Bernd Lindner (Soziologe)

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Bernd Lindner, Foto vom März 2015

Bernd Lindner (* 20. November 1952 in Lutherstadt Wittenberg) ist ein deutscher Kulturhistoriker, Kultursoziologe, Autor und Kurator.

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bernd Lindner studierte von 1974 bis 1978 Kulturwissenschaft, Literaturwissenschaft und Soziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Anschließend war er von 1978 bis 1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig in der Kultur- und Medienforschung tätig.

Lindner wurde 1985 zum Dr. phil. an der Humboldt-Universität promoviert mit einer Arbeit über Leseverhalten Jugendlicher in der DDR (veröffentlicht 1989). Von 1990 bis 1992 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Jugendinstitut München/Außenstelle Leipzig, von 1992 bis 1994 Habilitations-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1995 wurde Bernd Lindner an der Universität Karlsruhe habilitiert mit einer Arbeit über die Rezeption bildender Kunst im Osten Deutschlands von 1945 bis 1995 (veröffentlicht 1998). Im Jahr 2001 verlieh die Universität Karlsruhe (heute Karlsruher Institut für Technologie) Lindner die außerplanmäßige Professur für Kultur- und Jugendsoziologie.

Von 1994 bis Ende 2015 war Bernd Lindner wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, das zur Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gehört. Dort war er als Kurator zeit- und kulturgeschichtlicher Ausstellungen tätig und zugleich für die Sammlungsbereiche Fotografie, bildende Kunst und Gebrauchsgrafik zuständig.

Publizistische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bernd Lindner ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen und Sachbücher zu Themen der Kultur-Geschichte, der DDR-Geschichte sowie der Kunst- und Jugendsoziologie. Im Mittelpunkt seiner Forschungs- und Publikationstätigkeit stehen Jugendgenerationen, Geschichte der Friedlichen Revolution 1989/90 in der DDR, politische Kultur der Straße, Populär- und Alltagskultur – mit den Schwerpunkten Rockmusik und Comic – sowie Fragen der Kunstrezeption und der geschichtlichen Relevanz bildender Kunst.

Arbeiten zur Fotografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Schwerpunkt in Bernd Lindners Arbeit stellt die Beschäftigung mit der Fotografie dar, insbesondere der sozialdokumentarischen und der journalistischen Fotografie der DDR. Er verfasste Basistexte dazu sowie Vorworte und Beiträge bei Fotobänden und Internetpräsentationen für folgende Fotografen:

Mahmoud Dabdoub (2003 und 2011)[1], Erich Rinka (2007), Herbert Schulze (2008), Gerhard Gäbler (2009, 2010, 2011 und 2015)[2], Peter Langner, Sieghard Liebe, Sylvia Marita Plath und Norbert Vogel (alle 2011)[3], Erich Schutt (2012), Edith Tar (2014)[4], Günter Starke (2016), Harald Kirschner (2017)[5], Wendelin Bottländer[6] und Bernd Cramer (beide 2019)[7], Günter Krawutschke und Jürgen Matschie (beide 2020)[8] sowie Peter Leske[9] und Jürgen Nagel (beide 2021)[10][11]. Lindner eröffnete Ausstellungen vieler dieser Fotografen und war beratend an der Bildauswahl ihrer Fotobände beteiligt.

Mosaik und Johannes Hegenbarth[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Mosaik-Schöpfer Johannes Hegenbarth (alias Hannes Hegen; * 16. Mai 1925; † 8. November 2014) entschloss sich nach dem Tod seiner Ehefrau Edith Hegenbarth geb. Szafranski (1924–2008), dass das künstlerische Werk seiner Frau und sein eigenes in der Obhut eines Museums dauerhaft vereint bleiben sollen. Nach erfolgloser Suche in Berlin wurde er auf das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig in Leipzig aufmerksam. Dessen damaligen Mitarbeitern Bernd Lindner und Rainer Eckert – beide aufgewachsen mit dem Mosaik – gelang es, nachhaltig das Vertrauen der zurückhaltenden Künstlerpersönlichkeit zu gewinnen. So unterzeichnete Hegenbarth am 14. Juli 2009 in seinem Haus die Schenkungsurkunde des Œuvre des Künstler-Ehepaares Edith und Johannes Hegenbarth an die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (zu der auch das Museum in Leipzig gehört).[12]

Hegenbarths Vertrauen zur Bernd Lindner war so nachhaltig, dass er Lindner autorisierte, seine Biographie zu verfassen, an deren Entstehung er bis zu seinem Tod mitwirkte.[13]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lindner lebt und arbeitet in Leipzig.[14][15][16]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bernd Lindner hat zahlreiche Bücher sowie nach eigenen Angaben mehr als 350 Buchbeiträge und Zeitschriftenaufsätze verfasst und veröffentlicht:

