Bahnhof Potsdam Pirschheide

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Potsdam Pirschheide
Unterer Bahnsteig, 2005
Unterer Bahnsteig, 2005
Unterer Bahnsteig, 2005
Daten
Lage im Netz Kreuzungsbahnhof
Bauform Turmbahnhof
Bahnsteiggleise 3 (ehemals 6)
Abkürzung BPDP
IBNR 8010279
Preisklasse 6
Eröffnung 18. Januar 1958
Auflassung 28. Mai 1999 (obere Bahnsteige)
bahnhof.de Potsdam Pirschheide-1037220
Architektonische Daten
Architekt Wolfgang Dreßler, Walter Mempel
Lage
Stadt/Gemeinde Potsdam
Land Brandenburg
Staat Deutschland
Koordinaten 52° 22′ 22″ N, 13° 0′ 40″ OKoordinaten: 52° 22′ 22″ N, 13° 0′ 40″ O
Eisenbahnstrecken Bahnstrecken bei Potsdam Pirschheide
Bahnhöfe in Brandenburg
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Der Bahnhof Potsdam Pirschheide, eröffnet 1958 als Bahnhof Potsdam Süd, von 1960 bis 1993 Potsdam Hauptbahnhof liegt am südwestlichen Stadtrand von Potsdam auf dem Gebiet des Stadtteils Potsdam-West am Rande des Waldgebiets Pirschheide. Er war nach dem Bahnhof Flughafen Berlin-Schönefeld (heute Schönefeld (b Berlin)) die wichtigste Station am Berliner Außenring. Er wurde als Turmbahnhof konzipiert, mit dem Berliner Außenring im oberen und der Bahnstrecke Jüterbog–Nauen im unteren Bahnhofsteil.

Obwohl die Bahnstation fernab vom Stadtzentrum liegt, konnte sie zu ihrer Blütezeit bis zum Fall der Berliner Mauer Fahrgastzahlen in großer Höhe aufweisen und stieß oft an ihre Kapazitätsgrenzen. Mit der Wiedervereinigung verlor der Bahnhof jedoch rapide an Bedeutung und wurde bis auf ein Bahnsteiggleis im unteren Bahnhofsteil fast vollständig stillgelegt. 2024 sollen wieder Bahnsteige im oberen Bahnhofsteil in Betrieb genommen werden.

Die erhaltenen Bauten des Bahnhofs stehen unter Denkmalschutz.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stillgelegter oberer Bahnsteig

Mit der Spaltung Berlins Mitte des 20. Jahrhunderts ergab sich auch für die Deutsche Reichsbahn (DR) zunehmend die Situation den Eisenbahnverkehr um West-Berlin herumführen zu müssen, um dessen nördliches, westliches und südliches Umland mit Ost-Berlin verbinden zu können. Dafür wurde ein äußerer Eisenbahnring geplant. Bis 1954 waren große Teile dieses neuen Außenrings fertiggestellt und am 30. September 1956 konnte der letzte Abschnitt GolmSaarmund mit Querung des Templiner Sees am Rande von Potsdam in Betrieb genommen und der Ring damit geschlossen werden.

Bau und Inbetriebnahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bahnhof an der Kreuzung des Berliner Außenrings mit der Strecke von Wildpark/Potsdam über Beelitz Stadt nach Jüterbog wurde 1956/57 errichtet und am 18. Januar 1958 unter der Bezeichnung Potsdam Süd offiziell eingeweiht.[1] Er liegt in der Pirschheide, etwa 800 Meter vom südlichen Ende der städtischen Bebauung und drei Kilometer von der Innenstadt entfernt.

Projektiert wurde der Bahnhof vom Entwurfsbüro der Deutschen Reichsbahn. Als Architekten werden Wolfgang Dreßler und Walter Mempel genannt. Das Bauwerk wurde als Turmbahnhof am Schnittpunkt beider Bahnstrecken konzipiert und verfügte im unteren Bahnhofsteil über einen Bahnsteig mit zwei Gleisen und im oberen Teil über zwei Mittelbahnsteige mit vier Gleisen sowie zwei Durchgangsgleise für den (sehr starken) Güterverkehr. Mittels Treppen und Tunneln wurden alle Bahnsteige miteinander verbunden. Ein größeres Bahnhofsgebäude wurde im typischen Baustil der späten 1950er Jahre errichtet. Von dessen Halle führte ein Tunnel zum unteren Bahnsteig und ein weiterer Tunnel zu den Aufgängen für die oberen Bahnsteige. Das Gebäude beherbergte neben der Fahrkartenausgabe bahnhofstypische Einrichtungen für Handel und Gastronomie sowie Räumlichkeiten für Bahnangestellte.

