Benutzer:Roxanna/Nasserismus

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Mit der Sueskrise 1956 begann der Personenkult um Nasser

Der Nasserismus (seltener auch Nasirismus) ist eine auf den ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser (Nasir) zurückgehende Variante des arabischen Sozialismus, die auf dessen Vorstellungen von Islamischem Sozialismus und Arabischem Nationalismus basiert. Er hatte seine Blüte zwischen der Sueskrise 1956 und dem Sechstagekrieg 1967 und ist untrennbar verbunden mit einem spezifischen Personenkult um Nasser.

Arabischer Sozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nasser mit Zhou Enlai (1963)
Nasser mit Chrustschow (1964)
Che Guevara, ASU-Generalsekretär Ali Sabri und Nasser (1966)

Trotz gewisser Gemeinsamkeiten, scheinbar ähnlicher Ziele und wiederholter Allianzen unterschieden sich die beiden Hauptformen des arabischen Sozialismus und des Panarabismus - Nasserismus und Baathismus - voneinander. Beiden Richtungen gemeinsam waren jedoch eine Kontrolle des Staates über die Wirtschaft und die Kontrolle einer staatlichen Einheitspartei über die Gesellschaft, während Staat und Partei wiederum vom Militär kontrolliert wurden. Außenpolitisch lavierten sowohl Nasserismus als auch Baathismus als nichtpaktgebundene Blockfreie zwischen Ostblock und westlicher "Freier Welt".

Definitionsversuche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Dritte-Welt-Lexikon des Politikwissenschaftlers Dieter Nohlen wird Nasserismus folgendermaßen definiert[1]:

Der Nasserismus gehört zu den zahlreichen Theorievarianten des Dritten Weges zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Charakteristisch für den Nasserismus ist, daß die Theorie auf die politische Aktion folgte... Erst mit seiner "Charta der Nationalen Aktion", 1962 vom "Volkskongress der fortschrittlichen Kräfte" verabschiedet, gelang es Nasser, einen einigermaßen kohärenten ideologischen Rahmen zu schaffen. Nasser definierte diese säkulär-nationalistische und zugleich religiös-panarabische Ideologie als Sozialismus mit der Begründung, "der Islam ist nicht nur eine Religion, sondern auch ein weltliches System, das auf Erden Gerechtigkeit walten läßt, Gleichheit und gleiche Chancen zur alle garantiert". Durch seine Berufung auf die islamische Tradition und dem Islam immanente sozialistische Elemente grenzte er sich allerdings nachdrücklich sowohl gegen den Marxismus als auch gegen die europäische Variante des Sozialismus ab und suchte mit dem 1957 propagierten "Demokratischen kooperativen Sozialismus" einen "Dritten Weg". Weitaus schlüssiger als der "Arabische Sozialismus ägyptisch-nasserischer Prägung", den man unter Nasserismus verstehen kann, sind die außenpolitischen Elemente des Nasserismus, die sich in den Zielsetzungen Antiimperialismus und "Positive Neutralität" im Sinne der Blockfreienbewegung ausdrücken.

Nohlen: Lexikon Dritte Welt

Die Haltung der Baath-Partei zur ägyptischen Revolution war zunächst abwartend. Noch zu Beginn des Jahres 1956 hatte Parteigründer Michel Aflaq das Regime der "Freien Offiziere" als "fortschrittlich, ... [aber] auf halbem Weg stehend zwischen der Reaktion... und dem... revolutionären Umbruch" definiert[2]. Nach der Sueskrise wurden jedoch auch die meisten Baath-Führer in den Bann Nassers gezogen. Sie beteiligten sich an einem Umsturz in Syrien, der Präsident Schukri al-Quwatli 1958 zur Union mit Ägypten zwang, und unterwarfen sich sogar Nassers Parteienverbot, weshalb sich die Baath-Partei (zumindest die syrische Sektion) zunächst auflöste.

