Bündnis der Nation

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Millet İttifakı
Bündnis der Nation
Gründung Mai 2018
Gründungs­ort Ankara
Aus­richtung Kemalismus, Türkischer Nationalismus, Parlamentarisches Regierungssystem, Pro-Europäismus
Parlamentssitze
174/600

Das Bündnis der Nation (türkisch Millet İttifakı) ist ein im Mai 2018 gegründetes Wahlbündnis, das mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Juni 2018 begann und zwischen der Republikanischen Volkspartei (CHP), der Guten Partei (İYİ), der Demokratischen Partei (DP) und der Glückseligkeitspartei (SP) besteht. Das Bündnis soll eine Fortsetzung der Zusammenarbeit jener sein, die sich bei der Volksabstimmung 2017 gegen ein Präsidialsystem eingesetzt haben und in Folge ein weiteres gemeinsames Vorgehen sicherstellen. Am 26. Januar 2023 traten die Partei für Demokratie und Wohlstand (DEVA) und die Zukunftspartei (GP) vom „Tisch der Sechs“ dem Bündnis der Nation bei.

Wahlen 2018[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ziel bei den Parlamentswahlen 2018 war, in Provinzen und Landkreisen bestimmte Kandidaten von Parteien, deren Chance auf einen Abgeordnetenplatz höher ist, aufzustellen, um somit eine Mehrheit im Parlament zu erreichen.[1] Durch die Teilnahme an diesem Bündnis wollten die DP und die SP ihre Wähler, die sonst aufgrund der Sperrklausel von zehn Prozent andere Parteien (deren „Überspringen“ dieser Klausel sicher ist; vor allem die AKP) wählen, wieder „zurückholen“. Zudem wurde das Bündnis durch die Demokratik Sol Parti unterstützt[2].

Die Partei der Glückseligkeit brachte zwei Kandidaten über Wahllisten der CHP in die Große Nationalversammlung der Türkei, die nach Angelobung zu ihrer eigentlichen Partei wechselten.[3] Das Gleiche schaffte der Vorsitzende der Demokratischen Partei über die İyi-Partei.[4]

Bei den gleichzeitig stattfindenden Präsidentschaftswahlen hingegen sollte jede Partei in der ersten Runde ihren eigenen Kandidaten aufstellen (wobei die DP Akşener unterstützte), womit die Chance auf eine Stichwahl maximiert werden sollte, bei welcher der Kandidat der Opposition die Unterstützung aller Parteien erhalten hätte (wobei es zu keiner Stichwahl kam).[5]

Kommunalwahl 2019[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die CHP und die İYİ einigten sich im Vorfeld zu den Kommunalwahlen am 31. März 2019 auf ein weiteres Bündnis. Demzufolge wird die İYİ in Städten wie İstanbul, Ankara und İzmir keine eigenen Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters aufstellen und somit die CHP unterstützen. Die CHP ihrerseits verzichtet unter anderem in Balıkesir, Trabzon und Denizli auf eigene Kandidaten. Des Weiteren gibt es auch in den Wahlkreisen vieler Städte einen gemeinsamen Kandidaten. Insgesamt einigte man sich in 51 Städten/Provinzen auf eine Zusammenarbeit.[6][7]

CHP und İYİ schafften es, in vier der fünf größten Städte des Landes (Istanbul, Ankara, Izmir und Adana) das Amt des Oberbürgermeisters zu gewinnen.

