Diskussion:Niederdeutsche Sprache/Archiv/2

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Bauer(n)sprache

Frage: ist der Begriff Bauer(n)sprache nicht auch eine historische Bezeichnung des Niederdeutschen? Wenn, ja müsste sie auch in dem Abschnitt Sprachbezeichnung eingebaut werden. Zu beachten ist: Die Bauer(n)sprache hat auch eine zweite Bedeutung. siehe auch Pierer Universallexikon, 1857.

Ich habe die obere Diskussion nur überflogen. Deshalb ein paar Bemerkungen. Soweit ich informiert bin, gibt es in der Fachwelt unterschiedliche Meinungen, ob das Niederdeutsche eine eigenständige Sprache neben dem Hochdeutschen oder eine Mundart des Deutschen ist. --VG--Warboerde 13:26, 10. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

In welchem Zusammenhang hast Du das denn gelesen oder gehört? Meinst Du vielleicht "bursprake"? Dabei handelte es sich um die Bürgerversammlung, auch die Dokumente dieser Versammlungen werden so genannt: "To deme ersten schal men danken allen dede kamen in de Bursprake" bzw. "vnd hebben sik vorlesen laten de bursprake". Damit ist allerdings nicht das Niederdeutsche selbst gemeint, denn "burspraken" wurden Ende des 16. Jh. schon teilweise auf Hochdeutsch (mehr oder minder) verfaßt. Die Bezeichnung lebt z. T. heute noch fort in der "Morgensprak", einer Versammlung am Morgen (z. B. der Schützenzunft).--IP-Los 21:56, 10. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Als Begriff für provinzielle Sprache: http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Bauernsprache, aufmerksam wurde ich auf den Begriff durch diesen Artikel bzw. dieses Zitat: Wenn Bischof Erich verbot den Bürgern Paderborns außer im Notfalle und mit Vorwissen des Magistrats der ,Bursprake’ zu bedienen, wie Bessen in seiner Geschichte des Bistums Paderborn II S.24 merkwürdig zu erklären sucht, eine Sprache, die in verabredeten Zeichen bestand ,,wodurch man sehr geschwind eine ganze Gegend zu versammeln konnte`` Bauer bedeutete in dieser Zusammensetzung soviel wie Bauernsprache soviel wie Bürger und Sprache Besprechung dann Zusammenkunft zum Zweck derselben und endlich die gefassten Beschlüsse’’. (Hüser, Zeitschrift für rheinische und westfälische Volkskunde, 1907, S. 37--VG--Warboerde 22:34, 10. Feb. 2010 (CET) Hier noch ein anderes Zitat Dieser Stab, so hörte ich, wurde von dem Hirten des Dorfes, in dem er sich befand, von Haus zu Haus getragen, und dabei sprach der Träger beim ersten Eintritt in das Haus zum Gruße die Worte: "Wache, Hennil, wache!" denn so wurde er in der Bauernsprache genannt; und dann schmausten sie selbst köstlich und meinten durch den Schutz desselben gesichert zu sein; die Thoren! http://www.mittelalter-muenster.de/Leben/BogusZeittafel.html --VG--Warboerde 22:48, 10. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Im ersten Zitat dürfte die "bursprake" gemeint sein, wie ich sie erklärt habe. Das wäre dann aber keine Bezeichnung für das Niederdeutsche, sondern für die Versammlung, bzw. die dort verlesenen Regeln. Eine recht kurze Erklärung findest Du im Schiller/Lübben. So wie ich Zitat verstehe, sollte diese Versammlung nur in äußersten Notfällen einberufen werden, wahrscheinlich, damit sie nicht ständig für kleinste Streitereien mißbraucht wird. Ich zitiere mal den Anfang einer solchen Regelung aus Ribnitz aus dem Jahre 1588, die schon "börgersprack" heißt und hd. Elemente aufweist: "Dit is de börgersprack, welche jährlich auf cathedra petri der Börgerschaft von dem oldesten Börgergmeister vom Rahthuse wird vorgespracken." Der Grimm deutet die Bedeutung ebenfalls an: "BAUERSPRACHE, f. colloquium, conventus civium, wiederum die verhandlung der einwohner, nicht der bauern." und trennt scharf davon: "BAUERNSPRACHE, f. sermo rusticorum: ihre sprache war die ondentliche hiesige baurensprache. LESSING 1, 307. verschieden davon bauersprache." Das zweite Zitat dürfte sich deshalb einfach auf die erste Definition im Pierer beziehen, damit ist dann aber eher der Soziolekt gemeint, eben die Sprache der Bauern (deren Dialekt ja von Region zu Region unterschiedlich ist). --IP-Los 01:59, 11. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Mit der Differenzierung von Bauersprache und Bauernsprache, wie bei Grimm dargestellt, bin ich einverstanden. Die Frage, ob es sich bei der Bauernsprache um einen Soziolekt handelt weniger. In der Zeit waren fast alle Dorfbewohner bzw. Bauern, die in einer Streusiedlung wohnten in der Landwirtschaft tätig. Die Bauernsprache war somit die Sprache der ländlichen Bevölkerung. Diese ländlichen Bewohner sprachen in Norden Deutschlands Niederdeutsch. Eine Gruppensprache bzw. Berufssprache findet man eher in anderen Berufsgruppen. --VG--Warboerde 10:10, 11. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Also Bauern sind auch heute noch vorwiegend in der Landwirtschaft tätig SCNR ;-) Diese Landbevölkerung bildete ja eine bestimmte soziale Gruppe mit eigenen Strukturen, eigenem Wortschatz. Im 18./19. Jh. gibt es diverse Quellen darüber, wie sich diese "Landsprache" von der der Stadt unterschied. Für Mecklenburg sei einmal auf die Unterschiede zwischen Reuters "Ut mine Stromtid" und Brinckmans "Kapser-Ohm un ick" verwiesen (auch wenn solche Werke nicht adäquat für die gesprochene Sprache stehen können, aber darin kann man einige der auffälligsten Unterschiede erkennen).
Eine Gruppensprache bzw. Berufssprache findet man eher in anderen Berufsgruppen. Das stimmt nicht. Kommen wir zunächst zur Fachsprache (ich schätze mal, daß Dir das mit "Berufssprache" vorschwebt). Die gab und gibt es natürlich auch für die Landwirtschaft, ich zähle mal wahllos ein paar Beispiele aus Mecklenburg auf: "Pölk", "Stark", "Piggen" 'Hacheln, Grannen der Gerste', "bihaugen" 'Art des Getreidemähens', "Vörmatt", "Nahmatt" usw. usw. Diese Begriffe weichen dann regional ab.
Soziolekt meint nun einen Begirff, der "für eine sozial definierte Gruppe charakteristisch ist" (Bußmann, Lexikn der Sprachwissenschaft, S. 608), diese ließe sich hier m. E. schon ausmachen, zumal die Stadtbevölkerung im 18./19. Jh. Unterschiede zur Landsprache wahrnahm.
Diese ländlichen Bewohner sprachen in Norden Deutschlands Niederdeutsch. Ja natürlich, nur tat das die Stadtbevölkerung z. T. auch noch. Nd. erfaßte also nicht nur die "Bauernsprache", sondern auch die Sprache der Bürger, wie Mussäus 1837 in den Mecklenburgischen Jahrbüchern feststellt: "Neben dem Hochdeutschen findet sich auch in Meklenburg das Platte. Ersteres wird fast allgemein in den höheren Ständen gesprochen, wiewohl man auch da hin und wieder das Platte wie einen lieben, bequemen Hausrock nach den Geschäften des Tages im stillen, häuslichen Kreise vorzieht." --IP-Los 13:20, 11. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Danke für die Erläuterung. Sorry, aber ich verstehe etwas nicht. Nehmen wir im niederdeutschen Sprachraum zur Mitte des 17. Jhs. ein beliebiges Dorf mit 400 Einwohnern, 50 Hausstätten und als Bevölkerung 7 Vollmeyer, 5 Meyer, 3 Halbmeyer, der Rest sind Köter, d.h. fast die gesamte Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft, bis auf den Pfarrer, eventuell auch einem Lehrer, und ein paar Handwerkern (beispielsweise Schmied, Schreiner) und die Adelsfamilie soweit vorhanden. Die nächste Stadt ist 7 km entfernt. Wie kann sich in diesem Ort zwischen den Meyern und/oder den Kötern ein Soziolekt entstehen? Und inwiefern unterscheidet sich der Soziolekt von der Ortmundart?--Warboerde 10:58, 12. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Ich erläutere das villeicht mal am Beispiel Mecklenburg, dort war die Struktur allerdings etwas anders. Gehen wir mal von folgenden (theoretischen) Verhältnissen aus: 3 Bauern, 5 Büdner, 7 Häusler. Diese Leute haben allesamt Kontakt untereinander, teilweise helfen sie sich untereindander oder müssen Hofdienste leisten. Das ist dann auch bei Großgrundbesitzern so, wo die Häusler, Tagelöhner Hofdienste leisten mußten. Die Dorfbevölkerung kennt sich untereinander und kommuniziert auch miteinander (schon bei den Festen wie z. B. dem Erntefest). Inbegriffen sind da natürlich auch die Handwerker wie Schmied und Stellmacher, die die Arbeitsgeräte (Erntewagen, Haken/Pflug, Beschlagen der Pferde usw.) herstellten. In Mecklenburg entwickelte sich dabei eine Landsprache, die von der städtischen teilweise abwich, sowohl in der Lexik (es hielten sich z. B. bestimmte Begriffe länger als in der Stadt) als auch Lautung (z. B. zwischen Rostock und Umgebung: "Kauken" gegenüber Rostocker "Koken"). Diese Ortsmundarten waren also nicht nur auf bestimmte Regionen beschränkt (Dialekt), sondern auch auf bestimmte Bevölkerungsgruppen (Soziolekt). In der Stadt konnte man deshalb teilweise sogar unterscheiden zwischen Bürgern, die monophthongisch sprachen, und den Gewerbetreibenden und Arbeitern, die Diphthong bevorzugten (siehe Teuchert in NdJb 82 [1959], S. 217). Isofern überlagern sich auf dem Lande also Soziolekt und Dialekt, ein Bauer, der auf das Amt kam, wurde eben sofort als jemand erkannt, der vom Dorfe kam, da er diphthongisch sprach. Sehr schön stellt dies Ritter in seiner Grammatik von 1832 auf S. 33 f. dar. --IP-Los 17:50, 12. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]


Vielen Dank für die Ausführungen, aber ich kann leider immer noch nicht nachvollziehen, wie in einem Ort mit 15 Landwirten, jeder mit einer durchschnittlich 10 köpfigen Familie d.h. 150 Bewohner untereinander einen Soziolekt in jener Zeit ausbilden. Ich unterstelle dabei, dass die Landwirte wenig Kontakte zu Landwirten aus anderen Ortschaften pflegen. Die Frage ist, ob die Knechte und Mägde, die auf dem jeweiligen Höfen mitarbeiten aus anderen Ortschaften stammen. Für die Fälle in denen diese Personen aus dem gleichen Ort wie die Landwirte stammen, frage ich mich inwieweit sich ihr sprachliches Ausdrucksvermögen, Ortsmundart, Soziolekt, von dem der Landwirte unterscheidet. Eher könnte ich es mir bei den Pfarrern oder Lehrern einen Soziolekt vorstellen, wenn sie einige Jahre in einer Stadt studiert haben und mit ihren Kollegen aus der Region regelmäßig Kontakt pflegen.--Warboerde 14:55, 13. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Du siehst das so eng. In diesem Fall stimmen Ortsmundart und Soziolekt einfach überein. --IP-Los 20:37, 13. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Charta und Sprachwissenschaft; Sprache und Dialekt

Es geht um diese Bearbeitung. Dort wird in etwa gesagt: 1) das Niedersächsische wird durch die europäische Charta für Minderheiten- und Regionalsprachen geschützt 2) die Charta gilt nur für Sprachen, nicht aber für Dialekte 3) somit ist das Niedersächsische kein Dialekt, sondern eine Sprache. — Das ist eine interessante Art, die Begriffe Sprache und Dialekt voneinander abzugrenzen; originell, aber zulässig.

Was danach kommt, ist allerdings fragwürdig: das Streitthema sei rechtlich entschieden worden. Was heißt das? Dass die Sprachwissenschaftler sich mit dem Thema nicht mehr beschäftigen müssen oder dürfen? Das ist doch unwahrscheinlich. Ich finde es gut, wenn verschiedene wissenschaftliche Auffassungen einander gegenübergestellt werden. Aber es ist nicht sinnvoll, eine sprachwissenschafliche Aussage mit einer juristisch-politischen Aussage zu überbügeln und dann das Ende der Diskussion zu verkünden. Sprachwissenschaftler werden wegen der Charta nicht aufhören, über interessante Themen zu diskutieren. Dass die Charta einen Einfluss auf die Sprachwissenschaft hat, müsste belegt werden.

Die zweite fragwürdige Stelle besteht darin, dass (laut Bearbeitung) die niedersächsischen Idiome nun dem Plattdeutschen zuzuordnen sind. — Woraus ergibt sich das? Wo steht etwas von Zuordnung? Die Stelle über die "Lower-Saxon languages" in den Erklärungen zur Charta gibt das nicht her. Das müsste schon belegt werden.

-- MaEr 15:57, 27. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]

Da steht ja das kleine aber feine Wort rechtlich. Durch die Anerkennung hat die Sprache rechtlich nun offiziellen Status als Sprache. Das stimmt zweifelsohne und der Schluss "Plattdeutsch ist anerkannt, nur Sprachen werden anerkannt, also ist Plattdeutsch Sprache" ist rechtlich vollkommen richtig und unproblematisch. Die wissenschaftliche Freiheit durch entsprechend andere Definitionen zu anderen Ergebnissen zu kommen, ist davon ja unberührt.
Die Anerkennung durch das Königreich der Niederlande und die Anerkenung durch die Bundesrepublik Deutschland sind in der Tat unabhängig und gelten je nur für das eigene Staatsgebiet. Die Frage ob nds in den Niederlanden und nds in Deutschland eine oder zwei Sprachen darstellen, bleibt anhand der Charta offen und ist für die Charta an sich ja auch unbedeutend. Dass an der Staatsgrenze eine Superstrat-Sprachscheide besteht, ist unbestreitbar. Aber es heißt ja nicht ohne Grund Superstrat. Der Unterschied ist eben nur oberflächlich. Die oberflächliche Sprachscheide setzt sich unter der Oberfläche nicht fort. Konklusiv sehe ich keinen Grund daran zu zweifeln, dass die anerkennenden Staaten irgendwelche Vorbehalte gegen die Vorstellung haben, dass nds-de und nds-nl eine gemeinsame Einheit nds bilden. Wenn es solche Vorbehalte gibt, müssten die belegt werden ;-) --::Slomox:: >< 17:35, 27. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]

Moin, leeve Lüüd, dat Deel is vun mi un nu loot mi ok een beten wat to düssen Diskuschoon schrieven: Grundsätzlich gilt es zur Diskussion fwestzuhalten, dass Angelegenheiten der Sprache und damit auch die Unterscheidung zwischen Sprache und Dialekt nicht alleinige Aufgabe der Wissenschaft ist, sondern auch die der Legislative/n (wenn die Schweiz das Schweizerdeutsch zur weiteren Staastsprache ernennen würde, wäre es rechtlich eine Sprache). Die Sprachwissenschaften zählen nicht zu den exakten Wissenschaften (im mathematischen Sinne); dort, wo sie keine einheitlichen oder exakten Ergebnisse liefern und zu einzelnen Aussagen in Meinungsunterschiede aufspaltet (vgl. auch Limburgisch, sind oder wären normative Vorgaben der Gesetzgeber um so wichtiger. Eine (gewünschte) Wechselwirkung zwischen Legislative und Wissenschaft ist in solchen Fällen auch so gut wie unmöglich. Begriffe wie Niedersächsisch, Niederdeutsch und Plattdeutsch (Low Saxony, Low German) werden in aller Regel synonym verwendet; für eine Aufsplitterung in nds-nl und nds-de als zwei Sprachen existiert in der Sprachwissenschaft gegenwärtig kein eindeutiger Ansatz; juristisch ist eine solche Teilung nicht erfolgt, es sei denn, wir legen den Plural "Languages" des niederläündischen Charta-Partes dahingehend aus: dann wäre aber der umgekehrte Beweis zu führen, dass dies tatsächlich Intention der Niederländer war. Demzufolge ist derzeit davon auszugehen, dass die Dialekte und Varietäten der Niederdeutschen Sprachen (einschl. des Platudietsches) sich zu einer Sprache zusammenfügen, als die sie auch in Deutschland anerkannt ist. LG --Iiigel 21:42, 27. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]

Hallo Slomox, das "kleine aber feine Wort rechtlich" hab ich durchaus gesehen :) darüber bin ich ja gestolpert.
Die Schlussfolgerung, dass die Lower-Saxon languages keine Dialekte des Niederländischen sind, halte ich für korrekt. Wenn ich sie originell nenne, dann meine ich auch originell.
Was mich stört, das ist die Vermischung der Diskurse. Die Festlegungen der Politiker oder Juristen sind für die Sprachwissenschaftler wahrscheinlich irrelevant, und umgekehrt wohl auch. Sinnvoll wäre es, die verschiedenen Aussagen der beiden Bereiche nebeneinander zu stellen, ohne sie zu vermischen, und ohne eine Synthese zu versuchen.
Du schreibst: Konklusiv sehe ich keinen Grund daran zu zweifeln, dass die anerkennenden Staaten irgendwelche Vorbehalte gegen die Vorstellung haben, dass nds-de und nds-nl eine gemeinsame Einheit nds bilden. Wenn es solche Vorbehalte gibt, müssten die belegt werden ;-) — Vorbehalte von Den Haag gegen Vorstellungen Dritter? Nee, das ist mir zu spekulativ. Ich versuche, den Vertragstext und die Erklärungen der Unterzeichnerstaaten auszuwerten. Die Charta legt nicht fest, ob nds-nl deutsche Dialekte sind oder nicht. Sie legt (indirekt) nur fest, dass die Lower-Saxon languages keine Dialekte des Niederländischen sind. Mehr geben die juristischen Texte nicht her. Zumindest meiner Meinung nach, vielleicht taucht ja noch ein geheimes Zusatzprotokoll auf :)
Wenn man auf Grund von linguistischen Daten eine gemeinsame Einheit annimmt, soll man das ruhig tun, aber bitte nicht im juristischen Teil der Diskussion. Ich halte es für ungenau, wenn sprachwissenschaftliche und juristische Argumente miteinander verknüpft werden, um daraus eine Synthese zu erstellen.
Iiigel, du und ich haben anscheinend unterschiedliche Vorstellungen von Wissenschaft. Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, Schiedsrichter oder Entscheider in wissenschaftlichen Diskussionen zu spielen (von Wissenschaften hat der Gesetzgeber sowieso keine Ahnung). Das gilt für alle Wissenschaften, für exakte und für nicht-exakte. Und für alle Diskussionen: für solche mit einem abgeschlossenen Konsens und für solche mit Dutzenden konkurrierender Theorien und Definitionen.
--MaEr 20:06, 28. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Die Charta legt nicht fest, ob nds-nl deutsche Dialekte sind oder nicht. Hier liegt, glaub ich, des Pudels Kern. Was soll denn das Wort "deutsch" hier eigentlich bedeuten? deutsch von theodisco bedeutet ja ursprünglich "Volkssprache der Westgermanen" und wurde in diesem Sinne auch ein Jahrtausend lang von den Niederländern für das Niederländische benutzt. Und das bis in die jüngste Zeit. Erst unter dem Eindruck, dass international "deutsch" meist mit dem größeren Nachbarn Deutschland verbunden wurde, haben die Niederländer - um ihre eigene Identität herauszustreichen - den Gebrauch des Wortes "deutsch" abgelegt.
In seinem ursprünglichsten Sinn ist nds-nl also "deutsch", ja. Aber im ursprünglichsten Sinn ist das eben auch kein Unterscheidungsmerkmal zu irgendeiner der anderen benachbarten Sprachen.
Ethnizität, Sprache, Kultur etc. sind alles verschiedene Dinge, aber sie tendieren dazu zusammenzupappen. Die Aussage nds-nl ist ein deutscher Dialekt ist vom wissenschaftlichen Gehalt eine Nullaussage, eher noch eine Negativaussage. Sie verdunkelt mehr als sie erhellt. 'nds-de' und 'nds-nl' sind eine Einheit. Diese Einheit hat einerseits einiges gemein mit 'nl', andererseits auch einiges gemein mit 'de'. Sie steht von beiden etwa gleichweit entfernt. 'nl', 'de' und 'nds' bilden in etwa ein gleichschenkliges Dreieck bezüglich ihrer linguistischen Nähe/Entfernung. Zuweisungen von so aufgeladenen und polysem semantisch überladenen Begriffen wie "deutsch" machen eine streng linguistische Betrachtung nahezu unmöglich. --::Slomox:: >< 22:41, 28. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Oder, 'nl' ist ein Dialect von 'thüdisch' mit eine Flotte (etwa wie der Schweiz eine Armee hat). Ich glaube nicht, dass es ein Dreieck ist. Kölsch ist wie Hoch-Deutsch in Dreieckentheorie, aber ich verstehe Kölsch ein bisschen weil es ähnlich zu Holländisch (nl) ist, ein bisschen weil es ähnlich zu Platt (nds) ist und ein bisschen weil es ähnlich zu Hoch-Deutsch ist (de). Berlinisch ist wie de, nds und ang ("jesagt" statt "gesagt"). Es gibt viele Knoten, nicht nur drei Ecken. Erik Warmelink 23:48, 28. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Das ist klar. Beim Clustering kommt es immer auf die Skalen an, auf denen man clustert. Umso niedrigerskalig man clustert, umso mehr Cluster oder Knoten tauchen auf. Bis hinunter zu den Millionen von Idiolekten. Aber wir wollen hier ja die oberste Ebene betrachten, die Subcluster des nichtfriesischen Kontinentalwestgermanischen. Und da ist das beschriebene Dreieck das erste sich ergebende Clusterbild. --::Slomox:: >< 01:18, 29. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Vielleicht war ich nicht deutlich. Warum sind es drei Cluster, dass heißt clustern alle hochdeutsche Dialekte zwischen einander starker als Niederdeutsch mit Niederländisch? -- Erik Warmelink 06:54, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Meine Detailkenntnisse für den Süden des Sprachgebiets reichen nicht aus, um das zu beurteilen. Vielleicht bilden Alemannisch und Bairisch ebenfalls noch wichtige Cluster. Hier gibt es eine Karte von Levensthein-Abständen für die Dialekte in Deutschland (Abbildung 3). Diese Abbildung jedenfalls zeigt für den Süden keine deutlichen Cluster. Aber aussagekräftiger wäre natürlich eine Karte, die den gesamten kontinentalwestgermanischen Sprachraum betrachtet und nicht nur Deutschland. --::Slomox:: >< 13:08, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich sagte gestern: Die Charta legt nicht fest, ob nds-nl deutsche Dialekte sind oder nicht. — Die zentrale Aussage dieses Satzes ist: Die Charta äußert sich nicht zur Zuordnung der Lower-Saxon languages zu einer Sprachfamilie, egal zu welcher. Trotzdem steht in der beanstandeten Bearbeitung nachher der Satz Durch die Anerkennung dieser Dialekte durch die niederländischen Regierung in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen als Minderheitensprache ist dieses Streitthema inzwischen rechtlich dahingehend entschieden worden, dass diese Dialekte dem Plattdeutschen zuzurechnen sind. Das stimmt nicht. Die Anerkennung lässt lediglich den Schluss zu, dass die Lower-Saxon languages keine niederländischen Dialekte sind. Die von mir zitierte Formulierung suggeriert, dass es eine einzige Diskussion zum Status des nds-nl gab, die vom Gesetzgeber beendet wurde. Der Diskussionsbeitrag von Iiigel scheint diese Interpretation ja zu unterstützen.
Wenn man die Frage juristisch betrachtet, muss man den Vertragstext und die Erklärungen der Unterzeichnerstaaten auswerten, und da ist nirgendwo die Rede von einer Zuordnung der Lower-Saxon languages zu irgendetwas. Wenn man die Frage sprachwissenschaftlich betrachtet, sind Charta und Erklärungen ziemlich irrelevant.
Ich weiß, dass ndl-nl und nds-de sich sehr ähnlich sind und früher eine Einheit bildeten. Aber dieses sprachwissenschaftliche Wissen (oder ähnliches) darf dann nicht mit einem juristischen Text begründet werden. --MaEr 19:36, 29. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Es gibt doch zwei Denkschulen: Die eine sagt, dass nds eigenständig und eine Sprache sei, die andere sagt, dass aufgrund Überdachung durch nl und de nds an der Staatsgrenze aufzusplitten und Dialekt der jeweiligen Standardsprache sei. Wenn die Charta-Anerkennung also die zwei-Dialekte-Denkschule ausschließt, bleibt ja nur die eine-Sprache-Denkschule übrig. --::Slomox:: >< 20:30, 29. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich glaube, ich verstehe, was MaEr stört (falls dem nicht so ist, kannst Du mich ja korrigieren). Das Problem bei dieser Aussage ist, daß sie nur eine Seite darstellt - nämlich die juristische. Ich verstehe die Sätze so (auch hier bitte ich, mich zu korrigieren, falls ich das absolut falsch verstanden haben sollte): a) in den 1980er und 1990er wurde nds-nl als niederländische Dialekte eingestuft b) durch die Charta ist das juristisch gelöst worden: nl-nds ist eine Sprache. Nur ist damit ja nicht beantwortet, wie die Sprachwissenschaft sich dann dazu verhält. Nur weil juristisch entschieden worden ist, heißt das ja nicht, daß die Linguistik sich nun unisono dieser Meinung anschließt. In Niebaum/Macha lese ich beispielsweise: "Im Westen setzt sich das Nordnsächs. in den östlichen Niederlanden als von der niederländischen Schriftsprache überdachtes 'Nedersaksisch' fort.", wobei jedoch dann in einer Anmerkung zu lesen ist: "Vom streng synchron-linguistischen Standpunkt her betrachtet Goossens (1973) diese Mundarten als zum niederländischen Sprachbereich gehörig." Goossens hat später - in meinen Augen aber wenig überzeugenden Aufsatz - diese Dialekte auch in diachroner Hinsicht als niederländische einzuordnen versucht (Zwischen Niederdeutsch und NIederländisch. Die Dynamik der ostniederländischen Sprachlandschaft). Interessant hierzu ist auch die Aussage Hermann Niebaums in einem [Interview], der meint, daß das nds-nl geschichtlich im niederdeutschen Zusammenhang gesehen werden müsse, aber im Laufe des 20. Jh.s die dt.-ndl. Grenze zu einer Sprachgrenze geworden sei. Die Einordnung des nds-nl fällt sprachwissenschaftlich also ähnlich schwer wie die des Nd. in Dtl. Die Frage ist nun, ob wir noch erwähnen sollten, daß die linguistische Einordnung nicht ganz so klar ist wie die juristische oder ob sich das aus dem Text schon ergeben hat. --IP-Los 23:50, 29. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Ja, im Grunde ist das ja der große Konflikt, diachron vs. synchron. Diachron betrachtet kann eigentlich kaum ein Zweifel bestehen, dass nds-nl und nds-de eine auf die Sprache der Altsachsen zurückgehende Einheit bilden. Zweifel sind höchstens bei der West-Veluwe und bei Urk angebracht. Synchron dagegen stehen nds-nl und nds-de unter dem Einfluss zweier verschiedener, fremder Zentren. Persönlich würde ich das aber als Argument ablehnen, die beiden nds als Dialekte den Standardsprachen zuzuordnen. Die sprachlichen Phänomene, die auf die unterschiedliche Überdachung zurückgehen und die nds-nl und nds-de entfremden, sind im Grunde exakt dieselben, die beispielsweise beim Texasdeutschen und dem Englischen auftreten: Übernahme von lautlichen Eigenarten (Akzent), Einstreuen von fremdsprachlichen Wortmaterial, insbesondere Übernahme kleiner Wörter aus der fremden Sprache (Konjunktionen etc.), Übernahme von Bedeutungsnuancen von Kognaten oder homosemen Wörtern etc. Darum wird Texasdeutsch aber noch kein englischer Dialekt. Ich persönlich denke, dass die Sichtweise der überdachten Dialekte auf die Frühzeit der modernen Linguistik im 19. Jahrhundert zurückgeht, als die Wissenschaftler nationale Claims abgesteckt haben. Die Dialekte der Niederlande wurden ganz selbstverständlich von Niederländern wissenschaftlich bearbeitet und die Dialekte in Deutschland von Deutschen. Die Idee einer "dritten Sprache" neben Niederländisch und Deutsch war klar unerwünscht, gerade in einer Zeit, in der man sowieso schon seine liebe Not hatte, das deutsche Vaterland zu einigen. Die Wissenschaft hat sich also den Kuchen aufgeteilt und jeder hat die Dialekte auf seiner Seite der Grenze betrachtet und nicht jenseits der Grenze "gewildert". Und die Wissenschaft des 20. und 21. Jahrhunderts hat diese "bequeme" Lösung des 19. Jahrhunderts weiterverwendet und bisher nicht versucht sie umzustoßen. Insbesondere da die Lösung selbsterfüllend ist. Die Masse der Sprachunterschiede zwischen nds-nl und nds-de hat sich ja erst in der Zeit seit dem 19. Jahrhundert herausgebildet. Das Argument der "Überdachung", die nds-de zum deutschen und nds-nl zum niederländischen Dialekt machen soll, dient also hauptsächlich der Rechtfertigung der alten, damals politisch motivierten Aufteilung des 19. Jahrhunderts. Linguistisch ist die Einteilung als Dialekte der Standardsprachen nicht notwendig, um die Sprachphänomene zu erklären. Texasdeutsch etc. zeigen es. --::Slomox:: >< 02:17, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]

Hallo IP-Los, doch, du hast mich schon richtig verstanden. Mir geht es in der Tat um das Auseinanderhalten der beiden Diskussionen: die der Juristen und die der Sprachwissenschaftler. Wenn die Regierung in Den Haag die Lower-Saxon languages als Sprache(n) betrachtet, dann sind sie rechtlich gesehen halt Sprachen. Aber das interessiert in einer sprachwissenschaftlichen Diskussion höchstens am Rande.

Es geht immer noch um diese Bearbeitung. Die Kernaussage der Bearbeitung lautet: Durch die Anerkennung dieser Dialekte durch die niederländischen Regierung in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen als Minderheitensprache ist dieses Streitthema inzwischen rechtlich dahingehend entschieden worden, dass diese Dialekte dem Plattdeutschen zuzurechnen sind. Und das stimmt eben nicht. Das "Streitthema" ist die sprachwissenschaftliche Diskussion (das steht im Satz davor), und diese Diskussion ist nicht entschieden worden.

Nein, Slomox, es geht nicht um den "großen Konflikt" zwischen synchron und diachron, zumindest mir nicht. Es geht um das Auseinanderhalten der Betrachtungsweisen: man kann eine Frage synchron oder diachron betrachten, juristisch oder wissenschaftlich, usw. Aber dann muss man die Betrachtungsweisen auch auseinanderhalten. In einer sprachwissenschaftlichen Diskussion darf man dann nicht mit juristischen Argumenten aufwarten, und in einer diachronen Betrachtung nicht mit synchronen Argumenten (oder umgekehrt). Genauso, wie man vor Gericht nicht aus der Papst-Enzyklika zitiert und vor der Bischofskonferenz nicht aus der Strafprozessordnung.