Später schätzen Baathisten den Nasserismus ähnlich kritisch wie Nohlen ein[3]:

Die Nassersche Revolution in Ägypten... schälte den Kern einer intellektuellen und politischen Strömung heraus, welche dem Ba'th ideologisch nahestand, ... was den Einheitskampf gegen den Kolonialismus und den Zionismus... anbetraf... [Diese Entwicklung] fand seinen Ausgangspunkt in der gefühlsmäßigen Anziehungskraft der charismatischen Persönlichkeit Nassers, dessen mutige antikolonialistische Stellungnahmen der arabischen Bewegung für nationale Befreiung einen zusätzlichen Aufschwung verliehen hatte... Später reduzierte sich der Nasserismus jedoch zu einer Art blinden Personenkults. Nassers Forderungen und Stellungnahmen wurden unüberdacht angenommen, verteidigt und weder irgendeiner Prüfung, noch einer Kritik oder irgendeiner Diskussion unterworfen. So verdarb sich der Nasserismus... in einem solchen Ausmaß selbst, daß er zu einer demagogischen Bewegung wurde, die nur noch auf dem Absingen von Parolen über Sozialismus, Freiheit und Einigkeit basierte, und das zu keinem anderen Zweck, als die arabischen Massen zu der zu nichts führenden Loyalität dem herrschenden Regime in Ägypten gegenüber zu bewegen. Indessen brachten diese Parolen in keinem Fall eine Ideologie, die den Notwendigkeiten des Kampfes und der Interessen der Proletarierklassen... Rechnung trug, zum Ausdruck... So wurde das arabische revolutionäre Konzept im Falle des Nasserismus zu einem bloßen Werkzeug im Dienste der Regimeinteressen, während sich das Regime eigentlich selbst in den Dienst des Konzepts hätte stellen müssen... Was die "Klassen"-Idee anbetraf, so wurde sie vom Nasserimus unter der Form einer "Zusammenarbeit der Klassen" hochgehalten, die von der jugoslawischen Erfahrung, nach der alle aktiven Volkskräfte in einem einzigen Kampf vereinigt werden sollten, inspiriert worden war. Diese Idee... befand sich mit dem Begriff des Klassenkampfes, auf dem das sozialistische Denken fußt, im Widerspruch.

Elias Farah: Das arabische Vaterland nach dem Zweiten Weltkrieg

Nassers Panarabismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nasser spricht 1961 im syrischen Hims zu den Massen
Auf dem Kairoer OAU-Gipfel 1964 wurde Nasser zum Vorsitzenden gewählt

Der Baathismus war ideologisch entwickelter und verfestigter als ein vor allem auf die Person Nassers zugeschnitter und zunächst noch unscharfer Populismus, weil der Baathismus bereits entstanden und ausgeformt (und bereits untereinander in einen "rechten" und einen "linken" Flügel zerstritten) war als Nasser noch zwischen verschiedenen revolutionären und nationalistischen Einflüssen schwankte. Dabei schien der Baathismus zunächst flexibler zwischen den Groß- und Supermächten zu agieren, derer er sich pragmatisch bediente, während Nasser eher seine Ideologie pragmatisch auf die ihn unterstützenden Mächte abstimmte. Die Freundschaft mit der Sowjetunion, China, Jugoslawien usw. hinderte Nasser allerdings nicht an der Unterdrückung der ägyptischen Kommunisten. Noch im März 1965 hatte Nasser erklärt, weder Kommunismus noch Atheismus zu dulden.

Dabei waren auch Nassers Basis, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte, die Arbeiter und Bauern, also das Industrieproletariat und die Masse der Fellachen, während der Baathismus seine Wurzeln zunächst eher in der kleinbürgerlichen Intelligenz hatte. Nassers Basis war zunächst noch sunnitisch-muslimisch, während sich der Baathismus als säkuläre Ideologie sowohl für Christen und Muslime, als auch für Sunniten und Schiiten verstand. Auch Nassers ab 1961 stärker säkuläre Ausrichtung und daraus resultierende Differenzen mit den Muslimbrüdern nahmen allerdings rasch zu, während der arabische Sozialismus zumindest der irakischen Baath-Partei nach dem Tod des Parteigründers Michel Aflaq wieder mehr islamisch-sozialistisch geprägt sein sollte.