Bedeutung in der DDR[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Potsdam Hauptbahnhof, 1963
Bahnhofsvorplatz, 2010

Der Bahnhof wurde am 2. Oktober 1960 in Potsdam Hauptbahnhof umbenannt.[1] Der gesamte Potsdam tangierende Binnenfernverkehr und auch Interzonenzüge (Aachen/KölnGörlitz und RostockMünchen) wurde dort abgefertigt. Durch den Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 war die S-Bahn-Verbindung vom Bahnhof Potsdam Stadt auf dem direkten Weg nach Berlin unterbrochen worden. Der Eisenbahnverkehr nach Berlin lief seitdem ausschließlich über den neuen Hauptbahnhof. Der schnelle Nahverkehr nach Berlin (Ost), der mit zunächst dunkelgrünen, später rot-beigen Doppelstockzügen betrieben wurde, war unter der inoffiziellen Bezeichnung Sputnik bekannt. Die oberen Gleise waren oft überlastet, so dass nicht selten Züge auf freier Strecke warten mussten. Vom unteren Bahnsteig fuhren Nahverkehrszüge nach Babelsberg über Potsdam Stadt, in Richtung Wildpark und nach Beelitz – Jüterbog. Der alte Potsdamer Bahnhof, der näher an der Innenstadt lag, hieß seit 1960 Potsdam Stadt und diente nach Errichtung der Berliner Mauer bis 1990 lediglich dem Nahverkehr mit Dieselzügen.

Eine Neubautrasse der Potsdamer Straßenbahn mit Endhaltestelle am Bahnhofsvorplatz wurde am 11. Januar 1958 in Betrieb genommen. Daneben wurden ein Busbahnhof, ein Taxistand, eine Tankstelle sowie Stellplätze für Fahrräder angelegt.

Folgen der Wiedervereinigung ab 1990[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Wiedervereinigung verlor der Bahnhof an Bedeutung, da der Personen-Fernverkehr wieder über die Berliner Stadtbahn statt über den Berliner Außenring geführt wurde. Seit 1991 hielten keine Fernzüge im Bahnhof, der 1993 in Potsdam Pirschheide umbenannt wurde. Der Fernverkehr und der S-Bahnverkehr nach Berlin wurde über den Bahnhof Potsdam Stadt geführt, der 1999 in Potsdam Hauptbahnhof umbenannt wurde.

Der Bahnhof Pirschheide blieb zunächst noch im Regionalverkehr von Bedeutung. Neben den Sputnik-Zügen nach Werder (Havel) bzw. Flughafen Berlin-SchönefeldBerlin-Karlshorst im Stundentakt fuhren bis 1994 noch Züge auf dem westlichen Außenring nach Falkenhagen und zeitweise in der durchgehenden Relation OranienburgLudwigsfelde. In der Mitte der 1990er Jahre gab es kurzzeitig den Versuch, eine Regionalexpress-Linie von Potsdam nach Finsterwalde und Cottbus einzurichten. Trotz eines direkten Straßenbahnzubringers in Pirschheide blieb diese Linie ohne Erfolg und wurde 1997 wieder eingestellt. Vom unteren Bahnhofsteil verkehrten Züge alle zwei Stunden in Richtung Beelitz – Jüterbog und Potsdam Stadt. Die Fahrkartenschalter im Bahnhof wurden 1994 mangels Bedarfs geschlossen, die Geschäfte bereits vorher.

1998 bekam die direkte Linie nach Schönefeld einen neuen Verlauf und verkehrt seitdem durch den unteren Bahnhofsteil, die Verbindung nach Jüterbog entfiel. Auf den oberen Gleisen verblieb bis 1999 noch ein einziges Zugpaar von Strausberg nach Golm. Seit 1999 ist dieser Bahnhofsteil geschlossen. Allein die zwei durchgehenden Durchfahrtsgleise sind noch in Betrieb, die übrigen Gleise und Weichen abgebaut.

