Destillation

1: Heizplatte
2: Rundkolben (Sumpf)
3: Kolbenaufsatz/Rektifikationskolonne (Vigreux-Kolonne)
4: Thermometer
5: Kondensator (Gegenstromkühler)
6: Kühlwasserzufuhr
7: Kühlwasserauslass
8: Rundkolben für das Destillat (Vorlage)
9: Vakuum-/Gaseinlass
10: Verbindungsstück zur Destillatüberleitung
11: Wärmeregler
12: Regler der Rührgeschwindigkeit
13: Magnetrührer
14: Ölbad, Sandbad oder Wasserbad
15: Rührmagnet/Siedesteinchen
16: Kühlendes Wasser-/Eisbad

Destillation (lateinisch destillatio, von destillare „herabtröpfeln, herabtropfen“, von stilla „Tropfen“) ist ein thermisches Trennverfahren, um verdampfbare Flüssigkeiten zu gewinnen oder Lösungsmittel von schwer verdampfbaren Stoffen abzutrennen und anschließend durch Kondensation aufzufangen. Die Destillation hat gegenüber anderen Trennverfahren den Vorteil, dass in der Regel keine weiteren Stoffe wie Adsorbentien oder Lösungsmittel hinzugefügt werden müssen.
Bei der Destillation wird zunächst das Ausgangsgemisch zum Sieden gebracht. Der entstehende Dampf, der sich aus den verschiedenen flüchtigen Komponenten der zu trennenden Lösung zusammensetzt, wird in einem Kondensator durch Abkühlen wieder verflüssigt. Im Labormaßstab werden dazu Laborkühler verwendet. Im Anschluss wird das flüssige Kondensat aufgefangen. Typische Anwendungen der Destillation sind das Brennen von Alkohol und das Destillieren (die Rektifikation) von Erdöl in der Raffinerie oder auch die Herstellung von destilliertem Wasser.
Bei einer Destillation darf sich das Gut nicht zersetzen. Wenn die Siedetemperatur kritisch hoch ist, muss unter vermindertem Druck gearbeitet werden. Bei der sogenannten „trockenen Destillation“ ist dies anders: dabei werden nicht-verdampfbare feste Stoffe in kleinere Moleküle zerlegt. So erhält man z. B. bei der trockenen Destillation von Holz den „Holzgeist“ (aus Lignin entsteht Methanol, genauer erklärt bei Methanolherstellung#Geschichte). Zwar wird hier eine verdampfbare Flüssigkeit durch Kondensation gewonnen, aber nach der heutigen Theorie liegt hier keine destillative Trennung vor, daher nennt man dieses Verfahren besser Thermolyse oder Pyrolyse.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die physikalischen Grundlagen der Destillation – Verdampfung, Kondensation und die Trennung von Stoffgemischen – wurden in unterschiedlichen Kulturen schon lange vor der Entwicklung spezialisierter Apparate beobachtet und genutzt. Das lateinische Verb destillare bezeichnet ursprünglich das Herabtropfen oder Triefen von Flüssigkeit; der Ausdruck destillatio konnte auch ganz allgemein das Fließen oder den Abfluss meinen.[1] In antiken und mittelalterlichen Quellen werden unter diesem und verwandten Begriffen nicht nur Siedevorgänge, sondern auch andere Trennverfahren wie Filtration, Kristallisation, Extraktion und Sublimation gefasst.[2][3] Die Frage, ab wann von Destillation im heutigen, engen Sinn gesprochen werden kann, ist deshalb in hohem Maß eine Frage der Definition.[4]