Differenzen zwischen Nasser, Baathisten und Kommunisten bestanden auch in der Frage, ob die soziale Befreiung oder die arabische Einheit Vorrang haben sollte. In dieser Frage waren zwar auch syrische und irakische bzw. "rechte" und "linke" Baathisten zerstritten, letztlich allerdings setzten fast alle Baathisten die Entwicklung im eigenen Land an erste Stelle, während Nasser ähnlich dem Konzept der Weltrevolution bzw. der Theorie der permanenten Revolution soziale Reformen zunächst der arabischen Einheit unterordnete und damit von den ungelösten sozialen Problemen in Ägypten ablenkte. Nach dem Scheitern der Union mit Syrien (1961) und auch ihrer Neuauflage von 1963 vollzog Nasser eine Neuorientierung, die arabische Einheit war nicht mehr das Primärziel, der Aufbau des Sozialismus sollte nun erst die Voraussetzungen für diese Einheit schaffen. Nassers Bruch mit den Baathisten 1963, die Wahl Nassers zum Präsidenten der Organisation für Afrikanische Einheit 1964, die 1965 parallel zur (letztlich erfolglosen) Gründung des Gemeinsamen Arabischen Marktes erfolgte Warnung vor einer übereilten arabischen Vereinigung und der Rückzug aus dem Nordjemenitischen Bürgerkrieg 1967 waren Ergebnisse dieser Kehrtwendung...

... Verrat bzw. Mißbrauch, Sonderinteressen... Einheit des Niltals, Dominanz in Syrien und am Roten Meer, Sicherung der Erdölversorgung aus den Golfstaaten... So deckte sich das Einheitsstreben zumindest im ostarabischen Raum mit den Interessen Ägyptens.

Nassers Drei-Kreise-Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nassers Drei-Kreise-Theorie

Doch Nasser sah die historische Mission der ägyptischen Revolution nicht allein in der arabischen Einheit. Ausdruck der Bemäntelung der ägyptischen Sonderinteressen war eine Dreifachorientierung („triple orientation“) der Nasser´schen Außenpolitik.

  • Entsprechend Nassers 1954 veröffentlichter „Drei-Kreise-Theorie“ (Dreikreistheorie) befand sich Ägypten nicht nur in einem arabischen Umfeld, auch wenn dies der wichtigste Faktor war.[4]
  • Als Nilstaat, dessen Bruderland Sudan bis an den afrikanischen Dschungel grenzte, war es zugleich Teil eines afrikanischen Umfelds und Afrikas Tor nach Asien. Der Kampf Afrikas gegen Kolonialismus mußte auch in Ägyptens Interesse liegen.
  • Darüber hinaus lag Ägypten in einem größeren, islamischen Umfeld, das vom Nahen Osten bis nach Indonesien, China, Jugoslawien und in die Sowjetunion reichte. Diese islamische Welt müsse Ägypten in neuer politisch-wirtschaftlicher Stärke und wissenschaftlich-kultureller Blüte zu vereinen helfen, so wie es dies auch in der Vergangenheit stets getan habe.

Allein Ägypten könne daher die Führungs- bzw. „Heldenrolle“ in der arabischen, afrikanischen und islamischen Welt übernehmen, um schließlich nicht nur Araber, Afrikaner und Muslime, sondern die gesamte Menschheit in eine positive Zukunft zu führen. Daß diese Zukunft „sozialistisch“ sein müsse, war für Nasser bei seinem Amtsantritt noch kein Thema. Zunächst propagierte er allgemein eine wirtschaftliche Kooperation zum gegenseitigen Nutzen und Wohl aller arabischen, afrikanischen und muslimischen Nationen.

Nassers Sozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Millionen Kairoer demonstrieren 1967 gegen Nassers Rücktritt und für eine Fortsetzung des Kampfes
Der Assuan-Staudamm (mit Turm der Ägyptisch-Sowjetischen Freundschaft) wurde Nassers größtes Prestigeprojekt.[5]

Nach Auffassung sowohl von Nasseristen als auch Baathisten strebe der Islam eine als Sozialismus des Dritten Weges verstandene soziale Gerechtigkeit an. Um die Unterstützung auch konservativer Kräfte zu gewinnen (Moslembrüder, vor allem aber die Stämme im Nordjemen), identifizierte Nasser Islam, Revolution und Sozialismus miteinander[6] - eine gegenüber Moslembrüdern und Konservativen erfolglose Interpretation.

Die letztlich mit Hilfe des Ostblocks geförderte sozialistische Orientierung Ägyptens blieb bescheiden und konnte die sozialen Probleme nicht nachhaltig lösen, erzielte aber außerhalb Ägyptens dennoch eine Vorbildwirkung sozialistischer "Errungenschaften", die Nassers Charisma als Führer der arabischen Nation stärkte. Seine Ziele einer umfassenden Industrialisierung und Modernisierung Ägyptens bei gleichzeitig verstärktem wirtschaftlichen und militärischen Engagement in den arabischen Bruderländern überstiegen die Möglichkeiten Ägyptens und machten das Land und letztlich auch Nasser selbst von der Sowjetunion abhängig. Gleichzeitige Beziehungen zu den chinesischen Rivalen der Sowjetunion konnten diese Abhängigkeit nicht mindern. Auch die enge Bindung an die Sowjetunion, China, die Tschechoslowakei, Kuba, Jugoslawien, Indien und Indonesien verhinderten letztlich nicht die Niederlage im Sechstagekrieg. (Zudem machte die von 1967 bis 1975 andauernde israelische Sperrung des Suezkanals den wirtschaftlichen Vorteil des Nationalisierungstriumphes von 1956 zunichte.)

