Benutzer:SPQT/Grundrententheorie

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Grundrententheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grundrententheorie ist eine Theorie der klassischen Nationalökonomie, welche sich mit dem Wesen der Grundrente auseinander setzt. Die Grundrente, Bodenrente, bei Marx auch Differentialrente oder des Öfteren einfach nur Rente, ist der Teil des Erlöses aus Produkten von Grund und Boden (Agrar- und Bergbauerzeugnisse), welcher der Klasse der Grundbesitzer zufällt.

Die Grundrente ist zentrales Thema bei vielen klassischen Ökonomen, unter anderem Thomas Robert Malthus, David Ricardo und Karl Marx. Die Betrachtung von Agrarerzeugnissen, neben industriellen Erzeugnissen, ist von großer Bedeutung: Natürliche Einflüsse (Fruchtbarkeit, Lage, etc.) können, bei gleichem Arbeitswert (siehe Abschnitt: Grundlagen) einer Warenart für starke Ertragsschwankungen sorgen.

Zudem erhöht sich bei einer Produktionserweiterung innerhalb eines gesamten landwirtschaftlichen Wirtschaftszweiges aufgrund steigender Nachfrage der resultierende Ertrag im Verhältnis zum Arbeitsaufwand allgemein unterproportional.

Ausgehend von der Differenz der schwankenen Erträge schließen einige klassische Ökonomen auf die Existenz des Bodens als (weiteren) Produktionsfaktor.

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundbaustein zum Verständnis der Grundrententheorie ist die Arbeitswertlehre. Die Arbeitswertlehre ist die elementare Grundlage der klassischen Nationalökonomie. Sie besagt, dass jede Ware einen objektiven Wert besitzt, gemessen an der Quantität Arbeit (ausgedrückt in Zeiteinheiten) die für die Produktion dieser Ware durchschnittlich aufgewendet werden musste. Die Preisbildung erfolgt somit auf Basis dieses Wertes, kann allerdings durch Angebot und Nachfrage schwanken (Marktpreis). Sind Angebot und Nachfrage (gesamtgesellschaftlich betrachtet) im Gleichgewicht, entspricht der Preis genau dem Wert, ausgedrückt in Größen einer anderen Ware (zum Beispiel Gold).


Siehe Hauptartikel Arbeitswertlehre


Des Weiteren wird bei allen Vertretern der klassischen Nationalökonomie eine Verteilung des Nationaleinkommens auf drei Einkommensklassen angenommen: Die Arbeiterklasse (Lohn), die Kapitalistenklasse (Gewinn, resp. Profit) und die Klasse der Grundbesitzer (Grundrente). Gesellschaftliche und ökonomische Ausgangssituation ist also folgende: Aller Grund und Boden ist auf Grundbesitzer verteilt. Um ohne Aufwand ein Einkommen (Grundrente) zu erzielen, wird das Land an Kapitalisten verpachtet, mit dem Ziel, dass diese in der Lage sind einen Teil ihres Erlöses an den Grundeigentümer abzuführen. Die Pächter (resp. Kapitalisten) stehen in freiem Wettbewerb und sind im Besitz der Produktionsmittel. Somit sind die (besitzlosen) Landarbeiter auf kontraktliche Lohnarbeit angewiesen.

Adam Smith' Theorie der Bodenrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adam Smith

Adam Smith (1723 – 1790), als Begründer der klassischen Nationalökonomie, definierte die Grundrente in seinem Hauptwerk „Wealth of Nations“ („Der Wohlstand der Nationen“) als „den Preis für die Nutzung von Grund und Boden“, welchen der Pächter (resp. Kapitalist) an den Grundbesitzer zu zahlen hat.[1] Smith schreibt weiter:

„Der Grundbesitzer ist bestrebt, die Bedingungen für die Pacht so anzupassen, dass dem Pächter nicht mehr vom Ertrag bleibt, als ausreicht, um sein Kapital zu erhalten, mit dessen Hilfe er Saatgut beschafft, Arbeiter bezahlt und Vieh und landwirtschaftliche Geräte kauft und ersetzt, und um den in der Nachbarschaft üblichen Gewinn einer Agrarinvestition zu erzielen.“[2]

Somit ist die Grundrente, laut Smith, die Differenz zwischen dem Ertrag des Erzeugnisses und den Kosten (der Arbeitskräfte und Produktionsmittel) plus Gewinn des Pächters. Sind beide Größen (in Geld ausgedrückt) gleich groß, kann dementsprechend keine Rente für den Grundbesitzer abfallen.