Frühzeitliche Techniken zur Gewinnung von Pech und Teer aus Holz und Rinde beruhen auf Erhitzen und thermischer Zersetzung der Ausgangsstoffe und werden heute eher der Pyrolyse beziehungsweise Thermolyse als der Destillation zugerechnet.[5][6] Früh entwickelt wurden auch Methoden, durch wiederholte Mazeration und Auspressen konzentrierte Duftöle herzustellen; gerade bei Rosen spielten solche multiplizierenden Trennverfahren nachweislich eine wichtige Rolle.[4][5] Beobachtungen des Wasserkreislaufs und von Kondenswasser an Deckeln von Kochgefäßen legten nahe, durch Verdampfen und Wiederverflüssigen Stoffe voneinander zu trennen; antike Berichte über Versuche, auf See aus Meerwasser Trinkwasser zu gewinnen, werden in der Forschung allerdings zurückhaltend bewertet und lassen die konkrete Gestalt der verwendeten Apparate offen.[7][6]
In der medizinisch-pharmazeutischen Literatur der römischen Kaiserzeit finden sich bei Dioskurides und Plinius Anweisungen, durch Erhitzen und Auffangen von Dämpfen Stoffe zu gewinnen oder zu veredeln. Dioskurides beschreibt etwa die Gewinnung von Quecksilber aus Zinnober in einem geschlossenen Gefäßsystem sowie Verfahren, bei denen bei der Verarbeitung von Harzen entweichende Dämpfe in Wolle aufgefangen und anschließend wieder ausgepresst werden.[8][9] Solche Beschreibungen zeigen den Umgang mit erhitzten Stoffen und kondensierten Dämpfen, belegen aber noch keine ausgereifte Destillationsapparatur.
Die ersten detaillierten Beschreibungen zusammengesetzter Destillationsgeräte stammen aus der spätantiken Alchemie im Umfeld von Alexandria. Alchemisten wie Zosimos von Panopolis (3./4. Jahrhundert n. Chr.) schildern Apparate mit Kolben (Cucurbit), Helm (Alembik) und Vorlagegefäß, in denen Stoffe in einem geschlossenen System erhitzt und die entstehenden Dämpfe wieder verflüssigt werden.[10][11] Die Terminologie bleibt dabei unscharf; Destillation, Sublimation und andere „Veredelungen“ der Stoffe werden noch nicht systematisch unterschieden.[12]
Im 8. bis 10. Jahrhundert knüpften Gelehrte der islamischen Welt an diese Tradition an und entwickelten die Laborpraxis der Destillation weiter. Unter den Namen Ǧābir ibn Ḥayyān (Geber) und ar-Rāzī (Rhazes) überliefern arabische Texte Beschreibungen von Destillierapparaten (anbīq beziehungsweise Alembik) und von Verfahren zur Herstellung von Duft- und Arzneistoffen, destillierten Erdölfraktionen und konzentrierten Mineralsäuren.[10][11] Über Übersetzungen ins Lateinische gelangten diese Schriften seit dem 12. Jahrhundert in das lateinische Europa und prägten dort sowohl die alchemistische Literatur als auch medizinisch-pharmazeutische Kompendien.[13]
Zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert wurde die Destillation im lateinischen Westen zu einem wichtigen Verfahren der Arznei- und Genussmittelproduktion. In der Umgebung der Schule von Salerno und in der Arzneimittellehre Circa instans werden neben stark duftenden Ölen auch destillierte Pflanzenwässer (etwa Rosenwasser) beschrieben; dabei deutet die Bemerkung, die Herstellung des Rosenwassers könne nicht mit Worten erklärt, sondern müsse gesehen werden, auf vergleichsweise komplexe Apparaturen hin.[14][12] Gleichzeitig zeigen medizinische und alchemistische Texte das zunehmende Interesse an aqua vitae, also hochprozentigen Weindestillaten, die zunächst fast ausschließlich als Arzneimittel eingesetzt wurden.[15][16] Die technische Voraussetzung hierfür war eine verbesserte Kühlung, die eine Trennung nach unterschiedlichen Siedepunkten ermöglichte, sowie Verfahren zur Aufkonzentration des Alkohols, etwa durch Aussalzen des zu brennenden Weins.[2][13]
Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit verfeinerten Apotheker, Wundärzte und Alchemisten sowohl Apparate als auch Wärmeregime. Taddeo Alderotti wird in der Forschung mit der Einführung von Schlangenrohrkühlern und der mehrstufigen Destillation von Weingeist in Verbindung gebracht.[16][17] Seit dem 14. Jahrhundert kursierten Traktate über „gebrannte Wässer“, deren Inhalte der Straßburger Chirurg Hieronymus Brunschwig 1500 in seinem Kleinen Destillierbuch zusammenführte. Neben zahlreichen Pflanzenmonografien enthält das Werk einen systematischen Teil über Destillierverfahren, in dem Brunschwig zwischen einfachen Methoden (etwa Filtration, Sonnenwärme, Pferdemist oder Brotteig als Wärmequelle) und aufwändigeren Destillationen im Wasser-, Sand- oder Aschebad und über offenem Feuer unterscheidet.[18][2] Über spätere Kompilationen wie den erweiterten Gart der Gesundheit fand Brunschwigs Destillierlehre weite Verbreitung.[19]
Parallel dazu entwickelten sich Verfahren zur Gewinnung und Verfeinerung ätherischer Öle. Während in der Klostermedizin für Rosenpräparate noch Ölmazerate dominieren, werden in der Renaissance vereinzelt reine ätherische Öle beschrieben. Europäisches Rosenöl ist kurz vor 1600 erstmals bei italienischen Autoren belegt und wurde im 17. und frühen 18. Jahrhundert zu einer gefragten Handelsware.[20][12]
Seit dem 18. und 19. Jahrhundert verlagerte sich die technische Entwicklung zunehmend in chemische Manufakturen und die entstehende chemische Industrie. Verbessertes Glasgerät, die Einführung wassergekühlter Liebigkühler – deren Prinzip auf eine Entwicklung von Christian Ehrenfried Weigel aus dem Jahr 1771 zurückgeht – und die Ausarbeitung von Rektifikationsverfahren eröffneten neue Möglichkeiten, auch Stoffe mit nahe beieinanderliegenden Siedepunkten zu trennen.[21][22][23] Kontinuierlich arbeitende Destillationskolonnen, wie sie seit dem frühen 19. Jahrhundert entwickelt und patentiert wurden, bilden bis heute die Grundlage für großtechnische Destillation, etwa bei der Aufreinigung von Rohalkohol oder in der Erdölraffinerie.[3]
Prinzipien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die oben beschriebene „einfache Destillation“ durch Erhitzen und Abkühlen[24] beruht auf der Verdampfung und Kondensation flüchtiger Stoffe. Diese werden jedoch dadurch nicht oder nur unvollkommen getrennt. Man kann höchstens einzelne „Fraktionen“ mit unterschiedlicher Siedetemperatur auffangen.
Die Trennung von Gemischen verschiedener verdampfbarer und ineinander löslicher Stoffe kann oft durch wiederholte Destillation bewerkstelligt werden. In diesen Fällen beruht die Trennwirkung auf der unterschiedlichen Zusammensetzung der siedenden Flüssigkeit und des Dampfes. Eine notwendige, jedoch nicht ausreichende Bedingung hierfür sind unterschiedliche Siedepunkte der zu trennenden Komponenten. Die dafür entwickelten Techniken werden weiter unten aufgeführt. Diese Verfahren beruhen auf den unterschiedlich hohen Siedepunkten der beteiligten Flüssigkeiten, genauer gesagt auf ihrem unterschiedlichen Dampfdruck bei gleicher Temperatur. Dies sei an einem Gemisch aus zwei miteinander mischbaren flüssigen Komponenten („binäres Gemisch“) erläutert.