Die rechtliche Stellung von nds-nl und ndl-de sollte unter der Überschrift "Stellung des Niederdeutschen" behandelt werden. Da ist ja schon von der Charta die Rede. Die umstrittene Bearbeitung fand jedoch statt im Kapitel "Gliederung des Niederdeutschen" => "Dialekte in den Niederlanden".

Ich mache also mal ein paar Vorschläge:

  • Unter "Gliederung des Niederdeutschen" => "Dialekte in den Niederlanden" wird die Gliederung des Niederdeutschen behandelt, egal ob das Niederdeutsche ein Dialekt ist oder eine "unabhängige" Sprache. Unter "Gliederung" nur Gliederung.
  • Unter "Stellung des Niederdeutschen" wird die rechtliche, soziale, politsche usw Stellung des Niederdeutschen besprochen, also auch die Anerkennung der Lower-Saxon languages durch Den Haag. Dabei wird zwischen der juristischen und der wissenschaflichen Betrachtungsweise unterschieden.

Dies würde auch der Ordnung, Struktur und Übersichtlichkeit des Artikels zugutekommen. --MaEr 13:39, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]

@MaEr: Da bin ich ja beruhigt und übrigens Deiner Meinung.
@Slomox: Das hat jetzt nichts mit der Diskussion zu tun, sondern ist nur eine kurze Skizzierung der Wissenschaftsgeschichte. Ich erspare mir dabei, die Literatur anzugeben, da sie z. T. in den Artikeln erwähnt werden. Diese Typisierung ist noch gar nicht so alt. Im 19. Jh. wurde Nd. ganz klar als Sprache gesehen. Die Einordnung unter das (Hoch-)Deutsche findest Du bei Goossens, der sich auf u. a. auf Heerema bezieht (der sogenannte "niederdeutsche Mythos"), das setzt erst Ende der 1960er ein. Goossens stützt seine Einordnung auf vorwiegend synchrone Gesichtspunkte und ordnet das Nd. einem Diasystem zu, das von der hochdeutschen Standardsprache überdacht werde. Allerdings tun sich dabei in meinen Augen ein paar Probleme auf:
a) dieses Konstrukt scheint ganz auf das Verhältnis Nd - Hd. zugeschnitten
b) sämtliche Argumente Goossens (keine nd. Hochsprache, begrenzter schriftspr. Gebrauch usw.) ließen sich auch auf das (Nord-)Friesische anwenden, das unter Einfluß des Nd. und Hd. steht, dennoch wird es aber zumeist als eigene Sprache angesehen. Inwieweit es nun eine "fundamentale Übereinstimmung" zwischen Hd. und Nd. gibt, ist wohl Ermessensache. Darauf hat dann auch Menke 1998 aufmerksam gemacht.
c) einige seiner Argumente sind für mich gar nicht nachvollziehbar: so schreibt er, es gebe keine eindeutige Grenze zwischen hoch- und niederdeutschen Dialekten. In der Tat variiert diese Grenze in den Arbeiten, was er auch sehr schön ausführt. Aber er schreibt dann merkwürdigerweise: dieses Kriterium sei nicht auf das Mnd. anwendbar. Warum nicht? Offensichtlich hat sich bis auf Grenzverschiebungen der Lauterscheinungen wenig getan, wenn man sich ältere Texte anschaut, kurz: wir können auch keine eindeutige Grenze zwischen Mnd. und damaligem Mittelhd. ausmachen. Interessant ist auch, wie er versucht, dieses Diasystem diachron anzuwenden: demnach fungiere die mnd. Schreibsprache (die übrigens ja auch nicht einheitlich war, sondern regionale Unterschiede aufwies) als Dachsprache für die mnd. Dialekte und für das Altsächsische, das schon die Anlage zum Mnd. beinhalte - nur ließse sich das weder snychron noch diachron so anwenden, auch im "weitesten Sinne" nicht. Ich könnte dann ja auch behaupten, das Mnd. sei noch heute Dachsprache des Nd., denn trotz des starken hd. Einflusses dürfte es ja immer noch Gemeinsamkeiten mit der mnd. Schreibsprache geben, genauso wie diese Gemeinsamkeiten mit dem Altsächsischen aufweist.
Sanders sieht im Nd. keine Sprache mehr, er führt vor allem die "kommunikative Komplettheit" und den Kommunikationsbereich an. Nd. weise das erste nicht mehr auf, auch der Kommunikationsbereich sei eingeschränkt. Stellmacher führt ähnliche Argumente an. Das gilt aber für das Friesische, Sorbische und vielen Weltsprachen.
Gernentz sieht das Nd. als Teil des deutschen Mundartraumes und meint, es handele sich nur mehr um eine Reihe von Dialekten, die "im gleichen Verhältnis zur deutschen Literatursprache wie die Mundarten des hd. Sprachgebietes stehen." M. E. vernachlässigt Gernentz dabei aber die Eigensicht der Sprecher, kein Plattsprecher würde das Bairische als "Plattdeutsch" bezeichnen, d. h. trotz der Unterschiede wird immer noch ein gemeinsames "Band" ausgemacht, die Platt von Hoch trennt (sei das nun wissenschaftlich begründbar oder nicht).
Eine gute Zusammenfassung der unterschiedlichen Positionen findest Du bei Menke, Hubertus: Een’ Spraak is man bloots een Dialekt, de sik to Wehr setten kann. Nachlese zur Diskussion um die Europäische Sprachenschutzcharta, in: Föllner, Ursula (Hrsg.): Niederdeutsch. Sprache und Literatur der Region, Frankfurt a. M. [u. a.] 2001, S. 9 – 33 und Menke, Hubertus: Niederdeutsch: Eigenständige Sprache oder Varietät einer Sprache?, in: Hartel, Nina; Meurer, Barbara; Schmitsdorf, Eva (Hrsg.): Lingua Germanica. Studien zur deutschen Philologie. Jochen Splett zum 60. Geburtstag, Berlin [u. a.] 1998, S. 171 - 184. --IP-Los 15:06, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
Hallo IP-Los, das ist ja erstaunlich, was du an Literatur auftreiben kannst. Könntest du vielleicht die Verweise auf die wichtigsten Werke irgendwo im Artikel unterbringen? Minimale Lösung: die beiden Werke aus dem letzten Absatz unter "Literatur" einordnen. --MaEr 18:18, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]


Klar, mal sehen, wann ich Zeit habe, das alles herauszukramen. --IP-Los 19:29, 30. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]
so schreibt er, es gebe keine eindeutige Grenze zwischen hoch- und niederdeutschen Dialekten Da liegt Menke ziemlich falsch, denke ich. Ich weiß nicht, welche Argumente er anführt, aber wenn die Angaben in der Literatur schwanken, dann ist das ein Problem mit der Literatur. Der Wenker-Atlas liefert genug Material an die Hand, um jeden beliebigen Schulort im damaligen Deutschen Reich dem Hochdeutschen oder Niederdeutschen zuzuordnen. Selbst an der Grenze Rheinland-Westfalen, wo ja die Lautverschiebung als Unterscheidungsmerkmal ausfällt, kann man sächsische von fränkischen Dialekten immer noch ziemlich gut auseinanderhalten. Bonsfeld wi küert ohn Unnerscheid, im Nachbarort Langenfeld wi kallen ohn Ongerschied. Lexikalische, grammatische und lautliche Isoglossen verlaufen hier gehäuft entlang einer Linie. Die Grenze ist nicht "eindeutig" in dem Sinne wie die Grenze Deutsch-Französisch eindeutig ist, aber sie ist zumindest in dem Sinne eindeutig, dass, wenn man ein Overlay sämtlicher Wenker-Karten machen würde, die plattdeutsche Sprachgrenze das prominenteste Merkmal und deutlich sichtbar wäre. --::Slomox:: >< 17:51, 1. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Bei Eingabe von Niederdeutsch und Plattdeutsch landet man auf auf "Niederdeutsche Sprache" um gleich in der Einleitung zu erfahren, dass es sich bei dieser sogenannten Sprache um eine Mundart handelt (lt. Wiki meistens aber nicht immer die Bezeichnung für Dialekt). In der Begriffserklärung darüber wird mitgeteilt, dass Plattdeutsch umgangssprachlich für Niederdeutsch steht. In der plattdeutschen Wiki werden die Begriffe hingegen unterschieden. Ist es sowohl Sprache, als auch Dialekt oder Mundart? Ist Plattdeutsch oder Platt (offenbar umfasst die Kurzbezeichnung noch weitere Dialekte) das gleiche wie Niederdeutsch? Es wäre schön, wenn der obige Disput zu einem konkreten Ergebnis und einer Verdeutlichung führen könnte, um meine Verwirrung (und vermutlich auch die anderer Nutzer) zu beenden. Besten Dank an all diejenigen, die sich des Themas annehmen -- Hammon 14:57, 1. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

PS: Hamburg wird wohl als erstes Bundesland ab dem Sommer in den Grund- bzw. Primarschulen Niederdeutsch als eigenes Fach einführen (bislang wohl nur einige Angebote im Deutsch-Lehrplan). Entwurfsversion des Rahmenplans: http://www.li-hamburg.de/fix/files/doc/Niederdeutsch_2010_01_25_RP_PrS.pdf

