Bettina Encke von Arnim

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Bettina Encke von Arnim

Bettina Encke von Arnim (* 3. Mai 1895 in Zernikow; † 23. August 1971 in Waldbröl) war eine deutsche Malerin.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft, Kindheit und Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bettina Encke von Arnim, Urenkelin[1] der deutschen Romantiker Bettina und Achim von Arnim, wurde als ältestes Kind von Erwin Kühnemund und Agnes von Arnim auf dem elterlichen Gut Zernikow im Kreis Ruppin geboren.[2] Ihr jüngerer Bruder Friedmund Ernst Freiherr von Arnim (1897–1946) war der Vater ihrer gleichnamigen Nichte, die ebenfalls Malerin ist.

In den Jahren von 1917 bis 1920 studierte sie im revolutionären Berlin Malerei an der Malschule des Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin (später Verein der Berliner Künstlerinnen)- einer ‚Ersatz‘-Akademie für Frauen, die in Preußen bis 1919 per Gesetz keine Hochschulzulassung bekamen –, bei den Berliner Secessionisten Leo von König und Martin Brandenburg sowie bei Johann Walter-Kurau.[3]

Am 8. Mai 1921 heiratete sie den Polizeimajor Walther Encke, der dem bürgerlichen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zugerechnet wird.[4] Aus der Ehe gingen die beiden Töchter Gunhild (1922–2013) und Ortrud (1923–2022) hervor.

Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bettina Encke von Arnim: Alte Olivenbäume II, 1954, Aquarell und Tusche

Ehe und Familie ließen Bettina Encke von Arnim oftmals nicht den Freiraum, den sie sich zur Entfaltung ihrer malerischen Tätigkeit wünschte, obwohl sie von ihrem Ehemann ausdrücklich in ihrer Malerei unterstützt wurde. Sie nahm intensiv am kulturellen Leben im Berlin der 1920er Jahre teil, pflegte Freundschaften und unterhielt regen Austausch mit anderen Bildenden Künstlern wie Otto Pankok, Erwin Graumann[5], ihren Lehrern Johann Walter-Kurau und Max Dungert, dem Bauhauskünstler und -lehrer Fritz Kuhr, den Malerinnen Felicitas Meinshausen, Margarete Schall und vielen anderen. Bis hinein in die 1940er Jahre nahm sie weiterhin regelmäßig Malunterricht; so etwa bei Johann Walter-Kurau und Max Dungert (Aktmalerei).[6] Gemeinsam mit ihrem Ehemann führte sie aus einer liberalen, vorurteilsfreien Haltung heraus in ihrer Berliner Wohnung einen kulturellen und politischen Salon (die „Sonnabend-Abende“), an dem bekannte Künstler (z. B. Erwin Piscator, Felix Gasbarra), Intellektuelle (z. B. Alfred Kurella, Bernard von Brentano) und Politiker verschiedenster Richtungen teilnahmen (von KPD-Mitgliedern über die politische Mitte von SPD, Liberalen und Mitgliedern des Zentrums bis hin zu Otto Strasser).[7][8]

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kam die Tradition der „Sonnabend-Abende“ zum Erliegen, da eine offen demokratische Haltung unerwünscht war. Bettina Encke von Arnims Ehemann erhielt schließlich Berufsverbot. Bettina Encke von Arnim unterstützte verfolgte oder diffamierte Freunde. Darunter waren etwa der ehemalige jüdische und kommunistische Reichstagsabgeordnete Iwan Katz, der Germanist jüdischer Abstammung Werner Milch[9] oder der als ‚entartet‘ diffamierte Bauhauskünstler Fritz Kuhr.[10] Nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 1941 und angesichts der zunehmenden Flächenbombardements zog Bettina Encke von Arnim von Berlin nach Schloss Wiepersdorf, dem Witwensitz ihrer Mutter Agnes von Arnim.