Wird wie in der Abbildung rechts eine Mischung aus den Komponenten 1 und 2 erhitzt, so steigt die Temperatur bis zum Erreichen der Siedekurve an. Die Zusammensetzung der Gasphase über der siedenden Flüssigkeit ist diejenige, welche die Taupunktkurve bei der gleichen Temperatur anzeigt (waagerechte Linie). Durch Kondensation erhält man eine Flüssigkeit, deren Zusammensetzung der der Gasphase entspricht, also einen erhöhten Anteil der niedriger siedenden Komponente 2 enthält (senkrechte Linie). Tatsächlich ist der Gehalt durch unvollständige Gleichgewichtseinstellung geringer. Außerdem verarmt die übrig bleibende Flüssigkeit (in der Technik: Destillationssumpf) mit der Zeit an der niedrigsiedenden Komponente, wodurch die waagerechte Linie nach oben verschoben wird.
Einfache Destillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der einfachen Destillation wird der Sumpf mithilfe einer geeigneten Wärmequelle (z. B. Heizhaube oder Heizbad) auf die gewünschte Temperatur erhitzt, bei der die Zielkomponente zu sieden beginnt. Ist diese erreicht, steigt der Stoff gasförmig auf und kondensiert wieder im Kühler. Im Labor wird meist ein Liebigkühler verwendet. Auf dem Thermometer kann man die Kopftemperatur des verdampften Stoffes ablesen und anhand dieses Wertes sicherstellen, dass man die gewünschte Komponente aus dem Gemisch entfernt bzw. gewinnt. Am Ende der Apparatur befindet sich der Auffangkolben.
Ein Beispiel für die Anwendung der einfachen Destillation ist die Abtrennung gelöster Verunreinigungen (Salze oder anderer Feststoffe) aus einer Flüssigkeit. Durch Filtration lassen diese sich nicht entfernen.
Mehrstufige Destillation und Rektifikation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch mehrfache erneute Destillation des Kondensates gelangt man im Siedediagramm auf einer Zickzacklinie immer näher an die Reinsubstanz 1 heran. In der Praxis erreicht man durch den Einbau einer Kolonne zwischen Destillationsblase und Destillenkopf schon durch einmalige Destillation eine deutlich erhöhte Trennleistung. Die Anzahl der für die gleiche Trennleistung benötigten Einzeldestillationen wird als „theoretische Bodenzahl“ bezeichnet, so genannt nach dem Verfahren der Erdöldestillation in sogenannten Glockenboden-Kolonnen. An der Oberfläche der Kolonne stellt sich durch Kondensation und Verdampfung das Gleichgewicht zwischen flüssiger und Gasphase ständig neu ein, wodurch nach oben hin der Anteil des niedrigsiedenden Bestandteils immer weiter ansteigt, während die höhersiedende Komponente in die Destillationsblase, den Sumpf, zurückfließt. Die Größe der Oberfläche der Kolonne, die im einfachsten Fall aus einem langen Glasrohr besteht, wird in verschiedene Varianten wie der Vigreux-Kolonne oder durch die Füllung mit Füllkörpern oder strukturierten Packungen stark erhöht.
Falls die zu trennenden Stoffe ein Azeotrop bilden, so treffen sich Siede- und Taupunktkurve nicht erst bei den Reinsubstanzen. Eine destillative Trennung ist dann nur bis zu diesem Punkt möglich. Allerdings ist das azeotrope Mischungsverhältnis druckabhängig, so dass durch eine Vakuum- oder Überdruckdestillation doch eine weitere Trennung möglich ist. Das Azeotrop zwischen Ethanol und Wasser im Verhältnis ca. 25 : 1 (bei Umgebungsbedingungen) begründet die übliche Handelsmischung eines „96-prozentigen Alkohols“. Eine weitere Aufkonzentration bzw. Trocknung des Ethanols ist durch eine Azeotroprektifikation möglich.
Die großtechnische Umsetzung der wiederholten, kontinuierlichen Destillation bezeichnet man auch als Rektifikation. Die einzelnen Destillationstufen finden in einem speziellen Behälter, Rektifikationskolonnen genannt, statt. Die Kolonne besteht aus mehreren Lagen von Böden, durch die der Dampf in den Kopf steigen und das Kondensat in den Sumpf fließen kann. Dabei können kontinuierlich Produkte abgezogen und Edukt nachgefüllt werden.