Der Einleitungssatz ist im Grunde nicht verkehrt. Denn auch wenn Plattdeutsch eine Sprache ist, hat diese Sprache doch trotzdem Dialekte/Mundarten.
Ist Plattdeutsch oder Platt das gleiche wie Niederdeutsch? Das hängt von der Definition der Begriffe ab. Der Artikel definiert die Begriffe so, dass sie das gleiche bezeichnen. Wenn man aber eine weiter gefasste Definition von Niederdeutsch verwendet, dann ist bei Niederdeutsch auch Niederländisch inbegriffen. Verwendet man eine weiter gefasste Definition von Plattdeutsch, dann ist auch das Westmitteldeutsche, aber nicht das Niederländische inbegriffen. Was konkret gemeint ist, wenn jemand das Wort "Niederdeutsch" oder "Plattdeutsch" benutzt, lässt sich also immer erst aus dem Kontext erkennen. --::Slomox:: >< 17:51, 1. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
@Slomox Ich antworte mal hier: Das hat Goossens geschrieben. In der Tat ist die Grenze in der Literatur umstritten, da sich der Unterschied Hoch- und Niederdeutsch zunächst einmal nur auf die Zweite Lautverschiebung bezieht, ich fasse nur kurz zusammen (nach Goossens, S. 14):
1. die Grenze des Nd. ist die des Niedersächsischen (u. a. Lasch, Mnd. Grammatik)
2. Zum Nd. gehören die niedersächsischen und niederfränkischen Mundarten, Grenze ist die Uerdinger Linie (Martin, Dt. Mundarten)
3. Wie 2. Benrather Linie als Grenze (Bach, Deutsche Mundartforschung)
4. Wie 2. Die Eifellinie als Grenze (Bremer)
5. Wie 2, die Linie verläuft noch weiter südlich.
6. Zum Nd. gehören nur die Mundarten aus dem Geltungsbereich der deutschen Kultursprache. Grenze ist die des Niedersächsischen (in Dtl.) (Foerste).
7. Niedersächs. + Ndfrk. in Dtl., Uerdinger Linie (Bergmann).
8. Wie 7., Benrather Linie (Schirmunski).
9. Wie 7., Eifellinie (Frings).
10. Wie 7., eine noch südlicher verlaufende Linie (Frings).
In Klammern habe ich einige Namen ergänzt, die diese Definitionen gewählt haben, genauer ist das bei Goossens, S. 14 f. ausgeführt. Gerade der unterschiedliche Verlauf der ik/ich und machen/maken-Linie im Westen wirft Probleme auf, da die Unterscheidung vorwiegend auf lautlichen Merkmalen beruht. Der Artikel hier beginnt mit folgender Aussage: "Als Niederdeutsch oder Plattdeutsch (plattdeutsch Plattdüütsch) werden die im Norden Deutschlands sowie im Osten der Niederlande verbreiteten Mundarten bezeichnet, die nicht von der zweiten oder hochdeutschen Lautverschiebung erfasst wurden." Wenn ich weiter lese, so stelle ich fest, daß er sich bei der Grenze aber auch nicht sicher ist (aus genau dem oben genannten Grund): "Als Südgrenze zählt entweder die Benrather Linie (maken-machen-Isoglosse) oder die ein wenig nördlicher gelegene Uerdinger Linie (ik-ich-Isoglosse)." Die Frage ist eben, ob ich quasi bei "ich" ein Auge zudrücke oder konsequent bin. Ich zähle deshalb mal zwei aktuelle Beispiele auf: der dtv-Atlas Sprache gibt auf seiner Karte die häufig genutzte Benrather Linie an Grenze an, Weddige schreibt in seiner Einführung "Mittelhochdeutsch" "[a]uf Karten fällt besonders die 'Benrather Linie' zwischen dem Niederdeutschen und dem Mittel- und Oberdeutschen auf" (S. 19), die nachfolgende Karte (entnommen aus Protze/Frings) trennt jedoch nach der Uerdinger Linie im Westen (S. 20). Die aus Pauls Mittelhochdeutscher Grammatik entnommene (S. 21) bevorzugt wieder die von machen/maken. Bei Niebaum/Macha (S. 218) ist eine Karte abgebildet, die der von Protze/Frings ähnelt.--IP-Los 22:46, 1. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
In der Mitte zwischen Wipperfürth und der Elbe sowie im Bereich der Warthe verlaufen Benrather und Uerdinger Linie identisch ([1]). Von der Elbe über Berlin bis an die Warthe handelt es sich beim Raum zwischen den beiden Isoglossen um ehemals niederdeutsches Gebiet, dass aber zu Wenkers Zeit bereits weitgehend verhochdeutscht war und Wasser und Pfeffer bzw. Peffer sagte. Diesen Raum kann man also unmöglich als Niederdeutsch bezeichnen. Im Westen ab Wipperfürth trennen die beiden Linien sich ebenfalls wieder, verlaufen hier aber innerhalb des Niederfränkischen. Insofern taugt diese Abweichung ebenfalls nicht als Argument bezüglich Grenzunsicherheiten des Niederdeutschen im engen Sinne. Es sei denn, man nimmt an, dass das Niederdeutsche im weit gefassten Sinn eine genetische Einheit bildet. Aber erstens widersprechen dem die diversen Gemeinsamkeiten des Niederländischen und Hochdeutschen, die vom Niederdeutschen nicht geteilt werden, und zweitens würde das Plattdeutsch zu niederländischen Dialekten machen und nicht zu deutschen. Insofern halte ich Goossens' (ich entschuldige mich bei Menke für die Unterstellung ;-) , falschen Namen gecopy&pastet) Argumentation für reichlich dünn. --::Slomox:: >< 23:36, 1. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Zum ostnd. Raum: Aber genau das findest Du auf einigen Karten: Vgl. mal die des dtv-Atlas, dort wird die Grenze noch südlich der ik/ich-Linie angegeben, bei Protze/Frings stimmt sie mit der Uerdinger Linie überein. Nun mögen Du und ich eine klare Grenze ausmachen, bzw. andere Kriterien ansetzen, in der Literatur gibt es aber unterschiedliche Meinungen. Das Problem skizziert bereits Wrede Anfang des 20. Jh.s (zitiert nach Goossens, S. 23): "Am besten wäre es, wenn man so, wie die vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft heute zwischen satem und centum-Sprachen unterscheidet, auch auf dem Gebiete lebender deutscher Mundarten lediglich von ik und ich-Mundarten sprechen würde. Das ist eine klare Benennung, während die herkömmliche Unterscheidung als Hochdeutsch und Niederdeutsch dialektgeographisch unklar bleibt: Soll Düsseldorf wegen seines ech 'ich' und och 'auch' als hochdeutsch oder wegen seines maken und water als niederdeutsch gelten? Soll Wenkers Ürdinger oder Benrather Lautverschiebungslinie die maßgebende sein?" Interessant für Dich könnten in diesem Zusammenhang auch die Wenkerkarten zu "Kochlöffel" sein. P. S.: Der Hinweis auf Goossens sollte keine Rüge sein, sondern nur ein Hinweis darauf, wo Du das nachlesen könntest, wenn Du mal Lust hast. Wenn Du einen kurzen Überblick über den Diskurs suchst, würde ich Dir Menke empfehlen, der die neueren Positionen m. E. sehr schön zusammenfaßt und auch bewertet.--IP-Los 14:59, 2. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Der Hinweis auf Goossens sollte keine Rüge sein Ich hab ja fälschlich Goossens' Aussage Menke zugeordnet, insofern wäre die Rüge angebracht gewesen ;-)
Ich glaube ich verstehe jetzt das Argument der Uneindeutigkeit: Wir müssen erstmal zwei Dinge unterscheiden: die Stadt Berlin und ihr direktes Umfeld und dann die restliche Südmark. In Berlin fand ohne Zweifel ein Sprachwechsel statt und kein Sprachwandel. Das heißt, das ehemals in Berlin gesprochene Nederdeutsche wurde lediglich verdrängt, hat sich aber bis zu seinem Aussterben nicht maßgeblich gewandelt. Die Südmark dagegen, urteilend vom Wenker-Material, hat einen Sprachwandel erfahren. Das Plattdeutsche wurde nicht ersetzt, sondern hat sich durch den hochdeutschen Einfluss verändert. Es heißt zum Beispiel statt hochdeutsch mir südmärkisch mei (mit hochdeutscher Diphthongierung aus niederdeutsch mi), statt wie weiter im Süden mich oder mer (Berlin dagegen ebenso wie der Süden mer). Oder statt hochdeutsch eurem südmärkisch jau (mit hochdeutscher Diphthongierung aus niederdeutsch ju) statt südlicher und berlinisch ei. Die Südmark ist also genetisch niederdeutsch, aber die hochdeutschen Lautwandel haben sich dammbruchartig in ihr breitgemacht, so dass der Lautstand zu Wenkers Zeiten weitgehend hochdeutsch war.
Insofern ist Südmärkisch ein Zwitter. Ein Zwitter der nur entstehen konnte, weil in der Region das sprachliche Selbstwertgefühl völlig zusammengebrochen war. (Immerhin ist dieser Zwitter-Dialekt heute, soweit ich das beurteilen kann, auch ausgestorben, genauso wie das nördlich angrenzende Plattdeutsch.) Ich würde Südmärkisch also als Sprachzerfallsprodukt begreifen, das von vornherein keine Chancen auf dauerhaften Forbestand hatte. Gibt es zu diesem Sonderfall Südmärkisch eigentlich eingehendere Untersuchungen?
Ich glaube Sprachwandel vs. Sprachwechsel ist der entscheidende Schlüssel zum Verständnis des Problems. (Zumindest ich habe das Problem erst begriffen, als ich mir diesen wichtigen, aber bei oberflächlicher Betrachtung nicht offensichtlichen Unterschied klar gemacht habe.)
Der Kochlöffel sieht natürlich erstmal so aus, als würde das ch weit in eigentlich niederdeutsches Gebiet hineinreichen. Aber wenn man die Karte zu gebrochen betrachten, dann erkennt man, das die Isoglosse sich brav an die Benrather Linie hält und das kochen lediglich als Fremdwort ins Niederdeutsche eingedrungen ist. Man erkennt auch, dass in einigen Orten des betreffenden Gebiets dass alte Wort Koklepel noch vorkommt (graue Rauten). --::Slomox:: >< 17:50, 2. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Diese Lautbeispiele sind äußerst interessant, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob man in jedem Fall von hd. Entwicklung ausgehen muß. "jau" kommt z. B. auch im Amt Neuhaus vor neben "bauen", "Frau", "Fauhr" 'Fuhre', "Maur" 'Moor', "Snaur" 'Schnur'. "mei" entspricht ja nun auch nicht wirklich "mir"/"mich", ich würde dann eher eine Übernahme der entsprechenden Pronomina erwarten.
Doch kommen wir nun noch einmal auf das Definitionsproblem zurück. Schauen wir uns die Wenkersätze mal etwas genauer an, um Wredes Dilemma zu verstehen, ich greife dazu wahllos ein paar Wenkerbögen heraus und gehe dabei von West nach Ost: Der 6. Satz in Derendorf, das nördlich von Düsseldorf liegt, lautet so: "Dat Führ wor zu hēß, de Koke sind jo onge ganz schwatz gebrennt." Nach unserer Definition ist das eindeutig Westmitteldeutsch. Vergleichen wir nun den Nachbarort Niederkassel, dort findest Du die unverschobenen "het", "Koke", "te", "schwart". In beiden Bogen aber heißt es "Hä" für 'er' und "Päffer". Niederkassel hat aber bereits "ech" und "och". In Gummersbach findest Du einige verschobene Formen: Peffer (korrigiert aus Pfeffer!), kochen, Kochlöppel, in Derschlag kommt noch Affe hinzu. Wir haben an der Grenze also schon eine Häufung von verschobenen Formen, wobei sich gegenüberstehen: kochen/Kochlöppel - eck/maken, Kochlöppel - Peffer, in Derschlag auch "Affe". Teilweise ist nicht abzuschätzen, inwieweit die Methodik die Probanden beeinflußt hat, in Gummersbach findest Du z. B. "gleich". Interessant sind auch die Orte Istha, Oelshausen und Balhorn, die bereits "kochen" haben, wo aber die unverschobenen Formen noch dominieren.Schauen wir uns die Karte zu "besser" an, so fällt auf, daß diese Form im Osten sehr weit nach Norden reicht, südlich von Peine gibt es sogar eine Enklave im /t/-Gebiet. Wenn Du nun mit einer recht strikten Definition für Niederdeutsch und einer gewissen Erwartungshaltung diese Sätze betrachtest, stößt Du auf Probleme, denn es stellt sich für Dich die Frage: ab wann kann ich von Nd. sprechen? Ignorierst Du diese Fälle einfach, indem Du sie als hd. Wortgut auffaßt oder legst Du gerade besonderes Gewicht auf sie? Dadurch lassen sich dann die oben dargestellten Grenzvorschläge verstehen, denn je nachdem, was Du als wichtig erachtest, könntest Du zu unterschiedlichen Resultaten kommen. Solche Schwankungen sind übrigens schon in älteren Texten feststellbar.
Ich glaube Sprachwandel vs. Sprachwechsel ist der entscheidende Schlüssel zum Verständnis des Problems. Man kann es auch einfacher ausdrücken: zunehmender Hochdeutscheinfluß. Gerade die Aufnahme hd. Lautformen hat für Wrede und andere Dialektforscher die Grenzziehung erschwert, da sie wohl eindeutigere Ergebnisse erwartet hatten (in dem idealen Sinne, wie der Artikel es im ersten Satz formuliert). In den dialektgeographischen Arbeiten zeigten sich dann eben auch eine Vielzahl hd. Wörter, z. B. S(ch)wester" (Süster), "Mudder" (Moder/Mauder), "Saft" (Sapp), "Amboß" (Ambolt), "hassen" (haten), "hoffen" (hapen), "schaffen" (scheppen), in einigen Gegenden auch "Kirch" (Kark/Kerke), "Woch" (Wek) usw.
Für den Übergang Hd./Nd. im Osten könnte für Dich vielleicht interessant sein: Stellmacher, Dieter: Untersuchungen zur Dialektgeographie des mitteldeutsch-niederdeutschen Interferenzraumes östlich der mittleren Elbe, Köln, Wien 1973 und Bischoff, Karl: Zur Geschichte des Niederdeutschen südlich der ik/ich-Linie zwischen Harz und Saale, Berlin 1957.--IP-Los 22:29, 2. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Man kann es auch einfacher ausdrücken: zunehmender Hochdeutscheinfluß. Das meine ich gerade nicht. Ich meine ganz explizit Sprachwandel und Sprachwechsel. In Berlin haben die Menschen aufgehört Plattdeutsch zu sprechen und angefangen Hochdeutsch (bzw. eine ostmitteldeutsche Variante davon) zu reden: Sprachwechsel. In der Südmark dagegen hat es niemals so eine Zäsur gegeben. Die Sprache hat sich lediglich in sehr kurzer Zeit in der Lautstruktur grundlegend verändert.
jau ist zwar ein öfter vorkommendes Resultat aus altem juw, aber jau tritt nur dort auf, wo sich juw vorher in jo gewandelt hat. Wo ju galt, wie in der ganzen Mark Brandenburg, muss diese Entwicklung anders erklärt werden. Schlagender Beweis, dass meine Vermutung richtig sein dürfte, ist die Tatsache, dass die Karte zu du für die Südmark zahlreiche Belege für dau liefert. Das zeigt, dass die Südmärker tatsächlich ihre alten u’s zu au’s diphthongiert haben.
Dass Sprachen Fremdwörter aufnehmen, ist normal, aber das ändert nichts am Verlauf der Isoglossen. Die Isoglossen gelten nur für die Erbwörter. Die Fremdwörter können natürlich die Analyse erschweren, so wie beim Kochlöffel, aber wenn genügend Material da ist (zum Beispiel die Karte gebrochen), dann lassen sie sich leicht entlarven.
Was du oben schreibst, mit dem Wirwarr aus verschobenen und unverschobenen Formen im Norden des Mitteldeutschen, das mag alles stimmen. Aber vielleicht sollten wir mal die Perspektive wechseln. Die Lautverschiebung hat sich areal von Süden aus ausgebreitet. Und hat irgendwann gestoppt. Sie stoppte nämlich an einer Grenze, die schon älter ist als die Lautverschiebung, der Sprachgrenze zwischen Franken und Sachsen. Dass die heutige Sprachgrenze der alten Sachsengrenze in weiten Teilen entspricht, ist nachgewiesen. Offensichtlich war entweder die Sprache der Sachsen damals schon so verschieden von der der Franken, dass die Sachsen sich nicht von dieser "fremden" Sprache haben beeinflussen lassen, oder die Identität der Sachsen war damals noch so stark, dass sie einfach ungewillt waren, Neuerungen aus dem Süden anzunehmen. Was auch immer der Grund war, sie haben die Lautverschiebung nicht angenommen. Der Unterschied im Lautstand ist also nicht das, was Niederdeutsch/Hochdeutsch ausmacht, sondern er ist eine Folge und Bestärkung des schon vorher vorhandenen Gegensatzes. --::Slomox:: >< 00:53, 3. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Plattdeutsch zu sprechen und angefangen Hochdeutsch (bzw. eine ostmitteldeutsche Variante davon) zu reden: Nee, Berlinerisch ist eine Mischung aus Nd. und Ostmitteldeutsch, deshalb verläuft die "ik"/"ich"-Linie südlich davon, vgl. auch Wörter wie "doof". Die Omd. Dialekte haben nicht so viele unverschobene Formen wie die westmd. Das ist also etwas komplizierter, denn die Berliner sind eben nicht einfach zum Hd. übergegangen, sondern ließen Elemente der vormals gesprochenen nd. Mundart mit einfließen.
jau ist zwar ein öfter vorkommendes Resultat aus altem juw, aber jau tritt nur dort auf, wo sich juw vorher in jo gewandelt hat. Das kannst Du so pauschal auch nicht sagen, Jacobs hat solch eine Form sogar in Mecklenburg nachgewiesen (Warnow), heute ist sie allerdings in dem betreffenden Ort (mitten im jug-Gebiet!) nicht mehr zu hören. In Mecklenburg ist übrigens "dau" in der Literatur auch belegt (u. a. bei Reuter), und zwar als besonders betonte Form. Wenn Du Dir nun die Verteilung von "jau" anschaust, so wirst Du feststellen, daß es selbst in der Prignitz an der Grenze zu Mecklenburg üblich ist, dieses ist aber größtenteils umgeben von "jug" und "ju". "Frau" nimmt sogar ein recht großes Gebiet ein, ohne daß ich hier von hd. Lautung ausgehen könnte (Belege gibt es nicht nur an der Grenze zu Mecklenburg, sondern auch im Westnd.), insgesamt ein recht großes zusammenhängendes Gebiet. Schauen wir uns doch einfach mal ein paar Formen aus dem südlichen jau-Gebiet an - ich nehme mal Langenlipsdorf, das an der Grenze liegt. Dort heißt es: "Dat Feier woar tou heet, die Kouken sin jo ung'en janz schwart gebrennt." Offensichtlich ist das Nd. <ou> scheint hier wohl für /au/ zu stehen, jedenfalls haben die Kartenmacher das so interpretiert. Ich zähle mal weitere Diphthongierungen auf: "Dou" 'Du', "goude" 'gute' "Froue" 'Frau', "jou" 'euch' "joue" 'eure', "bouen" 'bauen', "Brouder" 'Bruder' aber: "Huus", "bruune". Vergleichen wir diese Formen mal mit dem Amt Neuhaus, dort lauten die Formen so: "Du", "gaude", "Frau", "jau", "jau(d)e", "baugen", "Brauder", "Huus", "bruune", bis auf 'du' stimmen die Formen also überein. Offensichtlich sind in beiden Orten Diphthongierungen üblich, die aber nicht mit der hd. übereinstimmen (ähnlich wie in Mecklenburg auch, nur dort heißt es "juch", "bugen", "Fru[ch]") Noch ein kurzer Blick auf das östlicher gelegene Töpchin, das ebenfalls im südlichen jau-Gebiet liegt: "jau", "Broder", "Hus", "thu"/"to", "Fraue", "Kuken", "dau", "sau" 'so', "luter" 'lauter', auch hier scheint die Zuordnung nicht so leicht, denn der Sprecher diphthongiert auch "sau" und schwankt bei einigen Wörtern zwischen /u/ und /o/, was entweder auf Hochdeutschbeeinflussung deuten könnte, aber solche Wechsel sind in Dialekten nicht ungewöhnlich (in Mecklbg. ist der Wechsel zwischen diesen Vokalen auch nicht so ungewöhnlich). Interessant ist vielmehr, daß nd. Wörter durch hd. ersetzt werden (so auch schon im Ort zuvor), d. h. anstatt hd. Lautmustern zu folgen, wird einfach ausgetauscht: "Er" (in beiden Orten) sowie die Zahlwörter, was ich ja schon mal angedeutet habe, z. B. "sechs". Warum also sollten die Sprecher dann "du" diphthongieren - das Wort lautet im Hd. doch genauso? Und warum belassen sie "Hus" und "bruun"? Gerade diese Wörter müßten dann gerade nach hd. Vorbild Diphthong aufweisen. Die Sache scheint also sehr viel komplizierter. Gernentz hat für Mecklenburg beispielsweise festgestellt, daß die Lautformen relativ stabil sind, bei einigen geht man zur hochdeutschen über, vgl. z. B. "naug" - "genügend", "Maut" - "gemütlich". Es wäre also wahrscheinlicher, daß sich die Sprecher an der hd. Lautung selbst orientieren, nicht an hochdeutschen Lautwandeln, um diese dann wahllos auf nd. Wortgut übertragen. Ich würde bei Hochdeutschbeeinflussung nicht vermuten, daß die Sprecher "du" zu "dau" diphthongieren, denn das weicht von der hd. Lautung völlig ab, sondern dann eher "Hus" zu "Haus". In Langenlipsdorf findest Du sogar eine erhöhte Form, die ebenfalls von hd. Lautung abweicht: "gelihrt" 'gelernt'.
Kommen wir nun zur Form "mei": Schau Dir mal die Karte zu "neu" an - im "jau"-Gebiet ist "nei" üblich, das bis nach Mecklenburg heranreicht. In Mecklenburg-Strelitz ist auf sehr kleinem Gebiet die monophthongische Variante "nee" zu hören (allerdings scheint das heute rückläufig zu sein). Die Form "nei" ist also nicht nur omd., sondern auch nd.! Ähnlich verhält es sich bei "schneien", das im "jau"-Gebiet "schneien" lautet. Im Norden schließt sich daran mecklenburgisches "snieden" an, in Strelitz lautet das Verb jedoch z. T. "schneegen"! In beiden Fällen ergibt sich also ein direkter Anschluß an die entsprechenden monophthongischen Formen. In diesem Zusammenhang könntest Du nun auch südmärkisches "mei" bringen. Kleinere Gebiete dieser Form gibt es auch nördlich des "jau"-Gebebietes, mitten im "mi"-Gebiet, hd. Anschluß scheint hier nicht so wahrscheinlich. All diese Formen liegen aber im "schneien"/"nei"-Gebiet. Teuchert berichtet übrigens, daß man in Neuruppin ""nai 'neu', fraiən 'freien'" spreche (Teuthonista 4 [1927/28], S. 69), in Mecklenburg heißt es "friegen"/"frieden". (Falls Du mehr zur Entstehung dieser Lautformen erfahren willst, kann ich das auch näher ausführen, an dieser Stelle spare ich das mal aus, da der Beitrag schon recht lang ist.) Ein Hinweis liefert übrigens auch das Possessivpronomen, es lautet im "jau"-Gebiet "min", nicht "mein", was ja zu erwarten wäre, wenn man sich am hd. Lautwandel orientierte. --IP-Los 00:22, 4. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich muss doch noch einmal einen Nachtrag anfügen, da ich eine Ausführung von Dir leider überlesen habe, entschuldige bitte! Dass die heutige Sprachgrenze der alten Sachsengrenze in weiten Teilen entspricht, ist nachgewiesen. Das hat man früher geglaubt (19. Jh.). Die Dialektgeographie hat aber nachgewiesen, daß die Lautgrenzen nicht alten Stammesgrenzen folgen, sondern mittelalterlichen Territorien und Siedlungsbewegungen, ziemlich deutlich drückt das übrigens Teuchert in einer Rezension aus (Mecklenburg 23 [1928], S. 30). --IP-Los 01:28, 4. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
denn die Berliner sind eben nicht einfach zum Hd. übergegangen, sondern ließen Elemente der vormals gesprochenen nd. Mundart mit einfließen Ja, als Substrat. Und das Wort ick ist ein solches Substratwort. In seinen sprachlichen Grundanlagen ist Berlinisch aber durch und durch Hochdeutsch. Eben weil es das Plattdeutsche ersetzt hat.
Das Wort Frau kann mit jau nicht direkt verglichen werden, weil es lautlich nicht identisch ist. Frau geht auf fruw zurück, während jau auf juw(e) zurückgeht. Die jau-Karte hat ja eine andere Verteilung als die Frau-Karte, während Frau und bauen eher übereinstimmen.
Die Form "nei" ist also nicht nur omd., sondern auch nd.! Aber das ist ein ganz anderes Wort. neu geht auf nîwi zurück und schneien auf snîwan. Das ist ein anderer Laut als das î in .
Und auch wenn dein bruun- und Huus-Argument meine Theorie vom verhochdeutschten jau und dau und mei entkräftet, ändert das doch nichts daran, dass Südmärkisch in seinen sprachlichen Grundanlagen niederdeutsch ist, aber Water zu Wasser, tu/to, zu zu, Füür zu Feuer, Oss zu Ochs und Peper zu Peffer gewandelt hat.
Wenn wir also auf die Frage zurückkommen: Ist die niederdeutsche Sprachgrenze eindeutig feststellbar? Dann müssen wir vielleicht einfach die Frage anders stellen, indem wir nämlich das nach dem Lautstand definierte Wort niederdeutsch streichen: Ist die Sprachgrenze zwischen der im nördlichen Teil Deutschland verbreiteten Sprache und der im Südteil verbreiteten eindeutig? Und diese Frage beantworten wir dann mit: Ja, sie verläuft südlich der Südmark. Dann ist das niederdeutsche Gebiet etwas größer und etwas diverser im Lautstand (oder auch nicht, da das Südmärkische ja sowieso ausgestorben ist), aber die Grenze ist trotzdem eindeutig.
Aber im Grunde ist ja die Diskussion um die Grenze sowieso müßig, denn wichtiger als die Frage, ob man die Sprachgrenze mit Grenzpfählen markieren könnte, wenn man wollte, ist doch die Frage, ob es mehrere "Zentren" gibt oder nicht. Mit "Zentrum" meine ich hier etwas, was sich beispielsweise als Peak der Liniendichte in einer Karte der gegenseitigen Levensthein-Abstände auffassen lässt. Diese Karte zum Beispiel zeigt deutlich mehrere solcher Zentren. Levensthein-Abstände sind nur ein Beispiel, andere Methoden sind natürlich auch möglich.
Und in den Wenker-Karten gibt es zahlreiche Beispiele für Wörter, die klare Nord-Süd-Paare bilden. al vs. schon, he vs. er, na vs. nach, de vs. der, de vs. die, vertellt vs. erzählt, alt vs. old, kennt vs. gekannt, gahn vs. gehen, gistern vs. gestern, seggt vs. sagt, wassen vs. wachsen, em vs. ihm, ji vs. ihr, wi vs. wir, fief vs. fünf etc. pp. Vermutlich verläuft keine einzige der Isoglossen exakt entlang der Sprachgrenze, aber in der Summe ergeben sie ein Bild.
Und was auch noch wichtig ist: Die Wenker-Sätze umfassen nur einen sehr kleinen Wortkorpus aus Wörtern, von denen angenommen wurde, dass es sie überall gibt. Größtmögliche Vergleichbarkeit war ja Designziel der Fragebögen. Wenn wir aber den peripheren Wortschatz betrachten, dann kann man oft feststellen, dass es Wörter gibt, die in nahezu allen plattdeutschen Dialekten zu finden sind, aber im Hochdeutschen komplett fehlen.
Die Dialektgeographie hat aber nachgewiesen, daß die Lautgrenzen nicht alten Stammesgrenzen folgen, sondern mittelalterlichen Territorien und Siedlungsbewegungen Kannst du da mal Beispiele nennen, wo das der Fall sein soll? --::Slomox:: >< 02:40, 4. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Diese Ausführungen werden etwas länger werden, fürchte ich. Kommen wir vielleicht noch einmal auf jau, Frau usw. zurück. Eine unterschiedliche Verteilung bedeutet nicht, daß hier nicht derselbe Prozeß vonstatten gegangen ist. Ich erkläre das erst einmal an "schneien", "freien" und "nei". Bei den ersten beiden Wörter wird Dir sicherlich auffallen, daß dort Hiat vorliegt. Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie damit in den Mundarten verfahren wird. Eine ist die Einschiebung eines Konsonanten, wie z. B. im Mecklbg. (/d/ bzw. /g/). Die zweite Möglichkeit wäre, daß daraus einfach einsilbige Wörter entstehen, vgl. hd. "sehn" Nun gehst Du davon aus, daß bei "Frau" und "jau" /o/ vorliegen müssen, d. h. ähnlich wie z. B. im Mecklbg. /o/ zu /au/ wird: "Koken" > "Kauken", bei /ai/ /e/ vorausgehen müsse: "Been" > "Bein". Das ist aber nicht immer der Fall. Greifen wir zunächst den letzten Fall auf, ich verweise dazu auch auf Teuchert in Teuthonista 10 (1934), S. 9 f.: "Die mnd. Langvokale höchster Zungenstellung î û ü erleiden im Hauptteil der Mark - Ucker- und Neumark halten sich fern - in der Stellung vor Vokal Diphthongierung, die sog. Hiatdiphthongierung. Die Grenze zwischen westl. ai au öu und uckerm. ī ū ü verläuft über Templin zwischen Ta Bee / Klo Wa Ros Tho [Tangersdorf Beenz / Klosterwalde Warthe Rosenow Thomsdorf]." Schauen wir uns nun einmal die Verben auf /ai/ an, ich gebe die mecklbg. und dann die märkische Form an: "snieden/schniegen/schneegen" - "schneien", "frieden/friegen" - "freien", "schrieden/schriegen" - "schreien". Auch bei "neu" liegt Hiat vor, wenn Du die Form deklinierst, dementsprechend wird er im Mecklbg beseitigt: "nieden/niegen" - "neien". Das /e/ auf mecklbg. Seite sieht Teuchert übrigens als Zwischenstufe an, der auf Ausgleich zwischem mecklbg. und brandenbg. Form beruht. Einen genauen Grenzverlauf dieser Formen zur Prignitz gibt Jacobs, Teuth. 3, (1926/27), S. 137 an (snieden - schneien, juch - jau, Fru(ch) - Frau, trugen - trauen, Fischerie - Fischerei usw.). Diese Fälle beschränken sich übrigens nicht auf das Märkische allein, Schophaus (Zu Lautentwicklung im Hiat in den westfälischen Mundarten, Köln, Weimar, Wien 2003) registriert solche Fälle auch im westfälischen Raum, und meint (S. 117): "Im Norden schließt unser Gebiet an ein großes nordniederdeutsches an, in dem der Lautwandel in Zeugnissen des 16. Jahrhunderts gut belegt ist. (Seine Anfänge werden weiter zurückliegen, man wird die Diphthonge erst geschrieben haben, als sie mit anderen Lauten kollidierten)." Teilweise sind diese Diphthonge dann aber verändert worden, denn "stellenweise ist schon die Extremstufe [ai] erreicht: 'fraien', gelegentlich auch Rückmonophthongierung eingetreten: 'freen'." Schophaus kommt so zu dem Schluß, daß überall gelten wird: "îV[okal] lautet, wie in den hiatdiphthongierenden nordnd. Dialekten auch, mit mnd. ê4 gleich." Sie registriert damit aber auch einen Zusammfall von Lauten, z. B. heißt es in Artland "|daiɘn|" und "|daip|" (S. 117), (mnd. dîen vs. dêp, vgl. mecklbg. dieden/diegen - deip). Kommen wir nun zu "jau" und "Frau". Schauen wir zunächast auf den eindeutigen Fall "bauen". Mnd. lautete das Verb "buwen". Durch Wegfall des <w> erhalten wir aber auch hier einen Hiat (solche Formen sind im 16. Jh. belegt, vgl. z. B. die mecklenbg. Hochzeitsgedichte, herausgegeben von Kohfeldt). Hier erfolgt nun derselbe Vorgang wie bei î > ai (bzw. e). Nehmen wir nun die Fälle "Frau" und "jau" hinzu. Die deklinierten Formen weisen ebenfalls Hiat auf (Fruwen > Fruen, juwen > juen, ich verweise wieder auf Kohfeldt). Im Mecklenbg. wird dieser wie gesagt durch Konsonant beseitigt, in diesem Falle durch /g/: Frugen, bugen, jugen (juchen). Teuchert stellt meckl. [=strelitzisches] būŋ brand. "bauɘen" gegenüber, "[d]ie Wörter 'brauen', 'scheu', 'scheuen', 'Frauen' weichen kaum ab" (Teuth. 10, S. 10), d. h. folgen ebenfalls diesem Muster. Im Westfälischen ist die Verteilung nicht so eindeutig, doch findest Du dort auch Formen mit /au/. "jau" könnte also durchaus mit nd. Lautentwicklungen erklärt werden und würde dann eben auch den Unterschied zu "Huus" und "bruun" erklären, die ja auch langes /u/ aufweisen.
dass Südmärkisch in seinen sprachlichen Grundanlagen niederdeutsch ist, aber Water zu Wasser, tu/to, zu zu, Füür zu Feuer, Oss zu Ochs und Peper zu Peffer gewandelt hat. Also im jau-Gebiet sind "Wasser" und "zu" unverschoben, ich habe Dir Fälle zitiert, die allesamt an der Südgrenze dieser Lauterscheinung liegen. Damit würdest Du also noch weiter südlich gehen. Wenn nun statt "Füür" "Feuer" gesagt wird, so ist das aber kein Lautwandel, sondern einfach nur die Übernahme des hd. Wortes, genauso wie "zwe"/"zwei", "sechs" und "Herz" in dieser Region gesagt wird. Im Märkischen beobachtet Teuchert beispielsweise bereits in den 1920er, daß die brandenburgische Form "nei" stark von der hd. "neu" bedrängt werde (Teuth. 10, S. 10). Dort führt nun gar kein Weg von /ai/ zu /eu/. Einzig bei "Peffer" könntest Du von einem Wandel ausgehen (so wie einige Leute statt "up" ab und zu "uf" sagen). Die Leute haben also "Füür" nicht nach hd. Vorbild diphthongiert, sondern einfach das hd. Wort übernommen. So erklärt sich wie gesagt auch das Nebeneinander von "Maut" und "gemütlich" in Mecklenburg - hier ist ja nicht einfach monophthongiert und dann /ö/ zu /ü/ gewandelt worden. Deutlich wird das m. E. auch an "Ochs" und "wachsen", denn Kolz verzeichnet für W-Meckl. 1914 bereits "Lachs" statt "Lass". Weitere Beispiele sind z. B. "flach", das "flack" in Mecklenbg. schon verdrängt hat, dagegen heißt es aber noch immer häufig "s(ch)wack", "Fack" usw. Gehst Du nun südwärts, so nimmt der Grad importierter hd. Wörter einfach zu. Das ist Sprechern bereits im 19. Jh. aufgefallen, so unterliegt Mecklenburg-Strelitz stärkerem Hd.-Einfluß als der Rest: "Faß" (Fatt), "Herz" (Hart) usw. Deutlich wird das ja wie gesagt an den Zahlwörtern.
Kannst du da mal Beispiele nennen, wo das der Fall sein soll? Der bekannteste dürfte ja sein: im Osten ist diese Einteilung gar nicht möglich, da hier durch die Kolonisation das Slawische weitestgehend verdrängt worden ist und sich nicht etwa Stammessprachen ausgebreitet haben, sondern es zu einer Mischung der verschiedenen Siedlersprachen kam (sehr schön am Wortgut Mecklenburgs zu ersehen, einige Wortunterschiede rühren genau daher, vgl. Bir-Kemp 'Eber', Wädick-Arpel 'Enterich' usw.). Innerhalb des Nd. läßt sich das auch sehr schön zeigen, denn der -t-Plural des Altlandes stoppt nicht einfach an der Grenze zu Mecklenburg, sondern geht darüber hinaus. Im Osten hat sich die Grenze ja auch mehrfach verschoben (vgl. Luthers Wittenberg). Erschwerend kommt hinzu, daß nicht jeder Schreibdialekt auch im Ort gesprochene Sprache repräsentieren mußte, vgl. hier besonders das Ordensland. Für den Westen können wir auch keine genaue Linie angeben. Diejenige, die Du dort findest, beruht auf Ermittlungen der Dialektgeographie, wie in den einzelnen Orten im Mittelalter gesprochen worden ist, läßt sich nicht immer einwandfrei ermitteln. Köln an der Grenze zum niederdeutschen/niederländischen Sprachraum war ja auch wichtiger nd. Druckort. Auch im Westen unterlag diese Linie wohl einem Wandel: "Die Grenzlinie zwischen beiden Sprachräumen [Nd.-Hd.], nach dem Paradigma maken/machen-Linie oder nach dem Ort der Rheinüberschreitung Benrather Linie genannt, verläuft heute etwa von Aachen - Benrath bei Düsseldorf - Rothaargebirge - Kassel südl. v. Magdeburg - Wittenburg - Frankfurt/Oder, lag aber in mhd. Zeit südlicher, bes. im Osten" (Paul, Mhd. Gr., S. 4). Auch die Grenze zwischen Mittel- und Oberdeutsch ist nicht fest gewesen, sondern hat sich weiter nach Norden verschoben. In der Grammatik heißt es weiter (S. 5): "Die heutigen Mundarten weisen teilweise noch zurück auf Sprach- und Verkehrsgruppen der Völkerwanderungszeit, die wir 'germanische Stämme' nennen, und noch mehr auf die Sprachräume der deutschen 'Stämme' des Karolingerreiches, denen zum Teil Stammesterritorien entsprechen", "[a]ber sie werden in ihrer späteren geschichtlichen Entwicklung stark bestimmt von jüngeren Siedlungsbewegungen, jüngerer politischer Raumbildung, von Verkehrs- und Kulturströmungen und wirtschaftlichen Entwicklungen." (S. 5) Ähnlich ist die Aussage bei Schmidt, Geschichte der dt. Sprache, S. 76: "Die Grenzlinie zwischen dem Hochdeutschen und dem Niederdeutschen, die ik/ich- bzw. maken/machen-Linie, gleicht wegen der ungleichmäßigen Ausbreitung der wichtigsten sprachlichen Neuerungen eher einem Linienbündel als einer Linie, und sie hat sich im Verlauf der Jahrhunderte wiederholt verschoben." Wenn wir nun von Stammesgrenzen ausgehen, bewegen wir uns aber in der Zeit des Altsächs. Dort ist gar keine Grenzziehung möglich, wir können allenfalls ungefähr angeben, wo die Sachsen siedelten, aber wie in den einzelnen Regionen gesprochen worden ist, läßt sich kaum feststellen. Dafür ist die Überlieferung schlicht zu dünn.
Zur Grenze Nd.-Hd.: dort habe ich lediglich die gängige Literatur wiedergegeben (nicht meine eigene Meinung). Weitere Beispiele: "Die Grenzen zwischen den einzelnen Lautverschiebungsfällen sind nicht so klar, wie es S. 64 oben suggeriert. Insbesondere im rheinischen Westen ergeben sich bei einzelnen Wörtern geografische [...], aber auch sprecherspezifische und stilistische (d. h. mit soziologischen und pragmatischen Kategorien zu beschreibende) Unterschiede. (dtv-Atlas Sprache, S. 63); ich zitiere auch noch einmal Menke 2001, S. 20 (s. Literaturliste des Artikels): "Nicht zu übersehen ist auch, daß die Grenzen des niederdeutschen Sprachraumes [im Original gesperrt] nach außen hin mitunter unscharf und fließend sind. Statt eindeutiger horizontaler Bruchstellen als Verstehensbarrieren, die vor allem durch benachbarte Distanzsprachen (Slawica) und nationalsprachliche Grenzen (Staatsgrenzen) begründet sind, existieren mehr oder weniger konturierte Übergänge: im Südwesten (Rheinischer Fächer) und im Südosten des alten Sprachgebiets zum Mitteldeutschen hin, im Westen zum saksisch-niederländischen Sprachraum und im Norden zum Friesischen und Süderjütisch-Dänischen; vor allem die beiden letztgenannten Sprachen zeigen sich stark vom Niederdeutschen beeinflußt, das im Südschleswiger Raum jahrhundertelang die Funktion einer Prestigesprache ausübte." Allerdings sieht er darin keinen Hinderungsgrund, Nd. nicht als Sprache anzusehen, denn "[d]erartige offene Sprachräume innerhalb größerer Sprachfamilien sind jedoch keineswegs ungewöhnlich (man vergleiche die Situation des Westfriesischen als Schwestersprache des Niederländischen). Vor allem auch bleibt zu bedenken, daß den ausfransenden Randzonen vergleichsweise feste Kernräume gegenüberstehen." --IP-Los 16:01, 4. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Dass die Grenzen ik/ich und maken/machen sich historisch mehrfach verschoben hat, ist aber eine ganz andere Aussage als die Aussage, dass die Stammesgrenze zwischen Sachsen und Franken sich verschoben hat (bzw. die heutige Sprachgrenze nicht der alten Stammesgrenze entspricht). Ich spreche explizit von Franken und Sachsen und deren Stammland. Was im slawischen Raum passiert ist, ist davon völlig unabhängig.
Im Osten werden die alten Gaue Hassegau und Friesenfeld allgemein den Sachsen zugerechnet. Diese gehören heute eindeutig zu Mitteldeutschland. Allerdings ist die Frage, ob diese wirklich von Sachsen besiedelt waren oder nur von Sachsen beherrscht wurden. Die Sachsen haben ja angeblich im Krieg mit den Thüringern Gebietsgewinne gemacht. Ansonsten wüsste ich aber keine größeren Veränderungen der alten Grenze.
Nehmen wir zum Beispiel den Hessengau. Der Artikel ist 'ne Katastrophe (wie alle Gau-Artikel auf Wikipedia), keine vernünftigen Quellen weit und breit, aber glauben wir ihm trotzdem mal: der Artikel sagt, dass der Hessengau durch teilweise sächsische Eroberung in einen sächsischen und einen fränkischen Teil zerfiel. Und die Grenze zwischen beiden verlief laut Artikel grob auf der Linie Hann. Münden-Korbach. Das ist auch heute noch die Sprachgrenze. Diese Sprachgrenze hat sich nicht großartig verändert, obwohl sie bereits seit mindestens 600 Jahren (Datei:Gft. Solms Lgft. Hessen Gft. Ziegenhain.png) quer durch Waldeck und die Landgrafschaft Hessen läuft. Die heutige Nordgrenze des Bundeslands Hessen war auch schon im 14. Jahrhundert Territorialgrenze. Auf der Karte, die die Situation von 1400 darstellt, hat auch das Eichsfeld bereits seinen heutigen Umfang. Die Sprachgrenze aber läuft mitten quer durch das Eichsfeld. So groß kann der Einfluss der Territorialgrenzen also nicht sein. --::Slomox:: >< 20:57, 4. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Na ja, diese Grenzen definieren ja die Grenze zwischen Nd. und Hd. Wenn diese sich verschoben haben, dann hat sich logischerweise auch das Sprachgebiet verschoben, oder kennst Du eine andere Definition von Niederdeutsch/Hochdeutsch? Daß sich die Stammesgrenze zwischen Franken und Sachsen verschoben habe, wird damit ja gerade nicht gesagt, sondern daß sich eben die Sprachgrenze verschoben habe. Wenn diese sich verschiebt, dann stimmt sie mit den alten Stammesgrenzen eben nicht mehr überein.
der Artikel sagt, dass der Hessengau durch teilweise sächsische Eroberung in einen sächsischen und einen fränkischen Teil zerfiel. Und die Grenze zwischen beiden verlief laut Artikel grob auf der Linie Hann. Münden-Korbach. Das ist auch heute noch die Sprachgrenze. Hm, und was ist mit den dortigen Bewohnern geschehen? Was dort in der Region gesprochen worden ist, können wir heute schlichtweg nicht sagen. Aus dieser Zeit findest Du kaum nd. Dokumente, zumeist wurde Latein genutzt. Die Eigenschaften, die Du heute den Regionen beimißt, sind wohl z. T. erst im Mittelalter entstanden (westfälische Eigenschaften können eben erst im mnd. nachgewiesen werden, davor gibt es schlichtweg zu wenig Dokumente). Daher können wir genauere Aussagen auch erst ab der mittelnd. Periode machen. Um 1400 können wir nicht mehr von einer sächsischen Stammesprache sprechen, denn da zerfällt das Nd. bereits in mehrere Schriftdialekte. Wir wissen ja nicht einmal, ob das Altsächs. in sich einheitlich war. Daher müßte man fragen, was denn das sächsische Stammland (im engeren Sinne) war und ob das Territorium eine ethnische und vor allem sprachliche Einheit bildete. Die Frage, die Du aufgeworfen hast, ist ja gerade entscheidend: Allerdings ist die Frage, ob diese wirklich von Sachsen besiedelt waren oder nur von Sachsen beherrscht wurden. Das können wir schlichtweg nicht beantworten, wenn wir es könnten, dann wäre vieles einfacher. Vor allem stellt sich eben die Frage, welche Grenze wir ansetzen wollen, schließlich hat sich das Territorium der Sachsen (was eben nicht heißen muß: des Stammes) im Laufe der Zeit ja verändert. Wollen wir nun Magdeburg dazuzählen, oder nicht, ist Lübeck sächsisches Stammland? Du darfst vor allem eines nicht vergessen, die ungeheuren Zeitspannen: Bereits mit Beginn der mittelnd. Periode sind ja schon Jahrunderte seit der Besiedlung vergangen, wenn wir uns vor Augen halten, wie sich das Nd. in dieser Zeit generell verändert hat, was seit der Siedlung alles passiert ist, denn mit der Seßhaftigkeit hat sich Verkehr und Handel entwickelt, bestimmte Regionen waren davon weniger betroffen, andere wiederum mehr. Die Veränderungen im Osten sind ja nun auch nicht allein nach dem Schreibsprachenwechsel vollzogen worden, einige Orte sind ja schon davor, also in mittelniederdeutscher Zeit zum Hd. übergegangen. Während wir also zu dieser Zeit sprachliche Veränderungen erfassen können, liegen die Jahre vor 1250 völlig im Dunkeln. Gerade auch die Verschiebungen der Linie (z. B. der zwischen Ober- und Mitteldeutsch im Westen) deutet an, daß eine gewisse Dynamik im Sprachgebiet vorherrschte, ganz wie heute. Wo diese Grenzen um 1150 lagen, kann niemand sagen.--IP-Los 00:38, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Wo diese Grenzen um 1150 lagen, kann niemand sagen. In lateinischen Urkunden kommen ja auch germanische Namen vor. Und die können sehr wohl Aussagen zur ortsüblichen Sprache ermöglichen. Das ist natürlich mühselig, aber möglich. Man braucht nur einen genügend großen Korpus solcher Belege. Wenn in ferner Zukunft irgendwann mal die ganzen alten Urkunden nicht mehr hinter dicken Bibliotheksmauern verschlossen liegen, sondern digitalisiert im Internet verfügbar sind, dürften sich noch so einige Aufschlüsse ergeben.
Na ja, diese Grenzen definieren ja die Grenze zwischen Nd. und Hd. Jein. Als die Begriffe Niederdeutsch/Hochdeutsch/Oberdeutsch im 15./16. Jahrhundert geprägt wurden, war damit tatsächlich hauptsächlich die Lautverschiebung gemeint. Aber dieser Artikel, auf dessen Diskussionsseite wir gerade diskutieren, behandelt ja nicht Niederdeutsch in diesem weiten Sinne, sondern Niederdeutsch im engen Sinne. Und Niederdeutsch im engen Sinne definiert sich durch mehr als nur die Lautverschiebung. Ein Thüringer, der vor 1000 Jahren (oder mehr) mal lautlich-niederdeutsches Thüringisch mit water, koken, pepper, dag etc. sprach, sprach trotzdem wir, ihr, fünf, er, gehn, sagen (bzw. deren damalige Entsprechungen) etc. Und demnach kann ich oder kennst Du eine andere Definition von Niederdeutsch/Hochdeutsch? mit ja beantworten: Niederdeutsch ist derjenige Raum, in dem die distinktiv nördlichen (sächsischen) Merkmale gegenüber den distinktiv westlichen (niederfränkisch) und den distinktiv südlichen (hochdeutsch) Merkmalen überwiegen.
Daß sich die Stammesgrenze zwischen Franken und Sachsen verschoben habe, wird damit ja gerade nicht gesagt, sondern daß sich eben die Sprachgrenze verschoben habe. Wenn diese sich verschiebt, dann stimmt sie mit den alten Stammesgrenzen eben nicht mehr überein. Aber ich sag ja gerade, dass die Stammesgrenze sich nicht verschoben hat. Dass die Stammesgrenze um das Jahr 800 auch eine Sprachgrenze war, das wissen wir, sonst hätte Karl der Große keine sächsische Missionsliteratur anfertigen lassen müssen. Die Sachsen sprachen anders als die Franken. Die Sachsengrenze verlief laut Hessengau von Korbach nach Hann. Münden und die Schilderungen der Sachsenkriege bestätigen diesen Verlauf ungefähr. Und selbst wenn die Lautverschiebungen damals Nordhessen noch nicht erreicht hatten, so haben sie es doch später. Und endeten an der Linie Korbach-Hann. Münden. Wo noch heute die Sprachgrenze verläuft. Es ist doch evident, dass diese Linie mehr ist, als irgendeine zufällige Isoglosse.
