Dschustaniden
Die Dschustaniden oder Dschostaniden (persisch جستانیان), auch Āl-e Dschostān und Āl-e Wahsudān waren eine iranische zaidistisch-schiitische Dynastie, die einen Teil von Dailam im Norden des Irans von 791 bis zum Ende des 11. Jahrhunderts regierten.[1] Die Dschustaniden sind Teil dessen, was Wladimir Fjodorowitsch Minorski „das iranische Intermezzo“ genannt hat.[2] Dies bezieht sich auf eine Zeit, in der indigene Dailamiten und kurdische Fürstentümer nach zwei bis drei Jahrhunderten arabischer Herrschaft im Nordwesten Persiens die Macht übernahmen. Der Aufschwung der Dailamiten gipfelte schließlich in der Dynastie der Buyiden.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Dschustaniden erscheinen Ende des 8. Jahrhunderts als Könige von Dailam. Ihr Zentrum befand sich in den Bergen von Rudbar und Alamut am Tal des Schah-Rud. Zwei Jahrhunderte später war dieses Gebiet mit der Burg von Alamut das Zentrum der Nizariten, die als Assassinen im Westen bekannt wurden.
Es gibt nur wenige geschichtliche Quellen über diese Dynastie. Über den ersten Herrscher Dschustan I. ist nicht viel bekannt. Er trat 791 als Unterstützer des Zaiden Abu’l-Ḥosayn Yaḥyā b. ʿAbd-Allāh in Erscheinung, der nach Dailam kam, um seinen Kampf gegen das abbasidische Kalifat zu organisieren. Von Abu’l-Ḥosayn Yaḥyā übernahmen die Dschustaniden zaidische Ausprägung des Schiitentums.
Dschustans Sohn Marzuban wird 805 schon als Herrscher erwähnt, als er nach Ray kam, um dem Kalifen Harun ar-Raschid seine Treue zu schwören. Über die nächsten drei Herrscher Abu Layla, Dschustan II. und Wasudan II. ist kaum bis gar nichts bekannt. Wasudan II. herrschte schon 865, als er sich mit Ḥasan bin Zaid gegen das Kalifat stellte. Doch er zog seine Unterstützung schon ein Jahr später zurück und starb einige Zeit danach.
Sein Sohn Dschustan III. war der bekannteste Herrscher der Dynastie und herrschte für 50 Jahre. Er kämpfte an der Seite des Zaiditen Hasan bin Zaid gegen das Kalifat. So eroberte er 866/867 die Stadt Ray, verjagte den abbasidischen Gouverneur und machte reiche Beute. Sein Sohn Wahsudan versuchte 873 erfolglos, Qazvin zu erobern. Als Hasan bin Zaid im selben Jahr gegen Yaqub ibn al-Laith, dem Gründer der Saffariden, kämpfte, werden keine Dschustaniden in Hasans Armee erwähnt. Nach Hasans Tod in 883/84 folgte Dschustan III. dessen Bruder Mohammad. Doch diese Unterstützung für Moḥammad führte zum Ruin eines Großteils von Dschustans Herrschaft, als ein Konflikt zwischen Mohammad und Rāfeʿ bin Hartama ausbrach und Mohammad unterlag. Hartama war ein Glücksritter, der nach dem Fall der Tahiriden in Chorasan die Oberhand gewonnen hatte.
Das Jahr 895 kann als Anfang des Niedergangs der Dschustaniden angesehen werden, als Mohammad durch eine Koalition mit Hartama zur dominierenden Kraft in ganz Tabaristan und Gilan wurde. Beide wurden jedoch bald von außenstehenden Mächten besiegt und getötet: Hartama in 896 und Mohammad 900 Gorgan durch Samaniden. Mohammeds Nachfolger Hasan al-Utrusch bekämpfte die Samaniden und konnte seine Position festigen. Dschustan III. schwor auch ihm die Treue, doch als al-Utrusch begann Moscheen zu errichten und die lokale Bevölkerung zum Islam zu bekehren, kam es zu Reibereien zwischen beiden, was zu einer Reihe von Kämpfen führte. Al-Utrusch lebte bis 916, und Dschustan III., dessen Macht mit dem Aufstieg von al-Utrusch erheblich abgenommen hatte, starb irgendwann in den 910er Jahren.
Mit Dschustan III. hatten die Dschustaniden ihre Selbstständigkeit verloren. Für mehrere Jahrzehnte nach ihm gibt es keine verlässigen Informationen über die Dynastie. Im Laufe des 10. Jahrhunderts wurden sie von der Dailamitendynastie der Sallariden aus Tarom (in der moderne iranische Provinz Zandschan) in den Schatten gestellt. Trotzdem waren die Dschustaniden durch Heirat mit den Sallariden verbunden und behielten ihren Sitz in Rudbar im Hochland von Dailam. Sie wurden auch Verbündete der Buyiden. Im 11. Jahrhundert haben sie möglicherweise die Oberhoheit der Ghaznawiden anerkannt. Später erkannten sie die Oberhoheit der Seldschuken, aber kurz darauf verschwanden sie aus der Geschichte.
Herrscher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dschustan I. (791–805)
- Marzuban von Dailam (805–855)
- Dschustan II. (855–856)
- Wahsudan von Dailam (856–865)
- Chorschid von Dailam (865)
- Dschustan III. (865–919)
- Ali von Dailam (919)
- Chosrau Firuz (919)
- Siyahchaschm (919–928)
- Dschustan IV. (928–947)
- Manadhar (947–972)
- Chosrau Schah (972–1004)
Stammbaum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dschustan I. r. 791–805 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Marzuban r. 805–855 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dschustan II. r. 855–856 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wahsudan r. 856–865 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dschustan III. r. 865–919 | Chosrau Firuz r. 919 | Ali r. 919 | Chorschid r. 865 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Unbekannt | Charasuya | Siyahchaschm r. 919–928 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
Unbekannter Prinz | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dschustan IV. r. 928–947 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Manadhar r. 947–972 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chosrau Schah r. 972–1004 | Fuladh | Unbekannte Prinzessin | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ibn Fuladh | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Manouchehr Pezeshk: Dschustaniden. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. 17. April 2012 (englisch, iranicaonline.org – mit Literaturangaben).
- Wilferd Madelung: The Minor Dynasties of Northern Iran. In: The Cambridge History of Iran. Band 4, 1975, S. 198–249 (google.com).
- Wilferd Madelung: Religious and ethnic movements in medieval Islam. 1992, ISBN 0-86078-310-3 (google.com [abgerufen am 13. Februar 2014]).
- Clifford Edmund Bosworth: The New Islamic Dynasties: A Chronological and Genealogical Manual, Columbia University, 1996.
- Wladimir Fjodorowitsch Minorski: Studies in Caucasian History. New York: Taylor’s Foreign Press, 1953.