Als Autor und Herausgeber (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Mosaik von Hannes Hegen – Comic in der DDR – Die Geschichte hinter dem Bild. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2022, ISBN 978-3-948643-67-6.
  • Über Mauern – Teilung, Friedliche Revolution und Deutsche Einheit in der bildenden Kunst. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2021, ISBN 978-3-8389-7222-0.[17]
  • Wir bleiben … das Volk! Losungen und Begriffe der Friedlichen Revolution 1989, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2019 und Stiftung Aufarbeitung, Berlin 2019, ISBN 978-3-946939-77-1
  • Nähe + Distanz, Bildende Kunst in der DDR. 183 Seiten, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und Stiftung Aufarbeitung, Berlin und Erfurt 2017. ISBN 978-3-946939-14-6[18][19]
  • Die drei Leben des Zeichners JoHANNES HEGENbarth. (Mitarbeit Irene Kahlau und Rainer Kruppa). Tessloff Verlag, Nürnberg 2015, ISBN 978-3-7302-2015-3 sowie durchgesehene und stark erweiterte Taschenbuch-Ausgabe 2017, ISBN 978-3-7302-2021-4
  • Widersprüchliche Bildwelten. Journalistische Fotografie in der DDR. In: Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur (Hrsg.): Geschlossene Gesellschaft. Künstlerische Fotografie in der DDR 1945–1989. Kerber Verlag Bielefeld/Berlin 2012, ISBN 978-3-86678-688-2
  • Serien im eigenen Auftrag. Sozialdokumentarische Fotografen in den 1980er Jahren. In: Thomas Liebscher (Hrsg.): Leipzig. Fotografie seit 1839. Passage-Verlag, Leipzig 2011, ISBN 978-3-938543-83-2
  • Die demokratische Revolution in der DDR 1989/90. 5., aktualisierte Auflage. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, ISBN 978-3-8389-7033-2
  • DDR Rock & Pop. 2. Auflage. Komet Verlag, Köln 2008, ISBN 978-3-89836-715-8
  • Die Generation der Unberatenen. Zur Generationenfolge in der DDR und ihren strukturellen Konsequenzen für die Nachwendezeit. In: Annegret Schüle, Thomas Ahbe, Rainer Gries (Hrsg.): Die DDR aus generationengeschichtlicher Perspektive. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2006, ISBN 3-937209-60-3
  • Ein Land – zwei Bildwelten. Fotografie und Öffentlichkeit in der DDR. In: Karin Hartewig, Alf Lüdtke (Hrsg.): Die DDR im Bild. Zum Gebrauch der Fotografie im anderen deutschen Staat. Wallstein Verlag Göttingen 2004, ISBN 3-89244-790-X (auch erschienen in der Zeitschrift Deutschland Archiv, Heft 4/2004).
  • “Bau auf, Freie Deutsche Jugend” – und was dann? Kriterien für ein Modell der Jugendgenerationen der DDR. In: Jürgen Reulecke (Hrsg.): Generationalität und Lebensgeschichte im 20. Jahrhundert. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003, ISBN 3-486-56747-0
  • Abbild und Einmischung. Sozialdokumentarische Fotografie in der DDR. In: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Zeitgeschichtliches Forum Leipzig (Hrsg.): Foto-Anschlag. Vier Generationen ostdeutscher Fotografen. E.A. Seemann Verlag Leipzig 2001, ISBN 3-363-00758-2
  • Verstellter, offener Blick. Eine Rezeptionsgeschichte bildender Kunst im Osten Deutschlands 1945–1995. Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 1998, ISBN 3-412-06198-0
  • Zum Herbst ´89. Demokratische Bewegung in der DDR (Hrsg.). Forum Verlag, Leipzig 1994, ISBN 3-86151-062-6
  • Rückblende. Museumsbesucher und Besucherforschung in der DDR (Hrsg. mit Hans-Joachim Klein). Karlsruher Schriften zur Besucherforschung, Heft 2. Karlsruhe 1991. ISSN 0939-8031
  • Gegenwartsliteratur und junge Leser – eine literatursoziologische Studie. (= Schriftenreihe zur Kinderliteratur. Heft 23). Berlin (Ost) 1989