Wollen wir nun Magdeburg dazuzählen, oder nicht, ist Lübeck sächsisches Stammland? Wenn man es universal sehen will, dann ist natürlich der Begriff Stammland unbrauchbar, weil Territorien kommen und gehen und nicht auf einen Zeitpunkt festgenagelt werden kann. Aber wenn wir es mal nicht universal, sondern pragmatisch sehen, dann setzen wir die Jahre ab 772 für unser Stammland an. Während die Sachsen vorher weitgehend im Dunkel der Geschichte lagen, reißt Karl der Große sie 772 mit seinen Eroberungskriegen ins Licht. Soweit ich weiß, war Magdeburg damals schon sächsisch, Lübeck dagegen nicht. --::Slomox:: >< 01:37, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Niederdeutsch ist derjenige Raum, in dem die distinktiv nördlichen (sächsischen) Merkmale gegenüber den distinktiv westlichen (niederfränkisch) und den distinktiv südlichen (hochdeutsch) Merkmalen überwiegen. Aber genau das wissen wir ja eben nicht. Wir wissen nicht, wie die Thüringer geredet haben. Das war ja selbst ein Stamm. Da kannst Du dann nicht einfach davon ausgehen, daß das "sächsisch" ist und deshalb dieselben distinktiven Merkmale aufwies. Thüringisch weist ja seit dem Mittelhochdeutschen hochdeutsche Eigenheiten auf.
Dass die Stammesgrenze um das Jahr 800 auch eine Sprachgrenze war, das wissen wir, sonst hätte Karl der Große keine sächsische Missionsliteratur anfertigen lassen müssen. Das heißt aber nicht, daß es eine einheitliche Sprache gab. Und genau das ist der Knackpunkt. Die Missionsliteratur wurde ja eben nicht von Sachsen verfaßt.
Und selbst wenn die Lautverschiebungen damals Nordhessen noch nicht erreicht hatten, so haben sie es doch später. Und damit haben wir dann folgendes Ergebnis: es handelt sich nicht um eine Stammes- sondern um eine Territorialgrenze.
Es ist doch evident, dass diese Linie mehr ist, als irgendeine zufällige Isoglosse. Natürlich. Aber das heißt eben nicht, daß sie damals existent war. Sie kann sich eben erst später herausgebildet haben. Wir reden hier von über 1000 Jahren, die seitdem vergangen sind. Wir wissen eben nicht, wie die Leute damals dort gesprochen haben. Wir wissen nicht, ob es Sachsen waren.
Aber wenn wir es mal nicht universal, sondern pragmatisch sehen, dann setzen wir die Jahre ab 772 für unser Stammland an. Das wäre aber Willkür. Magdeburg war vorher slawisch, dort wurden Slawen unterworfen. Und die waren eben keine Sachsen. Daher wäre das keine Stammesgrenze. Selbst wenn wir das nun ignorieren, so läßt sich doch eines festellen: damit stimmt die heutige Sprachgrenze nicht mehr mit der Stammesgrenze überein, weil sich die Grenze nach Norden verschoben hat. Der Harz ist übrigens schon seit geraumer Zeit hochdeutsches Gebiet, auch dort traten also Veränderungen auf. Nehmen wir nun Lübeck: das wird für gewöhnlich zum Altland gerechnet, weil es den Einheitsplural auf -t hat, Magdeburg hat aber -en. Da muß sich also irgendwas verändert haben.
Während die Sachsen vorher weitgehend im Dunkel der Geschichte lagen, reißt Karl der Große sie 772 mit seinen Eroberungskriegen ins Licht. Damit werden die Sachsen erwähnt, aber das ist auch alles. Über die Sprache können wir anhand der wenigen Quellen nichts sagen. Sie wurden als Einheit aufgefaßt, aber war ihr Territorium das Stammesgebiet oder lebten darin noch andere Stämme, deren Sprache sich von der der Sachsen unterschied?
Dass die Stammesgrenze um das Jahr 800 auch eine Sprachgrenze war, das wissen wir, sonst hätte Karl der Große keine sächsische Missionsliteratur anfertigen lassen müssen. Wir wissen damit, daß es eine Sprachgrenze gab, aber wir wissen nicht, wo sie genau lag. War sie dort, wo Du die Grenze des Sachsenlandes festlegst oder verlief sie ganz woanders? Das kannst Du damit nämlich nicht daraus ableiten. Außerdem können wir Fränkisch nicht als Einheit begreifen. Altniederfränkisch war dem Altsächsischen doch recht ähnlich (jedenfalls scheinen das die überlieferten Dokumente zu belegen). Außerdem bewegen wir uns hier schon in einer Zeit, wo im Westen das Französische aufkam, da war eine Übersetzung schlichtweg notwendig, vgl. die Straßburger Eide 842. Wie also das Westfränkische damals aussah, weiß man nicht. Für wen Karl also diese Missionsliteratur schrieben ließ, wissen wir nicht (nur die Sachsen oder auch andere Völker, die diese Sprache verstehen konnten). Die Slawen wurden ja auch als "Wenden" aufgefaßt, obwohl sie mehrere Stämme waren und wohl unterschiedliche Sprachen gesprochen haben.
Und Niederdeutsch im engen Sinne definiert sich durch mehr als nur die Lautverschiebung. Das stimmt. Aber das, was wir heute für die Definition heranziehen können, hat sich z. T. erst später herausgebildet. Wie gesagt, wir haben nur sehr wenig Material über das Altsächsische, wir wissen nicht, für welche Region diese Merkmale gegolten haben, wenn wir sie denn herausarbeiten.
In lateinischen Urkunden kommen ja auch germanische Namen vor. Und die können sehr wohl Aussagen zur ortsüblichen Sprache ermöglichen. Das ist natürlich mühselig, aber möglich. Wenn das so einfach wäre, dann hätten wir heute schon ein recht gut erschlossenes Sprachgebiet. Nur ist eben Germanisch nicht gleich Altsächsisch. Nur weil Du germanische Namen und Begriffe findest, heißt das noch nicht, daß Du damit genügend Material hast, um zu bestimmen, wie die Sprache damals aussah, wo Unterschiede lagen. Ich gebe mal ein Beispiel: "liberam piscacionem cum una sagena, vulgariter wade dicta". Damit weißt Du, daß dort offensichtlich Germanisch gesprochen wurde, aber was für eine Sprache das ist, kannst Du so nicht sagen. Du könntest eventuell noch ausschließen, daß das Oberdeutsch ist (durch das <d>), aber ob das nun niederdeutsch, -fränkisch oder ein mitteldeutscher Dialekt ist, weißt du so nicht. Da wir nun wissen, daß das aus dem Jahre 1323 und aus Mecklenburg stammt, ordnen wir es dem Nd. zu. Gehen wir doch mal zurück und sagen, daß wäre 800 entstanden und stammt aus Elze, dann würden wir einfach nur anhand des Stammesgebietes sagen, das sei Altsächsisch, wenn wir das weiter westlich finden, würden wir es dem Altfränkischen zuschlagen, ohne aber zu wissen, ob dem wirklich so ist. Wir würden hier anhand der Stammesgrenzen so verfahren, aber über die Sprache sagt das gar nichts aus. Ebenso ist das natürlich bei den Namen. Auch dort können wir dann sagen: es ist germanisch, anhand der Lautverschiebung können wir noch sagen, das ist etwas mit nieder- oder hoch-, aber das war es dann auch. Wann sich aber das entwickelt hat, was wir auf den Wenkerkarten vorfinden, wissen wir eben nicht.--IP-Los 03:15, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich fühl mich grad wie jemand, der einem Farbenblinden erklären will, dass man in diesem Bild Zahlen erkennen kann. Ich erkenne die Muster im Chaos und du erkennst nur das Chaos um die Muster herum. Wir können uns wohl noch einige Dutzend Kilobyte Text um die Ohren hauen, ohne dass wir auf einen Nenner kommen. ;-) Also belass ich es erstmal dabei. --::Slomox:: >< 04:49, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich hab Mühe Euch im Detail zu folgen: mir ist auch nicht klar was ihr mit Magdeburg meint: Die Stadt? Die Region? Das Bistum ? Die Stadt und die Region westlich der Elbe sind altsächsisch und nicht slawisch (siehe auch Ostfalen). Die Region östlich der Elbe (und später zum Territorium Magdeburg gehörend) war vormals slawisch besiedelt.Die Ansiedlung mit deutschen (einschl. flämischen) Kolonisten erfolgte nicht abrupt und z.T. lebte man in parallel in den Siedelungen neben denen der Slawen. All dies (einschließl. der Situation westl. der Elbe) läßt sich oft an Siedlungsformen, aber auch Flureinteilungen nachvollziehen.--Zarbi 11:21, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
@Slomox Ich weiß, was Du dort erkennst, nur schließt Du, was die Sprache betrifft, von den Verhältnissen im 19. Jh. auf die um 800. Nur können wir nicht sagen, wie damals dort gesprochen worden ist, ob sich diese Sprachgrenze damals manifestiert hat oder sie erst mit der Zeit "gewachsen" ist. Dafür gibt es nun mal leider keine Quellen. Du gehst ganz einfach davon aus, daß sich mit der Siedlung/Eroberung gleich eine Grenze gebildet hat und die seit über 1000 Jahren nicht verändert habe. Nur bewiesen ist das nicht. Es geht ja nicht darum, hier eine Meinung durchzusetzen, ich wollte Dir nur erklären, warum man sich in der Dialektologie davon verabschiedet hat, daß die Mundartgrenzen Stammesgrenzen folgen. Ich zitiere mal aus Schmidt: "So liegt beispielsweise Fulda im rheinfränkischen Gebiet. Es wurde aber als ostfränkische Gründung angelegt. Deshalb schrieben die Fuldaer Mönche in ihrer ostfränkischen Mundart. Aber für den Schreibgebrauch wurde hier ein einheitlicher Schriftdialekt geschaffen, der nicht mit der örtlichen Mundart übereinstimmte. Die ersten Verse des in Fulda aufgezeichneten 'Hildebrandliedes' verdeutlichen, dass auch Übungen zum Altsächsischen im Programm waren. [...] Die altniederdeutschen (altsächsischen) Denkmäler sind nicht bestimmten Zentren zuzuordnen."--IP-Los 12:32, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Es geht um die Frage: Folgen die Mundartgrenzen alten Stammesgrenzen?
Wir kennen die Mundartgrenze. Die kann man im Wenker ablesen. Und diese Grenze hat sich auch seit Wenker nicht verändert.
Wir kennen ebenfalls den groben Verlauf der Stammesgrenze zwischen Sachsen und Franken.
Beide stimmen überein. Jedenfalls insoweit, dass mir kein gegenteiliger Nachweis in der Form Ort X/Landschaft Y ist dokumentiert sächsisch gewesen, aber heute mitteldeutsch oder Ort X/Landschaft Y ist dokumentiert fränkisch gewesen, aber heute niederdeutsch (niederdeutsch im Sinne des Wikipedia-Artikels Niederdeutsche Sprache) bekannt ist.
Die Antwort auf obige Frage ist also: Die Mundartgrenze zwischen 'nds' und 'de' folgt der alten Stammesgrenze zwischen Sachsen und Franken.
Wenn die Stammesgrenzen anderer Stämme nicht mit Mundartgrenzen übereinkommen, dann ist das irrelevant. Ich habe niemals von irgendetwas anderem als der Grenze zwischen Sachsen und Franken gesprochen.
Ob die Sprachgrenze alt ist oder erst nachträglich gewachsen: Meine Hauptaussage war, dass die Stammesgrenze der heutigen Sprachgrenze entspricht. Und das ist unabhängig von der damaligen Sprachgrenze der Fall. Dass auch damals schon eine Sprachgrenze bestand, davon bin ich trotzdem überzeugt. Es ist natürlich prinzipiell unbeweisbar, da die detaillierten Beweise fehlen, aber als Indizienprozess hätte die Sache, denke ich, gute Chancen.
Das wäre aber Willkür. Genau das habe ich gesagt in meinem vorangehenden Beitrag. Es ist pragmatische Willkür. Meines Wissens waren Ostfalen und Magdeburg, wie auch Zarbi sagt, schon lange zuvor germanisch. Aber selbst wenn der Ostrand Ostfalens, in dem Magdeburg liegt, zuvor slawisch war: jeder besiedelte Flecken Erde war irgendwann mal von anderen Völkern besiedelt oder unbesiedelt. Der Ausdruck Stammland kann also unmöglich in irgendeiner Form als absoluter Term aufgefasst werden. Stammland ist per definitionem Willkür. Aber pragmatisch betrachtet, war das, was ich als Stammland der Sachsen bezeichne, von der Zeit der Eroberung durch Karl den Großen bis zum Beginn der Ostsiedlung ein Territorium, dessen Grenzen sich nicht verändert haben. Dein Beispiel Lübeck zum Beispiel wurde ja erst im 12. Jahrhundert deutsch/sächsisch. --::Slomox:: >< 14:15, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Mal etwas Literatur: Frings,Studien zur Dialektgeographie des Niederrheins zwischen Düsseldorf und Aachen,, S. 210; Agricola, Die Deutsche Sprache, Bd. 1, S. 392; Sperber; Geschichte der dt. Sprache, S. 33.
Und das ist unabhängig von der damaligen Sprachgrenze der Fall. Wenn wir genau wären, könnten wir das eben nicht sagen, dann wäre es nämlich eine Territorialgrenze.
Und diese Grenze hat sich auch seit Wenker nicht verändert. Das sagt aber nichts über die Zeit davor aus. Schau Dir doch mal die -t/-en-Linie an, die hat sich auch nicht großartig verändert, dennoch können wir sie nicht einfach auf das Mittelalter übertragen. 130 Jahre sind sprachgeschichtlich gesehen nicht viel.
dass mir kein gegenteiliger Nachweis in der Form Ort X/Landschaft Y ist dokumentiert sächsisch gewesen, aber heute mitteldeutsch oder Ort X/Landschaft Y ist dokumentiert fränkisch gewesen, aber heute niederdeutsch (niederdeutsch im Sinne des Wikipedia-Artikels Niederdeutsche Sprache) bekannt ist. Die erste Aussage habe ich doch bereits belegt: Wittenberg (100 Jahre vor Luthers Wirken war dort noch Nd. üblich), der Harz, des weiteren Allstedt, Mansfeld usw. Hierbei handelt es sich um Orte, die von den Sachsen erobert worden sind, ebenso wie Dein Beispiel oben. Die Urkundensprache dieser Region, war im Mittelalter Nd.: "Wie schepen, rathmanne und die börgere gemeyne der stad tho Haldesleue". Schauen wir weiter nach Westen, so fällt im Gebiet von 919 eine Ausbuchtung an der Werra auf (wohl Höhe Witzenhausen), die im Wenkeratlas anhand der Benrather Linie nicht mehr nachvollziehbar ist. An einigen Stellen verläuft die Sprachgrenze (wenn wir die "maken"-Linie denn als Sprachgrenze auffassen wollen) nördlicher als die Grenze des Herzogtums Sachsen. Heute liegen diese Orte südlich der Benrather Linie. Kommen wir zum zweiten Punkt. "Fränkisch" teilte sich ja bereits zu dieser Zeit in Westfänkisch, Altniederfrk., Teile der Sprache haben partiell die 2. LV mitgemacht und werden zum Ahd. gerechnet (als Konstrukt). Ich gehe jetzt mal auf das Altndfrk. ein, denn dieses ähnelte dem As. doch. Diese Ähnlichkeit führt dazu, daß Goossens sogar die Verteilung der Gebiete anzweifelt und das Fränkische weiter nach Osten verlegt, hinein in das "Nedersaksisch"-Gebiet (eine These, die ich aber nicht teile): "Durch archäologische und geschichtliche Untersuchungen können wir uns eine ungefähre Vorstellung in bezug auf wenigstens eine Teilstrekce der Grenze zwischen beiden Völkern, von der wir allerdings nicht wissen, wie lang sie war. Sie lag an der Isla, Isala, der IJssel bzw. Issel, einem Fluß, an dessen Ostufer sich Deventer und an dessen Westufer sich Wilp befand. Weiter können wir die spärlichen ältesten literarischen Denkmäler, die für as. bzw. anfr. gehalten werden, etwa den Heliand und die anfr. Psalmen, obwohl wir nicht genau wissen, welchen Dialekt sie vertreten, nach spärlichen Gegensätzen befragen. Zu diesen gehört nun die verschiedene Konjugation des Plural Präsens, die wir in den moderenen Mundarten wiederfinden, deren hohes Alter somit bewiesen ist. Allerdings ist es nicht zulässig, daraus bereits den Schluß zu ziehen, dieser Gegensatz habe die Sachsen in ihrer Gesamtheit von den Franken in ihrer Gesamtheit getrennt, denn um diesen zu rechtfertigen, fehlen lokalisierte sprachliche Zeugnisse aus älterer Zeit, die die beiden Völker füllen würden." Weiter stellt er fest: "Niebaums strukturgeographische Studie über den Vokalismus hat für den rechtsrheinischen Raum zwischen Wupper und Emscher einen sehr ausgeprägten niederrheinisch-westfälischen Gegensatz ergeben. Zwischen Emscher und Lippe ist der Kontrast noch deutlich, aber zwischen der Lippe und der niederländischen Grenze zerfließen die Gegensätze völlig, so daß sich noch mehr die Frage aufdrängt, ob es in den Niederlanden wohl überhaupt eine sächsisch-fränkische Dialektgrenze gibt. [...] Ab 1941 wird bei den neuen Einteilungskarten die Stammesterminologie völlig aufgegeben." Die Gegensätze interpretiert er deshalb auch völlig anders: "In der Nähe der vermuteten Sachsengrenze kann man mit etwas Mühe ein Isoglossenbündel finden. Alles spricht jedoch dafür, daß dieses Bündel das Ergebnis eines Rückzugs von Erscheinungen ist, die sich ehemals weiter nach Westen erstreckten. Sie sind durch westliche Phänomene ersetzt worden, die gutteils als Neuerungen zu charakterisieren sind. Als solches sind sie in einem westlichen, holländischen Bereich entstanden, der vorher dieselben Formen wie der Osten hatte." Diese Ergebnisse veranlassen Goossens nun, daraus zu folgern: "Ein geschlossener sächsischer Komplex ist nicht mehr zu erkennen. Was sich in östlicher Reliktstellung befindet, hat mehrheitlich früher auch im Westen existiert; es hängt zwar mit dem Nd. zusammen, ist aber historisch nicht nd., sondern gehörte einem größeren wg. Bereich an. Die Neuerungen sind zum Teil über das Land gekommen; in diesem Fall können sie sich in der östlichen Veluwe, dort, wo die ältere Dialektgeographie die sprachliche Sachsengrenze zog, stauen. Sie können aber auch die IJssel überschreiten und die alten Sprachformen bis in die Twente und den Achterhoek zurückdrängen." In concreto bedeutet das dann: "Von einem alten Gegensatz zwischen Nd. und Ndl. in den ostnl. Mundarten habe ich ja kaum überzeugende Spuren finden können, und die jüngeren sind offenbar mehrheitlich solche zwischen westlichen Neuerungen und Relikten von Merklmalen, die hier schon lange autochthon sind. Das Paradoxon dieser Feststellungen ist aber, daß unser Gebiet durch seine Relikte mit dem nd. Osten verbunden ist und sich so gegen den nl. Westen abhebt. Vor dem Entstehen der Neuerungen im Westen und ihrer Expansion in östlicher Richtung war der nl. Osten durch das, was sich später zum Relikt entwickeln sollte, auch mit dem Westen verbunden. Solange man im Westen hūs, old oder du sagte, war das ū in hūs, das l in old und der Erhalt des ursprünglichen Pronomens der 2. Person Sg. noch kein nd. Merkmal in den ostnl. Dialekten, wohl aber nach der Palatasierung des ū, nach der Vokalisierung des l und nach der Verdrängung des Pronomens du. Die These, daß unsere Mundarten mit jeder Übernahme aus dem Westen etwas mehr ins Nl. integriert worden sind, ist also nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist, daß mit jeder Entwicklung in Richtung auf eine Reliktposition infolge einer Übernahme eines westlichen Phänomens die Mundarten, die das Relikt beibehalten, etwas mehr nd. geworden sind". Das entspricht ja so ziemlich Deiner Forderung, oder ;-) --IP-Los 21:16, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Die erste Aussage habe ich doch bereits belegt: Wittenberg (100 Jahre vor Luthers Wirken war dort noch Nd. üblich), der Harz, des weiteren Allstedt, Mansfeld usw. Und ich habe mehrfach gesagt, dass ich von der Grenze zwischen Franken und Sachsen spreche. Die Hessen würde ich in diese Aussage einschließen, aber Thüringer und Slawen habe ich zu keinem Zeitpunkt in meine Aussage eingeschlossen. Und ich spreche auch explizit nur von Arealen, in denen keine konzentrierte Einwanderung stattgefunden hat. Der Harz fällt also raus, denn mein Argument ist ja, dass die Grenze tendenziell undurchlääsig für sprachliche Neuerungen ist. Aber natürlich nicht undurchlässig für Siedler.
Schauen wir weiter nach Westen, so fällt im Gebiet von 919 eine Ausbuchtung an der Werra auf Worauf bezieht sich "Gebiet von 919"? Vermutlich hat es mit der Krönung Heinrichs I. zu tun, aber vermutlich wirst du ja irgendeine Karte im Sinn haben?
Das entspricht ja so ziemlich Deiner Forderung, oder ;-) Auf welche "Forderung" beziehst du dich?
Was du zitierst, zeigt auf jeden Fall, dass die Eem-Veluwe-Alte-Issel-Linie in der Lage war, fremde Innovationen abprallen zu lassen. Es gibt aber auch diverse alte Gemeinsamkeiten mit dem Osten. Zum Beispiel hat das Wort Haupt laut Morfologische Atlas van de Nederlandse Dialecten nordöstlich dieser Linie Umlaut (heuvd) südwestlich dagegen nicht (hoovd). Plattdeutsch entsprechend Höövd. Niederländisch und Hochdeutsch haben diesen Umlaut nie besessen. Ein anderes interessantes Detail ist die zweite/dritte Person Singular der starken Verben, wie stiggt, löppt, gifft etc. Die werden nordöstlich der Eem-Veluwe-Alte-Issel-Linie genauso wie im Plattdeutschen mit gekürztem Vokal gebildet, südwestlich davon aber nach dem Infinitivstamm (stijgt, loopt, geevt). --::Slomox:: >< 23:41, 5. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Was du zitierst, zeigt auf jeden Fall, dass die Eem-Veluwe-Alte-Issel-Linie in der Lage war, fremde Innovationen abprallen zu lassen. Ja, aber das entscheidende ist, daß Goossens hier Andfrk. ansetzt, nicht As.! Die Grenze hat sich nach seinem Dafürhalten erst später herausgebildet und war keine Stammesgrenze, denn auch östlich dieser Linie sprach man seiner Meinung nach Andfrk. Das ist ein großer Unterschied!
Ich beziehe mmich auf die Karte im Artikel Sachsen (Volk).
Auf welche "Forderung" beziehst du dich? Auch wenn's ironisch gemeint war: Ort X/Landschaft Y ist dokumentiert fränkisch gewesen, aber heute niederdeutsch Und nun vgl. mal Goossens Aussage: "Die andere Hälfte ist, daß mit jeder Entwicklung in Richtung auf eine Reliktposition infolge einer Übernahme eines westlichen Phänomens die Mundarten, die das Relikt beibehalten, etwas mehr nd. geworden sind" Wie gesagt, Goossens geht davon aus, daß die Ostniederlande früher fränkisches Gebiet war.
Und ich habe mehrfach gesagt, dass ich von der Grenze zwischen Franken und Sachsen spreche. Die Hessen würde ich in diese Aussage einschließen. Das habe ich wirklich überlesen, entschuldige. Schau Dir mal die Einheitsplurallinie im Westen an, auch dort kannst Du bereits Abweichungen feststellen, sie gilt ja als einer der Unterschiede zwischen Ndfrk. und Nd. Die Dialektlinie zwischen Ndfrk. und Nd. ist heute etwas anders als das Territorium der Sachsen damals. Interessant ist dabei auch die Stadt Dorsten, die fränkisch war, heute aber zum nd. Sprachgebiet gehört. P.S. Die Hessen müßtest Du heute sogar mit einschließen, da das ein Rheinfränkischer Dialekt ist. --IP-Los 01:38, 6. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Worauf basiert die Einordnung Dorstens als fränkisch? Ich hab mir den Geschichtsteil im Artikel angeguckt und da steht, dass erst Brukterer gesiedelt hätten, dass dann die Sachsen eingefallen wären und dass schließlich Dorsten mit den Sachsenkriegen fränkisch geworden sei. Das letzte bezieht sich auf die Eroberung uns ist offensichtlich politisch gemeint, nicht ethnisch, kulturell oder sprachlich. Die Brukterer werden in der Regel zu den Franken gezählt, aber fränkische Vorbesiedlung trifft auf weite Teile Westfalens zu. Westfalen wurde erst in den Jahrhunderten vor 800 von den Sachsen erobert. Aus dem Artikel heraus würde ich also keinen Verstoß gegen meine "Stammesgrenze=Sprachgrenze-Theorie" erkennen.
Mit der Ausbuchtung an der Werra meinst du die nach Süden, die nach Witzenhausen läuft (Witzenhausen selbst ausgeschlossen)? Im Historischen Ortslexikon des Landes Hessen hab ich mal nach ein paar Orten in dem Gebiet gesucht. Ich hab aber keinen gefunden, dessen Ersterwähnung bis in die Zeit der Franken und Sachsen zurückreicht. Ohne aus der Zeit belegten Orten können wir nichts dazu sagen, ob das Gebiet sächsisch oder fränkisch war. Vielleicht ist diese Ausbuchtung also einfach dem sächsischen Gebiet zugeschlagen ohne dass das eine tiefere Bedeutung hat.
Der Einheitsplural ist ja ein Merkmal, dass schon sehr alt ist und um 800 bereits bestand. Die Franken hatten ihn nicht, die Sachsen dafür hatten ihn. Die Isoglosse des Einheitsplurals auf -t verläuft entlang der IJssellinie. Die Veluwe spricht -en, hat historisch (vor der Übernahme des heutigen innovierten Einheitsplural wegen der Singularisierung des jij) meines Wissens aber auch Einheitsplural gehabt. Zwar können natürlich auch solche grammatischen Isoglossen wandern und wir haben keinen Beweis, dass der Verlauf der Einheitsplurallinie alt ist, aber ich wüsste kein Argument, das erklären könnte, warum eine so sprachelementare Isoglosse nach Westen wandern sollte. Solche Veränderungen gehen ja normalerweise von Machtzentren aus. Es gab niemals irgendeine Macht im Nordosten der Niederlande, die die Isoglosse nach Westen hätte drücken können. Eher wäre eine Ostwanderung durch Druck des niederländischen Machtzentrums zu erwarten. Es erscheint mir also plausibel davon auszugehen, dass die Einheitsplurallinie schon in der Zeit der Franken und Sachsen mit gleichem oder ähnlichem Verlauf bestand.
Die ethnische Identität der früheren Bewohner des Zuiderzeerands ist sowieso ein schwieriges Thema. Wir wissen, dass am Südrand der Zuiderzee Friesen präsent waren. Der Erklärungsansatz, den ich favorisiere, ist, dass die Bevölkerung im Bereich Eem-Veluwe ursprünglich weder Franken noch Sachsen waren und im Laufe der Zeit von Sachsen und Franken assimiliert wurden und deren jeweilige Sprache übernommen haben. Und die Eem-Veluwe-Alte-Issel-Linie wäre dann die Linie an der die beiden Assimilationsfronten aufeinandergetroffen sind. --::Slomox:: >< 20:39, 7. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Bischhausen ist laut Ortslexikon um 800 ersterwähnt. Aber anscheinend enthält die Urkunde keine Angaben, die eine nähere Loklisierung erlauben, denn das Lexikon macht die Einschränkung, es könnte sich auch um Bischhausen bei Waldkappel handeln, was südlicher liegt und sicher nie sächsisch war.
Übrigens zeigen die alten Belege von Unterrieden (Ort liegt knapp außerhalb des Gebiets der 919-Karte), dass offensichtlich schon im Jahre 856 das Wort unter im Mitteldeutschen unger lautete. Das ist heute auch noch so, während es im angrenzenden Niederdeutschen kein g gibt. Das zeigt, dass zumindest diese Isoglosse schon damals etwa so verlief wie heute.
Die Isoglosse, die das südliche Sauerland vom restlichen Niederdeutschen trennt, verstärkt mich aber auch in meiner Annahme, dass die vor den Sachsen im südlichen Sauerland siedelnden Franken anders als die Franken anderer Teile Westfalens nur unvollständig saxonisiert wurden. Während die meisten Merkmale sächsisch sind, geht dieser Streifen am Südrand bei Wörtern wie alt oder eben unter mit dem Fränkischen (ald, unger statt old, unner). --::Slomox:: >< 21:09, 7. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
In Dorsten wurden fränkische Gräber gefunden. b) Dorsten ghörte zur Grafschaft Kleve, was seinerseits zum niederfränkischen Sprachgebiet gehört. Wo siehst Du da Sachsen? Im Artikel steht folgendes: Seit dieser Zeit gehörte nun die gesamte linkslippische Region (d. h. alles südlich der Lippe) kirchlich gesehen zum Sprengel des Erzbistum Köln. Immer häufigere Verwüstungen der Sachsen in der Region führten schließlich seit 714 über militärische Gegenoperationen der Franken unter Karl Martell zu den späteren offenen Sachsenkriegen unter Karl dem Großen, bis das Gebiet schließlich endgültig wieder fränkisch wurde. Selbst wenn wir Dorsten nun eindeutig den Sachsen zuschlügen, so ist das beim Nachbarort Gahlen (gehört ebenfalls noch zum Westfälischen) nicht mehr möglich. Meyer zieht die Grenze 1898 zwischen diese beiden Orten, vgl. auch Scheman, Die Rasse in den Geisteswissenschaften, der 1931 ebenfalls dort die Grenze ansetzt. In der Dialektgepgraphie geben die fränkischen Elemente ebenfalls Anlaß zu dieser Vermutung. Jostes macht zwischen beiden Orten sogar eine scharfe Sprachgrenze aus (Niederdt. Jahrbuch 11 [1895]). Goossens stellt fest, daß "zwar in der Nähe der IJssel eine gewisse Konzentration von Linien festzustellen [ist], die die nordöstlichen Dialekte von den anderen trennen, doch ist diese nur schwach ausgeprägt. Andere Konzentrationen sind sogar wesentlich deutlicher, wie die zwischen Seeländisch und Brabantisch, Ost- und Westflämisch, Brabantisch und Kleverländisch sowie Brabantisch und Westlimburgisch. Es kommt hinzu, daß alle Linien, die auf diesen Karten die noröstlichen von den südlichen und westlichen Mundarten trennen, außer der Einheitspluralgrenze, nachweisbar ein jüngeres Alter als die anfr.-as. Zeit haben." Bevor ich nun auf die sprachlichen Punkte, die Du aufgeworfen hast, en détail eingehe, betrachten wir uns doch mal die Sprachgrenze auf den Karten. Die Karte auf S. 56 des dtv-Atlas Sprache setzt diese Grenze an: Zwolle-Zutphen-Bocholt. Schauen wir uns die auf S. 76 an die wohl aus Pauls Mhd. Grammatik entlehnt ist, so stellen wir fest, daß die Grenze dort weiter östlich verläuft. Die Grenze von Protze/Frings verläuft im Süden ähnlich, weicht aber im Norden ab, indem dort Zwoll nicht mehr Grenzort ist, sondern die Zuidersee. Allerdings sollte erwähnt werden, daß die Karte im dtv-Atlas die Verbreitung des Altsächsischen im 9. Jh. darstellt, Protze/Frings die der dt. Dialekte um 1965. Wenn wir aber an Deiner Theorie festhalten, gäbe es nur zwei Möglichkeiten für diese Abweichungen: die Grenze des altsächsischen Stammesgebietes ist nicht eindeutig zu bestimmen oder die Dialektgrenzen haben sich verschoben.
Kommen wir nun zu den sprachlichen Merkmalen: Zwar können natürlich auch solche grammatischen Isoglossen wandern und wir haben keinen Beweis, dass der Verlauf der Einheitsplurallinie alt ist, aber ich wüsste kein Argument, das erklären könnte, warum eine so sprachelementare Isoglosse nach Westen wandern sollte. Gerade dieses Unterscheidungsmerkmal wirft (und da stimme ich Goossens zu) aber Fragen auf, denn genau das muß passiert sein, oder wir müssen dieses Merkmal mit äußerster Vorsicht behandeln. Im Nd. gibt es heute 2 Einheitsplurale, die das Sprachgebiet gewöhnlich zwischen West- und Ostniederdeutsch gliedern. Nur ist diese Sache gar nicht so einfach. Gerade im Osten des alten Stammlandes herrscht heute auch -en. Lasch meint in ihrer Mnd. Gr. (S. 226): "Im mnd. kämpfen -et und -en um die vorherrschaft. Im 13. und 14. jh. ist et im allgemeinen die häufigere endung, auch z. B. in Mecklenburg, das heute grossenteils -en hat. Das brandenburgische hat dagegen immer -en. Die Wisbyter texte des 13. jhs. zeigen -et und -en. Im 15. jh. ist nach anfänglichem wechsel der endungen die schriftsprachliche form -en, die z. b. die Münstersche germ. als die normalform ansetzt. Doch ist -et niemals ganz verdrängt." Noch eine Bemerkung zu Mcklbg. Laschs Beobachtung konnte ich nicht nachvollziehen, ich finde im MUB (das ja bis 1400 reicht) regelmäßig -en, daneben auch einfach -e, hier müßte man also eingehende Untersuchungen über die Endungen anstellen. Es sei angemerkt, daß Lasch sich hier einzig auf Schriftdkumente bezieht, etwas anderes ist ja auch nicht überliefert. Hier haben wir aber zumindest genau das, eine Veränderung in der Endung des Nd. Von daher wäre solch eine Verschiebung auch für den Westen nicht so abwegig.
Übrigens zeigen die alten Belege von Unterrieden (Ort liegt knapp außerhalb des Gebiets der 919-Karte), dass offensichtlich schon im Jahre 856 das Wort unter im Mitteldeutschen unger lautete. Welche alten Belege meinst du?
Das ist heute auch noch so, während es im angrenzenden Niederdeutschen kein g gibt. Das zeigt, dass zumindest diese Isoglosse schon damals etwa so verlief wie heute. Das kannst Du so nicht sagen, denn auch im Nd. ist <g> belegt. In einem mecklbg. Hochzeitsgeicht finde ich die Schreibung "wunger", nur gibt es diese Aussprache im Mecklbg. heute gar nicht. Gerade im 17./18. Jh. treten im Nd. vermehrt <nj>-Schreibungen auf (Frünje, Länje, anjer, unjer usw), die heute aber überhaupt nicht mehr nachweisbar sind. Teilweise findest Du dann sogar <g>: "anger", "unger". Diese Schreibungen erstreckten sich aber über einen Großteil des nd. Sprachgebiets. Ob das also wirklich eine alte Trennlinie ist, können wir nicht sagen.
Während die meisten Merkmale sächsisch sind, geht dieser Streifen am Südrand bei Wörtern wie alt oder eben unter mit dem Fränkischen (ald, unger statt old, unner). Zu <g> habe ich ja bereits etwas geschrieben. a ist wirklich relativ früh zu o im As. übergegangen, allerdings nicht überall. Lasch stellt z. B. fest, "a-schreibungen sind in Westfalen in mnd. zeit ziemlich zahlreich", das Göttingisch-Grubenhagische Wörterbuch von Schambach verzeichnet ebenfalls noch âld neben ôld. Ob hier also ein fränkisch-sächsischer Gegensatz vorliegt, ist nicht sicher, denn offensichtlich gibt es hier sogar Unterschiede im nd. Gebiet. Wrede (Anzeiger für deutsches Altertum und Literatur 21 [1895], S. 278) macht im Westfälischen ein "all"-Gebiet aus, "innerhalb (all-orte cursic) Olpe, Attendorn, Plettenberg, Meschede, Brilon, Rüthen, Büren, Gesecke, Lippstadt, Delbrück, Paderborn, Horn, Nieheim, Brakel, Beverungen", siehe zur besseren Übersicht auch die darauf fußende Wenkerkarte, in der inmitten dieses Gebietes wiederum eine "old"-Enklave zu finden ist. Gerade die Zerklüftung der Aussprache zeigt ferner, daß hier wohl mehrere Faktoren eine Rolle spielen und die Stammesgrenze kaum einen Hinweis liefern kann (man. vgl. die verschiedenen "auld"- und "old"-Gebiete und die Streubelege in den jeweiligen Gebieten, so hat Eppinghoven "ōōle", obwohl dort kein Einheitsplural vorliegt).--IP-Los 16:03, 8. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Welche alten Belege meinst du? Die aus dem Historischen Ortslexikon des Landes Hessen.
Was ist die Seitenzahl zum Beitrag von Joste? Im Inhaltsverzeichnis des Jahrbuchs von 1895 ist kein Beitrag von Joste angegeben. Oder ist das Niederdeutsche Jahrbuch noch ein anderes als das Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung?
Und was ist bei Gahlen anders als bei Dorsten? Gahlen ist laut unserem Artikel im Jahr 900 ersterwähnt. Woher wissen wir, dass es definitiv fränkisch war? Und der wahrgenommene Gegensatz zwischen Gahlen und Dorsten, was beweist der? Wenn der Gegensatz tatsächlich besteht und Gahlen fränkisch ist, dann würde das ja eher dafür sprechen, dass die alte Stammesgrenze relevant ist. Was ich mir aber eher vorstellen könnte: Könnte es sein, dass die Dialektgrenze zwischen dem Westmünsterländischen und dem Rest-Westfälischen zwischen den Orten verläuft? Ich habe das jetzt noch nicht eingehend am DIWA überprüft, aber es würde von der Lage der Orte wohl passen.
Du wirfst mir ja auch ständig mangelnde Beweise für historische Kontinuität vor. Bestehen denn Beweise, dass es in Dorsten eine historische Kontinuität von den fränkischen Gräbern bis heute gab?
Zu den dtv-Atlas-Karten: Wir wissen nicht genau, auf welcher Basis die Autoren diese Karten erstellt haben. Das ist auch der Grund, warum ich mich eher auf Primärdaten wie DIWA oder MAND verlasse und selber versuche das Vorgefundene zu bewerten, als dass ich mich auf solche Sekundärkarten verlasse, die schon durch die persönlichen Interpretationen des Erstellers vorgeprägt sind.
Wenn wir aber an Deiner Theorie festhalten, gäbe es nur zwei Möglichkeiten für diese Abweichungen: die Grenze des altsächsischen Stammesgebietes ist nicht eindeutig zu bestimmen oder die Dialektgrenzen haben sich verschoben. Meine Theorie nimmt alle Gebiete aus, in denen durch subjektiv wahrgenommenen Überlegenheit einer Sprachform per Sprachwechsel eine andere Sprachform ersetzt wurde. Wie es in Schleswig mit dem Dänischen passierte, in den Frieslanden mit Friesisch und im Osten mit den slawischen, prußischen und baltischen Sprachen. Und oben habe ich ja schon angedeutet, dass ähnliches mit den nicht-sächsischen Bewohnern des Zuiderzeerands geschehen sein könnte. Jedenfalls wäre mir nicht bekannt, dass es Beweise für eine Präsenz von Franken in dieser Region gibt.
Zu den unger-Belegen: Für Unterrieden gibt es von 856 an über ein Dutzend Belege für Namensformen mit g. Erst 1525 wird erstmals eine Form ohne g verwendet. Offensichtlich unter Einfluss der stärker überregional geprägten Druckersprachen und nicht weil sich irgendwas am Dialekt geändert hat. Wir können also davon ausgehen, dass das g hier in Nordhessen all die Zeit durch fest etabliert war. Ich weiß wirklich nicht, was da jetzt ein Hochzeitsgedicht aus Mecklenburg zeigen soll. Das ist doch ein roter Hering. Ich denke, die Belege für Unterrieden beweisen, dass das g in Hessen alt ist (wenn du anhand dieser Belege trotzdem meinst, das sei unzureichend nachgewiesen, dann gebe ich auf). g aus altem d ist eine Neuerung. Eine Neuerung, die vom Niederdeutschen heute nicht geteilt wird. Es gibt keinen Lautwandel, der eine Veränderung von früherem niederdeutschen unger zu heute geltendem niederdeutsch unner erklären würde. Daraus schließe ich, dass niederdeutsch niemals unger gegolten hat. Wenn du was anderes denkst, dann solltest du belegen, dass im 9. Jahrhundert im südlichen Niederdeutschen unger gegolten hat. Denn das war ja meine Aussage, dass diese Isoglosse im 9. Jahrhundert schon bestand. --::Slomox:: >< 22:00, 8. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Als Ersterwähnung lese ich dort "Ungrotun". Die Frage ist da doch, ob das überhaupt mit "unter" vereinbar und nicht spätere Umdeutung ist. Die nächsten Nachweise sind auch nicht unbedingt mit "unter" in Verbindung zu setzen "Ungerod, Ungerodet", dort aber ist zumindest d wieder vorhanden. Anhand des Namens kann ich hier also nicht wirklich eine Kontinuität erkennen, zumal später d und g munter wechseln, möglicherweise begann man damals, den Namen umzudeuten. Oberrieden besaß diesen Namenszusatz nämlich anfangs nicht und hieß bereits um 1150 Riden (bei Unterrieden wechseln hingegen Endung und Vokal zwischen o, e und i), 1246 hieß Unterrieden beispielsweise Uncherede. "Ober Rieden" ist erst 1747 belegt neben "Unter Rieden". Edward Schröder vermutet 1944 übrigens eine solche Umdeutung in seiner "Deutschen Namenkunde" (S. 287), demnach sei der Name aus "Un-gereden mißgedeutet worden, "und es ist wieder der dritte Fall der Mehrzahl zu un-gerede (oberdeutsch un-gerœte oder auch ungereite), was 'ungenügende Ausrüstung', magelhafte Vorbereitung' bedeutet." Es gibt noch weitere Deutungen, z. B. "Rodung", da es auch als "Ungeroden" überliefert ist. Allein aus einer lateinischen Urkunde läßt sich nicht herauslesen, welche Morpheme hier zugrunde liegen.
Was das NdJb betrifft, da habe ich mich sträflicherweise verschrieben: Jostes in NdJb 11 (1885), S. 96.
Und was ist bei Gahlen anders als bei Dorsten? Gahlen ist laut unserem Artikel im Jahr 900 ersterwähnt. Woher wissen wir, dass es definitiv fränkisch war? Ich zitiere mal Jostes, dessen Ausführungen vor dem Wenker-Atlas entstanden sind: "Zwischen Dorsten und Gahlen bildet ein Mühlenbach eine scharfe Sprachgränze! Aber man sieht es noch jetzt den Leuten an, dass er auch Stammesgränze bildet." Eigentlich gehört Gahlen aber zum Westfälischen...
Ich weiß wirklich nicht, was da jetzt ein Hochzeitsgedicht aus Mecklenburg zeigen soll. Das ist doch ein roter Hering. Das war nur ein Beispiel. Ich verweise auf Lasch, Mnd. Gr., S. 168 und Lasch, Ausgewählte Schriften, S. 385 f., dort kannst Du etwas über -nj- erfahren, daß eben über das gesamte nd. Sprachgebiet verteilt war, teilweise ging dieses wie gesagt in <ng> über (ich spare mal an dieser Stelle Nachweise aus, ich kenne aber welche aus Westfalen, Pommern, Glücksstadt usw.). Damit kommen wir zu Deiner Frage Es gibt keinen Lautwandel, der eine Veränderung von früherem niederdeutschen unger zu heute geltendem niederdeutsch unner erklären würde. Literaturhinweis: Teuchert, NdJb 82 (1959), S. 213, der folgenden Wandel ansetzt (allerdings entgegen Lasch): nd > nj > nn (zuerst in den Städten). Übrigens: Schau Dir mal die Karte zu "unten" an, dann wirst Du feststellen, daß auch "ungen" keinen Beleg für eine Stammesgrenze liefert, anscheinend handelt es sich auch hierbei um eine spätere Entwicklung, denn wieso erfaßt es auch nd. Sprachgebiet? Folge ich Deinem Argument, müßten machen/maken-linie und unnen/ungen-Linie zusammenfallen, das tun sie aber nicht. Stattdessen hast Du wie bei "alt" mehrere kleinere Gebiete mit unterschiedlichen Formen, sowohl im nd. als auch fränkischen Sprachraum. Im Osten reicht "ung" sogar recht weit in den nd. Sprachraum hinein. ng kann damit also nicht als "hessisch" oder gar "fränkisch" bezeichnet werden, ebensoweinig wie "ald".
Bestehen denn Beweise, dass es in Dorsten eine historische Kontinuität von den fränkischen Gräbern bis heute gab? Da muß es doch keine Kontinuität bis heute geben. Es geht ja um die Stammesgrenzen. Wichtig ist dann nur, daß der Ort eine gewisse Zeit unter fränkischem Einfluß stand.
Meine Theorie nimmt alle Gebiete aus, in denen durch subjektiv wahrgenommenen Überlegenheit einer Sprachform per Sprachwechsel eine andere Sprachform ersetzt wurde. Nur kannst Du das eben nicht für jedes Gebiet eindeutig bestimmen.
Wenn du was anderes denkst, dann solltest du belegen, dass im 9. Jahrhundert im südlichen Niederdeutschen unger gegolten hat. Denn das war ja meine Aussage, dass diese Isoglosse im 9. Jahrhundert schon bestand. Selbst wenn wir nun annähmen, daß Ungrotun ein Hinweis auf "unger" wäre (was ich eben bezweifele), müßte ich das nicht. Damit hättest Du einen Ort, mehr nicht. Das keinesfalls ein Hinweis auf eine Isoglosse. Ich übertrage Dein Beispiel mal: Ich könnte beispielsweise für diverse Orte Mecklenburgs anhand des Wenkeratlas nachweisen, daß in einigen Orten "veir" gesprochen wurde, nur hat sich diese Grenze eben verschoben. Wenn es damals bereits ein "unger" gab, kannst Du kaum ermessen, wo dessen Grenze lag, die kann sich nämlich auch verschoben haben (wir reden hier nicht von 100 Jahren, sondern 1000 Jahren Zeitunterschied). Wenn ich mir nun die Karte "unten" anschaue, so stimmt sie bei Niederrieden mit der machen/maken-Linie überein, etwas weiter westlich aber schon nicht mehr. Dafür gebe es mehrere Erklärungen: a) "ungen" ist nach Norden vorgedrungen b) "ungen" ist nach Süden verdängt worden. Ältere Dokumente geben darüber jedoch kaum Aufschluß. Die Verbreitung von "ungen" zeigt jedoch, wie bereits erklärt, daß es im Nd. ebenso anzutreffen ist.
Das ist auch der Grund, warum ich mich eher auf Primärdaten wie DIWA oder MAND verlasse und selber versuche das Vorgefundene zu bewerten, als dass ich mich auf solche Sekundärkarten verlasse, die schon durch die persönlichen Interpretationen des Erstellers vorgeprägt sind. Nur gibt es für die Zeit um 1000 keine Wenkerkarten, auch für die um 1400 nicht. Du mußt also irgendein Vergleichsmaterial haben. Die Karten im dtv-Atlas sind historische Karten, der Wenker-Atlas endet an der deutschen Grenze. Die Grenzen im Atlas sind wiederum auch Interpretationen der Kartenersteller, die für "käum" in Mecklenburg stimmt übrigens überhaupt nicht, wie Jacobs schon in den 1920er Jahren feststellen mußte (viel zu weit westlich). Gerade auch die Methodik ist übrigens immer wieder in Frage gestellt worden, der Wenkeratlas ist also nicht völlig unumstritten wie jedes andere Kartenwerk auch.
Und oben habe ich ja schon angedeutet, dass ähnliches mit den nicht-sächsischen Bewohnern des Zuiderzeerands geschehen sein könnte. Das stimmt dann aber mit Deiner eingangs aufgestellten Behauptung, die Trennung von Fränkisch und Nd. folge Stammesgrenzen, nicht wirklich überein. Offensichtlich gab es dann ja möglicherweise doch Verschiebungen.
Was wir vor allem feststellen können, ist folgendes: viele der heute bestehenden Unterschiede zwischen Fränkisch und Nd. beruhen eben nicht auf Stammesgrenzen, sondern sind wohl erst viel später entstanden. Die Ortsnamen helfen nur bedingt weiter, weil nicht immer feststeht, was sie eigentlich bedeutet haben, es sind eben auch Umdeutungen möglich. Selbst bei der Einheitsplurallinie kann man das Alter nicht genau für jede Region bestimmen, geschweige denn, wo es eine Grenze um 1000 gab. Im Nd. haben wir sogar einen Paradigmenwechsel in einigen Regionen. Aber diese Einheitsplurallinie ist die einzige Möglichkeit, Andfrk. und As. voneinander zu trennen. Als Trennlinie für beide Sprachen dient eine politische Grenze, die keinesfalls in jedem Punkt sicher, sondern nur angenommen wird (z. B. anhand von archäologischen Ausgrabungen, z. B. Gräbern). Wir wissen noch nicht einmal, ob überhaupt diese angenommene Territorialgrenze und die Sprachgrenze übereinstimmen. Die Grenze im Wenkeratlas weicht bei der Einheitsplurallinie z. T. von dieser alten Grenze ab (z. B. eben bei Gahlen). Was wir allenfalls sagen können, ist, daß es wohl Kernräume gab, die wir einer Sprache zuordnen können.--IP-Los 01:00, 9. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Bisher ging die Diskussion hier immer so, dass ich gesagt habe, so und so könnte es sich vermutlich abgespielt haben und du hast versucht, meine Belege auseinanderzunehmen. Literatur kennst du ja genug, vielleicht präsentierst du mal das Gegenmodell, wie das heutige Plattdeutsch entstanden ist.

