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Depot Boijmans Van Beuningen

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Depot Boijmans van Beuningen 2025 (Osten)

Depot Boijmans Van Beuningen ist ein 2021 eröffnetes Depot des Museums Boijmans Van Beuningen. Es befindet sich im Museumpark Rotterdam. Das fast 40 Meter hohe Lagerhaus ist ein als Museumsdepot, Werkstatt und Schaudepot entworfenes Gebäude, das für Publikum zugänglich ist. 2019 wurde das Museumsgebäude Boijmans Van Beuningen wegen umfangreicher Renovierungsarbeiten geschlossen und die gesamte, mehr als 150.000 Kunstwerke aus 170 Jahren umfassende Kunstsammlung in den Erweiterungsbau ausgelagert. Entworfen wurde das einzigartige Gebäude von dem niederländischen Architekturbüro MVRDV.[1][2]

Depot Boijmans van Beuningen 2025 (Westen)
Depot Boijmans Van Beuningen, Tür
Depot Boijmans van Beuningen 2025 (Sonnenuntergang)

Das Depot ist ein schüsselförmiges Gebäude mit einer Höhe von 39,5 Metern und einem Durchmesser von 60 Metern. Es hat eine Ganzglasfassade aus 1664 reflektierenden Glasplatten mit einer Gesamtfläche von 6609 m², die eine homogene Spiegeloberfläche bilden. Diese Fläche ermöglicht in nahezu durchgehender, verkleinerter Spiegelung den Blick auf die umliegenden Gebäude. Die Gesamtgeschossfläche beträgt 15.541 m².[3]

Das Gebäude hat sieben Stockwerke. In einem öffentlich zugänglichen Pavillon in Kreuzform gibt es ein Restaurant mit 120 Sitzplätzen. Im sechsten Stock befindet sich eine Dachterrasse. Die Landschaftsarchitekten MTD planten die Bepflanzung auf der Terrasse. Eigens dafür gezüchtete Moor-Birken, die nicht höher als zehn Meter werden und als widerstandsfähig und langlebig gelten, wurden angepflanzt.

Ein Atrium sowie mehrere Treppen verbinden die Geschosse im Zickzack. Im ersten Obergeschoss befinden sich vier Restaurierungswerkstätten. Ein Teil der Sammlung wird in 13 riesigen Vitrinen ausgestellt. Manche Lagerräume dürfen im Beisein eines Museumsführers von den Besuchern betreten werden. Die Anordnung der Schauräume folgt Vorgaben zur sicheren Lagerung der Werke.[1]

Durch die Verwendung innovativer Materialien und Technik hat das Gebäude eine sehr hohe Energieeffizienz. Energie- und Wasserverbrauch sollen auch während des Betriebs so gering wie möglich bleiben. Das Gebäude verfügt über unterirdische Wärme- und Kältespeicher und sowohl der Dachgarten als auch die Sanitäranlagen werden über Regenwasserspeicher mit Wasser versorgt. Darüber hinaus verwendet das Depot LED-Beleuchtung und Trockenurinale. Solarpaneele auf dem Dach versorgen das gesamte Gebäude mit Strom.[4]

„Seine spiegelnde Verkleidung zielt vielmehr auf die momentane Überraschung, ein Gebäude zu sehen und zugleich nicht zu sehen, weil es das, was es als Spiegelbild herzeigt, aus seiner Umgebung von Park und Nachbarbauten ausborgt. Im Inneren setzt sich das Spielerische fort. Die Besucher schweben in verglasten Aufzügen oder klettern über stählerne Treppen und Brücken.“

Bernhard Schulz[5]

Um die Privatsphäre der Patienten im angrenzenden Krankenhaus Erasmus Medisch Centrum zu schützen, wurden mehrere Scheiben auf dieser Seite mattiert. Mehrere Räume, die Tageslicht benötigen, wurden mit Standardglas ausgestattet.[6]

Entwurf und Bau

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2007 gewann das Architekturbüro MVRDV die erste Ausschreibung für das Depot mit einem Entwurf, der an den LACK-Table von IKEA erinnerte. Es war ein gigantisches Quadrat auf 35 Meter hohen Beinen, in dem ein „vertikales Lagerballett“ gezeigt werden sollte. Das Gebäude wurde nicht verwirklicht. MVRDV reichte einen neuen Gebäudeentwurf in Form einer aluminiumfarbenen Servierschüssel von IKEA ein und gewann 2014 den zweiten Wettbewerb, wurde jedoch zunächst disqualifiziert, nachdem bekannt geworden war, dass Architekt Winy Maas während des Verfahrens Museumsdirektor Sjarel Ex getroffen hatte. Nach Anfechtung des Urteils wurde die Disqualifizierung zurückgenommen.[7] Der Direktor der Kunsthal Rotterdam sowie die Direktion des Krankenhauses Erasmus MC äußerten verschiedenartige Bedenken gegen das Gebäude.

