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Buddhismus in Sri Lanka

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Der Buddhismus in Sri Lanka ist die im Land am weitesten verbreitete Religion. Nach dem Zensus von 2024 gehören 60,9 % der Gesamtbevölkerung, davon hauptsächlich Singhalesen, eine der beiden Haupt-Bevölkerungsgruppen Sri Lankas, dem Buddhismus an. Die traditionelle Form des Buddhismus in Sri Lanka ist der Theravada-Buddhismus.

Erste Verbreitung des Buddhismus

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Traditionelle Überlieferung

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Der Baum Sri Maha Bodi in Anuradhapura. Nach traditionellem Verständnis soll der Baum an der Stelle gepflanzt worden sein, an dem Buddha bei seiner dritten Reise nach Sri Lanka lange meditiert haben soll. Der Baum soll ein Ableger des Bodhi-Baums in Bodhgaya (Indien) sein, unter dem der Religionsstifter Buddha Shakyamuni die Erleuchtung erlangt haben soll.

Nach den beiden in Pali verfassten Nationalchroniken Sri Lankas, Dipavamsa („Inselchronik“) und Mahavamsa („Große Chronik“), die beide in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. verfasst wurden, besuchte der historische Buddha selbst die Insel dreimal. Diese Darstellung ist rein legendarisch, prägt aber bis heute das Selbstverständnis der buddhistischen Singhalesen. Dipavamsa und weitere spätere Chroniken schmücken die historisch belegte Verbreitung des Buddhismus unter dem indischen Kaiser Ashoka (reg. 268–232 v. Chr.) dahingehend aus, dass dessen Sohn und Tochter, Mahinda und Sanghamitta, mit den Anfängen der Verbreitung des Buddhismus auf der Insel verbunden waren. Mahinda traf demnach den historischen srilankischen König Devanampiya Tissa (reg. 247–207), der gemeinsam mit 40.000 Menschen seiner Gefolgschaft zum Buddhismus übergetreten sein soll. Sanghamitta brachte der Überlieferung nach einen Setzling des Bodhi-Baums nach Sri Lanka, unter dem der historische Buddha die Erleuchtung erlangt haben soll. Devanampiya Tissa ließ den Sri Mahi Bodhi genannten Baum in der Hauptstadt Anuradhapura einpflanzen.[1]

Historische Quellen

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Historisch überliefert ist die Verbreitung des Buddhismus auf die Insel Sri Lanka bereits vor der Mitte des 3. Jahrhunderts durch ein Edikt des indischen Kaisers Ashokas. Ebenso überliefert ist eine Gesandtschaft des Ashokas nach Sri Lanka. Die erfolgreiche Ausbreitung des Buddhismus auf der Insel ist nicht ohne die Förderung des Königs Devanampiya Tissa vorzustellen. Die frühesten historischen Quellen aus Sri Lanka, die die buddhistische Präsenz auf der Insel bezeugen, lassen sich auf etwa 200 v. Chr. datieren. Die in Brahmi-Schrift verfassten Inschriften wurden an Felswänden und in Höhlen entdeckt und nennen lediglich einige Namen buddhistischer Stifter.[1]

Buddha-Statue von Avukana aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. nahe Dambulla

Ab dem frühen 16. Jahrhundert fiel die Insel zunächst unter portugiesische (1505–1658) später an niederländische (1658–1796) Herrschaft. Erst 1796 ging mit der Übernahme der Herrschaft durch die British East India Company die gesamte Insel in koloniale Herrschaft über. Dabei fiel auch das letzte politische Machtzentrum Kandy in die Hände einer Kolonialmacht. Bereits unter portugiesischer Herrschaft begannen christliche Missionierungsbemühungen in Sri Lanka. Eine wirklich strategisch organisierte Form nahm die Missionierung allerdings erst unter britischer Herrschaft an.[2]

