Der gekreuzigte Gott

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Das im Jahr 1972 erschienene Buch Der gekreuzigte Gott von Jürgen Moltmann behandelt nicht mehr die alte theologische Frage, was der Tod Christi für die Menschheit bedeutet, sondern die, was er für Gott bedeutet. Weniger theologisch ausgedrückt geht es um eine Theologie nach Auschwitz.

Das Buch stellt eine komplementäre Ergänzung zu Moltmanns acht Jahre zuvor erschienenem Hauptwerk Theologie der Hoffnung dar. War dort der Ausgangspunkt die Auferstehung (Ostern), so ist es hier Karfreitag und das Kreuz. Beides ist aber dialektisch verbunden, weil die Auferstehung für Gottes Verheißung, das Kreuz für Gottes Liebe steht.

Das Werk wurde in mehrere Sprachen übersetzt, u. a. ins Niederländische, Englische, Französische, Spanische und Kroatische. Von der deutschen Ausgabe erschienen bis 2002 sieben Auflagen.

Hauptgedanken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grunderfahrung, die Moltmann zum vertieften Glauben führte, war die der Verlassenheit von Gott. Er hatte sie im Feuersturm von Hamburg gemacht und erlebte sie wieder, als er sich für das Geschehen von Auschwitz mitverantwortlich fühlte. Trost gab ihm in dieser Situation nur, dass Christus dieselbe Erfahrung der Gottesverlassenheit gemacht hatte.[1]

Von der Gottverlassenheit Jesu her[2] kommt er zu folgenden Hauptaussagen über Gott:

Gott ist leidensfähig, denn sonst wäre die Passionsgeschichte Christi keine Offenbarung Gottes. Gott liebt sein Volk und die Gerechtigkeit. Deshalb leidet er mit allen Leidenden, weil er an ihrem Schicksal teilnimmt. Aber er leidet anders als sie.[3] Er erleidet nicht das Sterben, er leidet unter dem Tod seines Sohnes. Nur wenn Gott leidet, kann die Auferstehung Heilsbedeutung für die Welt gewinnen.[4]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Sicht Gottes wurde von verschiedenen Positionen aus kritisiert:

Gott darf nicht leiden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Rahner betont: Wir sind in das Leid zementiert. Gott steht darüber.

Johann Baptist Metz argumentiert: Gott darf nicht leiden, damit die Theodizeefrage offenbleibt. Wir müssen fragen dürfen: Warum ist so viel Leiden in der Welt?

Hans Küng hebt hervor: Gott ist jenseits des Verstehens. Dem Menschen bleibt angesichts des Leidens nur das Schweigen.

Gott darf nicht sadistisch sein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dorothee Sölle sieht in dem Gott, der Jesu Tod nicht von Anfang an als Erlösungsgeschehen begreift, einen sadistischen Gott, weil er seinen eigenen Sohn tötet. Später nimmt sie aber im Zusammenhang mit der Deutung von Auschwitz eine ähnliche Position wie Moltmann ein.

Ähnliche Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hans Urs von Balthasars Theologie wird von manchen als das katholische Gegenstück zu Moltmanns Position gesehen, und die Theologie der älteren Sölle nähert sich ebenfalls seinem Standpunkt stark an.

Bibliographische Angaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jürgen Moltmann: Der gekreuzigte Gott. Das Kreuz Christi als Grund und Kritik christlicher Theologie, Christian Kaiser Verlag München 1972.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael Welker (Hrsg.): Diskussion über Jürgen Moltmanns Buch „Der gekreuzigte Gott“. München 1979

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „War Gott gegenwärtig im Inferno jener brennenden Nächte meiner Erinnerungen, oder war er unberührt davon im Himmel einer selbstzufriedenen Seligkeit? Wo ist Gott war meine existenzielle Frage [...]. Die allfällige Theodizeefrage interessierte mich nicht.“(Jürgen Moltmann: Weiter Raum, Gütersloh 2006, 1. Aufl. S. 186)
  2. Mein Gott, warum hast du mich verlassen? „Das ganze Buch kann als eine theologischen Auseinandersetzung mit diesem Todesschrei verstanden werden.“ (Moltmann, S. 186)
  3. „Jesus erleidet das Sterben am Kreuz, der Vater aber erleidet den Tod des Sohnes, denn er muß ihn überleben.“ (Moltmann, S. 189)
  4. „Nur der leidende Gott kann helfen.“ (Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung, München 1951, S. 242)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]