Dieter Wiedemann (Medienwissenschaftler)

Dieter Wiedemann (* 16. März 1946 in Liběšice u Želenice, Okres Most, Tschechoslowakei; † 30. Oktober 2025[1]) war ein deutscher Medienwissenschaftler und Medienpädagoge. Er lehrte ab 1995 als Professor für AV-Medienwissenschaft an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg und war in dieser Zeit auch Rektor bzw. von 2000 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2012 Präsident der Hochschule.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wiedemann wurde im ehemaligen Sudetenland geboren, sechs Wochen nach seiner Geburt wurde die Familie nach Suhl in der damaligen sowjetischen Besatzungszone Deutschlands übersiedelt. Der Vater war Vulkaniseur beim Motorradbauer Simson und SED-Mitglied, die Mutter Hausfrau. Er selbst war Jungpionier und Ministrant, wurde katholisch gefirmt und nahm an der Jugendweihe teil. Nach dem Abitur 1964 begann Wiedemann zunächst eine Gärtnerlehre, die er nach einem schweren Unfall abbrechen musste. Ab 1967 studierte er Dramaturgie und Theaterwissenschaft an der Theaterhochschule Leipzig und Filmwissenschaft an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR in Potsdam-Babelsberg (namentlich bei Peter Wuss und Konrad Schwalbe), wo er 1971 als Diplom-Dramaturg abschloss. Für seine Abschlussarbeit zu Erwartungen Jugendlicher an Kinofilme wertete er geheime Umfragedaten des Zentralinstituts für Jugendforschung (ZIJ) in Leipzig aus, weshalb sie als vertrauliche Verschlusssache eingestuft wurde. Selbst sein Betreuer Wuss durfte sie nicht lesen, die Bewertung beruhte stattdessen auf einem Gutachten Lothar Biskys vom ZIJ.[2]
Im Anschluss bekam Wiedemann durch Vermittlung Biskys eine Stelle am Zentralinstitut für Jugendforschung, wo er unter der Leitung von Walter Friedrich bis 1989 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, später als Leiter der Abteilung Kultur- und Medienforschung arbeitete. Die Studien des ZIJ waren meist für das Zentralkomitee der SED, den Zentralrat der FDJ, das staatliche Amt für Jugendfragen und das Ministerium für Staatssicherheit bestimmt, ihre Ergebnisse wurden geheim gehalten. Von 1972 bis 1975 absolvierte Wiedemann ein Zweitstudium der Pädagogischen Psychologie an der Karl-Marx-Universität Leipzig und schloss dieses als Diplom-Pädagoge ab. Mit einer Arbeit zur Filmkommunikation und Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher (Dissertation A) – die ebenfalls einen Sperrvermerk bekam – wurde er 1980 an der Humboldt-Universität Berlin zum Dr. phil. promoviert. Die Dissertation B (entspricht einer Habilitation) über Wechselbeziehungen der Künste und Persönlichkeitsentwicklung junger DDR-Bürger schloss er 1988 am Leipziger Zentralinstitut für Jugendforschung ab. Bis zur Friedlichen Revolution im Herbst 1989 war Wiedemann SED-Mitglied.[2]
In der Zeit der Wende in der DDR wechselte Wiedemann Anfang 1990 an die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF), die ihm im selben Jahr die Facultas Docendi verlieh. Dort war er – auch nach der deutschen Wiedervereinigung – von 1990 bis 1993 erster Direktor des neu eingerichteten Instituts für Medienforschung und 1993 Gründungsbeauftragter des Studiengangs AV-Medienwissenschaft. Ab April 1995 war er Professor für AV-Medienwissenschaft an der HFF. Im Juli 1995 wurde Wiedemann einstimmig als Nachfolger Wolf-Dieter Panses zum Rektor der Hochschule gewählt, im Mai 2000 als Präsident wiedergewählt. Angesichts des Arbeitsaufwands der Hochschulleitung musste er seine Lehrtätigkeit mit der Zeit einstellen, als Nachfolgerin auf seiner Professur wurde 2007 Claudia Wegener berufen. Während seiner Amtszeit bekam die HFF 2001 das Promotionsrecht verliehen; 2010 wurde die Umwandlung in eine Filmuniversität angestoßen, die 2014 erfolgte. Im April 2012 wurde er als Präsident offiziell verabschiedet, amtierte aber weiter bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Dezember 2012. Vorübergehend leitete Martin Steyer als Interims-Präsident die HFF, bis im Oktober 2013 die Volkswirtin Susanne Stürmer Wiedemanns Nachfolge antrat.
Von 1999 bis 2007 war Wiedemann Vorsitzender der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK).
Er verfasste zahlreiche Publikationen zu Film und Fernsehen, insbesondere zu Rezeption und Wirkung mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche, sowie zur Aufarbeitung und kritischen Wertung des DEFA-Filmerbes und des Kinderfernsehens der DDR.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Dieter Wiedemann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie von Dieter Wiedemann auf der Website der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wir trauern um Professor Dr. sc. Dieter Wiedemann. Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, 3. November 2025, abgerufen am 4. November 2025.
- ↑ a b Dieter Wiedemann: Forschen und leben in zwei Gesellschaften. In: Michael Meyen, Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Herbert von Halem, Köln 2019 (online, abgerufen am 4. November 2025).
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Wiedemann, Dieter |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Medienwissenschaftler und Medienpädagoge |
| GEBURTSDATUM | 16. März 1946 |
| GEBURTSORT | Liběšice u Želenice, Tschechoslowakei |
| STERBEDATUM | 30. Oktober 2025 |