Entwicklung nach der Schließung der oberen Bahnsteige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemaliges Stellwerk und Teil der oberen Bahnsteige im Jahr 2009

Die Anlage wurde nach Jahren der Schließung zu einem dem Verfall preisgegebenen Geisterbahnhof mit Wildwuchs auf den Bahnsteigen, zerschlagenen Scheiben der abgeriegelten Treppenhäuser und verbretterten Wartesäle sowie mit Graffiti bemalte Wände. Die Gleise an den Bahnsteigen des „oberen Bahnhofs“ und sämtliche Weichenverbindungen wurden nach Schließung der Bahnsteige zurückgebaut. Es existieren nur noch die beiden durchgehenden Hauptgleise. Die alten Informationsanzeiger aus tschechoslowakischer Produktion an den oberen Bahnsteigen waren bis nach 2020 noch vorhanden, wenn auch nicht mehr funktionstüchtig und ohne Scheiben. Seit der Elektrifizierung des unteren Gleises im Jahre 1999 ist nur noch ein Gleis (Gleis 1, das ehemalige Gleis 7) in Betrieb. Seitdem waren die Ausfahrsignale des Kreuzungsgleises abgedunkelt, aber betriebsfähig. Die Weichen waren festgelegt. Vor 2020 wurden die Weichen entfernt.

Der untere Bahnsteig wurde durchgehend vom Regionalverkehr genutzt. Ende der 1990er Jahre ging eins der beiden Gleise außer Betrieb, die Weichenverbindungen beseitigt und später das Gleis ganz entfernt. Das andere Gleis wurde Ende der 1990er Jahre elektrifiziert. Von 1998 bis 2011 fuhr die Linie RB 22 von Potsdam Hbf über Caputh nach Schönefeld, seit Dezember 2011 hielt die Regionalbahnlinie RB 23 von Potsdam Hbf nach Michendorf in Pirschheide. Die Linie RB 22 verkehrt seitdem wieder über den Berliner Außenring, jedoch ohne Halt durch die Anlagen des ehemaligen oberen Bahnhofsteils von Pirschheide. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2022 wurde die Linie RB 23 eingestellt; in Pirschheide hält seitdem die Linie RB 33 (Potsdam Hbf – Jüterbog).

Eine Wiederinbetriebnahme der oberen Bahnsteige wurde bereits seit 2008 untersucht, um die Linien RB 22 und RB 33 zu verknüpfen und so eine Umsteigemöglichkeit von Caputh und Michendorf in Richtung Schönefeld (Flughafen BER) zu ermöglichen.[2] Ein weiterer Grund für die geplante Reaktivierung des Haltes war der Übergang von der RB 22 zum Bus- und Straßenbahnverkehr nach Potsdam und nach Werder.[3]

Erneut lebten die Planungen für Bahnsteige im oberen Teil der Station im Jahr 2016 wieder auf.[4] Dabei sollten die alten Bahnsteige nicht mehr in Betrieb genommen, sondern neue Bahnsteige an den bestehenden Durchfahrtsgleisen errichtet werden.[5] 2017 fanden Abrissarbeiten an den Dächern des oberen Bahnsteigs statt.[6] Beide Bahnhofsteile sollten nach damaliger Planung bis 2021 bzw. 2022 komplett erneuert werden. Ende 2022 hieß es, dass im ersten Quartal 2023 die Arbeiten am Neubau der oberen Bahnsteige und den Zugängen zum unteren Bahnsteig beginnen sollten, einige Vorarbeiten hatten bereits im Herbst 2022 stattgefunden.[7] Bis Anfang Dezember 2023 war die Inbetriebnahme der neuen oberen Bahnsteige zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2023 vorgesehen, kurzfristig verzögerte sich die Inbetriebnahme bis 2024.[8] Nachdem zunächst von einer Eröffnung am 9. März 2024 die Rede war, gibt die DB Fahrplanauskunft nun den 29. April 2024 als Termin an.