Als Ko-Autor und Herausgeber (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit PM Hoffmann (Zeichner): Anders sein oder Der Punk im Schrank. Graphic novel, Ch. Links Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-96289-045-2
  • mit Günter Starke (Fotografie): Offene Türen. Wohnen und Leben in der Dresdner Neustadt 1982 bis 1996. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2016, ISBN 978-3-95462-732-5
  • mit PM Hoffmann (Zeichner): Herbst der Entscheidung. Eine Geschichte aus der Friedlichen Revolution 1989. Graphic novel. 2., durchgesehene Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-86153-775-5
  • mit Mark M. Westhusen: Von Müllstation zu Größenwahn. Punk in der Halleschen Provinz. (= Mitteldeutsche Kulturhistorische Hefte. Nr. 11). Halle 2007, ISBN 978-3-939468-21-9
  • mit Eckhart Gillen (Hrsg.): Klopfzeichen. Kunst und Kultur der 80er Jahre in Deutschland. Faber & Faber, Leipzig 2002, ISBN 3-932545-47-8
  • mit Ralph Grüneberger: Demonteure. Biographien des Leipziger Herbst. Aisthesis Verlag, Bielefeld 1992, ISBN 3-925670-69-6
  • mit Imbke Behnken und Jürgen Zinnecker u. a.: SCHÜLERSTUDIE ´90. Jugendliche im Prozeß der Vereinigung. Juventa, Weinheim / München 1991, ISBN 3-7799-0189-7
  • mit Helmut Göhler und Dietrich Löffler (Hrsg.): Buch – Lektüre – Leser. Erkundungen zum Lesen. Aufbau-Verlag, Berlin / Weimar 1989, ISBN 3-351-01481-3

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dig, Dag, Digedag. DDR-Comic „Mosaik“ vom 17. Februar bis 28. Mai 2012 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, vom 11. April bis 3. August 2014 im Museum in der Kulturbrauerei in Berlin und vom 27. September 2014 bis 1. März 2015 im Verkehrsmuseum Dresden; Mitarbeit.
  • Mit 17 … Jung sein in Deutschland. Leipzig und Bonn 2011 bis 2012.
  • Auf den Spuren der Digedags. Erste Erkundungen. Leipzig 17. März bis 16. Mai 2010; Mitarbeit.
  • Bilder zur Friedlichen Revolution. Malerei – Grafik – Plastik. Leipzig 2009.
  • Versuch dich zu erinnern – Marius Müller-Westernhagen. Leipzig 2006.
  • Rock! Jugend und Musik in Deutschland. Leipzig, Bonn, Berlin 2005 bis 2007 (mit Begleitband: ISBN 978-3-86153-387-0).
  • Mauersprünge (Teilausstellung des Ausstellungsprojekts Klopfzeichen. Kunst und Kultur der 80er Jahre in Deutschland). Leipzig, Essen, Berlin 2002 bis 2003 (mit Begleitband).
  • Foto-Anschlag. Vier Generationen ostdeutscher Fotografen. Leipzig und Bonn 2001 bis 2002 (mit Begleitband, ISBN 3-363-00758-2).
  • Zum Herbst ´89. Demokratische Bewegung in der DDR. Leipzig, Berlin, Bremen 1994 bis 1996 (mit Begleitband).

Auszeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Grimme Online Award 2010 als wissenschaftlicher Berater und Textautor für die Internetseite „Das Wunder von Leipzig“ von Arte und MDR

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mahmoud Dabdoub. Abgerufen am 19. November 2021.
  2. Gerhard Gäbler. Abgerufen am 19. November 2021.
  3. Norbert Vogel. Abgerufen am 19. November 2021.
  4. Edith Tar. Abgerufen am 19. November 2021.
  5. Harald Kirschner. Abgerufen am 19. November 2021.
  6. Wendelin Bottländer. Abgerufen am 19. November 2021.
  7. Bernd Cramer. Abgerufen am 19. November 2021.
  8. Jürgen Matschie. Abgerufen am 19. November 2021.
  9. Peter Leske. Abgerufen am 19. November 2021.
  10. Jürgen Nagel. Abgerufen am 19. November 2021.
  11. Jürgen Nagel. Abgerufen am 19. November 2021.
  12. Bernd Lindner: Eine Schenkung und vier Ausstellungen 2009–2014/15 (S. 179 ff); Irene Kahlau: Ein sehr persönliches Nachwort (S. 185 ff) in: Die drei Leben des Zeichners JoHANNES HEGENbarth. Nürnberg 2015, ISBN 978-3-7302-2015-3
  13. Die drei Leben des Zeichners JoHANNES HEGENbarth. Mitarbeit Irene Kahlau und Rainer Kruppa, Nürnberg 2015, ISBN 978-3-7302-2015-3 sowie durchgesehene und erweiterte Taschenbuch-Ausgabe 2017, ISBN 978-3-7302-2021-4
  14. christoph-links-verlag.de
  15. zeithistorische-forschungen.de
  16. hasenverlag.de
  17. Buch-Porträt. Abgerufen am 14. August 2021.
  18. http://www.lzt-thueringen.de/index.php?article_id=3&func=search&q=lindner
  19. Archivierte Kopie (Memento vom 23. Januar 2018 im Internet Archive)