Letztgenanntes, so Smith, ist ein wichtiges Charakteristikum der Grundrente: Sie gehe nicht wie Lohn und Profit als Faktor in die Preisbildung mit ein:

„Hoher und niedriger Lohn und Gewinn sind die Ursache für einen hohen oder niedrigen Preis, während eine hohe oder niedrige Rente die Folge von ihm ist.“[3]

Unterteilung der Bodenprodukte nach der Höhe der Bodenrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adam Smith war neben seinen theoretischen Aussagen immer stark an empirischen Belegen dieser Aussagen interessiert und unterteilte die verschiedenen Bodenerzeugnisse seinerzeit in zwei Gruppen: Bodenprodukte, die immer eine Rente abwerfen und Bodenprodukte, die manchmal eine Rente abwerfen, mitunter aber auch nicht. Zur ersten Gruppe zählt er die Nahrungsmittel (hauptsächlich Getreide). Smith stützt diese Behauptung mit dem empirischen Beweis, dass selbst die unwirtlichsten Gegenden in Norwegen und Schottland eine Rente für ihre Grundbesitzer abwerfen, da Nahrungsmittel überall und jederzeit benötigt werden. Eine steigende Bevölkerungszahl steigere diese Tendenz, in Form verstärkter Nachfrage. Ebenso würden selbst bei hohen Löhnen wenige Arbeiter ausreichen, um einen genügenden Ertrag für eine Rente abzuwerfen. Die Rente werde zudem noch von zwei natürlichen Faktoren beeinflusst: Auf der einen Seite die Fruchtbarkeit des Bodens (vor allem für Agrarerzeugnisse bedeutend) und auf der anderen die Lage des Bodens. Ist der Boden weit entfernt von Städten (Bevölkerungskonzentration → Hauptabsatzgebiet), kann der Grundbesitzer aufgrund hoher Transportkosten auf keine allzu hohe Rente hoffen. Zur zweiten Gruppen zählt Smith Erzeugnisse des Bergbaus und jene Produkte, welche sekundäre Bedürfnisse des Menschen befriedigen (wie Kleidung und Wohnungen). Hier kommt es, laut Smith, mitunter vor, dass eine zu geringe Nachfrage den Preis drückt, so dass keine Rente für den Grundbesitzer abfällt. Als Beispiel benennt er die Betreiber (Pächter) zahlreicher Silberminen, die ihre Minen aufgeben, da der Preis aufgrund des Zuflusses aus der neuen Welt und der nicht Schritt haltenden Nachfrage immer weiter fällt.

Theorie der Grundrente aus der Sicht der Physiokraten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

David Ricardos Theorie der Grundrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

David Ricardo

David Ricardo (1772 – 1823) sagt einleitend, die Grundrente sei „jener Teil des Produkts der Erde, der dem Grundeigentümer für den Gebrauch der ursprünglichen und unzerstörbaren Kräfte des Bodens gezahlt wird“.[4]

Ricardo schließt sich grundsätzlich den Ausführungen von Adam Smith an, konkretisiert sie aber zum Teil noch. So greift er Smith' Erkenntnis auf, dass die Grundrente kein Baustein des Preises von Bodenprodukten sein kann und leitet daraus ab, dass es immer einen bewirtschafteten Grundbesitz geben muss, der keine Rente abwirft. Da der Preis einer Ware (z. B.: Getreide) sich von seinem Wert ableitet, der sich wiederum aus der aufgewandten Arbeit ergibt, kann es theoretisch möglich sein, dass es Getreide von verschiedenem Wert gibt. Wenn zwei Pächter mit gleichem Aufwand (gleiche Anzahl Arbeiter, gleiche Anzahl Arbeitsmittel etc.) auf zwei Böden mit unterschiedlicher Fruchtbarkeit wirtschaften, ist der Ertrag des Pächters, welcher den fruchtbareren Boden bewirtschaften lässt, höher als jener auf dem weniger fruchtbaren, aber beide haben den gleichen (Arbeits-)Wert.

