Carsten Sieling

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Oktober 2016 um 09:03 Uhr durch Andropov (Diskussion | Beiträge) (→‎Politische Laufbahn: heute nicht mehr notwendige Verfahrensinformation entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Carsten Sieling (2014)
Video-Vorstellung (2014)

Carsten Günter Erich Sieling (* 13. Januar 1959 in Nienburg/Weser) ist ein deutscher Politiker (SPD). Er ist seit dem 15. Juli 2015 Präsident des Senats und Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen sowie Senator für Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften.

Zuvor war er von 2009 bis 2015 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis 54 (Bremen I), nachdem er ab 1995 Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft und dort von 2005 bis 2009 Vorsitzender der SPD-Fraktion gewesen war. Von 2004 bis 2006 führte er als Landesvorsitzender die SPD Bremen.

Leben

Familie, Ausbildung und Beruf

Sieling wuchs auf einem Nebenerwerbsbauernhof bei Nienburg auf; sein Vater war Arbeiter bei Volkswagen, seine Mutter Postangestellte.[1] Nach dem Realschulabschluss machte Sieling von 1975 bis 1978 bei Telefunken in Hannover eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann und war dort danach bis 1979 als kaufmännischer Angestellter tätig. Er erwarb die Hochschulreife auf dem Zweiten Bildungsweg. Von 1979 bis 1988 studierte er an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik, der Universität Bremen, der University of Maryland (USA) Wirtschaftswissenschaft und machte seinen Abschluss als Diplom-Ökonom. 1988/89 leistete er Zivildienst. Im Anschluss war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen und beim Arbeitsförderungszentrum des Landes Bremen. Er wurde 1999 mit einer Arbeit zu Rüstungs-Konversion als Mittel regionaler Strukturpolitik promoviert.[2] Seit 1991 war Sieling Referent für regionale Wirtschaftspolitik bei der Arbeitnehmerkammer Bremen; diese Beschäftigung ruhte wegen seines Mandats als Bundestagsabgeordneter.

Sieling ist verheiratet und hat drei Kinder.[3]

Politische Laufbahn

Sieling ist seit 1976 Mitglied der SPD.[4] Er war ab 1993 Mitglied im Landesvorstand der Bremer SPD und führte sie von 2004 bis 2006 als Landesvorsitzender. 2011 wurde Sieling in den SPD-Bundesvorstand gewählt.

Er wurde am 8. Juni 1995 Abgeordneter in der Bremischen Bürgerschaft. Zum Vorstand der SPD-Bürgerschaftsfraktion gehörte er von 1999 an; ab 2005 war er Fraktionsvorsitzender.

Seine Mitgliedschaft in der Bremischen Bürgerschaft endete am 14. Oktober 2009 mit der Übernahme seines Bundestagsmandats. Sieling war Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags und im nach der Bankenkrise neu geschaffenen Gremium zum Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin). Zudem war er Mitglied im Unterausschuss Kommunales und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss. Er gehörte dem Vorstand der SPD-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen an und engagierte sich in der Parlamentarischen Linken (PL) der SPD-Bundestagsfraktion, deren Sprecher er seit März 2014 war. Er professionalisierte die PL und sorgte dafür, dass sie mit deutlicher Kritik an der Parteilinie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, weshalb Die Tageszeitung bei Sielings Abgang Mitte 2015 von einem „schwere[n] Verlust“ für die PL sprach.[5] Zudem gründete Sieling im März 2011 die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) in der Metropolregion Bremen/Oldenburg mit und wurde dort zum Sprecher gewählt. Im November 2014 initiierte er gemeinsam mit Johanna Uekermann und Ralf Stegner ein neues Bündnis – die „Magdeburger Plattform“, benannt nach dem Gründungsort.[6]

Am 18. Mai 2015 teilte der bremische SPD-Landeschef Dieter Reinken mit, dass der Parteivorstand Sieling als Nachfolger Böhrnsens im Amt des bremischen Bürgermeisters vorschlage,[7] nachdem Amtsinhaber Jens Böhrnsen nach der Wahl vom 10. Mai 2015 erklärt hatte, nicht mehr anzutreten. Beim außerordentlichen Landesparteitag der SPD am 2. Juni 2015 wurde Sieling für diesen Posten mit einer Zustimmung von 97 Prozent nominiert: 184 Delegierte stimmten für, vier gegen ihn, es gab zwei Enthaltungen.[8]

Nach Bestätigung des Koalitionsvertrags zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen durch die Parteigremien wurde Sieling am 15. Juli 2015 zum neuen Bremer Bürgermeister gewählt. Er erhielt 46 Ja- bei 33 Neinstimmen und 3 Enthaltungen. Das sind zwei Jastimmen mehr als SPD und Grüne Abgeordnete in der Bürgerschaft stellen.[1] Am 16. Juli 2015 schied er aus dem Deutschen Bundestag aus, Nachfolgerin im Mandat wurde Sarah Ryglewski.

