Autorenschmuck

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Autorenschmuck-Brosche in Form einer Blume
Autorenschmuck von Helen Britton

Als Autorenschmuck wird Schmuck bezeichnet, der mit künstlerischer Absicht angefertigt wurde. Es handelt sich häufig um Unikate, es sei denn, das Serielle ist Teil der künstlerischen Aussage. Weitere mögliche Bezeichnungen für diese Art des Schmucks sind „author jewellery“, „Neuer Schmuck“, „Schmuckkunst“, „zeitgenössischer Schmuck“, „gioiello d ́autore“ bzw. „bijou d ́auteur“.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Autorenschmuck ist ein relativ junges Phänomen, durch welches die seit der Renaissance bestehende Grenze zwischen Kunst und Nicht-Kunst verwischt und überschritten wird. An der Schnittstelle von bildender Kunst und Kunsthandwerk bzw. Goldschmiedehandwerk entwickelte er sich in Europa im Laufe der 1960er Jahre. Für die USA werden die 1940er Jahre als Entstehungszeit des Autorenschmucks angegeben.[2] Als Vorläufer gelten Arbeiten wie die des Jugendstil-Goldschmieds René Lalique.

Die 1960er Jahre waren eine Zeit, in der viele Kunstschaffende ihre Kunst als Grenzüberschreitung praktizierten, so in der Land Art, der Konzeptkunst oder der Body-Art. In diesem Klima kreativer Freiheit begannen einige Goldschmiede, ihre gestalterischen Ziele neu zu formulieren. In Europa entstanden in den Niederlanden, Großbritannien und den deutschsprachigen Ländern Zentren des Autorenschmucks, wie an der Gerrit Rietveld Akademie in Amsterdam, dem Royal College of Art in London und der Münchner Akademie der bildenden Künste. Außerhalb Europas wäre das Hiko Mizuno College of Jewelry in Tokio zu nennen.

Allgemeingültiges Ziel dieser Schmuckauffassung ist die gestalterische Freiheit. Dabei werden unter anderem Anregungen bei anderen Kunstgattungen wie Malerei, Skulptur und Konzeptkunst gesucht. In seinem Ergebnis ist der Autorenschmuck von den individuellen gestalterischen Handschriften geprägt. Der Autorenschmuck dient als ein künstlerisches Medium, um „personal motives, ideas and fascinations“[3] visuell auszudrücken.

Zu finden ist Autorenschmuck vor allem in darauf spezialisierten Galerien, seltener innerhalb von Kunstgalerien, ansonsten auch in Museen. Die Stellung des Autorenschmucks zwischen Kunst und Kunsthandwerk zeigt sich unter anderem darin, dass er innerhalb der jährlich im Frühjahr stattfindenden Kunsthandwerksmesse in München präsentiert wird.

Form[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Autorenschmuck besitzt oft ungewöhnliche Formen, die teilweise sperrig und im Alltag nicht tragbar sind. Als Materialien werden sowohl schmucktypische wie Edelmetalle und Edelsteine, aber auch unedle oder schmuckuntypische wie Gummi, Plastik, Schiefer, recycelte Materialien oder Muttermilch[4] verarbeitet. Die Bearbeitungstechniken weichen dementsprechend vom traditionellen Goldschmiedehandwerk ab.

Die formale und symbolische Ästhetik dieser Schmuckstücke führt dazu, dass sie wie Kunstwerke rezipiert werden. Mit dem Autorenschmuck wird zudem versucht, das Verhältnis von Schmuckobjekt und menschlichem Körper zu erforschen. Statt also nur als schmückendes Beiwerk den sozialen Status des Trägers oder der Trägerin zu unterstreichen, ermöglicht der Autorenschmuck eine ästhetische Erfahrung, die zwischen seinem gleichzeitigen „Kunst-Sein und Schmuck-Bleiben oszilliert“.[5]

Sammlungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vertreter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lisbeth den Besten: On Jewellery. A Compendium of International Contemporary Art Jewellery. Arnoldsche, 2011.
  • Sylvia Stephan: Das körperwiderständige Schmuckobjekt. Autorenschmuck in Europa seit den 1960er Jahren. Universität Tübingen, 2009
  • Ralph Turner: Jewelry in Europe and America. New Times, New Thinking. London 1996.
  • Barbara Cartlidge: Twentieth-Century Jewelry. New York 1985
  • Peter Dormer, Helen Drutt: Jewelry of our Time: Art, Ornament and Obsession. New York 1995.
  • Susan Cohn (Hrsg.): Unexpected Pleasures: The Art and Design of Contemporary Jewelry. Rizzoli, New York 2012.
  • Roberta Bernabei: Contemporary Jewellers: Interviews with European Artists. Berg, Oxford / New York 2011.
  • Rebecca Ross Russel: Gender and Jewelry: A Feminist Analysis. 2010
  • Anne-Barbara Knerr: Schmuck und Sinn: Fragen und Antworten zum Phänomen Schmuck. Norderstedt 2009.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sylvia Stephan: Das körperwiderständige Schmuckobjekt. Autorenschmuck in Europa seit den 1960er Jahren. Universität Tübingen, Tübingen 2009, S. 7–9.
  2. Ralph Turner: Jewelry in Europe and America. New Times, New Thinking. Thames & Hudson, London 1996, S. 9.
  3. Liesbeth den Besten: Display: The Dilemma of Contemporary Jewellery. Stedelijk Museum, Amsterdam 2002, S. ohne Seite.
  4. siehe z. B. Stefan Heuser. In: Entfesselt. Schmuck ohne Grenzen. Museum voor Moderne Kunst Arnhem in Zusammenarbeit mit dem Museum Belleriv (Ausstellungskatalog), Zürich 2012, S. 17.
  5. Sylvia Stephan: Das körperwiderständige Schmuckobjekt. Autorenschmuck in Europa seit den 1960er Jahren. Universität Tübingen, Tübingen 2009, S. 21 u. a.