Wenn also eine (geschlossene) Wirtschaft Boden von gegebener Fruchtbarkeit bewirtschaftet, nun aber (durch Bevölkerungswachstum) die Nachfrage das Angebot übersteigt (Preisanstieg), kommt die entsprechende Nation nicht umhin Boden schlechterer Fruchtbarkeit zu bewirtschaften. Sind Nachfrage und Angebot (auf dem erhöhten Niveau) wieder im Gleichgewicht, richtet sich der Preis (des Getreides) nach genau dem Getreide, welches auf dem Boden mit der niedrigsten Fruchtbarkeit angebaut wird. Der Preis reicht somit gerade aus, um das eingesetzte Kapital (plus Gewinn) für diesen Pächter (plus Gewinn) zu ersetzen, womit er keine Grundrente zahlen kann.[5]

Durch den somit gestiegenen Preis werden nun die Grundbesitzer besserer Böden in die Lage versetzt, von ihren Pächtern eine Rente einzufordern. Genau so viel, dass der verbleibende Teil deren eingesetztes Kapital plus Gewinn darstellt.

Im Zuge Ricardos Erläuterungen zur Grundrente betont er die inkonsequente Anwendung der Arbeitswertlehre einiger seiner Vorgänger (Adam Smith, Jean-Baptiste Say) auf den Komplex des Themas. Er stellt heraus, dass nur das Quantum Arbeit den Preis einer Ware beeinflusst und weder Profit noch Rente.[6]

Karl Marx' Theorie der Differentialrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Marx

Karl Marx (1818 - 1883) nimmt für seine Arbeiten an der Grundrente die Ausführungen Ricardos als Grundlage. Marx lobt diese, aber auch jene von Smith, ausdrücklich, was vor allem damit zusammenhängt, dass auch er sich den Aussagen der beiden anschließt.[7] Seine Theorie der Differentialrente ist lediglich deswegen von besonderer Bedeutung, da Marx sie zum einen in seine Analyse der Wertform (und der daraus resultierenden Verteilung des Werts in Lohn, Profit und Grundrente) eingliedern musste und zum anderen deutlich präzisere Ausführungen bezüglich der Rente und dem Einfluss diverser Faktoren (Kapitaleinsatz, Größe der Anbaufläche etc.) auf jene machte.

Marxens Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grundlage eines jeden Warenaustauschverhältnisses ist auch bei Marx die Arbeitswertlehre. Der Tauschwert einer Ware ergibt sich aus der auf jene Waren gesamtgesellschaftlich durchschnittlich nötigen verwendeten Arbeitszeit. Ziel der kapitalistischen Produktionsweise ist anschließend nun ein sogenannter Verwertungsprozess: Die Produktion eines (absoluten/relativen) Mehrwerts. Dies bedeutet genauer, dass der Kapitalist zur Produktion von Mehrwert (resp. Profit) gezwungen ist, den Arbeiter für sich Zusatzarbeit leisten zu lassen (durch Verlängerung oder Intensivierung der Arbeit(-szeit)), sprich: Den Arbeiter länger arbeiten zu lassen, als eigentlich nötig wäre, damit dieser sich reproduziert. Oder anders: Die vom Arbeiter geleistete Arbeit, und der daraus entspringende (Neu-)wert, wird in zwei Teile geteilt: Der eine Teil fällt dem Arbeiter zu (in Form des Arbeitslohnes), der andere Teil dem Kapitalisten (in Form des Mehrwertes). Es findet also, nach Marx, eine Ausbeutung der besitzlosen Arbeiterklasse statt: Der Profit (resp. Mehrwert) wird dadurch erzeugt, dass dem Arbeiter ein Teil seiner Arbeit unbezahlt bleibt. Der Lohn richtet sich, laut Marx, nach der Summe der Konsumgüter (der Summe der Preise), die der Arbeiter benötigt, um zu überleben, ergo: "sich zu reproduzieren". Was über diesen Betrag hinausgeht, fällt dem Kapitalisten zu. Die kapitalistische Produktionsweise setzt somit voraus, dass die direkten Produzenten (Arbeiter) von den Produktionsmitteln getrennt sind (Expropriation), dass eine bestimmte technologische Entwicklungsstufe der Zivilisation erreicht ist und dass die Arbeiterschaft auf ein vertragliches Verhältnis mit den Kapitalisten, also auf den Tausch ihrer Arbeitskraft gegen ein Entgelt, angewiesen ist.