Um 1860 entwickelte sich eine Bewegung zur Revitalisierung des Buddhismus, in der vor allem die beiden Mönche Migettuwatte Gunananda (1823–1890) und Hikkaduve Sumangala (1826–1911) eine wichtige Rolle spielten. Gunananda gründete 1862 die erste Vereinigung zur Stärkung des Buddhismus in Sri Lanka, die Society for the Propagation of Buddhism. Sumangala kaufte 1855 eine Druckerpresse, die für die Kampagne gegen die christliche Mission genutzt wurde. 1873 gründete er das buddhsitische College Vidyodaya.[3] Gunananda veröffentlichte zudem mehrere Texte in Antwort auf christliche Missionierungsschriften. Aus den schriftlichen Auseinandersetzungen entstanden öffentlich gehaltene christlich-buddhistische Debatten, von den zwischen 1864 und 1873 fünf an unterschiedlichen Orten öffentlich abgehalten wurden. Besonders bedeutsam war die fünfte nach ihrem Abhaltungsort als Panadura-Debatte bekannt gewordene Debatte. Der Debatte wird ein großer Einfluss auf ein „Erwachen“ des Buddhismus auf der Insel zugeschrieben.[4]

Wiederbelebung des Buddhismus

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Anagarika Dharmapala

Die Wiederbelebung der buddhistischen Tradition in Sri Lanka wird gemeinhin auf Anagarika Dharmapala (= Beschützer des Dharma, bürgerlich Don David Hewavitarne, 1864–1933) zurückgeführt. Als singhalesischer buddhistischer Laie reformierte er den Buddhismus anhand seines eigenen Beispiels als eine Person, die zwischen dem buddhistischen Mönchtum (Sangha) und der buddhistischen allgemeinen Bevölkerung stand. Als eine Person, die nicht ordinierter Mönch war, der zölibatär lebte, sich in Roben kleidete und politisch engagiert war, stellte er ein Vorbild für viele buddhistische Laien dar. In den 1890er Jahren gab es bereits eine beachtliche Zahl an buddhistischen Laien, die sich in Roben kleideten und öffentlich predigten.[5][6]

Dharmapala war bestrebt, dem zunehmenden Einfluss der christlichen Schulen und Missionare auf die Bildungsschicht Ceylons (damaliger Name der Insel) Einhalt zu gebieten, indem er in Abgrenzung zum Christentum eine Neukonzeption des Buddhismus vornahm. Er etablierte den Buddhismus als eine Religion der Vernunft, die dem Aberglaube entsagte und auch mit den Erkenntnissen der Wissenschaft konform ging. Den klassischen Buddhismus, der als Mönchsbuddhismus nur einer bestimmten Schicht zugänglich war, öffnete Dharmapala hin zu einem Mittleren Pfad, so dass auch Laien die persönliche Erlösung realisieren konnten.[7]

In heutiger Zeit hat sich der Buddhismus in Sri Lanka zum Teil mit einem singhalesischen Nationalismus verbunden. Dies liegt daran, dass in Sri Lanka die religiösen Grenzen zum erheblichen Teil auch ethnische Grenzen sind. Die Buddhisten sind überwiegend Singhalesen, während die Sri-Lanka-Tamilen meist Hindus und seltener Muslime sind. Ein Teil der Muslime in Sri Lanka sind historisch betrachtet Nachkommen arabischer Händler und ein Teil der Christen sind Nachkommen niederländischer und portugiesischer Kolonialherren. Wenn (vermeintliche) singhalesische Interessen auf dem Spiel stehen, spielen häufig auch buddhistische Mönche eine prominente Rolle, auch bei offen gewalttätigen Konflikten z. B. mit Muslimen. Einige singhalesisch-nationalistische Organisationen werden von buddhistischen Mönchen geführt, bzw. wurden von diesen gegründet, so die Parteien Jathika Hela Urumaya und Bodu Bala Sena.

In diesen Aspekten ähnelt der Buddhismus in Sri Lanka dem Buddhismus in Myanmar (Burma).