Fraktionierte Destillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein aus mehreren Komponenten bestehendes Gemisch kann durch fraktionierte Destillation getrennt werden. Dabei wird der zum Auffangen des Destillates genutzte Behälter nach dem Abtrennen der am niedrigsten siedenden Fraktion ausgewechselt. Der Zeitpunkt zum Wechseln wird dabei durch eine Änderung der Temperatur im Destillationskopf angezeigt. Meist wird noch bis zum Erreichen des Siedepunkts der nächsten Komponente eine Zwischenfraktion abgetrennt, da im Übergangsbereich häufig ein Gemisch entsteht, und um Reste der vorherigen Fraktion aus dem Kühler zu entfernen. Liegen die Siedepunkte nahe beieinander, kann durch Zwischenschalten einer Kolonne das Volumen der unsauberen Zwischenfraktion klein gehalten werden.
- Hinweis
Die Begriffe „fraktionierte Destillation“ und „Rektifikation“ als Gegenstromdestillation, Rückflussdestillation, Kolonnendestillation werden häufig synonym verwendet. Im strengen Sinne bedeutet es, dass ein aus mehreren Komponenten bestehendes Gemisch durch Destillation und Fraktionierung getrennt werden kann. Dabei wird der zum Auffangen des Destillates genutzte Behälter nach dem Auffangen der am niedrigsten siedenden Fraktion ausgewechselt. Fraktionieren bedeutet dabei lediglich das Auffangen mehrerer Fraktionen.
Vakuumdestillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Vakuumdestillation ist eine Destillation bei verringertem Gesamtdruck in der Destillationsanlage. Dadurch werden die Siedetemperaturen der einzelnen Komponenten gesenkt, was die Destillation von Stoffgemischen ermöglicht, deren im Sumpf verbleibenden Komponenten nicht ausreichend temperaturstabil sind. Bei höheren Temperaturen können im Sumpf oder im übrigen Edukt Katalysatorrückstände oder Nebenprodukte enthalten sein, die durch unerwünschte Reaktionen die Ausbeute senken.
Großtechnisch wird das „Sumpfprodukt“ der atmosphärischen Destillation bei der Erdölraffination anschließend noch einer Vakuumdestillation unterworfen. So sollen hauptsächlich die Grundöle zur Schmierölproduktion und sogenanntes Vakuumgasöl hergestellt werden. Dies dient weiterhin als wertvolles Edukt für einen Cat Cracker oder einen Hydrocracker.
Überdruckdestillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Überdruckdestillation wird die Anlage mit Überdruck gefahren, um die Siedepunktdifferenzen der Komponenten zu vergrößern. Der Anwendungsbereich liegt üblicherweise bei Stoffen mit sehr niedrigen Siedepunkten, die eng beieinander liegen, wie bei der Luftverflüssigung.
Auch bei Pflanzenmaterial mit schwer destillierbaren Ölen wird zuweilen die Überdruckdestillation mit überhitztem Wasserdampf angewandt. Hierbei ist das Öl-Wasser-Verhältnis im Destillat günstiger als bei Normaldruck.[25]
Kugelrohrdestillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Destillationen im Kugelrohr werden im Labor mit kleinen Substanzmengen durchgeführt. Näheres wird in diesem Artikel beschrieben.
Schleppdestillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hierbei wird mit einem Stoffzusatz destilliert, der das Produkt „mitschleppt“. Bekannteste Variante dieser Destillationsart ist die Wasserdampfdestillation. Wenn eine Vakuumdestillation nicht optimal durchzuführen ist, wird diese angewandt, um wärmeempfindliche Substanzen mit geringem Dampfdruck zu destillieren. Beispiele sind die Extraktion von ätherischen Ölen aus Pflanzen oder die Anwendung bei der Reinigung substituierter Aromaten.
