Diskussion:Anscheinsbeweis

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Das Wesen des Anscheinsbeweises ist umstritten. Vieles wird aber auch immer wieder missverstanden. Ich fände es gut, wenn Änderungen in Zukunft hier diskutiert würden, bevor der Artikel überarbeitet wird. Drei Dinge sind mir mit meinem Verständnis des Anscheinsbeweises aber wichtig:

1.) Der Anscheinsbeweis hat keinen Einfluss auf die Verteilung der objektiven Beweislast. Sie wird durch den Anscheinsbeweis nicht verschoben, durch den Erschütterungsbeweis fällt nichts zurück. Das ist absolut einhellige Meinung im Schrifttum und kann in jedem Kommentar so nachgelesen werden.

Ack RolloM 11:40, 3. August 2006 (CEST).

2.) Der Anscheinsbeweis ändert nichts an den Beweisanforderungen. Er muss die volle Überzeugung des Gerichts begründen können.

Hier bin ich entschieden anderer Meinung. Ich halte den Anscheinsbeweis für einen Fall der Beweismassreduktion. Vgl. meine Dissertation (N 587 ff.), die ich zwischenzeitlich in die Literaturliste eingefügt habe. Kommentare hiezu wären erwünscht! RolloM 11:40, 3. August 2006 (CEST).
hier zeigen sich die Grenzen von Wikipedia für den juristischen Diskurs. Ich war hier natürlich auch deshalb so engagiert, weil ich wie mein Vorredner auch eine Dissertation zum Anscheinsbeweis geschrieben habe (erscheint im November). Ich würde vorschlagen, sich hier darauf zu beschränken, dass die Rechtsnatur umstritten ist. Stein-Jonas, Zöller, Müko-ZPO sagen wohl es ist keine Beweismaßabsenkung mit dem AB verbunden.

3.) Der Anscheinsbeweis ist schlicht die Beschreibung eines Weges, auf dem der Richter seine persönliche Überzeugung vom Sachverhalt gewinnt. Deshalb ist er grundsätzlich in jeder Prozessart denkbar.

In einem Summarverfahren (d.h. einem Verfahren mit reduziertem Beweismass, also etwa für vorsorglichen Rechtsschutz) sehe ich keinen Anwendungsbedarf für den Anscheinsbeweis, weil das Beweismass von vornherein in einem blossen Glaubhaftmachen besteht RolloM 11:40, 3. August 2006 (CEST).

Zur Beweismaßreduktion vielleicht doch noch eine Anmerkung meinerseits. Herrschende Meinung scheint das ja nicht zu sein. Im Kommentar Baumbach/Lauterbach, Anh § 286 ZPO Rn. 15, findet sich die wahrscheinlich treffende Beschreibung: "Der Anscheinsbeweis ist dogmatisch noch nicht geklärt." Ich glaube, bei dieser Aussage kann man es belassen. Wir sind ja hier nur ein Lexikon und wollen nicht in die dogmatischen Untiefen absteigen. Man könnte höchstens noch grob darstellen, welche Ansichten vertreten werden ohne einer den Vorzug zu geben. --Alkibiades 14:05, 13. Aug 2006 (CEST)

Dem kann ich mich voll anschließen.

Ich hoffe, die Aussage, wonach die Beweiswürdigungstheorie derzeit "wohl herrschend" ist, entspricht den Bedürfnissen. Zudem bin ich zur Zeit meiner Diss vor vier Jahren zum Schluss gekommen, dass die Literatur langsam auf die Beweismasstheorie umschwenkt - deshalb habe ich das auch geschrieben. Für mich überzeugend war im Übrigen vor allem der zitierte Aufsatz von Rüssmann.--RolloM 01:19, 16. Sep 2006 (CEST)

Die Überarbeitung gefällt mir zwar wegen Ihrer Struktur. Mich stört aber sehr, dass sie alles Alte weggefegt hat. Die Anwendungsfälle im Verwaltungsrecht und im Steuerrecht sind komplett weg.

Ich gehe davon aus, dass die Figur des AB nicht in einem Rechtsgebiet zulässig sein kann und im anderen nicht. Dafür gibt es keine plausiblen Gründe. Ok, dies entspräche wohl der bisherigen Diskussion, die oft jeder Logik entbehrt und sich primär an die Kasuistik anhängt, wobei dann geschrieben wird, der AB sei nun auch in dem und dem Gebiet anerkannt oder in der oder der Fallkonstellation. Es kann aber nicht darum gehen, den AB sukzessive in Einzelfällen (wie dem Auffahrunfall etc.) anzuerkennen, sondern nur darum, allgemeingültige Regeln zu schaffen, die dann grundsätzlich überall Geltung haben. - Aber ok, das ist meine persönliche Meinung - und in Deutschland scheint Ihr deutlich weniger Flexibilität an den Tag zu legen bei der Juristerei als bei uns in der Schweiz ;-)
Aus dieser geschilderten Perspektive habe ich mich auf diejenige Kasuistik beschränkt, die das Wesen des AB im Sinne einer allgemeinen Regel darstellt. Weitere Entscheide brauchts m.E. nicht. Man könnte allenfalls einen weiteren Abschnitt einfügen mit dem Titel "zusätzliche Kasuistik" oder "AB ausserhalb des Zivilrechts". Einziges Gebiet, in dem der AB wohl wirklich problematisch ist, ist dabei wohl das Strafrecht (Unschuldsvermutung). Dazu die Diss von Müller - ich bin aber nicht mehr sicher zu welchem Resultat er kommt.
Ahja, propos weggefegt: Ich habe doch einige Aussagen aus der Vorversion übernommen, diese hat allerdings nur die Beweiswürdigungstheorie dargestellt.--RolloM 01:19, 16. Sep 2006 (CEST)