Die Attraktivität des Nasserismus nahm deshalb ab 1967 deutlich zugunsten des Baathismus, aber auch zugunsten der Moslembrüder bzw. islamistischer und panislamistischer Gruppen ab, wenn auch die ägyptischen Massen den von Nasser angebotenen Rücktritt ablehnten. Zwar war auch das syrische (linke) Baath-Regime durch die arabische Niederlage zunächst diskreditiert worden. Die (rechten) Baathisten Iraks profitierten jedoch davon, daß sie sich 1967 in der Opposition befunden hatten und stattdessen die Nasser-freundliche Regierung für die Niederlage verantworlich machen konnten. 1968 übernahmen sie wieder die Führung, und auch in Syrien wurden 1970 die linken Baathisten durch rechte Baath-Militärs verdrängt.

Mit Nassers Tod im September 1970 fand auch der an seine Person geknüpfte Nasserismus sein Ende, wenn auch fortan verschiedene Nachfolger an seinem Personenkult und seinen Idealen festhielten bzw. sein politisches Erbe beanspruchten und darüber einander zerstritten.

"Freiheit, Sozialismus, Einheit" contra "Einheit, Freiheit, Sozialismus"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die im Dezember 1962 von Nasser gegründete Arabische Sozialistische Union (ASU, arabisch: الاتّحاد الاشتراكى العربى, al-Ittiḥād al-Ištirākī 'l-ʿArabī) trat als fortan einzig zugelassene Einheitspartei an die Stelle aller bisherigen (aufgelösten oder verbotenen) Parteien Ägyptens. Ihr Kern war die Nationale Union, die wiederum aus der Bewegung Freier Offiziere hervorgegangen war, die zehn Jahre zuvor die Revolution in Ägypten angeführt hatte. Die Sowjetunion drängte im April 1965 schließlich auch die Kommunistische Partei Ägyptens zu der von Nasser ultimativ geforderten Selbstauflösung und zum Eintritt in die ASU. Im Unterschied zum Nasserismus und seiner alleinigen Einheitspartei ASU duldete der Baathismus sowohl im Irak als auch in Syrien durchaus die Existenz weiterer Parteien, sofern diese die Führungsrolle der Baath-Partei anerkannten und sich in eine vor allem als Verbreiterung der eigenen Massenbasis dienende gemeinsame Nationale Progressive Front einbinden ließen.

Die ASU sollte als Massenbewegung Nassers Nationalisierungspolitik, seine Bodenreform und eine soziale-demokratisch-säkuläre Umgestaltung Ägyptens unterstützen bzw. die Massen für diese Politik mobilisieren helfen. Generalsekretär wurde Ali Sabri, und innerhalb der ASU entstand aus Militärs und Polizisten eine Führungsschicht (Avantgarde), die Militär und Polizei kontrollierte. Nach den durch wirtschaftliche Engpässe und demokratische Defizite ausgelösten sozialen Protesten 1969 erwies sich die ASU als zunehmend unwirksam. Nassers Nachfolger Sadat ließ 1975 die Bildung von Plattformen innerhalb der ASU zu, aus denen 1976 legale Parteien wurden, während sich die ASU 1977 auflöste.

Ägypten und Syrien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Syriens Premier Salah Bitar (li.) und Präsident Louai al-Atassi zu Einheitsgesprächen mit Nasser (re.) in Kairo (mit Atassis Rücktritt endete im Juli 1963 die Allianz zwischen Baathisten und Nasseristen)

Auch in Ägyptens potentiellen Vereinigungspartnern Syrien und Irak entstanden Ableger der Arabischen Sozialistischen Union. In Syrien hatten sich schon 1958-1961 alle Parteien zugunsten der Union auflösen müssen. Sozialisten und Baathisten hatten sich widerwillig gefügt, waren aber darüber intern zerstritten, die Kommunisten und Regionalisten hatten opponiert. Nach dem Ende der Union dominierten die Baath-Partei und andere wieder- bzw. neuentstandene Parteien. Ein Bündnis aus Baathisten und Nasseristen stürzte im März 1963 jene Separatisten, die 1961 die Union beendet hatten, doch nach einem nasseristischen Putschversuch im Juli 1963 (18. bis 23. Juli, Oberst Jassem Alwan) festigten rechte Baath-Offiziere ihre Macht, die eine Führung durch Nasser ablehnten. Baath-Chefideologe Jamal al-Atassi trat daraufhin aus der Partei aus und gründete 1964 einen syrischen Ableger der Arabischen Sozialistischen Union.