Siehe Artikel Arbeitswertlehre (Karl Marx), Mehrwert, Das Kapital


Damit der Pächter überhaupt in der Lage ist, dem Grundbesitzer eine Rente zu zahlen, ist es notwendig, dass auch in der Agrarwirtschaft die kapitalistische Produktionsweise vorliegt. Dies bedeutet, dass auch die Landarbeiter (die Produzenten) von ihren Produktionsmitteln getrennt sind und eine freie Konkurrenz sowie Übertragbarkeit der Kapitale vorherrscht.[8]

Differentialrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Einzug der kapitalistischen Produktionsweise ist, laut Marx, die Erzeugung einer Grundrente das oberste Ziel der landwirtschaftlichen Produktion, wie es der Verwertungsprozess und die damit einhergehende Ausbeutung der Arbeiterklasse für die gesamte Kapitalistenklasse ist.

Die Grundrente, oder Differentialrente, ist ein Teil des Mehrwerts, der unbezahlten Arbeit, den der Pächter an den Grundbesitzer zahlt. Marx erläutert:

"Surplusprofit [wie die Grundrente einer ist], ... , wird immer produziert als Differenz [daher Differentialrente] zwischen dem Produkt von zwei gleichen Mengen Kapital und Arbeit, und dieser Surplusprofit verwandelt sich in Bodenrente, wenn zwei gleiche Bodenflächen mit ungleichen Resultaten beschäftigt werden."[9]

Somit stellt auch Marx heraus, dass die Grundrente Folge dieser Differenz ist und somit nicht als Baustein des Preises zu verstehen ist. Er hebt (ähnlich wie Ricardo) hervor, dass auch hoher (oder niedriger) Profit und Lohn nicht als Bausteine, sprich Ursache, eines hohen (oder niedrigen) Preises zu verstehen sind. Die Preisbildung richtet sich nach dem Produktionspreis (Kostpreis plus Durchschnittsprofit) und dieser wiederum nach der Quantität Arbeit, die auf eine Ware verwendet wurde. Dieser Wert zerfällt anschließend in die Teile Profit, Lohn und Grundrente. Marx wirft hier Smith und selbst Ricardo Inkonsequenz in der Anwendung der Arbeitswertlehre vor.

Ursachen für die Entstehung jener Differenz der Resultate sind:

  • die Lage (z.B.: Entfernung von den Hauptabsatzgebieten)
  • die Fruchtbarkeit
  • Unterschiede in der Belastung durch Steuern
  • Unterschiede in der technologischen Entwicklung
  • Ungleichheiten der Kapitalverteilung unter den Pächtern