Sie malte in dieser Zeit vor allem eindrucksvolle, neusachliche Porträts ihrer Zeitgenossen, aber auch Landschaften in Öl auf verschiedenen Materialien oder in Aquarell. Sie unternahm regelmäßige Studienreisen.[11]

Kriegsende und unmittelbare Nachkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bettina Encke von Arnim: Die weiße Festung, 1962, Öl auf Leinwand

Das Kriegsende erlebte Bettina Encke von Arnim auf Schloss Wiepersdorf mit dem Einmarsch der Roten Armee am 22. April 1945. Nachdem der Eigentümer des Schlosses, ihr Bruder Friedmund von Arnim, nach dem Einmarsch der sowjetischen Soldaten in Zernikow verhaftet worden war, hatte sie die Verantwortung für Mutter, Schwestern und andere Haushaltsmitglieder, sowie für das traditionsreiche Herrenhaus mit seiner Bibliothek und dem umfangreichen Nachlass Bettina und Achim von Arnims.

Aus dem Schloss vertrieben, zur landwirtschaftlichen Subsistenzwirtschaft und zu ständigem Wohnortwechsel innerhalb der Gemeinde gezwungen, darüber hinaus zeitweise inhaftiert, musste sie gemeinsam mit ihrer Familie mit ansehen, wie Schloss und wertvolles Inventar von Bibliothek und romantischem Schriftsteller-Nachlass geplündert und teilweise zerstört wurden. Ihre Malerei kam in dieser Situation beinahe vollständig zum Erliegen. Was Bettina Encke von Arnim jedoch mit persönlicher Unterstützung durch Iwan Katz erreichte, ist die Rettung des von der Bodenreform mit Abriss und Vergessen bedrohtem Schloss Wiepersdorf und seines nach den Plünderungen noch verbliebenem Inventar. Sie konnte den Erhalt des Schlosses als „Arbeitsstätte für Schriftsteller Bettina von Arnim“ maßgeblich auf den Weg bringen. Sie selbst und ihre (Rest-)Familie wurden 1947 endgültig aus Wiepersdorf ausgewiesen und flohen in den Westen.[12][13]

1947 bis 1971[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bettina Encke von Arnim: Holzplatz in Überlingen, 1962, Monotypie

Nach einer ersten Station bei Tochter Ortrud und ihrem Mann Werner Heymach im hessischen Biedenkopf, zog Bettina Encke von Arnim nach Überlingen an den Bodensee. Das bestimmende Element ihres Lebens war von nun an die Kunst, wie sie es von jeher angestrebt hatte. Sie malte in Öl und Aquarell, zeichnete, fertigte eigenwillige Collagen aus eingefärbtem Japanpapier in einer von ihr eigens entwickelten Technik und Monotypien. Bevorzugte Sujets waren weiterhin in der Tradition ihres Lehrers Leo von König Porträts, aber auch Landschaften und Architektur.

Bettina Encke von Arnim, eng mit dem internationalen Bodenseeclub verbunden, fand bald einen eigenen Malerfreundeskreis (zu ihm zählten z. B. Barbara Michel-Jaegerhuber, Ilse Fark, Werner Gürtner).[14] Sie unternahm Studienreisen durch Europa und stellte in der Bodenseeregion regelmäßig über lange Jahre aus (z. B. in Überlingen,[15] Konstanz,[16] Singen[17]).