Anteil der buddhistischen Bevölkerung in den sri-lankischen Distrikten im Jahr 2012
Zahntempel in Kandy, in dem laut religiöser Überlieferung ein linker Eckzahn des Religionsgründers Buddha Shakyamuni aufbewahrt wird

Entwicklung des buddhistischen Bevölkerungsanteils in Prozent der Gesamtbevölkerung Sri Lankas von 1881 bis 2011:

Jahr Buddhisten
Zahl Prozent
1881 Zensus 1,698,100 61,53
1891 Zensus 1,877,000 62,40
1901 Zensus 2,141,400 60,06
1911 Zensus 2,474,200 60,25
1921 Zensus 2,769,800 61,57
1931 Schätzung 3,266,600 61,55
1946 Zensus 4,294,900 64,51
1953 Zensus 5,209,400 64,33
1963 Zensus 7,003,300 66,18
1971 Zensus 8,536,800 67,27
1981 Zensus 10,288,300 69,30
2001 Zensus1
2011 Zensus 14.222.844 70,20
2024 Zensus 15.199.093 69,30
Quelle: Department of Census and Statistics[8][9][10]

1 Nicht miteinbezogen, da der Zensus von 2001 nur in 18 von 25 Distrikten durchgeführt wurde.

Buddhistisch-singhalesischer Nationalismus

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Der Buddhismus ist heute einer der wichtigsten Aspekte der singhalesischen Identität (andere Aspekte sind die singhalesische Ethnie und singhalesische Sprache, oder auch nur die singhalesische Sprache). Sri Lanka wird von vielen Singhalesen als ein Bollwerk des Buddhismus gesehen, die Singhalesen als ein vom historischen Buddha auserwähltes Volk. In Kombination mit der Tatsache, dass sich die Singhalesen trotz ihrer stabilen Bevölkerungsmehrheit von etwa 70 Prozent als eine bedrohte Minderheit sehen – die Literatur spricht von einer eingebildeten Minderheit (imagined minority) – wird die traditionelle Vorstellung der Singhalesen als auserwähltes Volk als Grundvoraussetzung für den stark ausgeprägten, teils militanten buddhistisch-singhalesischen Buddhismus in Sri Lankag gesehen.[11]

Die Ursprünge des singhalesischen buddhistischen Nationalismus lassen sich auf Anagarika Dharmapala (1864–1933) zurückführen. Er benutzte die Geschichte des sri-lankischen Königs Dutugemunu (2. Jh. v. Chr.), der gegen die nicht-buddhistische Bevölkerung des Landes vorgegangen soll, um einen religiösen Krieg gegen die Tamilen Sri Lankas zu legitimieren. Der Mythos, nach dem buddhistische Heilige Dutugemunu gesagt haben sollen, da die Verstorbenen keine Buddhisten gewesen sein, habe er seine Sünde damit begangen, ihr leben zu nehmen, dient bis heute für manche buddhistische Nationalisten in Sri Lanka als Legitimation für Krieg gegen nicht-Buddhisten. Staatliche Unterstützung bekam der buddhistische Nationalismus durch S. W. R. D. Bandaranaike, dem Premierministers Ceylons (Name des heutigen Sri Lankas bis 1972) in den Jahren 1956–1959. Unter seiner Regierung kam es zu verstärkten Verknüpfung des sinhalesischen Nationalismus mit dem Buddhismus. Sinhalesisch wurde als einzige nationale Sprache anerkannt, in Schulen wurde vor allem buddhistische Geschichte gelehrt und der Buddhismus im allgemeinen gefördert. Die nachhaltige Politik der Benachteiligung der nicht-buddhistischen Bevölkerung führte zu gesellschaftlichen Konflikten und schließlich zum Bürgerkrieg, der von 1983 bis 2009 zwischen der Regierung Sri Lankas und der tamilisch-nationalistischen Bewegung der Tamil Tigers geführt wurde.[12] Seit dem Ende des Bürgerkriegs kam es sporadisch, insbesondere aber 2014 zu gewalttätigen Übergriffen buddhistischer Extremisten – vor allem durch die Organisation Bodu Bala Sena – auf Muslime und Christen und deren religiöse Stätten. BBS forderte ebenso die Abschaffung der Halal-Zertifizierung in Sri Lanka.[13]