Präsidentschaftswahl 2023[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vorsitzender der Cumhuriyet Halk Partisi (CHP), Kemal Kılıçdaroğlu, wurde als Präsidentschaftskandidaten des Bündnisses bestimmt, was zu Unzufriedenheit des zweitgrößten Partners des Bündnisses, der İyi Parti (IYI), führte. Am 3. März 2023 gab daraufhin die Vorsitzende der IYI, Meral Akşener, bekannt, Kemal Kılıçdaroğlu, nicht als gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten zu unterstützen und zog kurzzeitig die Mitgliedschaft ihrer Partei aus dem Bündnis zurück.[8] Am 6. März wurde daraufhin – nach öffentlicher Kritik – bekannt gegeben, dass die Partei zum Bündnis zurückkehren wird, nachdem das Versprechen gemacht wurde, dass im Falle des Sieges von Kemal Kılıçdaroğlu in der Präsidentschaftswahl 2023 Ekrem İmamoğlu, derzeit Bürgermeister von Istanbul, und Mansur Yavaş (beide CHP) als Vizepräsidenten ernannt werden.[9]

Die Halkların Demokratik Partisi (HDP) erklärte, dass sie den gemeinsamen Kandidaten des Bündnisses in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl 2023 unterstützen werde, wenn „das Profil ihres Präsidentschaftskandidaten in die politischen Standards der HDP-Wähler passt“.[10]

Folgende Parteien kündeten externe Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten an:

Partei Kürzel Ausrichtung Vorsitzende/r
Bağımsız Türkiye Partisi BTP Nationalismus Hüseyin Baş
Türkiye Komünist Partisi TKP Kommunismus Hüseyin Karabulut
Halkın Kurtuluş Partisi HKP Kommunismus Nurullah Ankut
Türkiye İşçi Partisi TİP Kommunismus Erkan Baş
Türkiye Değişim Partisi TDP Sozialdemokratie Mustafa Sarıgül
Liberal Demokrat Parti LDP Liberalismus Gültekin Tırpancı
Doğru Parti Doğru Kemalismus[11] Rifat Serdaroglu

Der „Tisch der Sechs“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Bildung eines „Sechs-Parteien-Tisches“ („Tisch der Sechs“) und einer Reihe von noch laufenden gemeinsamen Treffen zwischen Bündnismitgliedern und den Nichtmitgliedern der DEVA- und GELECEK-Parteien über die gemeinsame Arbeit an der Schaffung einer neuen Verfassung und der Rückkehr zu einem neuen parlamentarischen System entstanden die Spekulationen und die Idee einer "erweiterten Nationenallianz" in den Medien und in der Öffentlichkeit.[12]

Im Rahmen ihrer laufenden gemeinsamen 6-Parteien-Kooperationstreffen unter dem Namen „Tisch der Sechs“ (türkisch: Altılı Masa) mit den Bündnismitgliedern İYİ, CHP, SP, DP, aber auch zusammen mit Nichtmitgliedern wie der Partei für Demokratie und Fortschritt (DEVA) und der Zukunftspartei (GP). Der Tisch arbeitet an einem neu vorgeschlagenen „verbesserten und gestärkten“ parlamentarischen System, das anderen parlamentarischen Demokratien nachempfunden ist und als demokratischer und stabiler gegenüber dem früheren parlamentarischen System der Türkei gilt, einschließlich einer neuen Verfassung, die die genannten Grundlagen und darüber hinaus garantiert.

Es wird auch erwartet, dass der Tisch über den gemeinsamen Kandidaten des Bündnisses (und möglicherweise aller Oppositionen) für die Präsidentschaftswahlen 2023 mit gemeinsamer Unterstützung entscheidet, was zu Spekulationen führt, dass die Parteien DEVA und GP dem Bündnis während dieser Wahlperiode beitreten könnten.[13]

Am 26. Januar 2023 traten auch die restlichen Mitgliedsparteien des „Tisches der Sechs“ dem Bündnis der Nation bei.[14]

Mitgliedsparteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partei Wähleranteil Sitze Ausrichtung Vorsitzende(r)
Cumhuriyet Halk Partisi 22,6 %
139/600
Kemalismus, Sozialdemokratie Kemal Kılıçdaroğlu
İyi Parti 10,0 %
37/600
Liberalismus, Türkischer Nationalismus, Kemalismus Meral Akşener
Demokrat Parti[15] - (über Wahllisten der İYİ)
2/600
Liberal-Konservatismus Gültekin Uysal
Saadet Partisi[16] 1,3 %
1/600
Millî Görüş, Islamismus Temel Karamollaoğlu

