Bildung für die Zukunft

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Bildung für die Zukunft (türkisch Gelecek İçin Eğitim) ist eine 2006 von vier deutsch-türkischen Verbänden initiierte Bildungskampagne zur Verbesserung der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

PISA-Testdokumente – erster Anstoß für die Initiative

Anstoß gab eine im Mai 2006 veröffentlichte PISA-Sonderstudie, nach der in keinem anderen Vergleichsland die Erfolgschancen von Schülern mit Migrationshintergrund so schlecht gewährleistet seien wie in Deutschland.[1] Die Bildungsforscherin Mechthild Gomolla sprach in diesem Zusammenhang von einer institutionalisierten Diskriminierung gegenüber Migrantenkindern im deutschen Bildungssystem.[2]

Am 23. September 2006, wenige Monate nach dem Bekanntwerden der PISA-Ergebnisse durch einen OECD-Bericht, wurde „Bildung für Zukunft“ unter Anwesenheit von Staatsministerin Maria Böhmer, dem Vizepräsident der Kultusministerkonferenz Klaus Böger, dem Ersten Botschaftsrat der Türkei in Berlin Kemal Tüzün, sowie den Vorsitzenden der initiierenden Verbände Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD), Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland (FÖTED), Bund der Türkischen Lehrervereine in Deutschland (ATÖF) und Bundesverband Türkischer Studierendenvereine (BTS) der Öffentlichkeit vorgestellt.[3] Im Juli 2006 hatte der damalige Vorsitzende der TGD, Kenan Kolat, bereits auf dem ersten Integrationsgipfel ein Angebot für eine migrantische Bildungsinitiative unterbreitet.[4]

Die großangelegte Kampagne sollte türkischstämmige Eltern und Schüler in Deutschland ansprechen.

Dabei wird sie von deutschen wie türkischen Medien begleitet. Als direkte Partner der Kampagne unterstützten mit Hürriyet, Milliyet, Türkiye, Sabah und Zaman nahezu alle in Deutschland erscheinenden großen türkischsprachigen Tageszeitungen und die deutsch-türkischen Rundfunksender TD1, Türk Show, Metropol FM und – als einzige deutsche Institution – RBB Radio Multi-Kulti, die Kampagne.

Zielsetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit „Bildung für Zukunft“ wollen die Initiatoren wörtlich:

In fünf Jahren den Anteil der türkischstämmigen Elternvertreter dem Anteil der türkischstämmigen Schüler in den Schulen anpassen.
Die Zahl der türkischstämmigen Schülervertreter in den Schulen steigern.
Die Zahl der türkischstämmigen Schüler ohne Abschluss halbieren und die mit Mittlerem Abschluss und Abitur deutlich verbessern.[5]

10 Punkte für mehr Teilhabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Erreichung dieser Ziele wurden zehn „Punkte für mehr Teilhabe“ ausgearbeitet: Es sollte mehr Bildungsbewusstsein in den Medien geschaffen werden, im Wesentlichen durch die türkischsprachigen Medien in Deutschland. Zweitens sollte eine Internetpräsenz über „die Beratungsstellen und Elternvereine in den jeweiligen Bundesländern, Angebote der Landesregierungen, Gesetzestexte zur Elternbeteiligung (mit türkischer Übersetzung) und die Rechte der Eltern“ informieren. Zur Vermittlung von Bildungsangeboten sollten auch Bildungsbotschafter der TGD entsandt und koordinierte Aktionen mit „Bildungs-LKW“ organisiert werden. Mit der deutschlandweiten Einrichtung von „Eltern-Schulen“ bzw. „Eltern-Akademien“, wie sie von der FÖTED bereits zuvor in Berlin angeboten wurden, sollte die Qualifizierung türkischer Eltern hinsichtlich der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten innerhalb des deutschen Schulsystems verbessert werden. Türkischstämmige Abiturienten sollten in der Nachwuchsförderung ein Vorbildrolle einnehmen, insbesondere im Brennpunkt Berlin. Kenan Kolat und deutsche Politiker nannten im Zusammenhang mit der Notwendigkeit positiver Rollenvorbilder auch das Ziel, den Anteil der Lehrer mit Migrationshintergrund zu erhöhen, da deren Anteil an der Lehrerschaft zu gering sei.[6] Mit der Aktion „Sag Hallo zu dem/der Lehrer/in deines Kindes!“ sollten die Eltern aufgefordert werden in die Schulen ihrer Kinder zu gehen, um sich den Lehrern vorzustellen. Die vorbildliche Entbindung von Migranteneltern sollte durch türkische Verbände und Unternehmen finanzielle gefördert und prämiert werden um so Anreize für weitere Schulen zu schaffen, die Integration der Eltern zu verbessern. In Zusammenarbeit mit Stiftungen sollten bundesweit Projekte für Patenschaften für Schüler mit Migrationshintergrund entstehen, um diese bei der Bewältigung schulischer Herausforderungen zu unterstützen. Außerdem sollte durch die Entwicklung von Informationsmaterialien in türkischer Sprache die Beteiligung der Eltern in der Schule gefördert werden.[5]