Die syrische ASU befand sich fortan in der Situation einer Oppositionspartei, erklärtes Ziel war der Sturz der Baath-Partei und die Vereinigung mit Nassers Ägypten. Dennoch banden die regierenden Baathisten 1972 Nasseristen, Kommunisten, Regionalisten und Nationalisten als "Blockparteien" in eine Art "Koalition" (Nationale Progressive Front) ein. Nach kurzer Zeit spaltete sich die nasseristische ASU, ein Flügel unter Jamal a-Atassi gründete die Demokratische Arabische Sozialistische Union (DASU) und ging in die Opposition. Die ebenfalls nasseristische Partei der Sozialistischen Unionisten (al-Wahdawiyyun al-Ishtirakiyyun) verblieb in der Front. Im Zuge einer Öffnung des Regimes kehrte Jassem Alwan am 19. April 2005 aus dem Exil nach Syrien zurück.

Ägypten und Irak[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Iraks Informationsminister Abdul Karim Farhan (links, mit Karl-Günther von Hase) in Bonn, Mai 1964
Die Vereinigte Arabische Republik von 1963 scheiterte am Austritt Syriens, 1964 versuchten es Ägypten und Irak bilateral

Im Irak wurde die ASU nach dem Militärputsch vom 18. November 1963 und dem zwischenzeitlichen Sturz der Baathisten zu der von Präsident Abd as-Salam Arif bevorzugten und theoretisch einzig zugelassenen Partei, konnte sich aber faktisch nicht gegen die traditionell einflußreichen Parteien und Machtgruppen behaupten. Die im Juli 1964 gegründete irakische ASU kam über die Gründung von Vorbereitungskomitees nicht hinaus. Diese Komitees scheiterten an der Zielstellung, die bestehenden Parteien zu integrieren ebenso wie an der Aufgabe, die von Nasser und Arif geplante allmähliche wirtschaftliche, militärische und politische Vereinigung Ägyptens und Iraks voranzutreiben. Vorsitzender der irakischen ASU wurde ausgerechnet der ehemalige Generalsekretär der irakischen Baath-Partei, Fuad ar-Rikabi. Irakischer ASU-Generalsekretär wurde der General und Informationsminister Abdul Karim Farhan.

Zunächst waren im Mai 1964 ein gemeinsamer Präsidentschaftsrat, im September 1964 gemeinsame diplomatische Dienste und im Oktober 1964 eine darüber hinausgehende Vereinigte Politische Führung gegründet worden. Im Juni 1965 wurden der ägyptische Wappenadler und die ägyptische Nationalhymne übernommen. Eine gemeinsame Verfassung sollte erarbeitet und durch Volksabstimmungen angenommen werden, bis 1966 sollten Ägypten und Irak eine neue Vereinigte Arabische Republik bilden. Dafür folgte Arif Nassers Kurs staatlicher Nationalisierungen und sozialer Reformen und ließ Tahir Yahya eine Regierung aus Ex-Baathisten und Nasseristen bilden, die im Juli 1965 zerbrach. Daraufhin berief Präsident Arif mit Arif Abd ar-Razzaq sogar einen Nasseristen als irakischen Premierminister.

Doch nach kaum einer Woche im Amt putschte ar-Razzaq im September 1965, weil er mit dem dennoch erfolglosen Verlauf der geplanten Vereinigung unzufrieden war. Sein Sturz stärkte die antinasseristischen und baathistischen Militärs im Irak und mit Arifs Tod im April 1966 war das Projekt endgültig gescheitert, auch wenn ar-Razzaq noch im Juli 1966 gegen Arifs Bruder bzw. Nachfolger Abd ar-Rahman Arif einen weiteren Putschversuch unternahm und dieser Arif im August 1966 mit Nadschi Talib nochmals einen Nasser-freundlichen Premier berief. Im Oktober 1965 war auch ein Putschversuch des ASU-Generalsekretärs Abdul Karim Farhan gescheitert, im Oktober 1966 wurde die irakische ASU direkt der Regierung unterstellt. Dennoch wurden noch bis November 1966 die Zusammenkünfte der Vereinigten Politischen Führung fortgesetzt.