Denn dass Plattdeutsch weiträumig geltende Gemeinsamkeiten hat, dass ist ja offensichtlich. Wenn man also ablehnt, dass die Sprache um 800 bereits eine Sprache war, dann muss man ja ein Modell haben, um diese Gemeinsamkeiten zu erklären. Oben schreibst du von mittelalterliche Territorien und Siedlungsbewegungen. Bei den Siedlungsbewegungen stimme ich zu. Aber diese Siedlungsbewegungen haben ja nur im Osten stattgefunden, während im Bereich der Südgrenze das Land weitgehend aufgeteilt war. Territorien hatten insofern Einfluss, dass sie die Siedlungsbewegungen lenkten, denn jeder Fürst hat den Landesausbau natürlich nur in seinem eigenen Territorium vorangetrieben. Im Süden aber, das hab ich oben ja schon geschrieben, verläuft die Grenze seit mindestens 1400 quer durch verschiedene Territorien (und zwar ohne, dass sich die Grenze in den 600 Jahren seitdem an die neuen Territorialgrenzen angepasst hätte). Falls es also vor 1400 solch extrem wichtige Territorialgrenzen gegeben haben soll, dann müsste sich das nachweisen lassen. Ich bezweifel allerdings, dass sie existiert haben.

Was also ist das Gegenmodell? --::Slomox:: >< 20:10, 13. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Wenn man also ablehnt, dass die Sprache um 800 bereits eine Sprache war das habe ich ja nie geschrieben und auch nie so gemeint. Es ging lediglich um die Grenze. Du hast behauptet, daß die heutigen Grenzen auf Stammesgrenzen zurückgehen und das bewiesen sei. Ich habe geschrieben, daß diese auf Territorialgrenzen beruhen (so findest Du das in der Literatur). Das ist etwas ganz anderes. Es geht also nicht um ein Modell, wie das Niederdeutsche als Sprache entstanden sind, sondern wie alt die Grenzen bestimmter nd. Dialekte gegenüber denjenigen der fränkischen sind.
Im Süden aber, das hab ich oben ja schon geschrieben, verläuft die Grenze seit mindestens 1400 quer durch verschiedene Territorien Entschuldigung, aber genau das hast Du nicht: der Artikel sagt, dass der Hessengau durch teilweise sächsische Eroberung in einen sächsischen und einen fränkischen Teil zerfiel. Da gab es ja zwei Territorien. Ich habe dann erklärt, daß diese Grenzen aber nicht immer übereinstimmen, siehe mein Beispiel Gahlen. Ich habe ferner erläutert, daß die Grenze im Westen zu den Franken teilweise nur angenommen wird und deshalb sogar unterschiedliche Theorien über die Verbreitung von Franken und Sachsen herrschen. Nochmals: damit ist ja nicht gesagt, daß As. keine Sprache war, es geht lediglich um die Grenze. Und daß Sprachgrenzen sich verschieben, ist ja nun in der Geschichte schon mehrfach vorgekommen. Deine Unterscheidungskriterien sind allesamt sehr interessant, verdeutlichen aber auch das Problem, was ich hier skizziert habe: viele Eigentümlichkeiten der heutigen Dialekte sind eben nicht entstanden, als sich die Stämme niedergelassen haben, sondern erst viel später. Gerade Dein Beispiel "unger" zeigt das ja sehr schön. Was Du als uraltes Unterscheidungskriterium ansetzt, ist eben äußerst unsicher, da -ng- laut Wenkerkarte auch in nd. Dialekten üblich ist. Einzige Möglichkeit im Süden sicher zu entscheiden, ist die Lautverschiebungsgrenze (deren sicheren Verlauf wir vor 1900 gar nicht kennen), gehen wir weiter nach Westen, treffen wir auf das Ndfrk., wo dieser Unterschied dann auch noch wegfällt. Das einzige Merkmal, nach dem man hier bei den ältesten Sprachstufen unterscheiden kann, ist die Einheitsplurallinie, bei der es aber Schwierigkeiten gibt, da das Mnd. beispielsweise nicht nur -t, sondern eben auch -en kannte. Ob dieser Unterschied schon vorher bestand, läßt sich nicht sagen, noch, wo die Einheitspluralinie um 900 verlief. --IP-Los 21:37, 13. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Anders ausgedrückt, gibt es also kein Gegenmodell. --::Slomox:: >< 22:51, 13. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Was für ein Modell denn? Es geht hier lediglich um Grenzen. Und da können wir eben feststellen: deren Verlauf stimmt nicht überall mit den Stammesgrenzen überein. Die Eigentümlichkeiten der Dialekte (also der hd., nd., ndl.) haben sich dann größtenteils herausgebildet, als die Völker seßhaft wurden. Für deren Grenzen gibt es unterschiedliche Faktoren. Das kannst Du an "ungen" eben erkennen, das nicht mit der Lautverschiebungsgrenze übereinstimmt, auch am "ge"-Präfix, usw. --IP-Los 14:49, 14. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Ein Modell, das erklärt, warum das Plattdeutsche heute so existiert. Man kann natürlich immer leicht Beispiele finden, bei denen der sichere Grenzzug zwischen zwei Sprachformen versagt. Aber blenden wir die Grenzen und deren Grenzsaum mal aus. Es gibt dutzende Beispiele für sprachliche Merkmale, die für 95% aller plattdeutschen Dialekte gelten und die für 95% der hochdeutschen oder 95% der niederfränkischen Dialekte nicht gelten. Plattdeutsch bildet eine Einheit. _Warum_ bildet Plattdeutsch eine Einheit und - zu den Grenzen zurückkehrend - warum hat diese Einheit gerade diese Grenzen? Dafür muss es ja eine Erklärung geben. --::Slomox:: >< 20:27, 14. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Wenn Du das zweifelsfrei klären könntest, dann würdest Du sicher in die Wissenschaftsgeschichte eingehen ;-) Übrigens gibt es aber auch dutzende von Beispiele, die für alle nd., fränkischen und hd. Dialekte gelten - oder zumindest für einen Teil von ihnen. Alleine schon die hohe Übereinstimmung in der Lexik. Warum sich eben Unterschiede herausbilden, ist nicht immer einwandfrei zu klären. Warum sagt man an einem Ort "käum", am anderen "keem"? Warum geht die Grenze der Pluraleinheitslinie durch Mecklenburg und nicht entlang der Grenze? Offensichtlich gibt es da Faktoren, die man mutmaßen kann, aber jetzt zweifelsfrei zu erklären, warum das so ist, wird wohl kaum möglich sein. Jacobs hat beispielsweise unterschiedliche Aussprachen für "Pferd" im Südwesten Mecklenburgs bei ein und derselben Familie festgestellt, obwohl diese schon seit langem im Ort ansässig war. Sprachlichen Wandel (oder eben Nichtwandel) zu erklären ist oftmals spekulativ. Eine der Gründe, die Menke ja anführt (ganz zu Recht, wie ich meine), das Neund. weiterhin als Sprache zu betrachten (und nicht nur die Sprachstufen davor), ist ja eben, daß es einen Kernraum gibt, der gemeinsame Merkmale aufweist. Wie alt diese Merkmale im Einzelnen sind, muß wohl en détail untersucht werden. Einige Erscheinungen sind recht alt, d. h. gab es schon in as. Zeit, andere sind jünger, erfassen aber dennoch fast das gesamte Gebiet (z. B. der Abbau des Kasussystems).--IP-Los 22:45, 14. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Dass die Idiolekte selbst von Mitgliedern ein und derselben Familie sich unterscheiden, das mag stimmen. Das stimmt sogar ganz bestimmt. Aber das hilft uns nicht weiter. Wenn du das ganze auf einem so hohen Komplexitätsniveau betrachtest, dann kommst du nur mit Chaostheorie weiter. Bzw. du kommst gar nicht weiter, weil das Chaos unüberblickbar groß ist. Erkenntnis ist nur möglich, wenn man sich nicht ins Chaos stürzt, sondern aus dem Chaos heraus Strukturen abstrahiert.
Und je nach Komplexitätsniveau eines Fakts lassen sich sehr unterschiedliche Erkenntnisse aus diesem Fakt gewinnen. Die Tatsache, dass Niederdeutsch, Niederfränkisch, Friesisch und Hochdeutsch jede Menge gemeinsame Merkmale haben, ist völlig ungeeignet, um die Beziehungen dieser Sprachformen untereinander näher zu bestimmen. Diese Tatsache ist aber gegebenfalls geeignet, um Feststellungen zum Kontinentalwestgermanischen zu machen. --::Slomox:: >< 01:58, 15. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Das Problem solcher Abstraktionen ist ja, wie Du schon geschrieben hast, daß dadurch unterschiedliche Ergebnisse möglich sind, das betrifft dann heute sogar die Einordnung des Neuniederdeutschen (dort kommt es eben darauf an, worauf Du die Akzente setzt). Das eigentliche Problem - und deshalb habe ich die Gemeinsamkeiten angesprochen - ist ja, daß wir nicht wissen, warum einige Wandel in einigen Sprachen/Dialekten eingetreten sind, bei anderen Sprachen/Dialekten wiederum nicht. Deshalb habe ich ja auch das "Pferde"-Beispiel angeführt, da dort selbst Jacobs keine schlüssige Antwort geben konnte. Auf irgendeiner Grenze kann es jedenfalls nicht beruhen. Die zweite LV stoppte ja nicht nur beim Nd., sondern auch beim Ndfrk., machte also im letzten Fall nicht mal bei einem bestimmten Stamm Halt.
Die Tatsache, dass Niederdeutsch, Niederfränkisch, Friesisch und Hochdeutsch jede Menge gemeinsame Merkmale haben, ist völlig ungeeignet, um die Beziehungen dieser Sprachformen untereinander näher zu bestimmen. Das stimmt nicht. Nehmen wir dazu mal das Wort "Zeeg". Dieses wurde ins Nd. importiert und ersetzte das alte "get", die Entsprechung des hd. "Geiß". Gerade hier kannst Du ja Beziehungen zwischen den Sprachen erkennen, die genauso wichtig sind. Das betrifft dann auch Wörter wie "Zeitung", "Schnauze" (aus dem Nd.) oder spätmnd. "Tel", "telen" (Übernahme der hd. "Ziel" und "zielen"). Solche Vorgänge sind für die Sprachgeschichte ebenso wichtig und formten das heutige Nd. wie einige Eigenschaften des As. Das Reflexivpronomen "sick" ist eben auch kein ererbtes as. Gut, sondern Übernahme aus dem Hd. Selbst nd. Wörter wie "trecken" und "pedden" (perren) sind erst viel später nachweisbar. Wenn Du also eine so allgemeine Frage wie "Warum existiert das Plattdeutsche heute so?" beantworten willst, mußt Du auch auf die Gemeinseimkeiten zu Nachbarsprachen eingehen und untersuchen, wie diese entstanden sind, d. h. auf (kontinental-)westgermanischen Wurzeln beruhen oder eben erst später eingeflossen sind. Nun kannst Du die Abstraktionsebene natürlich sehr niedrig ansetzen, einfach die LV-Linie nehmen und die Einheitsplurallinie und sagen, das sei Nd., nur gibt es eben auch viele Phänomene (eben auch typisch niederdeutsche), die erst später entstanden sind und mit dieser einfachen Formel nicht zu beantworten sind. Warum also das Nd. heute so ist, wie es ist, beruht eben auf noch weiteren Entwicklungen.--IP-Los 14:30, 15. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Amtssprache

Wie lange (und wo) wurden die Amtsdokumente in Norddeutschland in Niederdeutsch verfasst? Gibt es dafür Belege?--Warboerde 11:59, 15. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Das läßt sich leider so pauschal nicht sagen, da der Zeitpunkt, zu dem die Kanzleien zum Hochdeutschen übergingen, regional unterschiedlich war. Hinzu kommt auch, daß die Sprache je nach Angelegenheit und Adressat wechseln konnte. In Mecklenburg erfolgte der Übergang im 16. Jh., siehe das Zitat aus der "bursprake" oben. Zur etwa selben Zeit (1572) gab es in Rostock aber auch noch eine Lohnverordnung für Tischler, Zimmerleute, Maurer usw., die auf Nd. verfaßt worden war. Gryse schrieb noch 1604 mit der "Leien Bibel" eine Abhandlung auf Nd. (das war natürlich kein amtliches Dokument). Handwerkerrechnungen aus dieser Zeit weisen immer noch starke nd. Elemente auf. Deutlich ist das auch an einem Brief eines Tischlers, der zu einem Prozeß gegen ihn in Wismar Stellung bezieht und sich entschuldigt, daß er nicht vor Gerichte erschienen war, "Den es ist meine tidt vnde gelegenheidt nicht gewesen, dat ich konde fortkamen." Anhand privater Korrespondenz ist dieser Wechsel auch an neun Frauenbriefen nachvollziehbar, die Grotefend in den Meckl. Jahrbüchern, Bd. 60, 1895 herausgegeben hat (S. 184 - 198). Interessant in diesem Zusammenhang sind auch die Kirchenordnungen. 1540 war noch auf nd. herausgekommen, 1552 auf hd., jedoch gab es 1557 nochmals eine nd. Übersetzung. Steinmann gibt an: "Aus dem Jahre 1542 haben wir 11 hochdeutsche gedruckte Landtagsausschreiben und Steueredikte. 1543 sind 2 Landtagsausschreiben hochdeutsch, 1 niederdeutsch. Aus dem Jahre 1544 fanden sich 2 hochdeutsche Landtagsausschreiben und 1 hochdeutsches Türkensteueredikt vor. Aus dem Jahre 1545 2 hochdeutsche und 1 niederdeutsches; letzteres vom 14. September. Es ist das letzte gedruckte niederdeutsche Landtagsausschreiben in Mecklenburg. Die beiden letzten handschriftlich aus den beiden herzoglichen Kanzleien an Rostock ergangenen niederdeutschen Schriftstücke sind vom 4. Oktober 1542." (Meckl. Jahrbücher, Bd. 101, S. 171 f.). Für den Übergang in Mecklenburg gibt es diverse Monographien, die das eingehender behandeln. In Stettin ist noch 1690 eine nd. Übersetzung der hd. Kirchenordnung erschienen, allerdings steht diese ansonsten allein in dieser Region.--IP-Los 15:11, 15. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Das Lübecker Oberstadtbuch soll noch bis 1809 niederdeutsch geschrieben worden sein. --::Slomox:: >< 18:57, 16. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Gut, daß Du darauf noch hinweist, das hatte ich leider vergessen. von Polenz gibt sehr allgemein an: "Letzte Ausläufer der alten niederdeutschen Schriftsprachkultur finden sich in Ostfriesland und in Bergen (Norwegen) bis um 1700. Das Lübecker Oberstadtbuch (Grundbuch) ist noch bis 1809 niederdeutsch geschrieben, der Hamburger Bürgereid(von 1483) noch bis 1844 auf Niederdeutsch geleistet worden." In der Ausgabe des Buches von Rehme ist der letzte nd. Eintrag von 1804: "De p. t. Öldesten und Deputerden der Bruver-Zunft hebben geköft van Johann Matthias V. de by sienem Rohd-Bruv-Huese in der Fischergroven belegen bether befindlick gewesene Mült- und Bruv-Gerechtigkeit, welcke se mit Inwilligung der Pandhebber der Vörstehere vom Hasen-Hof seeligen Jungfr. Anna Dorothea L. Erven und Domini Licentiati C. in cura absentis Jochim W. lut deren Consens-Schiene Ersteren to Rahde verlaten" usw. --IP-Los 23:17, 16. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Danke für die Info.--Warboerde 10:59, 22. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