Weitere Mitgliedschaften

Sieling war von 2003 bis zum 18. Juni 2010 Mitglied des Aufsichtsrats der GEWOBA.[9] Anfang 2014 wurde er als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat der ArcelorMittal Bremen gewählt.[10][11]

Politische Positionen

Sieling ist ein Experte in der Finanz- und Steuerpolitik und vertritt seine überwiegend linken Positionen deutlich.[5] So kritisierte er den SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel für dessen wirtschaftsfreundlichen Kurs zum transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP),[12] für sein Abrücken von einer Vermögenssteuer und für den Kurswechsel bei der Vorratsdatenspeicherung.[13] Sieling setzt sich für eine Öffnung der SPD gegenüber einer rot-rot-grünen Koalition auf Bundesebene ein.[14] Als erster Regierungschef eines Bundeslandes tritt Sieling für die Legalisierung des Cannabiskonsums ein.[15] In der Flüchtlingspolitik meldete er sich im Juli 2015 zu Wort, kritisierte die harte Haltung der bayerischen CSU und sah die deutsche Politik in der Pflicht zu Solidarität.[16]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Carsten Sieling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Eckhard Stengel: Im Profil. Carsten Sieling will einen Ruck durch Bremen gehen lassen. In: Badische Zeitung, 16. Juli 2015.
  2. Carsten Sieling: Regionale Strukturpolitik und Konversion. Eine vergleichende Untersuchung von Konversionsstrategien in Bremen und Lancashire. Lit, Münster 1999.
  3. Lebenslauf auf der persönlichen Website.
  4. Jürgen Hinrichs: Wer ist Carsten Sieling? Zahlenfuchs soll Bremen retten. In: Weser-Kurier, 19. Mai 2015.
  5. a b Ulrich Schulte: Sieling wird Bremer Bürgermeister. SPD-Linke sucht neuen Anführer. In: Die Tageszeitung, 20. Mai 2015.
  6. Studiogespräch mit Carsten Sieling – SPD-Linke gründen "Magdeburger Plattform". In: Radio Bremen TV. 15. November 2014, abgerufen am 20. Mai 2015.
  7. Reinhard Bingener: SPD-Linker soll neuer Bürgermeister werden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Mai 2015.
  8. Bremer SPD wählt Carsten Sieling zum Bürgermeisterkandidaten. In: Focus Online, 2. Juni 2015, abgerufen am 12. Juni 2015.
  9. Dr. Carsten Sieling. Lebenslauf. PDF. In: BDEW.de; Bericht der Gewoba vom Februar 2010.
  10. Weser-Kurier 29. März 2014
  11. Aufsichtsrat der ArcelorMittal Bremen GmbH. In: Bremen.Arcelormittal.com, abgerufen am 12. August 2015.
  12. Lisa Caspari: TTIP: „Gabriel muss unsere Standards gegenüber den USA vertreten“. Interview mit Carsten Sieling. In: Die Zeit, 21. Februar 2015.
  13. Lisa Caspari: SPD: „Viele Sozialdemokraten wollen die Vorratsdatenspeicherung nicht“. Interview mit Carsten Sieling. In: Die Zeit, 12. Juni 2015.
  14. „Schwarze Null“ oder öffentliche Wachstumsimpulse? Carsten Sieling und Axel Troost über rot-rot-grüne Verständigungspotenziale. In: Institut Solidarische Moderne (Website), 9. Februar 2015.
  15. Drogen: Bremer Regierungschef Sieling will Cannabis legalisieren. In: Spiegel Online, 19. Juli 2015.
  16. Doris Simon: Flüchtlingspolitik: „Wir haben eine Verpflichtung, diesen Menschen zu helfen“. Gespräch mit Carsten Sieling. In: Deutschlandfunk, 21. Juli 2015.