Am 23. August 1971 starb Bettina Encke von Arnim bei ihrer Tochter Ortrud Heymach in Waldbröl, wo sie auch begraben ist.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dorothea Böhland, Michael Schremmer (Hrsg.): „Die Malerei ist mein ganzes Glück.“ Bettina Encke von Arnim. Leben und Werk 1895–1971. Böhland & Schremmer Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-943622-08-9.
  • Sibylle Badstübner-Gröger (Hrsg.): Ingo Erhart, Petra Heymach, Wiepersdorf, Landkreis Teltow-Fläming. Heft 144 der Reihe Schlösser und Gärten der Mark, 3. aktualisierte Aufl., Deutsche Gesellschaft e. V., Berlin 2015 (ISBN 978-3-941675-72-8).
  • Katharina Norris: Fritz Kuhr. In: Fritz Kuhr. Lebenstänze. Werke eines Bauhauskünstlers. Hrsg. von Dorothea Böhland und Michael Schremmer. Berlin 2012.
  • Erwin Graumann. 100 Werke zum 100. Geburtstag. Herausgeber: Galerie Remmert und Barth. Düsseldorf 2002.
  • Artikel: Milch, Werner Johannes. In: Christoph König (Hrsg.), unter Mitarbeit von Birgit Wägenbaur u. a.: Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Band 2: H–Q. De Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-015485-4, S. 1225–1228.
  • Barbara Michel-Jaegerhuber: Künstlerfreunde. In: Manfred Bosch und Barbara Zoch-Michel (Hrsg.): Barbara Michel-Jaegerhuber. Leben und Werk. „Und Du willst Malerin werden...?“ Friedrichshafen 2002, S. 83ff.
  • Verena Nolte, Doris Sossenheimer (Hrsg.): Schloß Wiepersdorf. Künstlerhaus in der Mark Brandenburg Veröffentlichung des Künstlerhauses Schloß Wiepersdorf der Stiftung Kulturfonds. Wallstein Verlag, Göttingen 1997. Darin besonders Petra Heymach, Ingo Erhart: Schloß Wiepersdorf im Ländchen Bärwalde. Chronologie seit dem 18. Jahrhundert. S. 155–165.: Schloß .Wiepersdorf. Künstlerhaus in der Mark Brandenburg .
  • Petra Heymach: Hommage an Bettina Encke von Arnim zu ihrem 100. Geburtsjahr. In: Arnim Nachrichten 9, 1995.
  • Petra Heymach, Ingo Erhart: Schloß Wiepersdorf im Kreis Jüterbog/Brandenburg. Vom Wohnsitz der Familie von Arnim zum DDR-Künstlerheim „Bettina von Arnim“. 1992.
  • Artikel: Bettina Marie Luise Gisela: * Zernikow 3. Mai 1895; † Waldbröl 23. August 1971, Malerin. In: Genealogisches Handbuch des Adels. Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke Verlag. Adelige Häuser A, Band XIII., Band 60 der Gesamtreihe GHdA, Limburg an der Lahn 1975. S. 51. ISSN 0435-2408
  • Wanderung durch ein Bilderreich. Bettina Encke von Arnim bereitet eigene Kunstausstellung vor. In: Schwäbische Zeitung vom 5. April 1962.
  • Briefe von Bettina Encke von Arnim an Felicitas Meinshausen 1921 bis 1949. Privatarchiv Heymach.
  • Briefwechsel zwischen Bettina Encke von Arnim und Walther Encke 1932 bis 1940. Privatarchiv Heymach.
  • Peter Brandt, Axel Kellmann: Walther Encke – ein „radikaldemokratischer“ Berliner Polizeioffizier am Ende der Weimarer Republik. In: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins. Fünfundvierzigste Folge 1996. Hrsg. von Sibylle Einholz und Jürgen Wetzel. Berlin/Bonn 1996. S. 119–154.
  • Jens Kronika: Kan Katastrofen undgaas? In: Flensborg Avis vom 20. Januar 1933. Deutsche Übersetzung mit dem Titel: Unter Deutschen in Berlin. Kann die Katastrophe vermieden werden?
  • Wanderung durch ein Bilderreich. Bettina Encke von Arnim bereitet eigene Kunstausstellung vor. In: Schwäbische Zeitung vom 5. April 1962.
