Barbara Massing

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Barbara Massing, 2017

Barbara Massing (* 31. Mai 1960 in Düsseldorf; † 27. März 2017 in Bremen[1]) war eine deutsche Kapitänin. Sie fuhr Containerschiffe der vierten Generation und gehörte zu den wenigen Frauen im Kapitänsberuf überhaupt. Sie war nautisches Mitglied im Haus Seefahrt in Bremen. Als solches nahm sie im Jahr 2004 als erste Frau an der traditionellen Bremer Schaffermahlzeit teil, deren Geschichte bis 1545 zurückreicht.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Barbara Massing wuchs zusammen mit zwei Brüdern in einer Beamtenfamilie auf. Die Familie übersiedelte Mitte der 1960er-Jahre nach Bremen. Am Schulzentrum Bördestraße in Bremen machte Barbara Massing ihr Abitur. Danach absolvierte sie eine Ausbildung als Matrosin, was damals noch Voraussetzung für ein nautisches Studium war. Ihren Matrosenbrief erwarb sie bei der Bremisch-Hamburgischen Reederei Leonhardt & Blumberg. Sie studierte von 1981 bis 1984 an der damaligen Hochschule für Nautik in Bremen (heute Hochschule Bremen) und fuhr danach als Zweiter Offizier zur See.[2][3]

Die Hausflagge der Reederei Leonhardt & Blumberg

Seit 1989 war sie wieder für die Reederei Leonhardt & Blumberg tätig und nahm unter anderem 1990 als Erster Offizier an Versorgungsfahrten für australische Forschungsstationen in der Antarktis auf dem Polarversorgungsschiff Icebird teil; das Schiff war 1984 von der Oldenburger Heinrich Brand Schiffswerft gebaut und seit 1989 von Leonhardt & Blumberg betreut worden.[4] Seit 1991 fuhr sie für die Reederei als Kapitänin bzw. „Kapitän“, wie es im Befähigungsdiplom heißt. 1994 war sie „die einzige deutsche Kapitänin eines Containerfrachters“[5]. 2006 war sie eine von nur sechs deutschen Kapitäninnen weltweit (Stand 2006[6]), 2009 eine von nur fünf in Deutschland (Stand 2009[2]). Barbara Massing fuhr bis zu ihrem Ruhestand bei Leonhardt & Blumberg Panamax-Containerschiffe der vierten Generation, die eine Schiffslänge von 292 Meter und eine Ladekapazität von 4.565 TEU aufweisen.[7] Sie war jedes Jahr bis zu acht Monate auf See.

Nach ihrem Studienbeginn im Wintersemester 1981 war Massing in die Nautische Kameradschaft Tritonia eingetreten, die 1889 gegründet wurde und damit die älteste Studentenverbindung Bremens ist. Die Tritonia Bremen nahm seit einer Satzungsänderung 1976 auch Frauen auf; der erste „aktive weibliche Bursche“, wie die Verbindung die weiblichen studentischen Mitglieder bezeichnet, trat dort 1978 ein.[3]

Nachdem Massing Kapitänin geworden war, prüfte sie die Satzung der Stiftung Haus Seefahrt, einer seit 1545 bestehenden sozialen Fürsorgeeinrichtung in Bremen, die alte seemännische Mitglieder und deren Angehörige unterstützt. Sie stellte fest, dass die Aufnahme einer Frau mit Kapitänspatent in den althergebrachten Statuten der Stiftung nicht gesondert geregelt und damit auch nicht ausgeschlossen ist. So wurde sie 1996 als seemännisches Mitglied von Haus Seefahrt und damit als erste Frau in dessen jahrhundertealter Geschichte aufgenommen.[3][8] Daraufhin nahm sie erstmals im Jahr 2004 als regulärer Gast an der Schaffermahlzeit teil, die alljährlich von Haus Seefahrt veranstaltet wird und als „das älteste fortbestehende, sich alljährlich wiederholende Brudermahl der Welt“ gilt. Barbara Massings Teilnahme an der renommierten und bis dahin ausschließlich von Männern bestrittenen Traditionsveranstaltung – „nach 460 Jahren erstmals eine Frau an der Tafel“ – wurde als „Sensation“ angesehen und fand überregionales Interesse; es wurde darüber unter anderem im Fernsehen und in der Presse berichtet.[2][9][10]