Weitere Mitglieder, die beigetreten sind[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partei Wähleranteil Sitze Ausrichtung Vorsitzende(r)
Demokrasi ve Atılım Partisi - (Abspaltung von der AKP)
1/600
Liberal-Konservatismus, Wirtschaftsliberalismus Ali Babacan
Gelecek Partisi - (Abspaltung von der AKP)
0/600
Liberal-Konservatismus Ahmet Davutoğlu

Wahlergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Parlamentswahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahljahr Stimmen Anteil Abgeordnete
2018 17.013.340 33,94 %
189/600

Präsidentschaftswahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahljahr Stimmen Anteil Kandidat
2018 15.336.861 30,64 % Muharrem İnce
3.649.253 7,29 % Meral Akşener
443.774 0,89 % Temel Karamollaoğlu

Kommunalwahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahljahr Stimmen Anteil Großstadtgemeinden Provinzstadtgemeinden
2019 17.443.527 37,57 %
11/30
10/51

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Erken seçim 2018: Muhalefet ittifakı nasıl işleyecek? In: www.haberturk.com. (haberturk.com [abgerufen am 5. Mai 2018]).
  2. DSP'den Millet İttifakı'na destek. In: Yeni Çağ Gazetesi. (com.tr [abgerufen am 27. Mai 2018]).
  3. 2 milletvekili CHP'den istifa ederek Saadet Partisi'ne geçti. In: yeniasya.com.tr. Abgerufen am 22. Februar 2019 (türkisch).
  4. Yeni Şafak: Demokrat Parti İyi Parti’den 1 vekil çıkardı. In: yenisafak.com. 25. Juni 2018, abgerufen am 22. Februar 2019 (türkisch).
  5. Erdogans Gegner bringen sich in Stellung. In: news.ORF.at. 4. Mai 2018 (orf.at [abgerufen am 5. Mai 2018]).
  6. Son dakika: CHP ve İYİ Parti’nin ortak adayları belli oldu! In: sozcu.com.tr. Abgerufen am 22. Februar 2019 (türkisch).
  7. İYİ Parti'den CHP ile işbirliği açıklaması. In: haberturk.com. Abgerufen am 22. Februar 2019 (türkisch).
  8. Akşener parts ways with ‘Table of Six’. In: hurriyetdailynews.com. Abgerufen am 9. April 2023 (englisch).
  9. Akşener altılı masaya döndü – DW – 06.03.2023. In: dw.com. Abgerufen am 9. April 2023 (türkisch).
  10. HDP'den ortak aday çağrısı. In: ntv.com.tr. Abgerufen am 9. April 2023 (türkisch).
  11. DOĞRU PARTİ. In: Rıfat Serdaroğlu. 10. März 2021, abgerufen am 9. April 2023 (türkisch).
  12. Opposition Alliance in Turkey: Can it Restore Democracy? In: blog-iacl-aidc.org. Abgerufen am 27. November 2022 (amerikanisches Englisch).
  13. Turkish Opposition to Run Joint Candidate Against President Erdogan. In: Balkan Insight. 22. August 2022, abgerufen am 27. November 2022 (amerikanisches Englisch).
  14. Altılı Masa, Millet İttifakı oldu: Meclis karar almadıkça Erdoğan aday olamaz. In: birgun.net. Abgerufen am 28. Januar 2023 (türkisch).
  15. Millet İttifakı’ndayız bir yere gitmiyoruz. In: sozcu.com.tr. Abgerufen am 26. September 2022 (türkisch).
  16. Which alliance will the Felicity Party side with? In: setav.org. 16. November 2021, abgerufen am 26. September 2022 (britisches Englisch).