Bruno Stefanini

Bruno Stefanini (* 5. August 1924 in Winterthur[1]; † 14. Dezember 2018 ebenda[2], heimatberechtigt ebenda) war ein Schweizer Immobilienbesitzer und Sammler von Kunst und Kulturgütern.
Leben
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Bruno Stefaninis Vater, ein Gastarbeiter aus Italien, führte von 1930 bis 1957 das Restaurant Salmen in der Marktgasse in Winterthur und wirkte als Präsident der «Copi», einer Genossenschaft italienischer Industriearbeiter, der das Restaurant gehörte. Im Zweiten Weltkrieg kaufte er Liegenschaften der Genossenschaft und schenkte seinen beiden Söhnen je eine.[3] Bruno Stefanini flog mit 18 aus der Kantonsschule, als Sündenbock, weil bei einem Fest seiner Mittelschulverbindung in einer Friedhofskapelle eine Scheibe in Brüche gegangen war. Diese Ungerechtigkeit verzieh er seiner Heimatstadt nie.[3] Er schaffte aber die Matur und die Aufnahmeprüfung an der ETH Zürich, machte die Rekrutenschule und diente in der Armee bis zum Hauptmannsrang. Das Studium der Naturwissenschaften brach er zugunsten einer Karriere in der Immobilienbranche ab. Seine Immobilienfirma Terresta AG führte er im Nebengebäude seines Elternhauses, an der Marktgasse 47. Mit seriellem Bauen erstellte er billige Wohnungen in Blöcken und Hochhäusern, um die Nachfrage in der Wohnungskrise der 1960er-Jahre zu bedienen.[4]

Stefanini erwarb in der Stadt viele Liegenschaften; so gehörten ihm die Hälfte der Liegenschaften an der Steinberggasse in der Winterthurer Altstadt sowie das Sulzer-Hochhaus. Weil er seine Liegenschaften verfallen liess, geriet er wegen mangelnder Kooperationsbereitschaft gegenüber der Stadt Winterthur immer wieder in die Schlagzeilen. 2009 liess die Stadt zwei Liegenschaften an der Steinberggasse wegen Gefahr für Passanten einrüsten. 2010 wollte er die Mieter die Wohnungen selbst vermessen lassen, da er offenbar diese Angaben nicht besass.[5] Die in einem Beitrag des Mieterinnen- und Mieterverbands Zürich als „Nullkomfort-Logen“ bezeichneten Wohnungen wurden dafür zu geringen Preisen vermietet und erlaubten es „Leuten mit wenig Einkommen, ein bescheidenes Leben ohne grossen Erwerbszwang zu führen“.[6]
Insgesamt besass Stefanini in der Schweiz schätzungsweise 280 Liegenschaften.[7] 2002 versteuerte er aber laut einem Bericht von 10 vor 10 nur ein Vermögen von 1,6 Millionen Franken und Einnahmen in der Höhe von 200'000 Franken.[8] Den grössten Teil seiner Vermögenswerte hatte er in seine 1980 gegründete Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte übertragen.
Bruno Stefanini lebte zurückgezogen und galt als medienscheu. Trotz seines Reichtums soll er jeweils in seinem Büro oder in einer seiner zahlreichen leerstehenden Liegenschaften übernachtet haben. Er arbeitete nach eigenen Aussagen sieben Tage in der Woche, ass meist Cervelat und Brot mit Bier und trug Kleider aus Secondhand-Läden. In seinem Unternehmen prüfte er jede einzelne Rechnung und schrieb eigenhändig Protokolle, selbst wenn es ein offizielles gab.[3] Bruno Stefaninis letzter öffentlicher Auftritt fand im März 2014 an einer Vernissage des Kunstmuseums Bern statt.
An den Solothurner Filmtagen 2025 wurde der Dokumentarfilm Die Hinterlassenschaft des Bruno Stefanini von Thomas Haemmerli uraufgeführt.[9][10]
Audio
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kultur Kunst Inhalt 100 Jahre Bruno Stefanini - Der Sammler, der sein eigenes Chaos für eine Todsünde hielt, 34.28 Minunten, von Oliver Kerrison 9. Februar 2024, Schweizer Radio und Fernsehen Zeitblende
- Das Erbe Bruno Stefaninis: Die größte Privatsammlung in der Schweiz 5.22 Minuten Audio-Version, von Kathrin Hondl, Deutschlandfunk 18. April 2025
Film
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Hinterlassenschaft des Bruno Stefanini von Thomas Haemmerli, Kinodokumentarfilm 2025
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Miguel Garcia: Bruno Stefanini. Ein Jäger und Sammler mit hohen Idealen. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2016, ISBN 978-3-03810-146-8.[3][11]
- Bruno Stefanini im Winterthur Glossar.
- Matthias Frehner, Valentina Locatelli (Hrsg.): Sesam, öffne dich! Anker, Hodler, Segantini... Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte. Katalog Kunstmuseum Bern 2014.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bruno Stefanini: Ein Sammler verliert die Kontrolle In: Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen vom 27. Januar 2024
- «Bruno Stefanini führt durch sein Sulzer-Hochhaus», Radiobeitrag auf DRS 1 vom 9. Oktober 2009.
- Felix Schindler: «Ihm gehören vier Schlösser und Greta Garbos Rolls Royce» ( vom 15. Februar 2012 im Internet Archive), Zeitungsartikel im Tages-Anzeiger von 11. November 2009.
- Florian Schwab, Weltwoche 38/2014: Vom Secondo zum Milliardär.
- Reto Flury: Der rätselhafte Multimillionär, der sammelte, bis er nicht mehr konnte. NZZ, 15. Dezember 2018.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Der widerspenstige Sohn Winterthurs. In: Tages-Anzeiger. 15. Februar 2008.
- ↑ Der grosse Sammler von Winterthur ist tot Der Landbote vom 14. Dezember 2018, abgerufen am 14. Dezember 2018
- ↑ a b c d Corsin Zander: Biografie über den Winterthurer Milliardär. Der rätselhafte Bruno Stefanini. In: Neue Zürcher Zeitung vom 2. März 2016.
- ↑ Oliver Camenzind: Ein neuer Film erzählt die Geschichte von Bruno Stefanini – «Er konnte gross denken und effizient bauen. Das sollten wir von ihm lernen». In: www.nzz.ch. Neue Zürcher Zeitung, 4. April 2025, abgerufen am 8. April 2025.
- ↑ Tages-Anzeiger
- ↑ Stefanini-Wohnungen Winterthur: «Wir nehmen sie beim Wort». Mieterinnen- und Mieterverband Zürich, 28. Februar 2019, abgerufen am 1. Februar 2025.
- ↑ Fabian Baumgartner: „Was mit den Immobilien des verstorbenen Bruno Stefanini passiert“, NZZ, 15. Dezember 2018
- ↑ 10 vor 10 – Der scheue Milliardär, der Winterthur beherrscht – Play SRF. Abgerufen am 31. Oktober 2023.
- ↑ Die Hinterlassenschaft des Bruno Stefanini. Solothurner Filmtage, abgerufen am 1. Februar 2025.
- ↑ Die Hinterlassenschaft des Bruno Stefanini. Internet Movie Database, abgerufen am 1. Februar 2025.
- ↑ Interview mit Buchautor.
Personendaten | |
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NAME | Stefanini, Bruno |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Immobilienbesitzer und Kunstsammler |
GEBURTSDATUM | 5. August 1924 |
GEBURTSORT | Winterthur |
STERBEDATUM | 14. Dezember 2018 |
STERBEORT | Winterthur |