Azeotrope Destillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hierbei wird eine Komponente zugegeben, die mit dem abzutrennenden Stoff ein Azeotrop bildet. Beispielsweise kann bei einer sauer katalysierten Veresterung das entstehende Wasser als Azeotrop mit Toluol, Hexan, Chloroform oder anderen geeigneten Lösemitteln fast quantitativ entfernt werden, wodurch die Reaktion fast vollständig abläuft. Bei den genannten Lösemitteln bildet sich ein Heteroazeotrop, das beim Kondensieren wiederum in zwei Phasen zerfällt, was mit einem Wasserabscheider eine Rückführung des Lösungsmittels erlaubt.
Extraktivdestillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Gegenstück zur Azeotropdestillation wird dabei ein hochsiedender, nicht-flüchtiger, mischbarer Stoff zugesetzt, der mit den zu trennenden Stoffen kein Azeotrop bildet. Beispielsweise eine ionische Flüssigkeit. Damit kann das Phasengleichgewicht von eng siedenden zu trennenden Flüssigkeiten verschoben werden und die Trennung eines azeotropen Gemischs wird mit vertretbarem Aufwand möglich.[26]
Kurzwegdestillation
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1 – Sumpf
2 – Kühler
3 – Kühlmittelauslass
4 – Kühlmitteleinlass
5 – Vakuumanschluss
6 – Vorlage
Als Kurzwegdestillation (KWD) bezeichnet man eine Destillation, die im Feinvakuumbereich, also im Druckbereich zwischen 1 und 0,001 mbar durchgeführt wird und bei der die Gasphase nur einen sehr kurzen Weg zwischen der Vorlage und dem Kondensator zurückzulegen hat. Sie wird auch als Molekulardestillation bezeichnet und gehört zu den schonendsten thermischen Trennverfahren. Aufgrund des geringen Arbeitsdrucks erfolgt die Destillation schon bei relativ niedrigen Temperaturen. Im Vergleich zu anderen Destillationsverfahren können somit thermisch empfindliche Produkte wie Tocopherole, Fettsäureester, Monoglyceride, Prepolymere, Epoxidharze und Pharmawirkstoffe sehr schonend getrennt werden. Geeignet ist die Methode auch für schwer verdampfbare Moleküle, wie langkettige Kohlenwasserstoffe aus den Rückständen der Mineralölindustrie, die unter Feinvakuum abdestilliert werden. Eine modifizierte Variante ist die Kugelrohrdestillation. In der Industrie sind plattenwärmetauscherähnliche Apparate im Einsatz, bei denen der Abstand zwischen Verdampfer und Kondensator nur wenige Millimeter beträgt.
Reaktivdestillation
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Bei der Reaktivdestillation wird die (mehrstufige) Destillation mit einer chemischen Reaktion kombiniert. Durch die Kombination beider Mechanismen können Vorteile im Vergleich zu einfachen, seriellen Reaktions-Destillations-Verfahren erzielt werden. Reaktivdestillation eignet sich vor allem für „gleichgewichtslimitierte“ Reaktionen. Durch das ständige Entfernen eines Reaktionspartners wird das Gleichgewicht immer wieder neu eingestellt und auf diese Weise ein vollständiger Umsatz ermöglicht. Andererseits können durch die Reaktion auftretende Azeotrope gebrochen werden. Bei exothermen Reaktion wird dabei die auftretende Wärme zur Stofftrennung ausgenutzt. Die optimalen Betriebsbedingungen und hierbei vor allem der optimale Temperaturbereich für Reaktion und Stofftrennung können diese Methode verhindern.
Die auftretende chemische Reaktion kann sowohl homogen als auch heterogen katalysiert werden. Bei der Verwendung eines homogenen Katalysators ist eine weitere Trennstufe zur Abtrennung des Katalysators notwendig. Bei der heterogen katalysierten Reaktivdestillation wird der Katalysator häufig in Form von reaktiven Packungen in der Destillationskolonne eingebaut. Dabei handelt es sich oftmals um Trennpackungen, in die der meist kugelförmige Katalysator in Metallsäckchen integriert ist. Trotz intensiver Forschungen in den letzten Jahrzehnten findet die Reaktivdestillation in der Industrie nur relativ selten Verwendung. Wichtig ist sie allerdings bei der Kaliumproduktion.
