiel sind“. Zentral in seiner Kritik ist der Gedanke der „Fremdbestimmtheit“ der Arbeit, ob nun im Staatssozialismus oder im Kapitalismus. Im Anschluss an Michel Foucault betont er die zentrale Rolle der Arbeit bei der Disziplinierung: Gefängnisse und Fabriken seien zur selben Zeit entstanden, die Schulen seien dafür da Leistungsgedanken und -bereitschaft und Gehorsam einzuüben und es gebe „mehr Freiheit in jeder einigermaßen entstalinisierten Diktatur als an einem gewöhnlichen amerikanischen Arbeitsplatz“.

Das Spiel dagegen sei nicht unbedingt durch Regeln beherrscht und freiwillig, in völliger Freiheit durchgeführt. Er weist darauf hin, dass Jäger- und Sammlergesellschaften durch das Spielen typisiert werden, eine Ansicht, die er von der Arbeit Marshall Sahlins übernimmt. Er erzählt den Aufstieg der hierarchischen Gesellschaften, durch die die Arbeit kumulativ verhängt wird, so dass die zwanghafte Arbeit von heute sogar antiken und mittelalterlichen Bauern unverständlich und bedrückend erscheinen würde. Nach Black können die wichtigsten Aufgaben so gemacht werden, dass sie spielerisch wirken. Außerdem sei eine ganze Menge Arbeit überflüssig oder diene nur der sozialen Kontrolle. Er plädiert für den Ansatz Charles Fouriers, dass Triebe nicht unterdrückt werden sollten, sondern gesellschaftliche Harmonie durch deren Ausleben entstehe. Diesen Ansatz vertrat auch die Frankfurter Schule. Bob Black ist skeptisch über die Möglichkeit der Beseitigung von Arbeit durch arbeitssparende Technologien. Er meint, die Linke könne keine weitgehende Kritik der Arbeit durchführen aufgrund ihrer Bindung an die Kategorie von Arbeitnehmern, die eine Aufwertung der Arbeit erfordert. Bob Black fordert eine Schenkökonomie.[12] Eine der Bob Blacks ähnliche Kritik hatte allerdings auch schon Gustav Landauer. Auch er wollte den Arbeitstag ähnlich neu gestalten.[13]

Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

The Idler ist ein zweimal im Monat erscheinendes britisches Magazin, das sich dem Ethos des „Müßiggangs“ verschrieben hat. Es wurde 1993 von Tom Hodgkinson und Gavin Pretor-Pinney mit der Absicht gegründet, alternative Arbeits- und Lebensweisen zu untersuchen.[14]

Die größte organisierte Anti-Work-Community im Internet ist der Subreddit r/antiwork auf Reddit[15] mit (Stand: Dezember 2021) über 1,4 Millionen Mitgliedern,[16] die sich selbst als "idlers" („Müßiggänger“) bezeichnen und "Unemployment for all, not just the rich!" („Arbeitslosigkeit für alle, nicht nur für die Reichen!“) fordern.[17]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. The pandemic made me question my relationship with work – and I’m not alone | Elle Hunt. 27. Oktober 2021, abgerufen am 29. Oktober 2021 (englisch).
  2. a b Barnaby Lashbrooke: The ‘Anti-Work’ Movement Is A Sign Something’s Rotten In The Workplace. Abgerufen am 30. Oktober 2021 (englisch).
  3. a b "Fire"-Bewegung: Der Trend zur frühen Pension. Abgerufen am 30. Januar 2022 (österreichisches Deutsch).
  4. Reddit zieht der „Antiwork“-Bewegung vorerst den Stecker. Abgerufen am 30. September 2022.
  5. a b Brian O'Connor: The rise of the anti-work movement. Abgerufen am 1. August 2023 (englisch).
  6. Nick Ford: 7 Key Concepts for Understanding Anti-Work Theory. Abgerufen am 29. August 2021.
  7. Adele Peters: Work Is Bullshit: The Argument For “Antiwork”. 2. Februar 2015, abgerufen am 29. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  8. A Universal Basic Income Is Anti-Work. 26. Februar 2016, abgerufen am 29. August 2021.
  9. Weg mit dem Arbeitszwang - her mit dem Grundeinkommen! Abgerufen am 14. August 2022.
  10. Her mit Anti-Work, weg mit den Bullshit-Jobs. 29. Januar 2017, abgerufen am 29. August 2021 (deutsch).
  11. a b Sascha Nicke: Der Irr-Sinn der Arbeit. In: www.zeit.de. Die Zeit, 26. Januar 2017, abgerufen am 29. August 2021.
  12. Die Abschaffung der Arbeit. Theoriemagazin streifzuege.org
  13. Gustav Landauer – Der Arbeitstag (Zum 1. Mai 1912) (Memento des Originals vom 20. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.anarchismus.at, auf anarchismus.at
  14. About. Abgerufen am 29. August 2021 (britisches Englisch).
  15. Inside the Reddit community calling for the abolition of work. 15. Februar 2021, abgerufen am 29. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  16. Anna Codrea-Rado: Inside the Online Movement to End Work. In: www.vice.com. Vice, 22. Dezember 2021, abgerufen am 4. Januar 2022 (englisch).
  17. r/antiwork. Abgerufen am 29. August 2021 (amerikanisches Englisch).