Differentialrente I[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Darstellung seiner Theorie zieht Marx ein abstraktes Beispiel heran: Im ersten Teil seiner Untersuchung der Einflüsse, die die Höhe der Grundrente variieren lassen, konzentriert er sich auf die kapitalunabhängigen, natürlichen Einflüsse. Er definiert 4 Bodenklassen mit unterschiedlicher Fruchtbarkeit (und Lage). A, B, C und D seien diese 4 Typen, wobei Bodenart A die (relativ) unfruchtbarste und ungelegenste und D dementsprechend die fruchtbarste und bestgelegenste Art ist. A soll (z. Bsp. in einer Erntesaison) 1 Quarter Weizen abwerfen und die darauffolgenden Bodenarten in Reihenfolge jeweils einen Quarter mehr. Exemplarisch wird des Weiteren angenommen, dass der Preis des Getreides bei 3 Pfund Sterling (= 60 Schilling) liegt. Da A die schlechteste Bodenart ist und die Rente eine Differentialrente ist, entspricht dieser Preis genau dem Produktionspreis (Kostpreis plus Durchschnittsprofit) des Getreides des Bodens A. Der Produktionspreis ist also auf 60 Schilling gesetzt, sodass man nun annehmen kann, das eingesetzte Kapital (Kostpreis) betrage 50 Schilling und der Durchschnittsprofit 10 Schilling.

Man kommt zu folgender Übersicht:

Bodenart Produkt (in Quarters) Produkt (in Schillingen) Kapitalvorschuss Profit (in Quarters) Profit (in Schillingen) Rente (in Quarters) Rente (in Schillingen)
A 1 60 50 1/6 10 - -
B 2 120 50 1 1/6 70 1 60
C 3 180 50 2 1/6 130 2 120
D 4 240 50 3 1/6 190 3 180
Summe: 10 600 6 360

Während der Kapitalvorschuss (also das konstante und variable Kapital) konstant bleibt, ist das Produkt von B, C und D jeweils doppelt so groß, wie das der vorangegangenen Bodenart. Die Pächter dieser Böden sind in der Lage eine Rente zu zahlen: Gerade so viel, dass der verbleibende Teil Kapitalvorschuss und Durchschnittsprofit (der Pächter der preisbestimmenden, schlechtesten Bodenart) deckt. (siehe Tabelle: verbleibender Profit = Profit - Rente)

"Genesis der kapitalistischen Grundrente"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Marx unterzieht die Grundrente einer historischen Betrachtung und stellt dabei fest, dass die Grundrente an sich kein Ausdruck der kapitalistischen Produktionsweise ist. Sie hat im Laufe der Entwicklung lediglich ihre Erscheinungsform geändert oder, wie Marx es sagt: Sie hat ihre ursprüngliche Form verschleiert. Parallel macht er etlichen Vulgärökonomen den Vorwurf, Rente mit Gewinn zu verwechseln und diese nicht auseinander zu halten. Er bemängelt auch bei Smith und Ricardo, dass diese keine Anstrengungen unternommen hätten, die Rente unter historischen Gesichtspunkten einzuordnen. Einzig den Physiokraten spricht er die Leistung zu nachfolgende Unterschiede erkannt zu haben.

Arbeitsrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Was Marx retrospektiv als Arbeitsrente bezeichnet, ist das Produkt der sogenannten Fronarbeit. Zu Frondiensten waren im Mittelalter Leibeigene bzw. unfreie Bauern verpflichtet, wenn es von ihren Lehnsherren gefordert wurde. Nach Marx ist diese die Reinform der Grundrente. Zwischen Grundbesitzer und Arbeiter befindet sich kein "Mittelsmann" und die Ausbeutung findet, für den Beobachter sichtbar, direkt durch das Leisten von Zusatzarbeit statt. Der Unfreie oder Leibeigene bewirtschaftet den ihm überlassenen Boden für sich selbst, um des Weiteren einen anderen Teil (einer Woche) für den Grundbesitzer zu arbeiten. Die Mehrarbeit ist hier noch augenscheinlich.

Produktenrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem fortschreiten der kulturellen Entwicklung in Europa ändert die Rente ihre Erscheinungsform, jedoch nicht ihr Wesen. Wie Marx sagt, wird die Rente nun "durch Gesetz statt durch die Peitsche" eingefordert. Durch den hinzugewonnenen rechtlichen Freiraum der Produzenten (Bauern) nimmt die Rente nun zunehmend Warenform an. Die Rente drückt sich also folglich nicht in erzwungener Mehrarbeit, sondern subtiler in einem Teil der erzeugten Produkte aus.