Arif wurde stattdessen im Juli 1968 durch einen Putsch baathistischer Militär gestürzt, die umgehend die ASU-Vorbereitungskomitees endgültig auflösten und ar-Rikabi ins Gefängnis warfen (wo er 1971 umkam). 1973-1979 banden auch die irakischen Baathisten ihre kommunistischen, regionalistischen und kurdischen Rivalen in eine Koalition der Progressiven Nationalen Front ein, organisierte Nasseristen gab es schon nicht mehr.

Nachfolger des Nasserismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Muammar al-Gaddafi mit seinem Idol Nasser (1969)
Flagge der nasseristischen Murabitun-Miliz im libanesischen Bürgerkrieg

Sadat contra Vizepräsident Ali Sabri und Muammar al-Gaddafi (seit 1971 auch libysche ASU), libanesische Murabitun-Miliz (Unabhängige Nasseristische Bewegung, Harakat al-Nasiriyyin al-Mustaqillin), syrische DASU (Jamal al-Atassi), in Ägypten die Arabische Demokratische Nasseristische Partei (Ex-ASU-ZK-Mitglied Farid Abdel-Karim, Parteichef Diya al-din Dawud), verstärkte Neuformierung des linksnationalistischen Lagers seit Mubaraks Sturz

Nassers „Drei-Kreise-Theorie“ wurde später von seinem Schüler Gaddafi aufgegriffen. Ein eigens dafür eingerichtetes „Historisches Forschungszentrum“ in Tripolis bemühte sich um eine Weiterentwicklung dieser Theorie bzw. um seine Anpassung auf Libyen und um eine Begründung seiner vermeintlichen Führungsrolle.

Auch in beiden Teilen Jemens gab es auch nach dem ägyptischen Rückzug aus Nordjemen nasseristische Parteien und deren Nachfolger. In Südjemen waren sie zusammen mit den Baathisten an der Regierung der Jemenitischen Sozialistischen Partei beteiligt, noch heute arbeitet die Nasseristische Organisation der Volkseinheit (al-Tantheem al-Wahdawi al-Sha'bi al-Nasseri) mit Baathisten und Sozialisten als linke Opposition zusammen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dieter Nohlen (Hrsg.): Lexikon Dritte Welt - Länder, Organisationen, Theorien, Begriffe, Personen, Seite 420. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1984
  2. Michel Aflak: Zur Lage in Ägypten (21. Januar 1956). In: Arabische Sozialistische Ba'th Partei: Auszüge aus Reden, Erklärungen und Interviews, Seite 147f. Varese (Italien) 1978
  3. Elias Farah: Das Arabische Vaterland nach dem Zweiten Weltkrieg. Arabische Sozialistische Ba'th-Partei, Pozzi Verlag, Varese (Italien), Januar 1977
  4. Nasser: Egypt´s Liberation, Seiten 87-114
  5. Zur Finanzierung des Staudamm-Baus war die vom Auslandskapital beherrschte Suezkanalgesellschaft nationalisiert worden - jenes Ereignis, das überhaupt erst den Nasserismus hatte aufkommen lassen.
  6. Martin Robbe, Gerhard Höpp: Welt des Islam - Geschichte und Alltag einer Religion, Seite 167f. Urania-Verlag Leipzig 1988

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gamal Abdul Nasser: Egypt´s Liberation - The Philosophy of the Revolution. Washington 1955
  • Heinz Halm: Die Araber - von der vorislamischen Geschichte bis zur Gegenwart, Seiten 111-114. Beck Wissen. München 2004
  • Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt, Seiten 482-489. Beck München 1987
  • Albert Hourani: Die Geschichte der arabischen Völker, Seiten 485-499. 2001
  • Lothar Rathmann (Hrsg.): Geschichte der Araber. Bände 5-7. Akademie-Verlag, Berlin 1980–1983
  • Dr. Elias Farah: Das Arabische Vaterland nach dem Zweiten Weltkrieg. Arabische Sozialistische Ba'th-Partei. Pozzi Verlag, Varese (Italien) 1977

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Roxanna/Nasserismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien