Dagulf-Psalter

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Nachbildung des „Goldenen Psalters“ im Bremer Dom-Museum

Der Dagulf-Psalter ist eine karolingische Handschrift, die die alttestamentlichen Psalmen sowie die Wechselgesänge (Antiphonen) zur Rezitation im kirchlichen Stundengebet enthält. Der Psalter ist zwischen 783 und 795 in Aachen an der Hofschule Karls des Großen entstanden und gilt als bedeutendstes Beispiel der frühen karolingischen Minuskelschrift.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl der Große, König des damaligen Fränkischen Reiches und späterer Kaiser, wollte den handgeschriebenen Psalter, wie aus einem vorangestellten Widmungsgedicht hervorgeht, Papst Hadrian I. (772–795 im Amt) schenken. Dieser verstarb jedoch vor der Übergabe, weshalb der Psalter in kaiserlichem Besitz verblieb. Das Werk, wegen seiner Schreibtechnik mit goldenen Buchstaben auf Pergament auch „Goldener Psalter“ genannt, wurde zum Großteil von einem im Widmungsgedicht erwähnten Skriptor namens Dagulf abgeschrieben.[1][2]

Im 11. Jahrhundert, das Schicksal in der Zwischenzeit ist nicht geklärt, gelangte der Psalter aus dem Brautschatz von Kaiserin Gisela, Ehefrau von Kaiser Konrad II., in den Besitz des Klosters Limburg. Dessen Abt Eginhard (1056–1067) war ab 1060 zudem Bischof von Speyer. Er ließ den Schatz des Klosters, wozu auch der Dagulf-Psalter zählte, nach Speyer überführen. Das Verzeichnis der Gegenstände, die damals nach Speyer kamen ist erhalten.[3]

Als Geschenk, vielleicht des damaligen Königs und späteren Kaisers Heinrich IV., kam der Psalter unter Bischof Adalbert nach Bremen an den St. Petri-Dom. Ein Hinweis darauf ist eine Textstelle im Geschichtswerk des Adam von Bremen: „Damals [Ende 1065] übersandte auch der König aus Mitgefühl für die verheerte Bremer Kirche als Ersatz etwa 100 Messgewänder und weitere Silbergefäße, auch Bücher, … einen mit Goldbuchstaben geschriebenen Psalter“.[4] Da der Psalter eine Widmung Karls des Großen enthielt, hat man das Buch später für ein Geschenk Karls an seinen ersten Bischof in Bremen, den heiligen Willehad, gehalten und wie eine Reliquie behandelt. Aufbewahrt wurde der Psalter deshalb nicht in der Dombibliothek, sondern in der Schatzkammer. In deren Verzeichnis aus der Zeit um 1420 wird das Buch aufgeführt als „ein Psalter, geschrieben und verziert mit Gold und mit zwei Tafeln aus Elfenbein“.[1]

Bis zur Auflösung des Erzbistums nach dem Westfälischen Frieden 1648 verblieb der Goldene Psalter in der Domschatzkammer. Bald danach gelangte die Handschrift auf ungeklärte Weise – der Bucheinband mit den geschnitzten Elfenbeintafeln muss schon entfernt gewesen sein – in den Besitz Kaiser Leopolds I. nach Wien und befindet sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek.[5] Die beiden Elfenbeintafeln sind Exponate des Louvre.[6]

Der Bremer St. Petri-Dom zeigt in seinem Museum ein Faksimile des Dagulf-Psalters.[7]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kodex[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der mittelalterliche Kodex umfasst 161 Blatt Pergament in der Größe 19,2 × 12 cm. 145 Seiten sind von dem Skriptor Dagulf in der karolingischen Minuskelschrift mit Goldtinktur geschrieben. Der Psalter weist drei gerahmte Initialseiten und 150 verzierte Initialen auf, aber keine figürlichen Illuminationen. Die Zierseiten sind mit Goldtusche auf purpurgefärbten Pergamentblättern gemalt.[7][2]

Einband[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Elfenbeintafeln des Einbandes

Von dem Einband sind nur die geschnitzten hochrechteckigen Elfenbeintafeln im Format 16,8 × 8,1 cm erhalten. Sie weisen in jeweils zwei quadratischen Feldern verschiedene Darstellungen auf. Die Umrahmungen bestehen aus geschnitztem Akanthus.[7][2]

Auf der Tafel der Vorderseite, oben: David erwählt die Psalmendichter; unten: David spielt zum Psalmengesang eines Chors auf der Harfe. In der Mitte der Akanthusleiste, zwischen den beiden Bildern, ist das Agnus Dei eingeschnitzt.[7][2]

Auf der Tafel der Rückseite, oben: Ein Geistlicher übermittelt dem Kirchenvater Hieronymus den Auftrag des Papstes Damasus, die Psalmen neu zu fassen; unten: Hieronymus diktiert den redigierten Text. In der Mitte der Zierleiste, zwischen den beiden Bildern, ist die Hand Gottes zu sehen.[7][2]

Nicht mehr vorhanden ist die frühere Einfassung, vermutlich ein auf Holz montierter silberner oder vergoldeter Metallrahmen mit weiteren Dekorationen.[7]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Dr. Ingrid Weibezahn: Zwei wertvolle Bücher in: Schätze aus dem Bremer St. Petri Dom – Führer durch das Dom-Museum, Seite 48–49
  2. a b c d e f Das grosse Kunstlexikon von P.W. Hartmann unter Hofschule Karls d. Gr.
  3. Keßler, S. 78.
  4. Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum III, 45. In Bernhard Schmeidler (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 2: Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte (Magistri Adam Bremensis Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum). Hannover 1917, S. 187 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
  5. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 1861.
  6. Paris, Louvre, Départements des Objets, d´Art, Inv. 9/10, Inv.Nr. 496
  7. a b c d e f Ingrid Weibezahn: Dagulf-Psalter in: Detlev G. Gross (Hrsg.): Schätze aus dem Bremer St. Petri Dom – Führer durch das Dom-Museum. Edition Temmen, Bremen 2005, ISBN 3-86108-540-2, S. 86–89.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Percy Ernst Schramm und F. Mütherich: Denkmale der deutschen Könige und Kaiser, München 1962, S. 117–119.
  • Paul Lehmann: Die mittelalterliche Dombibliothek zu Speyer. München 1934, S. 5.
  • Augustin Keßler: Die „Schätze“ der Limburg. In: Jens Werner: Kloster zum Hl. Kreuz. Limburg. Bad Dürkheim 1993, S. 78–81.
  • Bruno Reudenbach (Hrsg.): Karolingische und ottonische Kunst (= Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland, Bd. 1), Beck, München 2009, S. 512–513, Kat.-Nr. 275 und 276.
  • Stefanie Westphal: Dagulf-Psalter. In: Peter van den Brink, Sarvenaz Ayooghi (Hrsg.): Karl der Große – Charlemagne. Karls Kunst. Katalog der Sonderausstellung Karls Kunst vom 20. Juni bis 21. September 2014 im Centre Charlemagne, Aachen. Sandstein, Dresden 2014, ISBN 978-3-95498-093-2, S. 220–223 (m. Lit.).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]