Geldrente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geldrente ist nahe an der Produktenrente, mit dem bedeutenden Unterschied, dass eine Rente in Geldform neben einer Geldzirkulation einen aktiven Handel, einen Markt und, daraus resultierend, die Existenz eines Marktpreises voraussetzt. Mit der Loslösung vom Abverlangen direkter Mehrarbeit hin zum reinen kontraktlichen Geldverhältnis in welchem sich die Rente darstellt, hält die kapitalistische Produktionsweise Einzug. Mit der Umformung der Rente in Geldrente tritt nun die Kapitalistenklasse als dritte Partei zwischen Grundbesitzer und Arbeiter. Diese Entwicklung wird maßgeblich durch die Silberinflation aus der neuen Welt beeinflusst. Steigende Preise und starre Renten erhöhen die Profite einzelner Bauern und Pächter, was zu einer Zentralisation der Landwirtschaft und einer schnellen Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise führt.

Anderweitige Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bedeutung der Grundrente im politisch-historischen Kontext[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ricardos "Essay über den Einfluss eines niedrigen Getreidepreises auf den Kapitalprofit"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1815 veröffentlichte David Ricardo seinen Essay über den Einfluss eines niedrigen Getreidepreises auf den Kapitalprofit: Ein Nachweis der Unzweckmäßigkeit von Einfuhrbeschränkungen. Es war die Vorlage seiner späteren Ausführungen über die Grundrente, den Lohn und den Profit in seinem Hauptwerk Über die Grundsätze der Politischen Ökonomie und der Besteuerung. Das Essay richtet sich vornehmlich gegen die damals merkantilistisch geprägte Schutzzollpolitik auf Getreide und deren negative Effekte für die gesamte englische Volkswirtschaft.

Ricardo erklärt eingangs die Bedingungen für die Existenz einer Grundrente, die in den Differenzen der Fruchtbarkeit von Böden zu finden sind. Er zieht zur Erläuterung einen hypothetischen Fall heran: Bei der Besiedelung eines Landes werden zuerst die Böden von bester Lage und Fruchtbarkeit bestellt. Durch die Zunahme der Bevölkerung wird eben jene gezwungen, die Bebauung auf schlechtere Böden auszudehnen. Dadurch steigt der Aufwand für die Getreidebeschaffung und der Preis (Tauschwert) steigt (ceteris paribus!). (Siehe Ricardos Grundrententheorie)

Ricardo schildert schließlich die dargestellte Wirkung des Angeführten an seiner Heimat: Die britische Legislative erließ Schutzzollgesetze, die die Einfuhr von Getreide limitierten, erschwerten oder gar komplett untersagten. Somit war der britische Getreidemarkt für ausländische Anbieter abgeschottet. Das britische Getreide war, verglichen mit ausländischem, teuerer. Einer eventuell steigenden Nachfrage (etwa durch wachsende Bevölkerung) könnte zudem nur auf dem Wege einer Bebauung schlechteren Bodens geschehen. Dies ginge mit Preisteigerungen einher, sofern diese nicht durch bessere Arbeitsmethoden kompensiert werden könnten. Durch die Einfuhrverbote wurden die Preise hoch gehalten, da eine Einfuhr billigeren ausländischen Getreides nur zum Leidwesen der englischen Landwirtschaft möglich gewesen wäre.

Von diesen vergleichsweise hohen Preisen profitierten vor allem die Grundbesitzer: Durch die Bebauung schlechterer Böden und dem hohen bzw. steigendem Preis für Getreide wurde nicht nur die Rente der relativ besseren Böden erhöht, das Getreide hatte auch einen höheren Tauschwert. Da der Lohn der arbeitenden Bevölkerung nach Ricardo von dessen Verbrauch abhängig ist und somit in gewisser Weise an den Getreidepreis gekoppelt ist, wäre ein Anstieg der Preise unweigerlich mit einem Anstieg des allgemeinen Lohnniveaus verbunden. Dies führe laut Ricardo zu einem sinken der allgemeinen Profitrate.

Im umgekehrten Fall, also einer freien Einfuhr von Getreide, wären die Grundbesitzer die Verlierer: Das ausländische Getreide würde das teurere Englische vom Markt verdrängen und eine Steigerung der Nachfrage könnte von ausländischen Anbietern getragen werden. Der sinkende und letzlich niedrigere Getreidepreis würde die Zahlung von Renten an englische Grundbesitzer verringern oder ganz unmöglich machen. Ricardo fasst zusammen: Eine hohe Rente geht mit niedrigen Profiten einher, eine niedrige Rente mit hohen Profiten. Die Interessen von Grundbesitzern sind somit den Interessen der Kapitalisten (Pächter) und denen der Arbeiterschaft entgegengesetzt. Für Ricardo lautet die Lösung also: Freier Handel und daraus resultierende Einfuhr billigeren Getreides aus dem Ausland.

Dieser rein wirtschaftlichen Ansicht wurden häufig politische Argumente entgegengebracht: Da Großbritannien (vornehmlich England) aufgrund seiner aufwendigen Landwirtschaft und seines teuren Getreides bei einer Öffnung des Handels zwangsweise zu einem Einfuhrland werden würde, geriete es zunehmend in die Abhängigkeit vom Ausland was die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln anging. Im Falle eines Krieges mit einem getreideliefernden Land könnte dies nachteilig sein. Dieser Grund wiegte so schwer, dass sich sogar der bekennende Liberale Thomas Robert Malthus gegen eine Getreideeinfuhr aussprach. Desweiteren war die Angst vor einer Welle des Ruins im Agrarsektor so groß, dass eine politische Umsetzung des liberalen Konzepts von Ricardo, angesichts des von Grundbesitzern dominierten Unterhauses, unmöglich war.

Brisanz hatten Ricardos Forderungen vor allem vor dem Hintergrund des erst kürzlich gewonnenen Krieges gegen Napoleon. Im Falle einer freien Getreideeinfuhr würde man sich unmittelbar in die Abhängikeit des Erzfeindes Frankreich begeben.

Ricardo konterte diese Argumente mit dem Fakt, dass selbst Napoleon in Zeiten des Krieges keine Ausfuhrverbote von Getreide gegen Großbritannien verhängte. Großbritannien hatte die Einfuhr während des Krieges gestattet. Allgemein merkt Ricardo an: Der britische Markt und seine Nachfrage nach Getreide und Rohstoffen wäre so wichtig für das Ausland, das es sich wenige Ländern langfristig leisten könnten Ausfuhrverbote zu verhängen. Der Untergang eines Großteils der englischen Landwirtschaft wird von Ricardo natürlich nicht geleugnet, auch sieht er das Problem einer schmerzlichen Umstellung der gesamten Wirtschaft. Das herausgezogene Kapital (aus der Landwirtschaft) und die steigenden Profite im industriellen Gewerbe könnten jedoch eine Dynamik entfachen, die diesen Prozess verkürzt und am Ende kompensiert und gar Großbritanniens wirtschaftliche Position gegenüber dem Ausland noch verbessert.

Bedeutung der Grundrententheorie für die Neoklassik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

→ siehe Literatur
  1. , Wohlstand der Nationen S. 125
  2. , Wohlstand der Nationen S. 125
  3. , Wohlstand der Nationen S. 126 ff.
  4. , Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung S. 57
  5. , Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung S. 58 ff.
  6. , Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung S. 66/67
  7. , MEW Band 25 S. 628
  8. , MEW Band 25 S. 627 ff.
  9. , MEW Band 25 S. 662

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen: Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen (1776), München: Deutscher Taschenbuchverlag, ISBN 342330149X (11. Auflage Juni 2005), nach der 5. Auflage von 1789 (Originaltitel: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations)
  • David Ricardo: Über die Grundsätze der Politischen Ökonomie und der Besteuerung (1817), Marburg: Metropolis-Verlag, ISBN 389518540X (2. Auflage 2006) (Originaltitel: On the Principles of Political Economy and Taxation)
  • Karl Marx und Friedrich Engels: MEW 25: Das Kapital Band III Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion (1895), Berlin: Dietz Verlag, ISBN 3320002643 (Juli 2008)