UNESCO Rotbuch

Gestern, Sonntag, den 21. Feb. war übrigens Internationaler Tag der Muttersprache. Niederdeutsch steht auf der Liste im UNESCO-Rotbuch für bedrohte Sprachen. Niederdeutsch wird dort als potentiell bedroht Sprache eingestuft. Es wäre interessant zu erfahren, auf welcher Basis diese Bewertung zustande gekommen ist? In manchen Gegenden des Niederdeutschen Sprachraums ist die Sprache schon ernsthaft bedroht. Ist diese Bewertung ein Abschnitt im Artikel wert?--Warboerde 10:59, 22. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Ohne jetzt die Quellen der UNESCO zu kennen - da gibt es die ältere GETAS-Umfrage (1984) für die Bundesrepublik, wo sich der Rückgang bereits andeutet. Eine Auswertung hat Dieter Stellmacher in Wer spricht Platt?, Leer 1987 vorgenommen, zumeist wird auf diese Ergebnisse zurückgegriffen.--IP-Los 02:26, 23. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]
Die aktuellsten Zahlen stammen aus der 2007-Umfrage des INS. Eine vollständige Auswertung gibt es dazu meines Wissens noch nicht. Aber einige der Zahlen stehen hier. Mehr zu Sprecherzahlen unter nds:Plattdüütsch#Sprekertall.
Aber ich denke mal, die wichtigste Quelle ist das offensichtliche. Wer Norddeutschland früher erlebt hat, und Norddeutschland heute erlebt, für den ist es offensichtlich, dass Plattdeutsch - sofern sich nicht grundlegend etwas ändert - ausstirbt. Insofern ist die Sprache nicht "bedroht", sondern moribund. --::Slomox:: >< 03:38, 23. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Den Hinweis auf Walter Rothenburg / Wero unter Niederdeutsche Sprache##Bedeutende niederdeutsche Dichter und Schriftsteller hat Slomox herausgenommen mit dem Hinweis: ich denke nicht, dass er unter die bedeutendsten Schriftsteller qualifiziert. Es geht nicht darum. was Slomox in verquerem Hochdeutsch denkt, sondern was Tatsache ist. Walter Rothenburg gehört zu den bedeutenden Liedtextern in Plattdeutsch des 20. Jhd. Kein anderer hat im 20. Jhd. so viele bedeutende Liedtexte in Plattdeutsch verfasst. Als Beispiele nenne ich An de Eck steiht`n Jung mit`n Tüdelband, An de Eck von de Steenstrot und Hamborger Fährjung. Wer wird heute in plattdeutsch mehr gesungen? Ich habe Walter Rothenburg wieder eingesetzt.--Freundlicher 08:40, 24. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

"An de Eck steiht`n Jung mit`n Tüdelband" - wenn Du das Lied meinst, an das ich denke ("Een echt Hamborger Jung") - das stammt aber ursprünglich von den Gebrüdern Wolf. --IP-Los 23:33, 25. Feb. 2010 (CET)[Beantworten]

Irreführende nationalistische Sprachenkarte

Sprachenkarte von Deutschland, 1880. Auf dieser Karte werden - in Übereinstimmung mit dem damals im Deutsche Reich herrschenden nationalistische Zeitgeist[1] - nicht nur generell Sprachen und Völker gleichgesetzt und deshalb auch Völker statt Sprachen abgebildet[2], sondern die Einwohner der Niederlande und Nordbelgiens aufgrund ihrer mit derjenigen der Einwohner Norddeutschlands gleichgesetzten Sprache kurzerhand zu "Nieder-Deutschen" erklärt und damit einem Sub-Ethnos der Deutschen einverleibt. In älteren Karten mit ansonsten vergleichbarem Inhalt war dies noch anders: In der ersten Ausgabe von Karl Bernhardis Sprachkarte von Deutschland von 1844 wurde Deutsche Sprache in Übereinstimmung mit dem Sprachgebrauch Jacob Grimms[3] als Bezeichnung für die Germanischen Sprachen insgesamt verwendet und in den hochdeutschen Sprachstamm, den niederdeutschen Sprachstamm und den nordischen Sprachstamm eingeteilt; auf der Karte wurden die Verbreitungsgebiete von Sprachen und Mundarten angegeben, noch nicht die von Völkern, entsprechend wurden in der Beschriftung hochdeutsche Mundarten, niederdeutsche Mundarten und nordische Mundarten unterschieden; die niederdeutschen Mundarten wurden alle in der gleichen Frabe abgebeildet, jedoch durch die Beschriftung wiederum in Niederländisch, Friesisch und Sassisch unterteilt, wobei das Glottonym Niederländisch gut sichtbar im Raum zwischen Brügge und Arnheim geschrieben stand.[4] In Heinrich Kieperts Völker[-] und Sprachen-Karte von Deutschland und den Nachbarländern von 1872 wurden Völker statt Sprachen abgebildet und die Deutschen in oberdeutsche, mitteldeutsche und niederdeutsche Stämme unterteilt, parallel dazu wurde jedoch das Gebiet mit nur hochdeutscher Schriftsprache von dem des zu den niederdeutschen Stämmen gezählten flämisch-holländischen [Stammes] mit Dialect-Schriftsprache auch farblich abgesetzt.[5][6] In der hier abgebildeten Karte von 1880 sind nur noch die Staaatennamen Niederlande und Belgien und eine kleinerer Schriftzug Vlämingen im Norden Belgiens vorhanden, jeder Hinweis auf eine sprachliche Eigenständigkeit dieser Gebiete wurde getilgt.
  1. Vgl. zu selbigem mit Bezug auf die Perzipierung des Niederländischen: Ulrike Kloos: Niederlandbild und deutsche Germanistik 1800 - 1933 : ein Beitrag zur komparatistischen Imagologie. Amsterdam [u. a.] : Rodopi, 1992. (Studia imagologica ; 04). S. S. 12-13, 98 ff., 128 ff.
  2. Vgl. zu dieser Sitte U. Kloss, op. cit., S. 77.
  3. Vgl. zu diesem U. Kloss, op. cit., S. 18-2877.
  4. Vgl. die Reproduktion der Karte bei Morgane Labbé: Les usages diplomatiques des cartes ethnographiques de l’Europe centrale et orientale au XIX siècle. In: Genèses. N° 68, 2007 (Dossier : Gouverner par les cartes), S. 25-47; hier S. 27. Eine schlechtere Abbildung derselben Kaate auch bei Morgane Labbé: Die Grenzen der deutschen Nation. Raum der Karte, Statistik, Erzählung. In: Die Grenze als Raum, Erfahrung und Konstruktion : Deutschland, Frankreich und Polen vom 17. bis 20. Jahrhundert. Hg. von Etienne François u.a. Frankfurt am Main [u.a.] : Campus, 2007. S. 293-320; hier Anhang nach S. 320.
  5. Vgl. http://www.lib.uchicago.edu/e/su/maps/kiepert/G6081-E1-1872-K5.html
  6. Heinrich Kieperts ältere Nationaliäts-Karte von Deutschland von 1848 ist bei Morgane Labbé: Die Grenzen der deutschen Nation. Raum der Karte, Statistik, Erzählung. In: Die Grenze als Raum, Erfahrung und Konstruktion : Deutschland, Frankreich und Polen vom 17. bis 20. Jahrhundert. Hg. von Etienne François u.a. Frankfurt am Main [u.a.] : Campus, 2007. S. 293-320, zwar im Anhang nach S. 320 auch mit abgedruckt, aber zu undeutlich, als dass die Beschriftung lesbar wäre.

Wenn du in Niederdeutsche Sprache die seit Jahren im Artikel vorhandene Karte durch eine andere ersetzen willst, die im Grunde exakt dasselbe zeigt, nur mit marginal anderen Bezeichnungen, dann starte auf der zugehörigen Diskussionsseite eine Diskussion dazu und präsentiere dort die gewichtigen Argumente für die Änderung. Erst die Karte mit einem vagen "korrekter" auswechseln und bei Widerspruch auf eine 12 Kubikmeter große Nationalismus-Debatte verweisen, die nur dann echte Argumente für die Änderung liefert, wenn man sie von vornherein finden will, das funktioniert nicht. --::Slomox:: >< 18:27, 10. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]

In der „12 Kubikmeter großen Nationalismus-Debatte“ ging es allerdings um ebendiese Karte. Die Argumente für die Änderungen waren offenbar überzeugend, schließlich wurde die Karte als unbrauchbar entfernt. Wenn Du auf eine ebensolche Diskussion beim Niederdeutsch-Artikel bestehst, bitte sehr, aber bitte dort. -- Otberg 21:10, 10. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]

Übertrag von meiner Diskussionseite. Ende -- Otberg 21:10, 10. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]

Wer keine Lust hat die „12 Kubikmeter große Nationalismus-Debatte“ zu lesen hier nochmals Argumente gegen die Sprachenkarte:

Auf der Karte aus dem vorvorigen Jahrhundert werden Niederländer und Flamen fälschlich als Deutsche darstellt. Die Karten vermitteln den falschen Eindruck die Niederlande und Belgien wären zu der Zeit von Deutschen bewohnt gewesen. Das ist National-POV pur und daher unbrauchbar.

Dass sie fehlerhaft ist, wurde in dieser überlangen Bildbeschreibung ausführlich belegt. Es gibt drei Möglichkeiten wie man hier verfahren kann: Diese Karte bleibt, aber mit der langen Bildbeschreibung, die andere Karte oder keine davon wird verwendet. Ich wäre für letzteres.

Die andere Karte die ich als Kompromiss ausgetauscht habe, führt statt der Beschriftung „Niederlande“ die Beschriftung „Niederländer“, die Grenze ist deutlicher, dadurch haben nicht wie bei der alten Karte über 90 % der Leser den Eindruck die Niederländer wären damals noch Deutsche gewesen. Ungenauigkeiten gibt es bei beiden Karten, ich würde auch nicht sagen, dass die 26 Jahre ältere, abgesehen von dem Hauptfehler, die bessere wäre. Kleinere Fehler in der neuen Karte, stehen fehlenden Informationen in der alten gegenüber. Außerdem ist sie in der Miniaturansicht schärfer und leserlicher. Insgesamt ist es jedenfalls eine deutliche Verbesserung. Wer eine bessere Karte zur Hand hat, nur her damit.

Die sauberste Lösung wäre allerdings, gemäß der ausführlichen belegten Analyse von Benutzer:1001 keine dieser überholten Sprachenkarten hier zu verwenden. -- Otberg 21:55, 10. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]

Wie in der anderen Diskussion von anderen bereits dargelegt, handelt es sich um eine Sprachkarte und um eine Sprachkarte der gesprochenen Dialekte. Diese Sprachkarte verwendet den damals üblichen Begriff Niederdeutsch für alle nicht-lautverschobenen Dialekte. Dieser Begriff wurde damals auch von den Niederländern gebraucht und ist auch heute noch üblich (obwohl zu Niederdeutsch im weiteren Sinne heute Niederdeutsch im engeren Sinne in Konkurrenz getreten ist). Im Übrigen stellen die ältere und die jüngere Karte exakt dasselbe dar. Der einzige Unterschied ist, dass der Nordwesten einmal mit "Niederlande" beschriftet ist und einmal mit "Niederländer". Wenn wir streng sind, ist beides falsch. Oder beides richtig, aber beides für eine Sprachkarte von untergeordneter Relevanz. Ich halte diesen Unterschied für marginal. Zu marginal, um deswegen die deutlich weniger detaillierte Karte zu verwenden. Dass Leser einen falschen Eindruck gewinnen könnten (gibt's zu den "über 90 %" eigentlich eine Quelle?), das mag sein, aber das ist nicht der Karte geschuldet, sondern themeninhärent. Es ist unmöglich dieses Thema so darzustellen, dass "über 90 %" der Leser nach Lektüre einen "korrektes" Bild der Lage gewonnen haben. Nicht zuletzt, weil über 90 % der Leser vermutlich mit falschen oder problematischen Voransichten im Kopf an den Artikel herangehen. --::Slomox:: >< 23:23, 10. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich möchte auch nicht die ohnehin schon lange Nationalismusdebatte und den "Zeitgeist" des 19. Jh.s aufgreifen, sondern nur auf Otbergs Vorschlag eingehen:
Wie andere Karte die ich als Kompromiss ausgetauscht habe, führt statt der Beschriftung „Niederlande“ die Beschriftung „Niederländer“, die Grenze ist deutlicher, dadurch haben nicht wie bei der alten Karte über 90 % der Leser den Eindruck die Niederländer wären damals noch Deutsche gewesen. Wenn man sich die Karte genau betrachtet, könnte man auch bei dieser die Niederländer zu den Deutschen rechnen. Die einzige Trennlinie ist die Staatsgrenze, so wie zwischen dem Dt. Reich und Österreich-Ungarn. Viel wichtiger ist die Farbgebung: Die Niederlande und der flämische Teil Belgiens weisen rosa auf, womit die Karte nicht etwa zum Niederdeutschen abgrenzt, sondern - wie Slomox schon erwähnt hat - Niederländer und Flamen zu den "Niederdeutschen" rechnet (was auch immer das nun sein mag), sie gehören ihnen genauso an wie die Niedersachsen und Westfalen. Die Trennung, die Du da ausmachst, Ortberg, ist also gar nicht gegeben. Das läßt sich auch an den "Oberdeutschen" nachvollziehen, ein Teil der Niederländer und Belgier gehören ihnen nämlich an. Auch diese Karte grenzt also nicht ab zwischen Niederdeutsch und Niederländisch.
Kommen wir nun zu Berwertung der Karte: Ich halte sie für noch problematischer, da sie eine Reihe offensichtlicher Fehler enthält bzw. keine klare Abgrenzungen vollzieht, weil hier einfach Dialekte mit Völkern geleichgesetzt werden:
a) Die "Oberdeutschen" reichen bis an die Benrather Linie, nur unterscheidet man heute (aber auch bereits damals) zwischen Mittel- und Oberdeutsch. Das Gebiet der "Oberdeutschen" stellt eigentlich das hochdeutsche Dialektgebiet dar, nicht das oberdeutsche.
b) Fehlende Differenzierung. Sie beruht wohl darauf, daß hier Dialekt- und Stammesbezeichnungen vermischt werden. So wird einfach unterschiedslos eingeteilt in West- und Ostfriesisch, in Schleswig-Holstein finden sich die N-Friesen. Im Gegensatz zum West- und Nordfriesischen war das Ostfriesische damals schon ein niederdeutscher Dialekt. Alle werden übrigens den Niederdeutschen zugeschlagen (als Volk). Die alte Karte macht das auch (daß sie problematisch ist, darüber dürften wir uns einig sein), jedoch beschriftet sie wenigstens "Mittel- & Oberdeutsche". Beide Karten sind aus heutiger wissenschaftlicher Sicht überholt, zumal Dialekte und Stammesbezeichnungen in einen Topf geworfen werden, bzw. um es einfacher zu sagen, Dialektbezeichnungen einfach Grundlage der Stammesbezeichnungen sind, aber wenn nur beide Karten zur Wahl stehen, präferiere ich doch die alte. --IP-Los 00:37, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Wie gesagt ist die neue Karte auch nicht unproblematisch, war aber eine Verbesserung, da sie trotz aller Einschränkungen Niederländer extra bezeichnet. Da hier offensichtlich ein Konsens herrscht, dass diese Karte, schon zur damaligen Zeit veraltet und falsch war (zudem auch noch ausführlich belegt), nehme ich sie jetzt raus. -- Otberg 09:22, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Dieser "Konsens", den du grade festgestellt hast, schließt mich jedenfalls nicht mit ein.
Vielleicht sollten wir uns aber nicht allein auf diese eine Karte konzentrieren, sondern eine Gesamtschau auf die im Artikel verwendeten Karten machen. Im Moment (bzw. bis vor kurzem) werden diese vier Karten verwendet:
Die erste Karte halte ich persönlich noch für die unproblematischste. Was sie darstellt, stimmt alles. Das einzige Problem mit der Karte ist die Frage, ob die darauf verwendeten Beschriftungen die geeignetsten Beschriftungen sind, um Misskonzeptionen über die Aussage der Karte zu verhindern.
Die zweite Karte halte ich für viel problematischer, denn sie akzeptiert einfach die Staatsgrenze als Sprachgrenze.
Die dritte Karte ist allein deshalb schon furchtbar, weil sie ein animiertes GIF ist. Sollte eigentlich ein No-go für Karten sein. Davon abgesehen hat sie einige kleinere Ungenauigkeiten in den Karten, ist aber sonst inhaltlich okay.
Die vierte Karte ist inhaltlich okay (obwohl wieder mit zahlreichen Ungenauigkeiten). Die Karte zeigt auch schön, wie nationalistische Konzeptionen und/oder Konzeptionen der sprachlichen Identität uns beeinflussen. Wieso verschwendet der Autor der Karte eigentlich über 60% der Bildfläche, um Süddeutschland, die Schweiz und Österreich in Einheitsgrau darzustellen, obwohl die Karte sich explizit nur mit dem Niederdeutschen befassen will? Ich denke, da drückt sich subtil die Auffassung aus, dass Niederdeutsch nur Teil eines größeren Ganzen sei, oder?
Was aber ganz besonders auffällt: Keine einzige der vier Karten zeigt das Niederdeutsche in den Grenzen, wie sie der Artikel an sich definiert. Das sollte uns zu denken geben.
Ich würde es also begrüßen, wenn wir die gesamte Kartenbebilderung des Artikels überdenken könnten und vor allem als allererstes im Artikel eine Karte einfügen, die tatsächlich das eigentliche Sprachgebiet zeigt. --::Slomox:: >< 13:32, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Ist mir unverständlich, wie man bei den vielen Belegen und Argumenten dieses Kartenwerk als das „unproblematischste“ bezeichnen kann, auf dem „alles stimmt“. Eigentlich wollte ich nur diesen groben Fehler hier beheben und nicht den ganzen Artikel aufrollen. Denn die Vereinnahmung des Niederländischen bzw. der niederländischen Mundarten als Niederdeutsch wird in der aktuellen Sprachwissenschaft abgelehnt und das sollte in dem Artikel auch so benannt werden. Dann kann man alle Karten, in denen Belgien und die Niederlande (außer Friesisch) aufscheinen, aus dem Artikel entfernen. Karten für ein überholtes Konzept zu suchen oder zu zeichnen erscheint nicht wirklich sinnvoll. -- Otberg 14:50, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Niederdeutsch in dem Sinne, wie es die Karte verwendet, bezeichnet exakt eine einzige Sache: nicht von der hochdeutschen Lautverschiebung betroffen. Und das ist für das Niederländische unzweifelhaft korrekt. Mehr behauptet die Karte nicht. --::Slomox:: >< 16:54, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Bitte lies (noch)mal die ausführliche Kartenlegende von Benutzer:1001 und bestätige Dein Urteil. Auf der Karte gibt es Franzosen, Wallonen, sogar Wenden und „Skandinavier“ (naja) – nur Niederländer wurden leider aus der Geschichte getilgt. Zufall? Glaube ich nicht, ist aber egal, die Karte ist durch diesen Fehler definitiv unbrauchbar. -- Otberg 22:26, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Nette Verschwörungstheorie. Aber wenn du dir die Karte mal aufmerksam anguckst, dann merkst du, dass der Begriff "Franzosen" in der Karte für "Sprecher des Französischen" verwendet wird. Es ist eine Sprachenkarte! Das Gleiche gilt entsprechend für Wallonen, Skandinavier, Wenden etc. Die Gleichsetzung von Ethnonymen mit Glossonymen ist eher unglücklich, aber im Kontext (Sprachenkarte) ist es eigentlich leicht zu verstehen, wenn man es nicht missverstehen will. "Niederländer" fehlt also nicht auf der Karte aufgrund eines pangermanischen, nationaldeutschen Plots, die Niederländer auszutilgen, sondern einfach, weil sie sprachlich gesehen unter "unlautverschoben" <=> "niederdeutsch" fallen. --::Slomox:: >< 22:48, 11. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
1001 schreibt „zu "Nieder-Deutschen" erklärt und damit einem Sub-Ethnos der Deutschen“. Niederdeutsch ist eine Sprache (oder gruppe von Sprachen/Mundarten), die Gleichschaltung mit Ethnos macht 1001, mehr/eher als die Karte. Belege fehlen. -- Erik Warmelink 04:54, 12. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Es ist keine Verschwörungstheorie sondern der völkische Ansatz der damals gerade entstanden ist. Jedenfalls ist die Karte durch das Weglassen der Niederländer unbrauchbar, erst recht in diesem Lemma, unabhängig davon ob diese überhaupt korrekt als Niederdeutsche zu bezeichnen sind. -- Otberg 09:56, 12. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich halte die Vermischung von Sprach-/Dialektbezeichnungen mit Personenbezeichnungen einerseits und rein geographische andererseits für problematisch, denn dadurch wird eigentlich unklar, was die Karte nun überhaupt sein will - Sprachenkarte oder politisch-ethnische? Das Problem wäre aber auch bei der von Otberg vorgschlagenen nicht anders. Der völkische Ansatz, den Du dort aber ausmachen willst, kann dort vorhanden sein, muß es aber nicht. Die Karte will offensichtlich Sprachräume abbilden, aber nicht standardsprachliche (darauf beziehen sich übrigens sämtliche Argumente, die 1001 vorgebracht hat), sondern mundartliche Großräume. Der Begriff Niederländer würfe aber die Frage auf, was damit gemeint ist, eine ethnische Definition, diejenige Sprechergemeinschaft, die Niederländisch als Standardsprache schreibt und spricht, oder diejenige, die eine niederländische Mundart spricht? Gehen wir nun von einer Sprachkarte aus, so wären nur die letzten beiden Definitionen plausibel und beide sind problematisch: 1) ich habe ja bereits auf die gleiche Färbung aufmerksam gemacht, d. h. die Niederländer werden wie die Westfalen usw. zu den "Niederdeutschen" gezählt. Setze ich Definition 2 an, würde das bedeuten, daß die niederländische Standardsprache zum Niederdeutschen gehörte, was nun gar nicht geht, setze ich die dritte an, dann stimmt die Karte nicht, denn die Grenze zwischen ndl. und nd. Mundarten endete damals nicht an der Staatsgrenze. Die einhellige Meinung, die 1001 übrigens darstellt, gab es damals nicht. Ich zitiere aus dem Mittelniederdeutschen Wörterbuch von Schiller und Lübben, dort umreißt letztere die Schwierigkeiten, die auftraten bei der Abgrenzung des mittelniederdeutschen Sprachgebietes (Band I, S. V): "Was die räumliche Begrenzung betrifft, so bildet der Dialect, wie er in der früheren Metropole der niederdeutschen Geschichte, in Lübeck, gesprochen wurde, und von da aus einen weiten Kreis beherrschte, den natürlichen Mittelpunkt, um den sich das übrige gruppiert. Während ostwärts die Grenzen sich bestimmter zogen, weil ganz fremde Sprachen eine sichere Scheidung gaben, waren sie westwärts sehr schwer zu ziehen, weil niederdeutsch, vlämisch und holländisch ja nur verschiedene Formen eines und desselben Dialectes sind. Auch südwärts fliessen hochdeutsch und niederdeutsch so unmerklich in einander, dass es oft schwer zu bestimmen ist, ob man ein niederdeutsches oder hochdeutsches Schriftstück vor sich hat." Die Ansicht, das eine Einheit zwischen ndl. und nd. Dialekten besteht, wird heute nicht mehr geteilt. Aber Lübbens Aussagen müssen hier nicht unbedingt in einem ausschließlich völkischen Zusammenhang gesehen werden, um sich das niederländische Sprachgebiet einzuverleiben - im Gegenteil, er grenzt ja sein Untersuchungsgebiet ab -, sondern es sind schlichtweg pragmatische Gründe, denn es gab nun einmal Mischschriften, die ndl. und nd. Elemente aufwiesen, wie es auch Dokumente gab, die hd. und nd. Zügen hatten. Nicht jede Aussage ist also immer ausschließlich im nationalistischen Kontext zu verstehen. Lübben war eben nicht einfach Nationalist, sondern anerkannter niederdeutscher Philologe. Die Problematik, die Slomox hier angesprochen hat, umreißt Agathe Lasch 1914 in ihrer Mittelniderdeutschen Grammatik (nachwievor ein Standardwerk, S. 1, § 1): Das niederdeutsche (nd.) im weiteren sinne umfasst die nördliche gruppe des festländischen westgermanischen zweiges, den norden des deutschen sprachgebietes, soweit dasselbe keine spur von lautverschiebung aufzuweisen hat, nd. im engeren sinne und niederländisch (ndl.). Im engeren sinne bezeichnet man als "nd." die ganz oder hauptsächlich auf sächsischer grundlage erwachsenen dialekte dieses gebiets." Die letzte Definition legen sowohl Lasch als auch Lübben für ihre Arbeiten zugrunde. Deshalb gab es in der Sprachwissenschaft auch erhebliche Abweichungen, was Niederdeutsch denn nun alles erfassen sollte, ich verweise auf den ersten Diskussionspunkt dieser Seite hier (Sprachencharta), da habe ich Goossens angeführt, der die unterschiedlichen Auffassungen zusammengetragen hat, darunter auch folgende: "Zum Nd. gehören die nsächs. und nfrk. Mundarten des dt. und des nl. Sprachraumes." Zur Literatur im einzelnen siehe S. 14. Nun könnten wir diese Einteilung natürlich sehr leicht als nationalistisch und chauvinistisch einordnen - und damit unwissenschaftlich. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Schlag mal Weddiges Buch Mittelhochdeutsch. Eine Einführung auf S. 20 auf (z. B. 4. Aufl. 2001), dort findest Du eine Karte, darunter steht: "Die deutschen Dialekte um 1965 (nach H. Protze u. Th. Frings. In: Die deutsche Sprache, hrsg. v. E. Agricola u.a., Bd. 1, Leipzig 1969, S. 406)". Die Auflage ist also noch recht neu, die entnommene Karte entstammt einem Buch, das in der DDR erschienen war, die jegliche imperialistische Annexionen ablehnte. Dennoch macht die Karte nicht an der deutschen Grenze halt, sondern bezieht auch die Niederlande und Belgien (der Nordosten der Ndl. wird dem Nordniedersächsischen zugerechnet, der Rest und das flämische Belgien dem Niederfränkischen) mit ein. Offensichtlich ist die Sache mit der Einteilung nicht so einfach. Deutlich wird das auch an der Karte in Pauls Mittelhochdeutscher Grammatik (24. Aufl. 1998, S. 6), wo der Trennstrich zwischen den unverschobenen und verschobenen Schriftdialekten dicker ist als der zwischen Mittelniederländisch und -deutsch. Schauen wir uns an, wie das andere Bücher handhaben: die Karte in Niebaum und Macha (Einführung in die Dialektologie des Deutschen, 2. Aufl. 2006, S. 218) ähnelt der im Weddige, nur hat sich die Bildunterschrift geändert: "Gliederung des geschlossenen kontinentalwestgerm. Sprachraums um 1900" - eine deutliche Abgrenzung zwischen ndl. und dt. ist jedoch nicht auszumachen. In Schmidts Geschichte der deutschen Sprache (9. Aufl. 2004, S. 162) ist einfach an der deutschen Grenze Schluß, Niederlande und Belgien bleiben unbeschriftet, interessanterweise wird aber das Westfriesische eingezeichnet (neben dem Nordfriesischen), obwohl auch das keine dt. Mundart ist und zudem in den Niederlanden gesprochen wird. Das Sorbische wird hingegen nicht berücksichtigt. Der dtv-Atlas Deutsche Sprache (S. 230) umgeht das Problem dadurch, indem schlichtweg die ndl. und flämischen Gebieten als "Niederfränkisch" ausgezeichnet werden, und auf deutschem Boden dann "Niederrheinisch" zu finden ist (anstelle von Niederfränkisch). Auch hier sind, obwohl es sich um die deutschen Mundarten handelt, West- und Nordfriesisch, dazu Saterländisch eingezeichnet. Der dtv-Atlas ist sich in der Bezeichnung seiner Karte noch nicht einmal sicher: Über ihr ist zu lesen: "Die deutschen Mundarten: Gliederung", unter ihr steht geschrieben: "Die Gliederung der mitteleuropäischen Mundarten germanischer Abkunft (Stand: 1900)" Allerdings ist auch das Sorbische eingezeichnet. Der Atlas umgeht zudem die Frage, wo eigentlich die Mundartgrenzen zu setzen sind damit, daß einfach im Nordwesten die Staatsgrenzen herangezogen werden. Im Süden wird jedoch die Mundartgrenze (Luxemburgisch, Elsässisch gehören allesamt noch zum Sprachraum) genutzt. Dabei ist der Übergang zu den niederländischen Mundarten fließend, die Dialekte der nordöstlichen Niederlande sind historisch gesehen überhaupt keine niederfränkischen, sondern (um Laschs Bezeichnung aufzugreifen) niedersächsische (vgl. Niebaum/Macha, S. 221, Anm. 7). Die Grenze also einfach an der Staatsgrenze zu setzen ist genauso problematisch wie die niederländischen Dialekte einfach dem Niederdeutschen (im engeren Sinne!) zuschlagen zu wollen.
Ich fasse mal zusammen: die einfache Formel, bei Dialektkarten, die das ndl. Sprachgebiet mit einbeziehen, seien irgendwie völkisch motiviert, läßt sich nicht so ohne weiteres anwenden. Vielmehr gibt es Schwierigkeiten, wie mit dem Dialektkontinuum umgegangen werden soll. Einige lassen die ndl. (und auch nedersaksischen) Dialekte einfach fort, andere zählen sie dazu, einige behelfen sich damit, das Gebiet nicht mehr als das der "deutschen Mundarten" zu bezeichnen, sondern weichen auf einen übergeordneten Begriff aus (germanisch, westgermanisch, kontinentalwestgermanisch usw.). Während die Abgrenzung zwischen den Standardsprachen leicht fällt - zwischen Deutsch und Niederländisch bildet sie die Staatsgrenze - fällt das bei den Dialekten nun einmal schwerer. M. E. ist keine der beiden Karten zufriedenstellend (allerdings ließe sich fragen, welche es überhaupt wäre). Die Vermischung von Personen- und Dialektbezeichnungen halte ich für nicht wirklich gut, zumal der Eindruck entstehen könnte, es handele sich um Stammesbezeichnungen oder dergleichen, nicht um einfache Sprachträgerbenennungen (denn warum verwendet man solche, anstatt z. B. Westfälisch zu schreiben). Lege ich beide Karten nebeneinander, so sind also beide problematisch, ich würde aber - das habe ich ja schon ausgeführt - die ältere präferieren, wenn keine andere zur Verfügung steht.--IP-Los 18:25, 12. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]

+1 Sehr kompetent zusammengefast! Beste Grüße! Α72 19:58, 12. Mär. 2010 (CET)[Beantworten]

Bearbeitung in "Zuordnung des Niederfränkischen"

Ich habe gestern zwei Bearbeitungen rückgängig gemacht: diese und die davor. Daraufhin wurde bemängelt, dass dies ohne Begründung geschehen ist: diff.