Stand der Initiative (März 2007)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im März 2007 wurden unter dem Leitsatz „Ich hab es geschafft, du schaffst es auch“ die 50 besten türkischstämmigen Auszubildenden und Abiturienten aus dem gesamten Bundesgebiet nach Berlin eingeladen, um dort Schüler zu ermutigen ihre Bildung in die eigene Hand zu nehmen. 33 Bildungsbotschafter waren zu dieser Zeit in Deutschland im Namen von „Bildung für Zukunft“ unterwegs (100 wurden angestrebt), zudem haben deutsch-türkische Unternehmerverbände die finanzielle Unterstützung von vorbildlichen Schulen zugesichert. Der Volkshochschulverband wurde als Partner gewonnen, um eine weitere Verbesserung der Schulabschlüsse zu ermöglichen.[6] Auch die geplanten „Eltern-Akademien“ hatten erste Angebote eingerichtet. In Nordrhein-Westfalen kamen diese bei den türkischen Eltern so gut an, dass die Plätze nicht ausreichten.[7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. OECD-Bericht sieht in Deutschland geringere Bildungschancen für Migrantenkinder. In: www.ngo-online.de. 16. Mai 2006, abgerufen am 19. April 2014.
  2. Mechthild Gomolla: Institutionelle Diskriminierung im Bildungs- und Erziehungssystem: Theorie, Forschungsergebnisse und Handlungsperspektiven. In: Webseite der Heinrich-Böll-Stiftung, www.boell.de. 18. Februar 2008, abgerufen am 18. April 2014.
  3. Ertekin Özcan: Redebeitrag des Bundesvorsitzenden der FÖTED Dr. Ertekin Özcan zur Vorstellung der Bildungskampagne der TGD in Zusammenarbeit mit der FÖTED, ATÖF und BTS. (PDF; 114 KB) In: atgb.info. 23. September 2006, archiviert vom Original am 18. Februar 2007; abgerufen am 6. Mai 2022.
  4. Jörg Säuberlich: Integrationsgipfel: Merkel außerordentlich zufrieden. In: Der Tagesspiegel, tagesspiegel.de. 14. Juli 2006, abgerufen am 19. April 2014.
  5. a b Türkische Gemeinde in Deutschland: Präsentation: Bildung für Zukunft! Eine Bildungskampagne der Türkischen Gemeinde in Deutschland. In: tgd.de. Abgerufen am 19. April 2014.
  6. a b DGB Bildungswerk: Bildung der Schlüssel zu Integration: Kampagne der Türkischen Gemeinde. In: www.migration-online.de. 1. März 2007, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. April 2014; abgerufen am 19. April 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.migration-online.de
  7. Sonja Pohlmann: Türken setzen sich für Bildung ein. In: Der Tagesspiegel, www.tagesspiegel.de. 3. Januar 2007, abgerufen am 19. April 2014.