  • Bettina Encke: Das Schicksal von Wiepersdorf nach dem Zusammenbruch 1945. In: Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Arnim. Hrsg. von Arnim’schen Familienverband e. V., 1957. S. 393–399.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1903. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel). In: "Der Gotha". 4. Auflage. Arnim, III. Linie: Gerswalde. 3. Zweig: Blankensee. Justus Perthes, Gotha 10. November 1902, S. 54–55 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juni 2022]).
  2. Bettina Marie Luise Gisela: * Zernikow 3. Mai 1895; † Waldbröl 23. August 1971, Malerin. In: Genealogisches Handbuch des Adels. Adelige Häuser A, Band XIII. Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1975, S. 51. ISSN 0435-2408
  3. Wanderung durch ein Bilderreich. Bettina Encke von Arnim bereitet eigene Kunstausstellung vor. In: Schwäbische Zeitung vom 5. April 1962.
  4. Peter Brandt, Axel Kellmann: Walther Encke - ein „radikaldemokratischer“ Berliner Polizeioffizier am Ende der Weimarer Republik, in: Jahrbuch 1996 des Vereins für die Geschichte Berlins.[1]
  5. Galerie Remmert und Barth (Hrsg.): Erwin Graumann. 100 Werke zum 100. Geburtstag. Düsseldorf 2002.
  6. Siehe z. B. Briefe von Bettina Encke von Arnim an Felicitas Meinshausen 1921 bis 1949. Privatarchiv Heymach.
  7. Peter Brandt, Axel Kellmann: Walther Encke – ein „radikaldemokratischer“ Berliner Polizeioffizier am Ende der Weimarer Republik. In: Sibylle Einholz, Jürgen Wetzel (Hrsg.): Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins. Fünfundvierzigste Folge 1996. Berlin, Bonn 1996. S. 119–154.
  8. Jens Kronika: Kan Katastrofen undgaas? In: Flensborg Avis vom 20. Januar 1933. Deutsche Übersetzung mit dem Titel: Unter Deutschen in Berlin. Kann die Katastrophe vermieden werden?
  9. Milch, Werner Johannes. In: Christoph König (Hrsg.), unter Mitarbeit von Birgit Wägenbaur u. a.: Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Band 2: H–Q. De Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-015485-4, S. 1225–1228.
  10. Katharina Norris: Fritz Kuhr. In: Dorothea Böhland, Michael Schremmer (Hrsg.): Fritz Kuhr. Lebenstänze. Werke eines Bauhauskünstlers. Berlin 2012.
  11. Siehe z. B. Briefwechsel zwischen Bettina Encke von Arnim und Walther Encke 1932 bis 1940. Privatarchiv Heymach.
  12. Bettina Encke: Das Schicksal von Wiepersdorf nach dem Zusammenbruch 1945. In: Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Arnim. 1957, S. 393–399.
  13. Petra Heymach, Ingo Erhart: Schloß Wiepersdorf im Kreis Jüterbog/Brandenburg. Vom Wohnsitz der Familie von Arnim zum DDR-Künstlerheim „Bettina von Arnim“. 1992.
  14. Barbara Michel-Jaegerhuber: Künstlerfreunde. In: Manfred Bosch, Barbara Zoch-Michel (Hrsg.): Barbara Michel-Jaegerhuber. Leben und Werk. „Und Du willst Malerin werden...?“ Friedrichshafen 2002, S. 83 ff.
  15. z. B. Beteiligung an den Frühjahrsausstellungen des Bodenseeklubs 1962 und 1963, Gemeinschaftsausstellung mit Bettina von Arnim (* 1940) September 1962, Gemeinschaftsausstellung mit Ilse Fark, Eleonore Frey, Barbara Michel-Jaegerhuber und Hilde Hoppe 1967. Alle Ausstellungen in der Städtischen Galerie „Fauler Pelz“.
  16. z. B. regelmäßige Teilnahme an den Weihnachtsausstellungen im Konstanzer Wessenberghaus, so auch 1965/1966.
  17. Beteiligung an der 21. Singener Kunstausstellung 1968.