  • Heinz Bechert: Buddhismus, Staat und Gesellschaft in den Ländern des Theravada-Buddhismus. Band I: Grundlagen. Ceylon. Göttingen: Seminar für Indologie und Buddhismuskunde der Univ. Göttingen 1988 (= Hamburg 1966).
  • Michael B. Carrithers: „Sie werden die Herren der Insel sein“: Buddhismus in Sri Lanka. In: Heinz Bechert, Richard Gombrich (Hrsg.): Der Buddhismus. Geschichte und Gegenwart. München: C.H. Beck ³2008, S. 140–168.
  • Lauren Drover / Manfred Hutter: Buddhismus in Sri Lanka. In: Manfred Hutter (Hrsg.): Der Buddhismus II. Therevāda-Buddhismus und Tibetischer Buddhismus (= Die Religionen der Menschheit, Band 24,2). Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-028497-5, S. 19–60.
  • Richard Gombrich: Der Theravada-Buddhismus: Vom alten Indien bis zum modernen Sri Lanka. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer 1996.
  • Swearer, Donald K. (1970): Lay Buddhism and the Buddhist Revival in Ceylon, Journal of the American Academy of Religion 38 (3), S. 255–275

Einzelnachweise

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  1. a b Lauren Drover, Manfred Hutter: Buddhismus in Sri Lanka. In: Manfred Hutter (Hrsg.): Der Buddhismus II. Therevāda-Buddhismus und Tibetischer Buddhismus (= Die Religionen der Menschheit. Band 24, Nr. 2). Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-028497-5, S. 19–24.
  2. Yarina Liston: The Transformation of Buddhism during British Colonialism. In: Journal of Law and Religion. Band 14, Nr. 1, 1999, ISSN 0748-0814, S. 195 f., 201, doi:10.2307/1051784, JSTOR:1051784.
  3. Lauren Drover, Manfred Hutter: Buddhismus in Sri Lanka. In: Manfred Hutter (Hrsg.): Der Buddhismus II. Therevāda-Buddhismus und Tibetischer Buddhismus (= Die Religionen der Menschheit. Band 24, Nr. 2). Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-028497-5, S. 32.
  4. H. N. S. Karuanatilake: The Local and the Foreign Impact of the Pānadurā Vādaya. In: Journal of the Royal Asiatic Society of Sri Lanka. Band 49, 2004, ISSN 1391-720X, S. 69–71, JSTOR:23732427.
  5. Yarina Liston: The Transformation of Buddhism during British Colonialism. In: Journal of Law and Religion. Band 14, Nr. 1, 1999, ISSN 0748-0814, S. 207, doi:10.2307/1051784, JSTOR:1051784.
  6. Lauren Drover/Manfred Hutter: Der Buddhismus II. Buddhismus in Sri Lanka. In: Manfred Hutter (Hrsg.): Therāvada-Buddhismus und Tibetischer Buddhismus. (= Die Religionen der Menschheit. Band 24, Nr. 2). Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-028497-5, S. 33.
  7. Anagarika Dharmapala: The World's Dept to Buddha. In: Ananda Guruge (Hrsg.): Return to Righteousness. A Collection of Speeches, Essays, Letters of the Anagarika Dharmapala. Anagarika Dharmapala Birth Centenary Committee, Colombo 1965, S. 3–22.
  8. Statistical Abstract 2008, Department of Census & Statistics
  9. Department of Census and Statistics Sri Lanka: Population by religion according to districts, 2012. (Memento des Originals vom 7. Januar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.statistics.gov.lk
  10. Department of Census and Statistics: Census of Population and Housing. Basic Population Information by Districts and Divisional Secretary Divisions. 2025, ISBN 978-6-24671636-3 (gov.lk [PDF; abgerufen am 7. November 2025]).
  11. Peter Lehr: Militant Buddhism. The Rise of Religious Violence in Sri Lanka, Myanmar and Thailand. palgrave mcmillan, Cham 2019, ISBN 978-3-03003516-7, S. 116 f.
  12. Charles Keyes: Theravada Buddhism and Buddhist Nationalism: Sri Lanka, Myanmar, Cambodia, and Thailand. In: The Review of Faith & International Affairs. Band 14, Nr. 4, 1. Oktober 2016, ISSN 1557-0274, S. 43 f., doi:10.1080/15570274.2016.1248497.
  13. Amresh Gunasingham: Buddhist Extremism in Sri Lanka and Myanmar: An Examination. In: Counter Terrorist Trends and Analyses. Band 11, Nr. 3, 2019, ISSN 2382-6444, S. 1–6, JSTOR:26617827.