Umfeld[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs befinden sich die Sparkassen-Akademie, mehrere Hotels sowie die für Ausflügler interessanten Naherholungsgebiete Templiner See und Pirschheide. Im Bahnhofsumfeld war Ende der 2010er Jahre zudem die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers mit mehreren Hundert neuen Wohnungen angedacht.[9]

Bahnhofsgebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1958 wurde zum Jahreswechsel 2006/2007 geschlossen. Den unteren Bahnsteig erreicht man seitdem vom Bahnhofsvorplatz direkt über das ehemalige Gleis 8 sowie von der Brücke am südlichen Bahnsteigende. Der Tunnel vom oberen Bahnhof zum Empfangsgebäude wurde 2012 abgerissen und die Treppe vom oberen zum unteren Bahnhof ist verschlossen worden. Eine im Gebäude ansässige Bowling-Gaststätte blieb geöffnet. Andere Gebäudeteile verfielen zusehends. Bereits ins Spiel gebrachten Abrissplänen stand die seit 2013 denkmalgeschützte Architektur im funktionalen Baustil der späten 1950er Jahre entgegen, welche einen Erhalt bei neuer Nutzung rechtfertigen würde.

Im Jahr 2012 erwarb ein Unternehmer aus Werder (Havel) das Bahnhofsgebäude. Ursprünglich plante er, das Gelände für sein Unternehmen zu nutzen. Nachdem sich für die Firmenräume eine andere Lösung ergab, plante er, das Gebäude als Kulturzentrum zu nutzen. Die Bowlinggaststätte sollte weiterhin im Gebäude verbleiben.[10] Im Folgejahr wurde der „Bahnhof Potsdam-Pirschheide mit gepflastertem Vorplatz“ in die Denkmalliste des Landes Brandenburg aufgenommen.[11] Im Frühling 2017 eröffnete in der früheren Eingangshalle des Gebäudes die Eventlocation „Pirschheide“.[12]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bahnhof wird nur noch von der Regionalbahnlinie RB 33 bedient (unterer Bahnhofsteil), die Linie RB 22 durchfährt den ehemaligen oberen Bahnhofsteil ohne Halt.

Am Bahnhofsvorplatz halten die Straßenbahnlinien 91 und 94 sowie die Buslinie 697 des Verkehrsbetriebs Potsdam, weiterhin die Überland-Buslinien 580 und 631 der regiobus Potsdam-Mittelmark.

Linie Linienverlauf
RB 33 Potsdam HauptbahnhofPotsdam Pirschheide – Ferch-Lienewitz – Beelitz StadtTreuenbrietzenJüterbog
Stand: 29. Februar 2024

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bahnhof Potsdam Pirschheide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Erich Preuß, Reiner Preuß: Chronik der Deutschen Reichsbahn 1945–1993, Eisenbahn in der DDR. GeraMond, München 2009, ISBN 978-3-7654-7094-3, S. 54.
  2. Bahn-Report, Heft 4/2008, S. 43–44
  3. Verkehrliche Untersuchung von Eisenbahninfrastrukturmaßnahmen im Raum Potsdam und Michendorf. (PDF; 4,4 MB) Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft Brandenburg und Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, 30. Juni 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. April 2015; abgerufen am 22. April 2012.
  4. Bahnhof Pirschheide: Der Potsdamer Westen bekommt seinen Umsteigebahnhof zurück. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 7. Dezember 2023]).
  5. Neue Bahnsteige für Pirschheide. In: [Potsdamer Neueste Nachrichten], 13. Dezember 2016, online (Memento vom 24. September 2017 im Internet Archive)
  6. Arbeiten am Bahnhof Pirschheide beginnen In: [Potsdamer Neueste Nachrichten], 18. April 2017, online (Memento vom 2. März 2018 im Internet Archive).
  7. Bahn-Report, 1/2023, S. 37.
  8. Verzögerung beim Bahnhof Pirschheide: Bauarbeiten verschieben sich bis 2024. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 7. Dezember 2023]).
  9. Wohnquartier am Templiner See In: [Potsdamer Neueste Nachrichten], 22. Februar 2018, online (Memento vom 3. März 2018 im Internet Archive).
  10. Zug um Zug. Werderaner Unternehmer will in der Schalterhalle des alten Hauptbahnhofs ein Kulturzentrum etablieren. In: Märkische Allgemeine Zeitung, 12. März 2013, online (Memento vom 10. Februar 2016 im Internet Archive).
  11. Denkmalliste des Landes Brandenburg, Stand: 31. Dezember 2013, Stadt Potsdam, online (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive); zum Vergleich siehe die Liste Stand 31. Dezember 2012
  12. Bahn-Report, 4/2017, S. 40.