Mein revert hatt folgende Gründe:

  • Die Mittelniederdeutsche Schriftsprache stimmte weitgehend mit den damaligen schriftsprachlichen Varietäten der heutigen Niederlande überein — das widerspricht dem, was ich im Studium (Niederlandistik) gelernt habe und auch dem, was ich später über das Niederdeutsche gelesen habe. Das Mittelniederländische wurde erst von damaligen Flämischen und dann vom Brabantischen geprägt, also von heimischen Schriftdialekten, während das schriftliche Mittelniederdeutsch in Norddeutschland verwendet wurde (und vielleicht in den nordöstlichen Randgebieten der heutigen Niederlande). Das ist unumstritten.
  • was abgesehen von der genetischen Verwandtschaft der niederfränkischen und niedersächsischen Idiome dem Umstand geschuldet war, dass beide Sprachräume zum selben Staatenverband gehörten ... — das HRR war kein Staat im modernen Sinne, sondern eine Ansammlung unterschiedlicher Staaten und Sprachräume. Die Lutherbibel mit ihrem sprachlichen Einfluss kam später und war für die Niederlande nicht von Bedeutung.
  • in Wortschatz und Grammatik gibt es zwischen niederdeutschen und niederländischen Mundarten je nach Landstrich auch heute noch zahlreiche Überschneidungen. — reichlich schwammig. "Überschneidungen" gibt es auch zwischen vielen anderen Sprachen.
  • Das Niederländische hieß in der Eigenbezeichnung bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts offiziell "Nederduitsch" ... — sehr offiziell kann die Bezeichnung nicht gewesen sein, da das Land 1815 den Namen Koninkrijk der Nederlanden erhielt; siehe Niederländisch (Name)
  • die niederländisch-niederfränkischen Mundarten wurden noch von der Sprachwissenschaft der 1980er-Jahre als (nieder)deutsche Mundarten angesehen — dieser Prozess setzte schon früher ein; damit wird deutlich, dass der anonyme Urheber sich bewusst auf veraltete Informationen stützt.
  • Zwischen den niederländischen und niederdeutschen Dialekträumen gibt es nach wie vor keine eindeutige Sprachgrenze, sondern kontinuierliche Übergänge, die nicht mit der Staatsgrenze, sondern mit historischen Sprach- und Siedlungsräumen zusammenhängen (Dialektkontinuum). — das ist richtig, aber das steht wahrscheinlich in jedem Artikel, der dieses Thema auch nur am Rande streift. Das hebt die oben genannten Fehler nicht auf.
  • Die beiden zusammenhängenden Bearbeitungen sind ohne Quellenangabe, siehe dazu auch WP:Q. Die in der Zusammenfassungszeile angegebene URL http://magrathea.ulm.ccc.de/~juergen/aup/dialekt.html ist eine Aufgliederung der deutschen und niederländischen Dialekte. Die merkwürdigen Aussagen, die der anonyme Benutzer gemacht hat, werden dort nicht erwähnt. Hier hat wohl jemand die Grundlagen des Zitierens nicht verstanden. Oder er hat sich gedacht: "Wenn die eine Quelle haben wollen, geb ich denen halt irgendwas; das wird schon keiner lesen...".

--MaEr 19:23, 29. Apr. 2010 (CEST)[Beantworten]

Dann stell Deine Version doch wieder her und verweise auf die Diskussionsseite.--IP-Los 20:29, 1. Mai 2010 (CEST)[Beantworten]

geringfügige grammatikalische Korrektur

Da "...die Sachsen..." im Plural steht, sollte es auch korrekt "...ihre Sprache..." lauten. --Phoenix156 15:36, 5. Jul. 2010 (CEST)[Beantworten]

Abschnitte „Zuordnung des Niederfränkischen“ und „Zuordnung des Niederrheinischen“

habe ich heute im Abschnitt „Zuordnung des Niederrheinischen“ vereinigt. Beide Abschnitte beschrieben imgrunde denselben Bestand. So war es meines Erachtens folgerichtig, den kleineren Abschnitt in den größeren einzuarbeiten. Vieles war auch doppelt und dreifach angegeben. Diese überflüssigen Teile habe ich entfernt. --HC-Mike (:±:Neu?) 13:43, 12. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]

Südniederländisch

Hallo Mike, erstmal vielen Dank für deinen Einsatz an diesem Artikel.

Beim Lesen der neuen Version ist mir (im Abschnitt Zuordnung des Niederländischen) folgendes aufgefallen:

Und im 18. Jahrhundert schien es, als wolle das Niederländische nunmehr in zwei separate Sprachen zerfallen. Während in den Niederlanden das Neuniederländische, das nun sehr vom Sprachgebrauch der holländischen Provinzen geprägt war, entstand in den Spanischen Niederlande nun das sogenannte „Südniederländische. Dieses fußte auf dem Westflämischen und wurde durch Jan de Roches (1761) zur Schriftsprache weiterentwickelt. Ab 1803 wurde dieses „Südniederländische“ durch den Arzt van Daele modifiziert und es wurde begonnen, diese Sprachform allgemein einzuführen.

Den Begriff Südniederländisch kenne ich nur als Fachbegriff für die - naja halt - südlichen Sprachformen des Niederländischen, also in Belgien oder zumindest südlich der großen Flüsse. Und ich hab immer gedacht, dass es diese Sprachformen immer schon gab, nicht erst seit der Schöpfungstat dieses Herrn de Roches. Ich schätze mal, das ist dieser hier: nl:Jan Des Roches. Aber war das Niederländische im 18. Jahrhundert überhaupt in der Lage, eine eigene Sprachform oberhalb der Dialekte zu entwickeln, zu standardisieren und durchzusetzen? Mir kommt das eher wie der Versuch eines einzelnen vor. Und 1803, als dieser van Daele zugange war, da gehörte das heutige Belgien zu Frankreich, und dort hatte das Niederländische (in welcher Spielart dann auch) kaum eine Chance. Siehe fr:Période française de l'histoire de Belgique#Francisation de la Flandre et de Bruxelles, erster Satz: La période française de la Belgique actuelle conduisit à un déclin du néerlandais qui fut immédiatement éliminé comme langue administrative[25],[26]. So hab ich's auch an der Uni gelernt.

Jan de Roches: Jupp.
Als van Daele die von Roches geschaffene Schriftsprache reformierte, gehörte Belgien in der Tat zu Frankreich. Stimmt. --HC-Mike (:±:Neu?) 21:33, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]
Und ja. De Roches sowie van Daele versuchten, aus den südniederländischen Dialekten und damit aus der Volkssprache (vor allem aus dem Westflämischen) eine Schriftsprache zu schaffen, da damals die Vereinigung mit den Nordniederlanden gar nicht zu Debatte stand. Auch wurde in Brabant versucht, aus den dortigen Dialekten eine Schriftsprache zu schaffen. Denn als 1648 die nördlichen Provinzen politisch vom Sprachgebiet getrennt wurden, da gab es noch keine einheitliche bzw. feste Norm des Niederländischen. Die bildete sich erst danach im Norden aus und von dieser Entwicklung blieb der Süden unberührt. --HC-Mike (:±:Neu?) 21:38, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]
Eine Variante des ehemaligen „Südniederländischen“ wird heute nur noch bei den sogenannten „Westhoek-Flamen“ in Frankreich verwendet, da bei diesen die moderne niederländische Schriftsprache nie Eingang gefunden hatte.

Diese Formulierung wirkt auf mich so, als ob die niederländischen Dialekte in Frans-Vlaanderen ein Import aus Belgien wären. Es sind aber die Reste der einheimischen Volkssprache. Mir ist nicht klar, was du damit sagen willst, darum will ich es nicht einfach ändern.

Als Belgien selbständig wurde und die Niederländische Hochsprache einführten, blieben die Westhoek-Flamen davon unberührt. Sie gehörten zu Frankreich, und deswegen wird bei ihnen das Südniederländische weitergeführt.

Vielleicht schaust du dir deine Quellen nochmal an, ob die das so hergeben. Vielleicht hat der Wissenschaftler das ja auch missverständlich formuliert. Oder es sind irgendwelche alten Fragmente, die trotz deiner Überarbeitung stehengeblieben sind, dann ist das garnicht deine Baustelle.

Mache ich sowieso. --HC-Mike (:±:Neu?) 21:33, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]

Oh, noch etwas. Warum stehen diese Texte eigentlich bei Niederdeutsche Sprache? Inhaltlich gehört es doch eher zu Niederländische Sprache oder einem der spezielleren Artikel: Niederländisch in Belgien, Belgisches Niederländisch, Westflämisch, Französisch-Westflämisch, Geschichte der niederländischen Rechtschreibung. -- MaEr 20:57, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]

Ich habe es hier erst einmal pro forma "eingeparkt". Mir ist durchaus bewusst, dass das meiste von dem in andere Artikel gehört. Ich habe diesen Abschnitt erst einmal hier eingefügt, weil ja verschiedene Osnatel-IPs immer wieder versuchen, das Niederländische als "Niederdeutsch" zu vereinnahmen. Dem wollte ich einen Riegel vorschieben. --HC-Mike (:±:Neu?) 21:33, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]
Nur in den südlichen Dialekten des Niederfränkischen (Südniederfränkisch) erweckt den Eindruck, als seien südliches Niederfränkisch und Südniederfränkisch. Niedersächsisch“ oder als „Plattdeutsch“ ist nicht zutreffend. Sarcelles 21:19, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]
Auch hier darf einiges nachformuliert werden, stimmt. Aber "südliches Niederfränkisch" ist Südniederfränkisch. Und im Abschnitt wird ausdrücklich hingewiesen, dass das eben KEIN Niederdeutsch im heutigen Sinne ist. Oder wie soll ich deine Frage jetzt verstehen? --HC-Mike (:±:Neu?) 21:33, 26. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]
Ich meinte, dass das südliche Niederfränkisch das Flämische einschließt, sowie dass das Niedersächsische nicht dem Plattdeutschen/Niederdeutschen gleichzusetzen ist. Sarcelles 12:51, 27. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]

Hallo Mike, ich meine, es müsste etwas genauer unterschieden werden zwischen den Bemühungen von einigen Leuten und den tatsächlichen Erfolgen. Hat es dieses "Südniederländische" – so wie du es beschreibst – wirklich gegeben oder war es nur ein Vorhaben von des Roches & Co.? Ich kenne keine existierende oder existiert habende Hochsprache "Südniederländisch", sondern nur den Begriff "Zuid-Nederlands" oder "Zuidnederlands" (ZN), so wie es hier beschrieben wird: nl:Belgisch-Nederlands. -- MaEr 18:13, 27. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]

Hoi MaEr,
der Versuch der Schaffung einer "südniederländischen Standardsprache" kam nie über das Versuchsstadium hinaus. Sprich die von den Herren des Roches und van Daele entwickelten Schreibregeln wurden nie verbindlich für das spätere Belgien eingeführt. Vielmehr hatten ihre "Vorgaben", so will ich es jetzt mal nennen, eine gewisse Vorbildfunktion zur zukünftigen Schreibung der in Belgien vorherrschenden flämisch-brabantisch-limburgischen Volkssprachen. Diese Vorgaben basierten auf den westflämischen Volksdialekten. Unter van Daele wurde aber von Seiten der Flämischen Bewegung (bzw. ihrer Vorläufer) massiv versucht, eine einheitliche Schreibung des südlichen Niederländischen durchzusetzen. Van Daele begann dafür ein "Wörterbuch des Südniederländischen" aufzustellen. Da jedoch Französisch die vorherrschende Schrift- und Kultursprache war (da selbst das gebildete flämische Bürgertum sich fliessend des "Welschen" bedienten) ging der Versuch bekanntlich in die Hose. Einen Teilerfolg konnte van Daele in Französisch-Flandern erreichen, da die Westhoek-Flamen diese Vorgaben weitgehend übernahmen und ihren Bedürfnissen anpassten. Noch heute schreiben diese in einem dem 19. Jahrhundert anmutenden Stil, der neben dem Niederländischen veraltet wirkt.
Dieser Abschnitt gehört noch einmal überarbeitet. Stimmt. Aktuell liest es sich so, als sei diese Sprachform verbindlich eingeführt worden. (Der niederländische Artikel ist da schon genau, sollte also mit diesem abgeglichen werden.)
@Sarcelles: Das Flämische wurde so weit ich weiß nie zum Südniederfränkischen gerechnet. Damals gab es den Begriff gar nicht.
Der Begriff "Südniederfränkisch" ist eine Verlegenheitsschöpfung des 20. Jahrhunderts, um das Sprachgebiet nicht mehr einheitlich als "Limburgisch" zu bezeichnen. Als man die westgermanischen Dialekten einer Dachsprache zuordnetete und damit die niederländischen und deutschen Dialekte am Niederrhein schuf und diese dann an den jeweiligen Staatsgrenzen enden liess, da hatte man in Deutschland ein Problem. "Limburgisch" war ja nun niederländisch-belgisch. Also wurde erst einmal der bis dahin in Deutschland gängige Begriff "Ostlimburgisch" für ein differenzierteres "Limburgisch-Bergisch" fallengelassen. Dann unterschied man innerhalb diesen in Ostlimburgisch (an der niederländischen Grenze; ehemaliges preußisches Oberquartier Geldern) und Bergisch. Nachdem man für den kleverländisch-südniederfränkisch-westfälischen Übergangsbereich den Begriff "Ostbergisch" schuf, nannte man "Bergisch" in Westbergisch um.
Als übergeordneten und staatsneutralen Oberbegriff einigten sich die niederländische und deutsche Sprachwissenschaft auf Südniederfränkisch, das intern nun verschiedenlich unterteilt werden kann und darf. "Limburgisch" bezeichnet nur noch den Bereich, der in Belgien, Niederlande und das eng eingegrenzte deutschen Grenzgebiet mit Krefeld und Viersen.
Das eigentliche Flämisch firmierte im 19. Jahrhundert zusammen mit Seeländisch als "Holländisch". Diese These wurde sogar noch im 20. Jahrhundert von Teilen der niederländischen Sprachwissenschaft (Jan van Ginneken und C. G. N. de Vooys) vertreten. Erst nach Belgiens Unabhängigkeit (1830/39) begann man von Seiten der niederländischsprachigen Bevölkerung, "Flämisch" als Oberbegriff der regionalen Varianten des Niederländischen in Belgien zu verwenden. Das schloss damit auch das Brabantische und das Limburgische in Belgien mit ein. Später wurde dieser Begriff auch auf die Niederländische Hochsprache in Belgien ausgedehnt.
Geografisch gesehen, hast du natürlich recht. Flämisch ist Südniederfränkisch, genauer Südwest-Niederfränkisch! (Aber wie gesagt, es entzieht sich meiner Kenntnis, ob der Begriff auch auf das Flämische angewandt wurde. Google sagt bei "Südniederfränkisch" = "Limburgisch". Deswegen sollte man das auch so lassen.)
Dir und MaEr steht es natürlich frei, Passagen anzupassen. Es ist schliesslich ein Wiki hier, also sei mutig!
Wie schon mal gesagt. Der Artikel müsste mal komplett überarbeitet werden. Es steht vieles doppelt und dreifach drin. Überflüssiges könnte man dann hier auch entfernen und in die entsprechenden Artikel einarbeiten und das hier auf ein Minimum kürzen. Ich wollte nur schon mal die Infos hier haben und habe sie deshalb in diesen Artikel eingearbeitet. Ich hoffe, ich konnte die eine oder andere Frage beantworten. Grüße an euch beide --HC-Mike (:±:Neu?) 19:19, 27. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]
Mal begonnen, die eine oder andere Passage umzuarbeiten. --HC-Mike (:±:Neu?) 20:02, 27. Aug. 2010 (CEST)[Beantworten]

Diskussion zum ehemaligen Artikel "Plattdeutsch"

Diese Diskussion befindet sich jetzt im Archiv 1, Nr. 52. Harry8 10:08, 12. Sep. 2010 (CEST)[Beantworten]

Verwandtschaft mit den englischen und friesischen Sprachen

Es heißt im Artikel, damit sei die niederdeutsche Sprache am engsten verwandt. Wie ist das belegt? Sarcelles 20:03, 18. Dez. 2010 (CET)[Beantworten]

Du meinst diese Bearbeitung, nicht wahr?
Nix gegen Mike, aber eine Quelle wäre schon gut gewesen. Inhaltlich ist etwas problematisch, dass der Begriff Ähnlichkeit unpräzise ist. Ganz spontan würde ich sagen, dass das Niederdeutsche stark durch das Hochdeutsche beeinflusst ist. Die Ähnlichkeit würde ich eher da vermuten. Das Englische hingegen ist stark durch das Altnordische beeinflusst worden, und im Wortschatz durch das Französische. Und die verschiedenen friesischen Sprachen sind durch ihre jeweiligen Nachbarn beeinflusst worden (Niederländisch, Niederdeutsch, Hochdeutsch, Dänisch) und dürften eher denen ähnlich sein. Also Ähnlichkeiten ja, aber große Ähnlichkeiten eher nein.
... mit denen sie bis heute am engsten verwandt sind — das mag für die Völkerwanderungszeit wohl zutreffen, damals dürften die nordseegermanischen Sprachen (was immer das auch sein mag) sich recht ähnlich gewesen sein. Aber ich bezweifle, dass es diese Ähnlichkeit und Verwandtschaft in dieser Form immer noch gibt.
Mike, vielleicht erklärst du mal, was du damit gemeint hast... --MaEr 11:28, 21. Dez. 2010 (CET)[Beantworten]
Ich meine damit, dass das Niederdeutsche von der Herkunft, vom Wortschatz usw. her, noch immer die größeren Gemeinsamkeiten mit dem Friesischen und dem Englischen aufweist als zum Beispiel mit dem Thüringischen, das einst auch dieser Gruppe angehört hat. Tut mir leid, wenn das jetzt falsch 'rübergekommen ist. Ich ändere das mal ab. Gruß --HC-Mike (:±) 11:33, 21. Dez. 2010 (CET)[Beantworten]
Besser? --HC-Mike (:±) 11:36, 21. Dez. 2010 (CET)[Beantworten]
Ja, danke. Frohes Schaffen, noch! --MaEr 20:01, 21. Dez. 2010 (CET)[Beantworten]

Zuordnung des Niederländischen

Das ist ein so empfindliches und umstrittenes Thema, dass das nicht ohne Einzelnachweise geht. Ich nenne da mal als Beispiel nur die Behauptung, die Bezeichnung "Niederdeutsch" sei von niederländischen Gelehrten im 19. Jahrhundert erfunden worden. Quellen fehlen ebenso für den nachfolgenden Absatz (Niederfränkisch in Deutschland). -- PhJ . 20:54, 31. Jan. 2011 (CET)[Beantworten]

Übersetzung von duytsch ins Hochdeutsche

... „In Titel und Vorwort heißt es, das Buch sei in goede platten duytsche verfasst, also in guter klarer Volkssprache.” - Diese Übersetzung ist zwar richtig, aber die erste Übersetzung lautet: .. „in gutem platten deutsch” verfasst und danach folgt die zweite ursprüngliche Übersetzung mit „Volkssprache”.

... Die Bezeichnung "(Nieder-)deutsch" war (auch) in den NL lange vor dem 19. Jhrh. für die dort verbreiteten sächsischen und fränkischen Mundarten in Gebrauch. Düttsch, duytsch usw. ... wurde etwa beginnend im 19. Jahrhundert mit der Zeit von „Niederländisch” als neue Sprachbezeichnung verdrängt, um Verwechselungen mit deutsch als Name für die sich ausbreitende benachbarte hochdeutsche (Standard-)Sprache zu vermeiden.--89.166.189.206 20:28, 2. Feb. 2011 (CET)[Beantworten]

Danke Osnatel. --Otberg 22:03, 2. Feb. 2011 (CET)[Beantworten]

Ist Plattdeutsch eine eigene Sprache?

neben dem Deutschen oder "nur" ein Dialekt? (nicht signierter Beitrag von 77.2.250.165 (Diskussion) 22:04, 8. Feb. 2011 (CET)) [Beantworten]

Wie bei so vielen Dingen ist das eine Frage der Kriterien, die angelegt werden. Rein juristisch ist Niederdeutsch als Sprache anerkannt. Termo 22:12, 8. Feb. 2011 (CET)[Beantworten]
Rein juristisch ist nur „Niedersächsisch” (Sprachcode: „nds”) als Sprache anerkannt, gehört aber zum deutschen Dialektkontinuum. Seine Sprecher unterhalten sich in Plattdeutsch und Platt; aber genauso die Sprecher anderer Mundarten, z.B. im weit entfernten Saarland. In der Wikipedia hat man sich (nach längerer Diskussion) trotzdem für die plattdeutsche Sprachbezeichnung entschieden. „Niederdeutsch” geht über das niedersächsische Sprachgebiet hinaus und bezeichnet die Gesamtheit der Mundarten, die nicht von der hochdeutschen Lautverschiebung betroffen wurden. „Deutsch” ist eigentlich eine irreführende Sprachbezeichnung für die hochdeutsche Standard- bzw. Dachsprache, denn eigentlich besteht es aus vielen (hoch- und niederdeutschen) Sprachen/ Mundarten/ Sprachvarietäten. --95.223.225.195 16:06, 2. Mär. 2011 (CET)[Beantworten]
Auskünfte unseres Osnatel-Vandalen bitte mit Vorsicht zu geniessen. --Otberg 22:12, 2. Mär. 2011 (CET)[Beantworten]
Wie soll ich die Aussage von 95.223.225.195 verstehen? Im Saarland unterhalten sich die Sprecher anderer Mundarten in Plattdeutsch und Platt? Also: Obwohl sie Sprecher einer anderen Mundart (Saarländisch?) sind, verwenden sie dennoch (auch? ausschließlich?) Plattdeutsch und Platt für ihrte Unterhaltung?


Klassifikation:

  • Indogermanische Sprachen
    Germanische Sprachen
    Westgermanische Sprachen
    Niederdeutsche Sprachen
    Plattdeutsch (Niedersächsisch)

--Küerkloss 19:30, 28. Feb. 2011 (CET)[Beantworten]

Unter Niederdeutsche Sprache#Stellung des Niederdeutschen steht derzeit Folgendes:

Das Niederdeutsche teilt noch heute beinahe den gesamten Wortschatz mit dem modernen Niederländischen (mit Ausnahme weniger Entlehnungen und Weiterbildungen). Auch die Formenlehre/Grammatik stimmt in beiden Varianten überein. Elementare Unterschiede bestehen in der Aussprache (das gilt nicht für das Niederfränkische am bundesdeutschen Niederrhein, das als Teil des Rheinmaasländischen noch eher dem Niederländischen zugerechnet wird).

Es fehlen Belege. Ausserdem ist nicht klar, was das mit der Stellung des Niederdeutschen zu tun hat. Ausserdem ist dieselbe schwammige Aussage auch in Bezug aufs Hochdeutsche möglich: Auch mit dem Hochdeutschen teilt das Niederdeutsche beinahe den gesamten Wortschatz und die Grammatik. Ausserdem ist eine gleichbedeutende Passage (damals: «in Wortschatz und Grammatik gibt es zwischen niederdeutschen und niederländischen Mundarten je nach Landstrich auch heute noch zahlreiche Überschneidungen») schon vor bald einem Jahr beanstandet worden[2] – aber Belege fehlen noch immer.

Ich denke, die Stelle kann ganz einfach ersatzlos gestrichen werden. Die gehaltvolle (wenn auch unbelegte) Information über das Rheinmaasländische geht dabei nicht verloren, denn sie ist bereits an einer passenderen Stelle im Artikel eingebaut. -- machᵗᵃˡᵏ 15:59, 15. Mär. 2011 (CET)[Beantworten]

Die beanstandete Stelle stimmt auch inhaltlich nicht. Es gibt erhebliche Unterschiede in der Grammatik zwischen dem Niederländischen und Niedersächsischen, man denke schon allein an das im Niederländischen verlorengegangene "du" (stattdessen "je", was etymologisch dem englischen "ye" und plattdeutschen "ji" entspricht - wie die beiden anderen Beispiele bedeutete "je" aber eigentlich "ihr"). Anderer Unterschied: Partizipien Perfekt mit "ge-". Aber die plattdeutsche Grammatik stimmt natürlich auch nicht mit der hochdeutschen überein, das fängt schon bei den Fällen, den Pluralformen des Substantivs und denen des Verbs an ...
Also, der Absatz war Schrott, weg damit. -- PhJ . 17:47, 15. Mär. 2011 (CET)[Beantworten]

Änderungen 26.5.'11

1. Nur die mittel- und oberdeutschen Mundarten sind von der Hochdeutschen Lautverschiebung erfasst. Deren Fehlen als Definitionskriterium für eine germanische Sprache ist unzureichend, daher entfernt.

2. Platt ist Sprache laut EU und daher Sprache im Einführungsabsatz.

3. Aussprache des S als SCH vor Konsonanten tritt in allen Ost-, aber keinen Westdialekten auf und ist daher neben dem Verbplural dialektraumtrennendes Kriterium.

4. Es existiert bei "Zuordnung zum Niederländischen" ein längerer Abschnitt niederländischer Geschichte ohne Bezug zum Plattdeutschen. Dessen Entfernung sollte überdacht werden.

Dieser Abschnitt soll verdeutlichen, warum das Niederländische lange Zeit von den Deutschen (und z. T. auch von den Niederländern) als "Teil des Niederdeutschen" angesehen wurde. Der Abschnitt hat also schon seine Berechtigung. --HC-Mike (:±) 23:39, 26. Mai 2011 (CEST)[Beantworten]

5. Die Zuordnung von Plautdietsch zu Niederpreußisch ist dessen eigenem Artikel entnommen.

6. Abschnitt Grammatik auf Grammatik beschränkt. Anderes entsprechend sortiert.

7. Beispiel "Köppen" in Tabelle "Zweite Lautverschiebung" durch ebenfalls Plattdeutsches "Kopp" ersetzt, wegen größerer Ähnlichkeit

8. Distel durch Disstel ersetzt, um die Aussprache aufzuzeigen.

9. Die Adjektiv-Tabelle muss neu formatiert werden. (Trennlinien entfernen.) Dakhart 23:32, 26. Mai 2011 (CEST)[Beantworten]

Dank und Lob

Ans Support-Team ging ein Lob für diesen Artikel, ich habe die Mail unter Wikipedia:Support-Team/Archiv/Best of OTRS#Dank auf Platt für die Autoren hier zugänglich gemacht. :) --Don-kun Diskussion Bewertung 17:40, 30. Jun. 2011 (CEST)[Beantworten]

Belege zur "Gliederung des Niederdeutschen" erwünscht

Der Abschnitt enthält nur einen Beleg, der keinesfalls den ganzen Abschnitt belegen kann, sondern offenbar nur als Nachweis für die einleitende übliche Einteilung des Niederdeutschen gilt. Es wäre schön, wenn es weitere Belege gäbe, insbesondere zum Vorhandensein einer Gliederung nach Nord-Süd-Aspekten, die den Aussagen des Artikels nach in der Wissenschaft mindestens genauso verbreitet und anerkannt sein sollte, da im Gegensatz zur etablierten Gliederung linguistische Kriterien ansetzt. Bei der Gelegenheit könnte man auch gleich beschreiben, welche Gliederung welche Kriterien verwendet und warum.

Ebenso benötigen die Aussagen zu den Dialekten außerhalb Deutschlands, den Mischdialekten und den aus dem Niederdeutschen hervorgegangenen Idiomen Belege, so sie denn überhaupt in den Abschnitt gehören und nicht besser bei der Verbreitung aufgehoben sind. Der Hinweis auf hochdeutsch basierte Umgangssprachen mit niederdeutschem in den Städten gehört da meines Erachtens ebenso nicht rein, zumal, da solche Dialekte heute verbreiteter sein sollten als das eigentliche Niederdeutsch. "Hansesprache" und "Seemannssprache" als "aus dem Niederdeutschen hervorgegangene Sprachen" zu bezeichnen, erscheint mir arg sonderbar, aber wenn das in der Niederdeutschen Philologie so gehandhabt wird, dann gerne. Aber dann bitte mit Belegen.

Der Abschnitt zu den Dialekten in den Niederlanden ist auch unbelegt und scheint mir auch nach anderen Aspekten aufgebaut zu sein als der Rest, außerdem viel kleinteiliger.

Ob der Abschnitt zur historischen Phonologie als Unterabschnitt zur Gliederung sinnig ist, weiß ich auch nicht so recht. So oder so sollten gewisse lautliche Erscheinungen aber auch belegt werden. So habe ich zum Beispiel von der wiederholt genannten grundsätzlichen Unterscheidung der Aussprache von s + Konsonant in West und Ost bisher weder etwas gehört, noch, dass diese als Kriterium zur Unterscheidung von Westniederdeutsch und Ostniederdeutsch verwendet wird.

Ich würde entsprechende Belege und Ergänzungen ja gerne selbst erbringen, aber die mir vorliegenden Bücher geben nichts dazu her. 77.183.66.202 16:09, 8. Aug. 2011 (CEST)[Beantworten]

Gibts nichts? 77.183.65.156 02:12, 13. Aug. 2011 (CEST)[Beantworten]
Habe nun ein paar Quellen verlinkt – i.O. so? –– Zur Aussprache /s/ bzw. /sch/ vor Konsonant als Gliederungskriterium: Das würde ich auf der Seite lassen, denn dass man im Mecklenburg-Schwerinschen /sch/ spricht, ist eine sehr junge Erscheinung. Die älteren Strelitzer kannten einen Neckvers, mit dem sie die Sprechweise der Schweriner nachmachten: Mien Swager in Swerin het 'n swart Swien (Renate Herrmann-Winter: Kleines plattdeutsches Wörterbuch, unter s; in der 1. Aufl. S. 261/2). Und in Westmecklenburg, Darß, Hiddensee oder Südostrügen hört man heute noch /sm/, /st/, /sw/. -- Freigut 15:36, 14. Aug. 2011 (CEST)[Beantworten]

"Niederdeutsche Studien" im Netz

Info: http://www.lwl.org/LWL/Kultur/komuna/publikationen/niederdeutsche_studien/#41. --Aalfons 01:58, 24. Aug. 2011 (CEST)[Beantworten]

Warum nicht in die Artikel?Jeckel van Achtern 05:24, 24. Aug. 2011 (CEST)[Beantworten]
Hab die Info nur schnell abgeworfen, bin im Geiste gerade ganz woanders, --Aalfons 10:50, 24. Aug. 2011 (CEST)[Beantworten]

Schreibweise

- Die übliche moderne Eigenbezeichnung ist Plattdütsch,

- Die Form Plattdüütsch ... ist heute am weitesten verbreitet (Klock, Viechelmann, Saß)

Satz 1 und 2 widersprechen sich. Satz 1 müsste m.E. raus. --Hans Eo 11:25, 15. Nov. 2011 (CET)[Beantworten]

Habe den Abschnitt leicht umformuliert und stärker gegliedert; Name, Schreibweisen, Aussprachen werden nun klarer auseinandergehalten. -- Freigut 14:55, 26. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]

«[p]seudodialektisierte Abstandssprache»

Im Abschnitt Stellung des Niederdeutschen steht derzeit folgender Absatz:

Nach der linguistischen Theorie nach Heinz Kloss handelt es sich beim Plattdeutschen um eine pseudodialektisierte Abstandssprache, also um eine vollwertige Sprache, welche im sozialen Kontext wie ein Dialekt behandelt wird.