Zonendestillation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Zonendestillation ist ein Destillationsprozess in einem Container gestreckter Form mit partieller Verschmelzung des raffinierten Stoffes in einer sich bewegenden flüssigen Zone und mit einer Kondensation des Dampfes in die feste Phase im Zuge des Ausgangs des Kondensats zum kalten Gebiet. Der Prozess ist theoretisch bearbeitet.
Bei der Bewegung des Zonenerhitzers den Container entlang von oben nach unten lässt sich ein festes Kondensat im Container mit der gleichmäßigen Verteilung der Beimischungen formen und der reinste Teil des Kondensats kann als Produkt ausgegrenzt werden. Der Prozess kann mehrmals wiederholt werden, wofür das früher erhaltene Kondensat (ohne Umwälzung) in den unteren Teil des Containers an den Ort des raffinierten Stoffes versetzt werden soll. Die ungleichmäßige Verteilung der Beimischungen im Kondensat (d. h. die Reinigungswirkung) steigt mit der Anzahl der Wiederholungen des Prozesses.
Die Zonendestillation ist ein destillatives Analogon der Zonenumkristallisation. Die Verteilung der Beimischungen im Kondensat wird durch bekannte Gleichungen der Zonenumkristallisation mit verschiedener Anzahl der Durchläufe der Zone beschrieben – bei der Ersetzung des Verteilungskoeffizienten k für die Kristallisation durch den Separationskoeffizienten α für die Destillation.
Unbeabsichtigte Destillationsvorgänge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In technischen Anlagen, beispielsweise in Absauganlagen für Dämpfe, treten oft unbeabsichtigt Abscheidungen nach vorheriger Verdampfung auf, indem abgesaugte Dämpfe in den Absaugrohren kondensieren und diese Kondensate langfristig zu Verstopfungen oder zu weiteren Anbackungen führen. Beispielsweise Fettablagerungen bei Dunstabzugshauben, Wasserkondensat in Druckluftschläuchen (das bei tiefen Temperaturen gefriert) oder Versottung von Kaminen.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Robert J. Forbes: A short history of the art of distillation: from the beginnings up to the death of Cellier Blumenthal. – Reprint d. Ausg. 1948. Brill, Leiden, 1970.
- Autorenkollektiv: Organikum. Organisch-chemisches Grundpraktikum.7. Aufl., Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1967 und folgende Auflagen.
- Erich Krell: Handbuch der Laboratoriumsdestillation: mit einer Einführung in die Pilotdestillation. 3. Aufl., Hüthig, Heidelberg u. a., 1976, ISBN 3-7785-0340-5.
- K. Sattler: Thermische Trennverfahren: Grundlagen, Auslegung, Apparate. Weinheim u. a., 2. Auflage. 1995, S. 113–290.
- Johann Stichlmair: Distillation. In: Barbara Elven (Hrsg.): Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. 7. Auflage. Band 11. Wiley-VCH, Weinheim 2011, ISBN 978-3-527-32943-4, S. 425–494.
- Herwig Buntz: Destillation. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 295–296.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Destillation im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zoll.de: Technik der Branntweinherstellung ( vom 9. Juli 2010 im Internet Archive)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Karl Ernst Georges (Hrsg.): Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8. Auflage. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1913, Sp. 2092.
- ↑ a b c Ludwig Deibele: Die Entwicklung der Destillationstechnik von ihren Anfängen bis zum Jahre 1800. In: Chem.-Ing.-Tech. 63 (1991), Nr. 5, S. 458–470.