BAM baut Depot Boijmans – die Kunst des virtuellen Bauens (nl)

Am 5. November 2015 genehmigte der Rotterdamer Stadtrat eine Bebauungsplanänderung für den Museumspark und ermöglichte damit den Bau des Depots in Form einer spiegelnden Schüssel. Auf dem Gelände, auf dem das Gebäude errichtet werden sollte, standen zuvor Akazien, die umgesiedelt wurden.[7] Am 17. Mai 2017 wurde der Grundstein gelegt. Zu Beginn des Umzugs im Januar 2019 war die Boijmans-Sammlung auf fünf Standorte in den Niederlanden und Belgien verteilt.[1] Ende 2020 wurde das Gebäude fertiggestellt. Am 5. November 2021 eröffnete König Willem-Alexander das Depot Boijmans Van Beuningen mit einem offiziellen Festakt.[8]

Depotraum Gemälde
Beamer am Depot, 2025
Wasting Life on You, 2025

Im Depot Boijmans Van Beuningen spielen Kunstperioden und -strömungen für die Lagerung der Exponate keine Rolle. Die Kunstwerke sind nach Material und Fachgebiet geordnet. In dem eigens für die konservatorisch richtige Lagerung von Kunstgegenständen errichteten Gebäude werden möglichst geringe Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen angestrebt, um Lagerungsschäden zu vermeiden. Eine hochmoderne Klimaanlage sorgt für eine staubfreie Umgebung. Die Kunstwerke werden in Räumen mit unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit aufbewahrt. Zum Beispiel wird Metall in extrem trockener Umgebung aufbewahrt, Filmmaterial hingegen in kühler und dunkler Umgebung. Für Objekte, die aus unterschiedlichen Materialien zusammengesetzt sind, wird versucht, klimatische Kompromisse zu finden. In vierzehn Räumen, ausgestattet mit fünf unterschiedlichen Klimazonen, eingerichtet mit Fächern, Regalen, mit Ablagen und Schränken, befinden sich u. a. Gemälde, Objekte aus Metall, aus organischen und nicht organischen Materialien sowie Schwarz-Weiß- und Farbfotografien.[9] Auch für die Zukunft ist geplant, dass die Kunstsammlung im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und Ausstellungen nur begrenzt stattfinden werden.[10]

Das Stammhaus Boijmans Van Beuningen konnte die Kosten für den Erweiterungsbau nicht allein tragen. Das Depot Boijmans Van Beuningen wurde zum Teil durch eine Spende der Stiftung De Verre Bergen und durch die finanzielle Unterstützung der Stadt Rotterdam ermöglicht.[1] 15 % der Lagerfläche sind an private Kunstsammler und Unternehmen wie zum Beispiel die Rabobank und die KPN vermietet, die dort ihre Kunstsammlungen aufbewahren. Zudem gibt es ein Zolllager, in dem importierte Werke vorübergehend zollfrei gelagert werden können. Zusammen mit den Eintrittsgeldern werden so Einnahmen zur Deckung der Betriebskosten erzielt. Nur für die Pflege der Fassade müssen ungefähr 50.000 € pro Jahr veranschlagt werden.[7]

Nach Sonnenuntergang bis Mitternacht wird das Lichtkunstwerk Wasting Life on You der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist auf den Platz vor dem Depot auf der Museumsseite projiziert. Das farbige Licht spiegelt sich in der Fassade wider. Dafür wurde ein speziell entworfener Mast mit zwei Beamern auf dem Platz installiert.

  • 2023: Depot – Reflecting Boijmans von Sonia Herman Dolz’s[11]

Fotos aus der Bauphase

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Am 29. April 2022 erhielt die Depot-App einen Webby Award in der Kategorie Apps und Software, Kunst, Kultur und Veranstaltungen 2022. Am 12. Mai 2022 wurde das Depot vom niederländischen Verband der Architekturbüros (BNA) mit dem Preis für das beste Gebäude in der Kategorie Anregende Umgebungen ausgezeichnet.

Commons: Depot Boijmans Van Beuningen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Elisabeth Schneyder: Depot Boijmans: eine „Premiere“ in der Welt der Kunst. Frits Jurgens, 12. Juli 2022, abgerufen am 18. September 2025.
  2. Frits Jurgens: Depot Boijmans: eine „Premiere“ in der Welt der Kunst. Frits Jurgens, 12. Juli 2022, abgerufen am 18. September 2025.
  3. Boijmans Van Beuningen: Facts & figures. Boijmans Van Beuningen, abgerufen am 18. September 2025 (niederländisch).
  4. Cornelia Ganitta: Mehr als eine Salatschüssel? german architects, 19. Mai 2021, abgerufen am 18. September 2025.
  5. Bernhard Schulz: Museumsdepot in Rotterdam. Bauwelt, 2025, abgerufen am 18. September 2025.
  6. Rijnmond: Geen halt op voorbereidingen collectiegebouw Boijmans. Rijnmond, 8. März 2016, abgerufen am 18. September 2025 (niederländisch).
  7. a b c Oliver Wainwright: Slapstick architecture: how a €3.99 Ikea salad bowl became part of the Rotterdam skyline. The Guardian, 12. November 2021, abgerufen am 18. September 2025 (englisch).
  8. Het Koninglijk Huis: Opening Depot Boijmans Van Beuningen. Het Koninglijk Huis, 5. November 2021, abgerufen am 18. September 2025 (niederländisch).
  9. Andrew Dickson: The museum of everything: do you have time to look at 150,000 exhibits? The Guardian, 21. September 2020, abgerufen am 18. September 2025.
  10. Cornelia Ganitta: Mehr als eine Salatschüssel? german architects, 19. Mai 2021, abgerufen am 18. September 2025.
  11. Jonathan Romney: ‘DEPOT - Reflecting Boijmans’: Review. screen daily, abgerufen am 18. September 2025 (niederländisch).

Koordinaten: 51° 54′ 49,6″ N, 4° 28′ 16,5″ O