Gibt es in der relevanten linguistischen Fachliteratur Wikipedia:Belege, wo das Niederdeutsche tatsächlich als eine Abstandsprache bzgl. des Hochdeutschen bezeichnet wird? Gibt es Quellen, wo es als «pseudodialektisiert» bezeichnet wird – und was soll das überhaupt bedeuten? Nach dem, was mir über Kloss’ Begriffe gelesen habe, wären typische Fälle von Abstandsprachen zum Beispiel Sorbisch bzgl. Deutsch oder Baskisch bzgl. Spanischen – aber eben gerade nicht zwei nahe verwandte Varietäten wie Niederdeutsch bzgl. Hochdeutsch. Aber vielleicht irre ich mich ja – zeigt her die Belege!

Falls sich keine Belege finden lassen, kann dieser Abschnitt wohl entfernt werden. -- mach 🙈🙉🙊 16:31, 24. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]

Kloss hat das bezüglich des Niederdeutschen selbst so formuliert, habe sein Buch aber nicht zur Hand, um eine Seitenzahl anzugeben. Man sollte den Abschnitt also nicht löschen, aber belegen. Abstandsprachen sind nicht nur sehr weit entfernt verwandte Sprachen, sondern durchaus auch näher verwandte wie Deutsch und Englisch; Kriterium ist die Autonomie der sprachlichen Struktur. Wobei der Begriff "Abstand" natürlich relativ ist. Für Niederdeutsch war wohl ausschlaggebend, dass es verwandtschaftsmäßig in den nordseegermanischen Kontext gehört, womit der Abstand zum Hochdeutschen schon rein historisch gegeben wäre. Im Übrigen nutzt Kloss den Begriff der Abstandsprache ja nicht zuletzt als Kontrast zur Ausbausprache, und Ausbau ist leichter zu definieren als Abstand. Die moderne Dialektometrie hat bezüglich Abstand vielleicht klarere Parameter. -- Freigut 17:24, 24. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]
Habe nun die das Niederdeutsche betreffenden Stellen in meinen Unterlagen gefunden... und eine entsprechende Fußnote eingefügt. -- Freigut 10:22, 25. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]
Besten Dank für die prompte Auskunft! Ich habe jetzt "pseudodialektisiert" korrigiert zu "scheindialektisiert", versucht, die Erklärung etwas verständlicher zu machen, und eine Gegenquelle zitiert (Ammon). 130.92.9.58 18:17, 25. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]
Der Satz "die aber trotz ihrer historischen und »sprachkörperlichen« Autonomie heute soziolinguistisch als Dialekt funktioniert" dünkt mich unglücklich, weil der Ausdruck sprachkörperlich unklar ist und weil soziolinguistisches Funktionieren als schwer verständlich scheint. Ich glaube, es wird viel leichter verständlich, wenn wir "Unähnlichkeit" schreiben statt "sprachkörperliche Autonomie" und "gelten als" bzw. "angesehen werden als" statt "soziolinguistisches Funktionieren als". Auf alle Fälle hatte ich, als ich das Wort "Unähnlichkeit" wählte, ebendiese "sprachkörperliche Autonomie" im Sinn. Ausserdem dünkt es mich eleganter, wenn wir die "sprachkörperliche Autonomie" bzw. "Unähnlichkeit" nicht in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen gleich zwei Mal nacheinander nennen. -- mach 🙈🙉🙊 11:41, 26. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]
Einverstanden, danke ("sprachkörperlich" war als klosssches Zitat gedacht, muss aber keineswegs stehen). -- Freigut 14:43, 26. Jan. 2012 (CET)[Beantworten]


Ich bin verwirrt! Nach meinem Kenntnisstand sind "niederdeutsch" und "plattdeutsch" nicht synonym! Plattdeutsch ist (wie hier ja auch reichlich diskutiert) eine eigene Sprache (meinetwegen auch eine pseudodiaektisierte Abstandssprache), Niederdeutsch aber eine regionale Variante des Deutschen, nämlich Deutsch aus jenen Sprachgebieten Norddeutschlands, von dem sich in einigen entscheidenden Punkten nach der 2. Lautverschiebung das Hochdeutschen abgrenzte. Diese Grenze verläuft aber keineswegs entlang der Sprachgrenze Deutsch/Plattdeutsch, sondern stellt einen fließenden Übergang dar, der etwa von der Kölner Bucht durch das Anhaltinische und südlich Berlins zur Oder führt (s. auch das/dat, aber auch ziehen/trecken). Liege ich soooo falsch, oder wird dieser Umstand hier sträflich unterschlagen? Zur 2. Lautverschiebung siehe z.B. DUDEN Herkunftswörterbuch, 3. Auflage, Mannheim 2001. Siehe auch meinen Kommentar zum Wikipedia-Artikel "Traktor". Nach meinem Dafürhalten ist ursächlich für die Mißverständlichkeit dieser Artikel, dass in der deutschen Umgangssprache "hochdeutsch" mit "Schrift- oder Bühnendeutsch" gleichgesetzt wird, sowie "Platt" für alle Mundarten herhalten muss. Beides ist aber nach meinem Kenntnisstand falsch. Ganz nebenbei widerspricht dieser Artikel auch der Begriffsabgrenzung, die man hier im Wiki unter "hochdeutsch" einsehen kann. Niederdeutsch ist dort nicht verlinkt, sonst führte es ja auch hierher, was falsch wäre...-- Mü-Lo (Diskussion) 10:11, 4. Mär. 2012 (CET)[Beantworten]

Beides wird synonym verwendet, vgl. z. B. das Vorwort im "Sass" (Plattdeutsches Wörterbuch, 3. Aufl. 2004, S. 3), wo beide Begriffe nebeneinander stehen: "Das Kleine plattdeutsche Wörterbuch" von Dr. Johannes Sass wurde seit 1956 siebzehnmal unverändert aufgelegt. Es wird nun Zeit, die für das Niederdeutsche veränderten Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, insbesondere verstärkt dem Umstand Rechnung zu tragen, dass heutzutage weniger Menschen die niederdeutsche Sprache einwandfrei beherrschen." Stellmacher unterscheidet zwischen Niederdeutsch (Sprachwissenschaft) und Plattdeutsch (Umgangssprache) nur hinsichtlich der Sprachdomäne. Deutlich wird dieser synonyme Gebrauch auch bei Gundlach, Jürgen: Von Aant bis Zääg'. Plattdeutsche Wörter und ihre Redewendungen, 2. Aufl. Leipzig 1984, S. 60: "Die alte niederdeutsche Form für 'Schwester' ist Süster. [...] Heute hat sich allgemein die hochdeutsche Form Schwester auch in unserem Platt durchgesetzt." Man beachte auch den Untertitel des Werkes. Im Mecklenburgischen Wörterbuch (Bd. 5, Sp. 462) heißt es übrigens: "plattdüütsch plattdeutsch, niederdeutsch im Gegensatz zu hochdeutsch."
In der Alltagssprache ist die Bezeichnung "Platt" sogar noch weit südlich der Benrather Linie für die dortigen westmitteldeutschen Dialekte (d. h. hochdeutsche!) üblich, siehe hier.--IP-Los (Diskussion) 21:20, 6. Mär. 2012 (CET)[Beantworten]

Sprachencharta und -politik

In Nordrhein-Westfalen hat die Piratenpartei als erste Partei in NRW, ein Positionspapier beschlossen [[3]] WP029, [[4]] [[5]] (Pflege der niederdeutschen Sprache) welches die Pflege der niederdeutschen Sprache in NRW unterstützen soll.--37.130.224.22 13:43, 21. Apr. 2012 (CEST)[Beantworten]

Rechtschreibung phonetisch

Unter Rechtschreibung heisst es:

Sprachwissenschaftler benutzen in der Regel eine phonetische Transkription, also eine Schreibung, die die Laute so genau wie möglich wiedergibt.

Ist damit Transkription nach IPA gemeint? Wenn ja, sollte das so gesagt werden. --Hans Eo (Diskussion) 14:50, 1. Mai 2012 (CEST)[Beantworten]

Das können verschiedene Transkriptionssysteme sein. Traditionell jedenfalls ist es die Teuthonista (Lautschrift). -- Freigut (Diskussion) 17:17, 1. Mai 2012 (CEST)[Beantworten]

Begriff "Preussisch" irreführend im Kontext Sprache

Ich bin über den Halbsatz: "Die dem Preußischen entsprungenen" gestolpert. Als Preußen bezeichnete man ursprünglich einen slawischen Volksstamm im Gebiet des späteren "Westpreussen" (auch als Pruzzen) bezeichnet. Man kann davon ausgehen, das sie eine eigene Sprache, eben "preussisch" gesprochen haben. Deshalb kann eine niederdeutsche Mundart niemals "dem Preussischen entsprungen" sein. --Ischtiraki (Diskussion) 16:09, 4. Dez. 2012 (CET)[Beantworten]

Ich weiß nicht, was im Artikel ursprünglich mit Preußisch gemeint war, aber Altpreußische Sprache ist keine germanische Sprache und kann wohl kaum gemeint sein. Niederpreußisch? --Pjacobi (Diskussion) 16:19, 4. Dez. 2012 (CET)[Beantworten]
Genau, Niederpreussisch. Mit „Altpreussisch“, einer baltischen Sprache wie Litauisch und Lettisch, hat Plautdietsch nichts zu tun. Habe die Korrektur entsprechend korrigiert. --Freigut (Diskussion) 16:49, 4. Dez. 2012 (CET)[Beantworten]

Ähnlichkeiten zum Englischen und Friesischen

Seine Dialekte gehören zusammen mit den [[Hochdeutsche Dialekte|hochdeutschen]] und [[Niederländische Dialekte|niederländischen Dialekten]] zum [[Dialektkontinuum]] der [[Kontinental-westgermanische Dialekte|kontinental-westgermanischen]] Sprachen. Die niederdeutschen Dialekte weisen noch heute Ähnlichkeiten mit dem [[Englische Sprache|Englischen]] und dem [[Friesische Sprache|Friesischen]] auf, die auf einer gemeinsamen Herkunft dieser Sprachen beruhen.

Unglückliche Formulierung. Worauf hier vermutlich abgezielt werden soll, sind Ähnlichkeiten des Niederdeutschen mit dem Englischen und Friesischen, die das Niederdeutsche vom Hochdeutschen abgrenzen/unterscheiden.

„Gemeinsame Herkunft“ ist irreführend, selbst wenn man es auf relativ junge gemeinsame Herkunft bezieht: das Niederdeutsche ist mit dem Hochdeutschen kaum weniger eng verwandt als mit dem Englischen und Friesischen; alle sind westgermanische Sprachen. Abgesehen davon haben freilich alle germanischen Sprachen eine gemeinsame Herkunft, und letztlich ja sogar alle indogermanischen Sprachen (weitere gemeinsame Herkunft mit anderen Sprachen läßt sich dann nicht mehr mit Sicherheit nachweisen, ist aber zu vermuten); dennoch weisen beispielsweise Hindi und Niederdeutsch keine augenfällige Ähnlichkeiten mehr auf. Gemeinsame Herkunft ist kein hinreichendes und wohl noch nicht einmal ein notwendiges Kriterium für das Vorhandensein von augenfälligen Ähnlichkeiten. (Laien bestehen manchmal darauf, selbst so unverwandte und typologisch unähnliche Sprachen wie Arabisch und Persisch seien ähnlich oder sogar gegenseitig verständlich – offensichtlich deshalb, weil Arabisch und Persisch viel Wortschatz teilen. Experimentell bestätigen läßt sich diese stark übertriebene Behauptung freilich selbst im günstigsten Fall, bei einer Diskussion über Religion beispielsweise, nicht oder allenfalls sehr eingeschränkt, indem man beispielsweise nur ganz grob erraten kann, worum es gerade geht.)

Viel engere historische Beziehungen oder zumindest Ähnlichkeiten als mit dem Niederdeutschen bestehen ja mit dem Niederländischen als mit dem Englischen oder Friesischen. Selbst in diesem Falle ist „gemeinsame Herkunft“ auch nur ein Grund für Ähnlichkeiten. Ein weiterer sind schlicht Neuerungen anderer germanischer Sprachen, die Niederdeutsch, Englisch und Friesisch nicht durchgeführt haben. Insbesondere ist hier natürlich die hochdeutsche Lautverschiebung zu nennen. Mitunter ist auch Wortschatz bewahrt, der im Hochdeutschen außer Gebrauch gekommen ist. Gemeinsame Neuerungen gibt es zwar auch, und zwar insbesondere die „nordseegermanischen“, die bereits in den ältesten belegten Stufen von Niederdeutsch, Englisch und Friesisch zu erkennen ist. (Es ist zu beachten, daß es umstritten ist, inwiefern „nordseegermanische“ Merkmale von gemeinsamen Vorstufen ererbt oder erst später durch Kontakt erworben oder gar parallel unabhängig voneinander entstanden sind. Die für diese Frage relevante Zeit vom 5. bis zum 8./9. Jahrhundert ist so gut wie gar nicht durch Schriftzeugnisse erhellt. Das Friesische scheint dem Englischen jedenfalls ursprünglich näher zu stehen als das Niederdeutsche den beiden.) Andere Neuerungen sind allerdings viel später, nicht zuletzt grammatische – genauer gesagt: morphologische – Vereinfachungen wie die Reduktion der drei grammatischen Geschlechter zu zwei, Utrum und Neutrum, im Niederdeutschen und Friesischen, oder gar der vollkommene Verlust der Kategorie wie im Englischen. Das macht auch viel von der Ähnlichkeit aus, die einem Sprecher des Niederdeutschen gerade im Englischen so ins Auge fällt. Hier ist wieder damit zu rechnen, daß Kontakte zwischen Niederdeutsch, Niederländisch, Friesisch und Englisch für diese ähnlichen Entwicklungen verantwortlich oder zumindest wesentlich mitverantwortlich sind. Solche Kontakte über die Nordsee hinweg hat es auch unzweifelhaft gegeben, gerade im Mittelalter, aber auch noch in der frühen Neuzeit. An Lehnbeziehungen ist abzulesen, daß es enge sprachliche Kontakte gegeben haben muß, und Handelskontakte per Schiff haben hier sicher die wichtigste Rolle gespielt, was historische Aufzeichnungen bestätigen. Bemerkenswerterweise haben diese Kontakte schon seit der Wikingerzeit auch das Nordgermanische, insbesondere die großen festlandskandinavischen Sprachen Norwegisch, Schwedisch und Dänisch eingeschlossen. Diese haben ganz ähnliche Entwicklungen erfahren, etwa im Bereich der Grammatik, und auch viel Wortschatz aus dem Niederdeutschen aufgenommen. Erwähnt werden sie hier aber nicht, nur Englisch und Friesisch. Wieso eigentlich? Ist das nicht inkonsequent? Sie sind doch auch relativ (wenn auch nicht ganz so) eng verwandt mit dem Niederdeutschen.

Fest steht, daß die Formulierung in der Einleitung sachlich nicht angemessen ist. Wie könnte man sie in Anbetracht des Vorhergehenden verbessern?

Eine erste Maßnahme wäre die Einfügung eines „u. a.“ vor „auf einer gemeinsamen Herkunft der Sprachen beruhen“, und vielleicht die Hinzufügung eines Nachsatzes „aber auch auf späteren Kontakten“. Zufrieden bin ich im Hinblick auf die vielerlei Probleme mit der Formulierung allerdings noch lange nicht mit dieser Version; sie ist nur nicht mehr ganz so falsch. --Florian Blaschke (Diskussion) 13:51, 7. Feb. 2013 (CET)[Beantworten]

Die Behauptung "das Niederdeutsche ist mit dem Hochdeutschen kaum weniger eng verwandt als mit dem Englischen und Friesischen" findet man nirgendwo in der Fachliteratur. Das Nd. gehört mit dem Englischen und Friesischen der nordseegermanischen Gruppe der westgermanischen Sprachen an. "Verwandtschaft" heißt bewiesene gemeinsame Herkunt, nicht bloße Ähnlichkeit. --Pfold (Diskussion) 17:10, 10. Feb. 2013 (CET)[Beantworten]
Die Unterteilung des Westgermanischen (im Sinne echter genetischer Knoten bzw. „Zwischenursprachen“, die durch gemeinsame Innovationen definiert sind, nicht bloß arealer Untergruppen, d. h., es geht hier um echte, unmittelbare Verwandtschaft, also unmittelbare gemeinsame Herkunft) ist leider – worauf z. B. Krogh in seiner Monographie Die Stellung des Altsächsischen im Rahmen der germanischen Sprachen hinweist – mitnichten so eindeutig, wie Du es hier darstellst; sie ist in der Fachwelt sogar sehr umstritten. (Auf welche Quellen stützt Du Dich? Wahrscheinlich auf ziemlich alte.) Die Existenz eines „urnordseegermanischen“ Dialekts ist keineswegs sicher etabliert (und m. E. sogar eher fraglich) und „Nordseegermanisch“ (im Sinne von Englisch+Friesisch+Niederdeutsch/-sächsisch) somit nicht allgemein als echter Zweig des Westgermanischen anerkannt. Selbst der Status des Anglofriesischen ist umstritten, obwohl die Entwicklung zumindest von urwestg. *ā (> ō vor Nasal, Aufhellung sonst) allem Anschein nach eine echte gemeinsame Innovation darstellen dürfte, während es beispielsweise bei urwestg. *ai schon Diskussionen gibt (vgl. z. B. das Kapitel zum Altfriesischen im Handbuch des Friesischen) und auch bei anderen gemeinsamen Merkmalen ist die Chronologie problematisch. Eine Aufzählung gemeinsamer (oder gar bloß ähnlicher) Entwicklungen (oder Merkmale, die auch Archaismen sein können) ist noch kein Beweis für eine Untergruppe; wäre schön, wenn es so einfach wäre und sekundäre (wohl kontaktbedingte) Konvergenzen oder parallele Neuerungen nicht immer wieder auftreten und das Bild stören würden. Jedes einzelne Merkmal ist eingehend zu diskutieren, bevor es als beweiskräftig akzeptiert werden kann; nicht selten stellt sich ein Merkmal bei genauer Untersuchung als doch nicht so eindeutig heraus, wie es zunächst den Anschein hat. Diese methodische Strenge ist eine neuere Entwicklung und in den traditionellen Handbüchern daher noch nicht ausreichend berücksichtigt. Früher dachte ich auch, alles sei so klar, wie es dort dargestellt wird, aber inzwischen bin ich durch eingehenderes Literaturstudium eines besseren belehrt worden. So ist Wissenschaft nun mal. --Florian Blaschke (Diskussion) 19:55, 13. Feb. 2013 (CET)[Beantworten]

Einige Änderungen

Einige Passagen habe ich geändert oder gestrichen. Hier die Gründe:


"Diese Gebiete unterstanden dem Niederstift Münster und so wurde folgedessen dort auch das Mittelniederdeutsche verwendet."


Suggeriert, als hätte die Stiftsleitung das beschlossen. In Wirklichkeit war dies einfach der damals traditionelle Dialekt. Die deutsch-niederländische Grenze ist eine politische Grenze, diese wurde ursprünglich ohne Rücksichtnahme auf Dialektgrenzen gezogen.


"Mit dem Westfälischen Frieden wurden die Niederlande politisch vom Heiligen Römischen Reich unabhängig, mit dem sie über Jahrhunderte hindurch immer nur lose verbunden waren. "


"Über Jahrhunderte hindurch" ist meiner Ansicht nach eine sehr schwammige Beschreibung, darüber hinaus tut das wenig zur Sache, da früher nicht die Vorstellung herrschte, innerhalb eines politischen Gebietes müsse eine Standardsprache herrschen. Viel wichtiger ist, dass sich in den calvinistischen Niederlanden eine eigene Bibelübersetzung in Konkurrenz zur Lutherbibel verbreitete; die Lutherbibel war unter Calvinisten verpönt, da sie als Interpretation betrachtet wurde, die den lutheranischen Glauben als bibeltreuer erscheinen ließ, als den cslvinistischen Glauben. So habe ich diese Passage gestrichen und stattdessen einen Bezug zur niederländischen Bibel und der Dordrechter Synode eingefügt.


"Im Zuge der entstehenden Germanistik begannen Deutsche wie Niederländer sich intensiv mit der Geschichte ihrer Sprachen und Dialekte zu beschäftigen. So wurden ihnen auch alte sprachliche Gemeinsamkeiten bewusst. So begannen im 19. Jahrhundert niederländische Gelehrte ihre Sprache und die in ihnen enthaltenen Dialekte als Nederduitsch (eigentlich „Niederdeutsch“) zu bezeichnen "


Die ganze Passage (auch die folgenden Zeilen) ist einfach falsch. In Wahrheit war Nederduits seit je her ein Synonym für das Niederländische, der Begriff wurde im 19.Jahrhundert in Abgrenzung zum östlichen Nachbarn ersetzt, was man an der von mir im Artikel erwähnten Umbenennung der Niederländisch Reformierten Kirche erkennt. Dass einige Gelehrte dennoch Nederduits für Niederländisch verwendeten, hat etwas mit dem Pangermanismus zur Hochzeit des Nationalismus zu tun. Das ist allerdings ein komplexes Thema und gehört nicht hier rein.

Ich hoffe, dass meine Änderungen nachvollziehbar sind und zur Verbesserung des Artikels beitragen. Zusätzliche Quellenbezüge werden noch hinzugefügt.

84.185.68.46 09:40, 14. Mai 2013 (CEST)[Beantworten]

Rheinische Verlaufsform

Ist das wirklich ein Abschnitt, der hier in die Abteilung "Niederdeutsche Sprache" gehört? Oder ist das eher eine regionale Sache, so wie sich in allen plattdeutschen Regionen viele Konstruktionen des Hochdeutschen im Plattdeutschen wiederfinden?

Die Formulierung "Umgangssprachliches Deutsch" an der Stelle (für "Ich bin am machen") müsste evtl. auch angepasst werden: "Umgangssprachliches Deutsch im Rheinland und angrenzenden Gebieten" oder sowas.

Außerdem ist der gesamte Konjugationsteil, soweit ich sehe, vollkommen frei von jeglichen Belegen. Wäre ganz nett, wenn man das mal ändern könnte.
--Anna (Diskussion) 08:48, 15. Jul. 2013 (CEST)[Beantworten]

Gerundium?

Derzeit bin ich in der Diskussion mit einem "native speaker" des Plattdeutschen.

Er meint, im Niederdeutschen gäbe es das nicht. Ich bin sehr wohl der Ansicht, dass das auch in platt gibt.

Jedesfalls erscheint es ganz einfach zu bilden zu sein. Beispiel:

Hochdeutsch: Das Arbeiten in dieser Firma ist eine richtige Aufgabe

Englisch: Working at this company is a real challenge

Niederdeutsch: Dat Arbeiden in dit Ünnernehmen is een richtige Opgaav?

Hat jemand eine Ansicht dazu?

--Knabbe (Diskussion) 20:24, 19. Mär. 2013 (CET)[Beantworten]
Hallo Knabbe. Ich habe z.Z. keine Ansicht hierzu, aber eine Bitte: Könntest du das, was du als Gerundium betrachtest, in deinem nds. Beispielsatz entsprechend markieren? So wird ersichtlich, was genau du diskutiert haben möchtest. Beste Grüße aus dem Oberdeutschen von B.A.Enz (Diskussion) 16:56, 20. Apr. 2013 (CEST)[Beantworten]


Moin Knabbe. Du packst das Problem falsch an: Jeder Platt schnackende würde ein substantiviertes Verb verstehen, ob er es auch benutzen würde ist nicht zu beantworten. Die gram. Nähe zwischen Hoch- und Niederdeutsch lässt hier viel regionalen bzw. lokalen Spielraum zu. Wenn dein Bekannter sagt: Geevt dat nee! Dann mag das für seine Umgebung gelten, woanders aber nicht unbedingt. Für mein Sprachempfinden ist diese Substantivierung auch "falsch". Eine Antwort auf deine Frage wirst du vermutlich nicht finden. --Clums (Diskussion) 21:27, 31. Jul. 2013 (CEST)[Beantworten]
Dat is een richtige Opgaav, arbeiden in dit Ünnernehmen. 188.109.157.31 10:52, 16. Sep. 2013 (CEST) eldooo@gmx.de[Beantworten]

Klare Differenzierung: Platt vs Niederdeutsch

Hallöchen, oder besser Moin. Ich habe im Einleitungsabschnitt klar gemacht, dass Platt eben von "einfach" und Niederdeutsch vom "flachen Land" stammt. War etwas sauer, als ich gesehen habe, dass das im ganzen Artikel nirgends wirklich klar wird. Bei Änderungen wäre eine Kontaktaufnahme hier nicht verkehrt. ;) --Sagehorn (Diskussion) 16:05, 3. Okt. 2013 (CEST)[Beantworten]

Warum sauer? Bei der Wikipedia ist Mitarbeit sehr erwünscht! – Konkret: Finde die Formulierung „und verdeutlichte den Unterschied zu den gehobeneren Sprachen, die bereits von der hochdeutschen Lautverschiebung betroffen waren“ insofern nicht so gut, weil auch im mitteldeutschen Raum, der die 2. Lautverschiebung ja so halbwegs mitgemacht hat, die Dialekte oft als „Platt“ bezeichnet werden. Der Begriff drückt also eher den Gegensatz zwischen angeblich gröberer gesprochener Sprache einerseits und angeblich feinerer Schriftsprache anderseits aus als denjenigen zu einer Varietät, die die 2. LV mitgemacht hat. Im Übrigen besteht nun eine gewisse Konkurrenz zum Kapitel Name bzw. Eigenbezeichnungen, Schreibungen und Aussprachen, die mich etwas unschön dünkt. Grundsätzlich finde ich Deine Anregung aber gut. --Freigut (Diskussion) 17:01, 3. Okt. 2013 (CEST)[Beantworten]
Hier ein paar Anmerkungen:
  • Warum übersetzt du denn niederdeutsch als "sächsische Sprache des niederen Landes"? Siehe Versionsvergleich. Es müsste eher "deutsche Sprache des niederen Landes" sein.
  • Und warum wiederholst du das Thema dann in der Einleitung? Siehe Versionsvergleich. In der Einleitung sollten die Namen der Sprache nicht behandelt werden, solange es einen eigenen Abschnitt zu diesem Thema gibt.
  • Auch der Begriff platt wird unten schon ausführlich behandelt. Warum oben nochmal? Siehe Versionsvergleich.
  • Falls jemand findet, der Abschnitt "Geschichte der Bezeichnungen(en)" sei zu lang und müsse weiter untergliedert werden: von mir aus gerne.
--MaEr (Diskussion) 18:45, 3. Okt. 2013 (CEST)[Beantworten]

Okay, mal der Reihe nach:

1. Ich werd einfach schnell sauer. ;) Ich mag es nicht, wenn bestimmte Dinge nicht eindeutig abgegrenzt und definiert werden. Oft suche ich schnell nach einfachen Fakten und Wahrheiten. Klar sind lange Texte auch gut, aber manches sollte einfach schnell geliefert werden. 2. Abgrenzung zum Hochdeutschen: Ich finde die Formulierung okay, weil sie keineswegs andere Aspekte ausgrenzt. Dass es nur mit der Leutverschiebung zutun hat, wird nirgends festgelegt. Sicherlich kann der Satz aber auch verändert werden. Man könnte es auch formulieren als "platte", d.h. einfache Sprache. Aber das angeführte Zitat bringt eben den kontrastierenden Vergleich. Damit ist ja auch nur gesagt, weshalb der Begriff zustande gekommen ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass es mit zunehmender Zeit zu einer Vermischung von flach und einfach gekommen ist. Was die erwähnten Mitteldeutschen betrifft, kann ich nur sagen, dass diese wohlmöglich der sächsischen Sprache angehörten und somit vermutlich auch als Plattsprechende galten. Inwiefern die spätere Lautverschiebung dort Einfluss auf den Begriff hatte, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Sicher ist allerdings, dass es doch eine eindeutige Isoglosse zwischen dem Norddeutschen und dem Mitteldeutschen gibt. 3. Zur Einleitung: Meiner Auffassung nach können Elemente in der Einleitung später nochmal ausführlicher behandelt werden. Ich finde, derartige Definitionen sollten so früh wie möglich eingebracht werden, um dem Leser Zeit zu ersparen. 4. Zur "sächsischn Sprache des niederen Landes": Damit ist die niedersächsische Sprache gemeint, als Synonym für das Plattdeutsche. Es handelt sich um ein Missverständnis, zu glauben, dass das heutige Sächsisch identisch ist mit der "sächsischen Sprache". Die sächsische Sprache ist Plattdeutsch. Kann das auch gerne noch etwas ausformulieren im Artikel. :) --Sagehorn (Diskussion) 19:04, 7. Okt. 2013 (CEST)[Beantworten]

Hallo Sagehorn,
noch mal ein paar Anmerkungen:
  • Ja, es wäre schön, wenn man Sprachen und Dialekte kurz und knapp definieren kann. Aber es ist bei Sprachen und Dialekten generell schwierig, eine klare und knappe Definition zu liefern. Und was über "knapp" hinausgeht, hat in der Einleitung keinen Platz. Darum gibt es ja die Gliederung in Kapitel.
  • Etwas schnell finden zu können, ist eine gute Sache. Aber wenn die Einleitung noch länger wird und noch mehr Themen behandelt, findet der Leser nichts mehr. Deswegen gibt es das Inhaltsverzeichnis und den für das Thema vorgesehenen Abschnitt.
  • Zu dieser Änderung: ich weiß durchaus, dass manche Leute niedersächsisch und niederdeutsch gleichsetzen. Aber halt nicht alle. Niedersächsisch kann genausogut "Westniederdeutsch" bedeuten, siehe Niedersächsisch. Und mir leuchtet noch immer nicht ein, warum man einen deutschen Begriff ins Deutsche übersetzen sollte. Und die Übersetzung stimmt auch nicht: niederdeutsch ist eben nicht "sächsisch des niederen Landes", sondern "deutsch des niederen Landes".
--MaEr (Diskussion) 20:19, 10. Okt. 2013 (CEST)[Beantworten]
Hallo nochmal
Der Grundgedanke ist und bleibt die Differenzierung von Platt- und Niederdeutsch.
Meinetwegen kannst du es in Deutsch des niederen Landes umformulieren. Dann musst du eben das Zitat raus nehmen. Vergiss aber nicht, dass hier keine Falschaussagen getroffen wurden, sondern nur Teilaussagen. Es steht geschrieben "übersetzt werden kann". Das stimmt ja auch weiterhin, da sich das Niederdeutsche, wie es auch in der Einleitung steht, aus dem Altsächsischen entwickelt hat. Mir ist zudem eine derartige Spezifizierung lieber, als eine tautologische :)
Das mit dem Niedersächsischen erübrigt sich insofern, dass es nicht im Artikel auftaucht. Würde ich auch nicht für Druckreif halten. --Sagehorn (Diskussion) 15:40, 24. Okt. 2013 (CEST)[Beantworten]