- ↑ a b Norbert Kockmann: History of Distillation. In: Andrzej Górak, Eva Sorensen (Hrsg.): Distillation: Fundamentals and Principles. Academic Press, London 2014, S. 1–43.
- ↑ a b Alfred Bittel: Zur Geschichte multiplikativer Trennverfahren. In: Chem.-Ing.-Tech. 31 (1959), Nr. 6, S. 365–424.
- ↑ a b Hermann Schelenz: Zur Geschichte der pharmazeutisch-chemischen Destilliergeräte. Springer, Berlin 1911, S. 18.
- ↑ a b Edmund von Lippmann: Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte der Naturwissenschaften. Band 2. Veit & Comp., Leipzig 1913, S. 203–229.
- ↑ F. Sherwood Taylor: The evolution of the still. In: Annals of Science. 5 (1945), Heft 3, S. 185–202.
- ↑ Julius Berendes (Hrsg.): Des Pedanios Dioskurides aus Anazarbos Arzneimittellehre in fünf Büchern. Ferdinand Enke, Stuttgart 1902, S. 66 f., 98 ff., 524 ff.
- ↑ Roderich König (Hrsg.): Cajus Plinius Secundus d. Ä.: Naturkunde, Bücher XIV/XV. Artemis, München 1981, S. 126 f.
- ↑ a b Herwig Buntz: Destillation. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2007, S. 295–296.
- ↑ a b R. J. Forbes: Short History of the Art of Distillation. Brill, Leiden 1948, S. 1–28.
- ↑ a b c Tobias Niedenthal: Zur Geschichte der Extraktion und Destillation aromatischer Stoffe sowie der Auszüge aus Rosen. In: Zeitschrift für Arznei- und Gewürzpflanzen. 29 (2025), Heft 3, S. 108–111.
- ↑ a b Jost Weyer: Geschichte der Chemie. Band 1. Springer, Berlin 2018, S. 109 ff.
- ↑ Konrad Goehl: Das „Circa instans“. Die erste große Drogenkunde des Abendlandes. Deutscher Wissenschafts-Verlag, Baden-Baden 2015, S. 354–358.
- ↑ Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Branntwein. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2007, S. 205–206.
- ↑ a b Gundolf Keil: Der deutsche Branntweintraktat des Mittelalters. In: Centaurus 7 (1960), H. 1, S. 53–100.
- ↑ Edmund von Lippmann: Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik. Springer, Berlin 1923, S. 56–139.
- ↑ Heike Will: Vergleich der Indikationen des „Kleinen Destillierbuches“ des Chirurgen Hieronymus Brunschwig (Straßburg 1500) mit den nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand belegten Indikationen. Dissertation, Würzburg 2009, S. 243 ff.
- ↑ Johannes Gottfried Mayer: Die Wahrheit über den Gart der Gesundheit (1485) und sein Weiterleben in der Kräuterbuchliteratur der Frühen Neuzeit. In: Sabine Anagnostou u. a. (Hrsg.): A passion for plants. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2011, S. 119–128.
- ↑ Anton Eibl: Die Duftrosenkultur in Bulgarien. In: Die Gartenbauwissenschaft 2 (1929), S. 24–39.
- ↑ G. A. Fester: Zur Geschichte des Gegenstromkühlers. In: Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften 45 (1961), H. 4, S. 341–350.
- ↑ Ludwig Deibele: Die Entwicklung der Destillationstechnik im 19. Jahrhundert. In: Chem.-Ing.-Tech. 66 (1994), Nr. 6, S. 809–818.
- ↑ Daniel S. Christen: Praxiswissen der chemischen Verfahrenstechnik. 2. Auflage. Springer, Heidelberg 2010, S. 401–458.
- ↑ Edmund Oskar von Lippmann: Zur Geschichte der ununterbrochenen Kühlung bei der Destillation. In: Chemiker-Zeitung 1, 1915, Nr. 1/2.
- ↑ Verdichtete Gase zur Extraktion und Raffination Seite 5
- ↑ Extraktivdestillation