Barbara Massing war langjähriges Mitglied im MTV Nautilus, einem 1987 gegründeten Verein zur Pflege maritimer Traditionen in Bremen-Vegesack, der unter anderem mehrere Schiffe als Kulturdenkmäler unterhält. Auf dem vereinseigenen Traditionsschiff BV 2 Vegesack, einem 35 Meter langen Segellogger, fuhr sie als Skipper oder als Crewmitglied, so zum Beispiel bei der Kieler Woche.[11] Sie war aber auch eine begeisterte Radfahrerin. In den 90er Jahren durchquerte sie in ihrem Urlaub ganz alleine den australischen Kontinent.

Barbara Massing starb am 27. März 2017 in Bremen. Ihr Wunsch war eine Seebestattung. Als Schaffer der Schifferschaft (sog. Kapitänsschaffer) hatte sie noch am 10. Februar 2017 an der 473. Schaffermahlzeit teilgenommen.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Barbara Massing – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Traueranzeigen im Weser-Kurier
  2. a b c d Tina Groll: Frauen in Männerjobs. „Frauen auf hoher See sind nicht normal“. Die Zeit (www.zeit.de), 18. August 2009, abgerufen am 22. Februar 2010.
  3. a b c Iris Graaf-Burkert: Kapitänin Barbara Massing. Eine Frau findet ihren Weg in einer Männerdomäne. In: frauenseiten.bremen. Bremen.de, 16. Oktober 2009, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 22. Februar 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.bremen.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  4. Robin Burns: Just tell them I survived! Women in Antarctica. Allen & Unwin, Crows Nest/New South Wales (Australien) 2001, ISBN 1-86508-382-8, S. 18 (englisch).
  5. Barbara Massing ist die einzige deutsche Kapitänin eines Containerschiffes. Drei Heiratsanträge in 16 Jahren (Memento vom 10. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
  6. Antje Eilers: Zur Ausbildungssituation von Frauen in „Männerberufen“ – Eine Studie zu Nautikstudentinnen an der Fachhochschule Bremen. Magisterarbeit, Universität Bremen, Bremen 2008, S. 16 (siehe auch Literatur).
  7. Nach 460 Jahren erstmals eine Frau an der Tafel. In: Bremer Schaffermahlzeit. Schaffermahlzeit ohne Frauen. Radio Bremen, 5. Februar 2010, archiviert vom Original am 12. März 2010; abgerufen am 22. Februar 2010.
  8. Premiere: Eine Frau beim Schaffermahl. Kreiszeitung Syke (syke.mzv.net), 13. Februar 2004, S. 3, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. Februar 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/syke.mzv.net (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  9. Tom Levine: „Frau Kapitänin, meine Herren“. In: Berliner Zeitung, 16. Februar 2004
  10. Eckhard Stengel: Herrenclub ade! Sensation beim Schaffermahl. In: Das Parlament Nr. 12–13. Deutscher Bundestag, 15. März 2004, archiviert vom Original am 30. August 2005; abgerufen am 22. Februar 2010.
  11. „Einbruch“ in Männerdomäne? (PDF; 1,1 MB) In: Das Logbuch, Nr. 57. Maritime Tradition Vegesack Nautilus e. V. (MTV Nautilus), 2004, S. 8, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 23. Februar 2010 (Ostern 2004).@1@2Vorlage:Toter Link/www.vegesack-maritim.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  12. Siehe hierzu die „mit einer Premiere“ beginnende 2. Rede des 3. Schaffers, Berend Erling: „Erstmals hat die Schaffermahlzeit eine Schafferin!“ in: [1]@1@2Vorlage:Toter Link/www.schaffermahlzeit.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im August 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.; siehe außerdem den Nachruf von Haus Seefahrt Bremen in: Weser-Kurier, 8. April 2017, S. 20; ebenda auch der Nachruf der Freunde, Weggefährten und Fahrensleute vom Segellogger BV 2 Vegesack und aus dem MTV Nautilus.